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Team Hoyt

Team Hoyt

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Mir hat ein Freund diesesVideo geschickt. Das ist echt der Hammer. Mir kamen fast die tränen, obwohl das sonst nicht so meine Art ist. Ich weiß nicht ob Ihr die Geschichte schon kennt. Ich finde sie spannend.

Ein echter Athlet

Rick Hoyt ist schwer behindert, ein Leben im Rollstuhl. Trotzdem möchte er eines Tages unbedingt bei einem 8-km-Rennen starten. Eine Geschichte von unbändigem Willen, die bis zum Ironman auf Hawaii führt.

„Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, am Alltagsleben teilzunehmen.“ Was seit je her eine Grundeinstellung von Judy und Dick Hoyt war, wird zu ihrem Lebensmotto, als ihr erster Sohn Rick am 10. Januar 1962 unter dramatischen Voraussetzungen das Licht der Welt erblickt.

Der Junge wird bei der Geburt von seiner eigenen Nabelschnur stranguliert. Infolgedessen wird sein Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Als die Hoyts ihr Kind in den Armen halten, stellt sich heraus, dass er an zerebraler Lähmung leidet. Nach Meinung der Ärzte gibt es für eine normale Entwicklung ihres Kindes keine Hoffnung. Sein ganzes Leben lang, so sind sie sich sicher, werde der Junge nur vor sich hin vegetieren. Selbstständiges Leben? Unmöglich. Kommunikation? Undenkbar. Ihr Rat: Die Hoyts sollen den Jungen in eine Pflegeanstalt geben.

Für Judy und Dick Hoyt ist diese Option jedoch indiskutabel. Sie entscheiden sich anders. Mit aller Kraft versuchen sie, ihren Jungen so gut es eben geht ins Alltagsleben zu integrieren.
"Erzählt ihm einen Witz"

1964 und 1967 bekommt Rick mit Robert und Russell zwei gesunde Brüder. Und wie jede andere Familie auch wollen die Hoyts mit ihren Jungen etwas erleben. Bei allen Freizeitaktivitäten denen sich die Familie in den nächsten Jahren zuwendet, ist der älteste Sohn immer mit von der Partie.
Schwimmen, Skilanglauf, Hockeyspielen und Wandern – die Hoyts finden einen Weg, ihre Hobbys gemeinsam auszuüben. Und einmal, als Passanten sich wundern wie die Familie mit Rick auf einen Berg wandern will, hievt Vater Dick ihn auf die Schultern und sagt: „Es ist doch nur ein Berg.“

So sehr Rick in der Familie gefördert wird, der Eintritt in das öffentliche Leben, die Teilnahme am Schulunterricht bleibt ihm lange versagt. Niemand außer seiner Familie kann ihn verstehen. Fehlendes Sprechvermögen wird als fehlende Intelligenz interpretiert – fehlinterpretiert.

Erst mit einem Besuch bei Wissenschaftlern der Tufts Universität in Neu England gelingt es, der Außenwelt zu beweisen, was die Familie längst weiß: Rick ist intelligent. „Erzählt ihm einen Witz“, fordert Vater Dick die Mitarbeiter der Uni auf. Ricks Erkennen der Pointe, sein herzerfrischendes Lachen überzeugt die Ingenieure. Von nun an wollen sie eine Maschine konstruieren, mit der sich Rick verständigen kann.
Ein Sportfan

Einige Jahre und einige Prototypen einer Kommunikationsmaschine später, sind die Universitäts-Mitarbeiter so weit. 1974, als Rick zwölf Jahre alt ist, präsentieren sie ein Gerät, mit dessen Hilfe er sich mitteilen kann. „Hope-Mashine“, Hoffnungs-Maschine, nennen die Hoyts die Apparatur, auf deren Monitor einzelne Buchstaben gezeigt werden, von denen ihr Sohn mit einer Bewegung seines Knies den jeweils erwünschten heraus heben kann.
Beim ersten Versuch sind alle gespannt, welches seine ersten Worte sein werden. Die aufgeregt in den Raum gerufenen Wettvorschläge lauten „Hi Mom“, „Hi Dad“, oder „Wie geht’s Rob“ und „Alles klar Russel?!“. Aber keiner der Vorschläge ist richtig. Buchstabe für Buchstabe wählt Rick seine Mitteilung aus. Zuerst ein G. Dann ein O. Es folgt ein Leerzeichen und dann ein B. Niemand im Raum kann nun noch voraussehen, was er sagen möchte. Und großes Erstaunen erfüllt den Raum, als er fertig ist. „Go Bruins!“, leuchtet auf dem Bildschirm – ein Anfeuerungsruf für sein lieblings Eishockey-Team aus Boston. „Immerhin wussten wir nun, dass Rick ein Sportfan ist“, erinnert sich Vater Dick mit einem Lächeln. Eine Erkenntnis, die zusammen mit der neuen technischen Errungenschaft das Leben der Familie verändert.

Drei Jahre später, Rick besucht nun regelmäßig den Schulunterricht, geht er mit seinem Sportlehrer, der das Basketballteam des Westfield State Colleges trainiert, zu einem Spiel. In der Halbzeitpause ruft eine Studentin zu einem acht Kilometer langen Charitee-Lauf auf, mit dessen Startgeldern ein Schüler unterstützt werden soll, der seit einem Autounfall querschnittsgelähmt ist.

Rick ist sofort Feuer und Flamme. Er will an diesem Lauf teilnehmen, dem ehemaligen Mittelfeldspieler des College-Lacrosse-Teams helfen. Aber wie? Er bittet seinen Vater, ihn zu schieben. Nur, dass Familienoberhaupt ist nicht gerade ein Paradebeispiel für einen Läufer. Enttäuschen will dieser seinen Sohn jedoch nicht. Er sagt zu.

Teil 2: Kein Startplatz in Boston


Mit einer doppelten Null als Startnummer gehen die beiden ins Rennen. Innerhalb der Familie werden Vermutungen laut, dass Dick wohl schon nach der ersten Kurve des Laufkurses umdrehen wird. Aber Dick und Rick geben nicht auf. Nicht nach der ersten, nicht nach der zweiten und auch nicht nach der dritten Kurve. Unterstützt vom Beifall der vielen erstaunten Zuschauer erreichen die Beiden die letzten Metern des Kurses. Und als sie die Ziellinie überqueren, als Freunde und Familie vor Stolz in lauten Jubel ausbrechen, da trägt Rick, wie sein Vater sagt, das größte Lächeln seines bisherigen Lebens auf dem Gesicht.

„Ich konnte tagelang nicht richtig gehen“, erzählt Dick Hoyt von diesem Erlebnis. Die Freude seines Sohnes lässt ihn die körperlichen Beschwerden jedoch vergessen. Als Rick zu Hause an seinem Computer sitzt, tippt er eine Nachricht für seinen Vater: „Dad, wenn ich laufe, dann fühle ich mich überhaupt nicht gehandicapt.“
Anmeldung abgelehnt

Von diesem Tag an intensiviert Dick Hoyt sein Lauftraining. Immer öfter nimmt er mit seinem Sohn an Laufwettbewerben teil. Die Starts bei den sportlichen Wettkämpfen bringen für Vater und Sohn eine neue Qualität in ihr Leben. Rick fühlt sich gleichwertig neben den anderen Athleten. Viele der Sportler kommen sogar vor den Rennen auf ihn zu, fragen ihn, wie er in Form ist.

1981 will sich Team Hoyt beim Boston-Marathon seiner bisher größten Herausforderung stellen. Aber die Boston Athletic Association (BAA) hat keine Kategorie für jemand wie Dick und Rick Hoyt vorgesehen. Sie lehnen deren Anmeldung ab. Vater und Sohn sind enttäuscht, ja verärgert. Mann habe den Organisatoren nicht wirklich böse sein können, erinnert sich Dick Hoyt. Viele Menschen seien halt nicht so gebildet gewesen, um zu verstehen, dass auch jemand der nicht sprechen und laufen kann, an solchen Veranstaltungen habe teilnehmen können.

Obwohl die Hoyts keine offizielle Erlaubnis bekommen, wollen sie im April beim ältesten jährlich veranstalteten Marathonlauf der Welt starten. Dick intensiviert noch einmal sein Training. Während sein Sohn zur Schule geht, packt er Zementsäcke in den Rollstuhl und läuft so Kilometer um Kilometer.
Am dritten Montag des Monats, am Patriots Day, ist es so weit. Unter tausenden Läufern mogeln sich die Hoyts in den Startblock. Und als um zwölf Uhr am Mittag der Startschuss fällt gibt es kein zurück mehr. Drei Stunden wollen die Beiden schaffen – eine Zeit, von der viele Läufer, die keinen anderen Athleten in einem Rollstuhl schieben müssen, träumen.
Bekanntschaft mit der Wand

Alles läuft bestens an diesem Tag. Dick läuft so schnell er kann. Er will der BAA zeigen, dass er und sein Sohn sehr wohl hier hin gehören. Während sich Rick jedoch andauernd über den Beifall der Zuschauer freut, macht sein Vater bei Kilometer 35 bekanntschaft mit dem, was Marathonläufer die Wand nennen. Seine Brust zieht sich zusammen, seine Beine verkrampfen, seine Arme fühlen sich an wie aus Gummi. Es hilft nichts, er muss eine Gehpause einlegen. Die Anfeurungen der Zuschauer lassen ihm jedoch keine Verschnaufpause. Schon nach einigen Metern rafft er sich wieder auf, läuft wieder weiter. Es ist jetzt nicht mehr weit. Ehe er sich versieht, haben sie es geschafft. Team Hoyt überquert die Ziellinie bei ihrem ersten Marathonlauf. Und auch wenn es nicht offiziell war: 3:11 Stunden sprechen für sich.

Trotz dieser enormen Leistung bekommen die Hoyts auch 1982 keine offizielle Starterlaubnis für den Boston Marathon. Erneut müssen sie sich unter die Läufer schummeln. Und erneut liefern sie eine Leistung ab, die viele in Erstaunen versetzen. Mit 2:59 Stunden unterbieten sie die für viele Marathonis schon fast magische 3-Stunden-Grenze.

Viele Medien berichten nun über Dick und Rick Hoyt. Immer öfter müssen sie Interviews geben. Einmal fragt ein Reporter Dick, ob er auch ohne seinen Sohn laufen würde? „Warum sollte ich? Er ist derjenige, der mich antreibt“, antwortet er. Außerdem laufe er mit Rick, um zu zeigen, dass gehandicapte Personen intergriert werden sollen. Wie könne er das fordern, wenn er seinen eigenen Sohn ausschließen würde?

Teil 3: Der erste Triathlon


1983 starten die Hoyts erneut in Boston. Wieder haben sie keine Startnummer. Immerhin jedoch sind sie dieses Mal von den Organisatoren eingeladen, inoffiziell teilzunehmen. 2:57 Stunden benötigen Dick und Rick Hoyt in diesem Jahr. Die immer größer werdende Medienresonanz ringt der BAA letztlich ein Eingeständnis ab. Wenn sich die Hoyts, so die offizielle Verlautbarung, bei einem anderen Marathon für Boston qualifizieren, dann können sie in Zukunft teilnehmen. Was sich zuerst gut anhört hat einen Haken: Zwar ist die Qualifikationszeit für einen 42-jährigen Mann wie Dick mit 3:10 Studnen zu schaffen, die Organisatoren in Boston verlangen vom Team Hoyt jedoch die Zeit, die ein Mann im Alter von Rick laufen müsste: 2:50 Stunden.

„Wenn Du bereit bist, kann kommen was will“, sagt Dick. Zusammen mit seinem Sohn will er es den Organisatoren in Boston zeigen. Als Qualifikationsrennen wählen die Hoyts den Marine Corps Marathon in Washington. In der Hauptstadt, so haben sie gehört, soll der Kurs gut geeignet für schnelle Laufzeiten sein. Aber wird es möglich sein, die eigene Bestzeit um sieben Minuten zu unterbieten? Alles muss stimmen an diesem Tag: Dicks Form, Ricks Stimmung, das Wetter, der Rollstuhl, die Reifen.
Nachdem der Startschuss gefallen ist, schiebt Dick Hoyt seinen Sohn mit aller Kraft nach vorn, läuft so schnell er kann. Alles läuft perfekt. Nicht einmal die sogenannte Wand bei Kilometer 35 kann Dick aus der Bahn werfen. Trotzdem ist er nervös. Schon zwei Kilometer vor dem Ziel versucht er die Zieluhr zu erkennen. Wie schnell sind sie? Werden sie es schaffen? 2:50 Stunden – diese Zeit darf nicht auf der digitalen Anzeige über dem Zielstrich erscheinen. Falls doch, ist alles verloren. Aber sie taucht nicht auf.
„Ich sank wie ein Stein“

Zumindest nicht, bis Dick und Rick Hoyt das Ziel erreichen. In 2:45 Stunden absolvieren sie den Parcours. Das ist es. Das ist die Qualifikation für Boston.
Am Patriots Day 1984 gehen die Hoyts zum ersten Mal mit einer Startnummer ins Rennen des Boston Marathons. 2:57 Stunden benötigen sie bei ihrer vierten Teilnahme. Der anschließende Rummel ist riesen groß. Die Medien wollen Interviews und Fotos von den Beiden. Und die Organisatoren, welche sie über Jahre nicht im Rennen haben wollten, bitten sie nun, für den Wettkampf Werbung zu machen.

Ein Jahr später werden sie zu einem Triathlon eingeladen. Das Rennen in Medford, einer Vorstadt Bostons, ist mit Streckenlängen von 1,6 Kilometer Schwimmen, 64 Kilometer Radfahren und 16 Kilometer Laufen zwar nichts für Anfänger, die Hoyts wollen es jedoch trotzdem probieren. „Ich sank wie ein Stein“, erinnert sich Dick an seine ersten Schwimmversuche. Schließlich, so der damals 44-Jährige, sei er seit seinem sechsten Lebensjahr nicht mehr geschwommen.
Durchs Wasser gezogen

„Dad ist ein Vorbild für mich“, sagt Rick. Habe sich sein Vater einmal etwas in den Kopf gesetzt, so der Junior, lasse er sich davon nicht mehr abbringen. Tatsächlich trainiert Dick bis zu fünf Stunden am Tag, um sich für den Triathlon fit zu machen. Am Wettkampftag legt er seinen Sohn in eine Schlauchboot. Mit Hilfe eines Brustgurtes zieht er ihn beim Schwimmen hinter sich her. Knapp eine Stunde benötigen sie für die erste der drei Disziplinen.

Kaum aus dem Wasser hebt Dick seinen Sohn aus dem Boot und setzt ihn in einen Rollstuhl, der hinter dem Rad befestigt ist. Gut zwei Stunden pedaliert Dick über den Parcours – immer vorsichtig, damit der Anhänger mitsamt seinem Sohn nicht umkippt. Die 16 Kilometer Laufstrecke sind für Vater und Sohn Hoyt letztlich die leichteste Übung des Rennens. Und nach gut vier Stunden beenden sie ihren ersten Triathlon. Der Beginn einer neuen Ära.
Anfang des Jahres 1986 werden die Hoyts zum Ironman-Kanada nach Penticton in British Columbia eingeladen. Sie zögern nicht lange. Zwar haben sie eine solche Strecke noch nie zuvor ins Visier genommen, aber die Herausforderung lockt. Sie nehmen das Angebot an. Am 31. August 1986 fällt um sieben Uhr morgens der Startschuss am Okanagan See.
Aufgeben? Auf keinen Fall!

Zuerst läuft alles glatt, aber dann bekommt Dick Krämpfe. Ein Begleitboot kommt zu ihnen und fragt, ob sie aufgeben wollen. Aber das Wort Aufgeben haben die Hoyts bis dato nicht in ihrem Vokabular. Dick kämpft weiter und erreicht das Ufer. Das Schwimmen ist an diesem Tag jedoch nicht die schwerste Prüfung. Auf der Radstrecke wartet der Richterpass, den die Athleten erst nach überwundenen 1500 Höhenmetern erreichen.

Obwohl sie mit einer neuen Radkonstruktion unterwegs sind, bei der Rick vor dem Lenker sitzt, benötigen die Hoyts zehn Stunden für den Parcours. Er habe Rick auf der Strecke gefragt, ob er aufhören wolle, so Dick. Aber sein Sohn habe die Frage verneint. Der Kalender führt schon den ersten Tag des Septembers, als die Hoyts nach 17:53 Stunden das Ziel erreicht. Und obwohl dieser Wettkampf das Anstrengendste war, was sie bisher geleistet haben, sind sie doch überglücklich.
16 Stunden auf Hawaii


Ein Jahr später liefern Vater und Sohn beim Hyannis Endurance Ironman in Cape Cod, Massachusetts, eine Meisterleistung ab. In 13:45 Stunden bewältigen sie die gesamte Strecke – über vier Stunden schneller als in Kanada vor einem Jahr. Spätestens jetzt lockt das ultimative Ziel: der Ironman Hawaii.

Wie schon Anfang der 80er Jahre bei dem Versuch, in Boston eine Starterlaubnis für den Marathon zu bekommen, erhalten die Hoyts jedoch auch von den Organisatoren des Ironmans in Kailua-Kona eine Absage. „Zu gefährlich“, lautet die Begründung. Schließlich finde des Schwimmen im offenen Meer und nicht in einem See statt. Wellengang sei an der Tagesordnung. Er würde das Schlauchboot und somit auch Rick Hoyt gefährden.
Familienausflug nach Hawaii

Vater und Sohn lassen jedoch nicht locker. Sogar einen Senator schalten sie ein, um mit dessen Einfluss einen Startplatz für Hawaii zu ergattern. Es funktioniert. Im Oktober 1988 sind die Hoyts bei der Ironman-Weltmeisterschaft startberechtigt. Die gesamte Familie reist zehn Tage vor dem Rennen in Kailua ein. Rick, Dick, Ehefrau Judy, die Söhne Robert und Russell samt ihrer eigenen jungen Familien.

Der Wettkampftag verläuft jedoch anders, als geplant. Aufgrund für ihn unverträglicher Getränke am Vortag bekommt Dick nach dem Wendepunkt Magenkrämpfe. Er bekommt schlecht Luft, Arme und Beine fühlen sich unendlich schwer an. Er versucht seinen Schwimmstil von Kraul- auf einen seitlichen Brustzug umzustellen. Aber während er nach Luft ringt, überspülen ihn immer wieder die Wellen des Pazifiks – er schluckt Salzwasser.
Enttäuschtes Team, begeisterte Organisatoren

Ein Begleitboot bietet ihm zunächst Hilfe an, die er jedoch verweigert. Er weiß, wenn er jetzt Hilfe annimmt, ist der Wettkampf für ihn und seinen Sohn beendet. Erst als die Wettkampfrichter ihm sagen, dass er die Zeit des Schwimm-Cuts von zwei Stunden und fünfzehn Minuten nicht mehr schaffen wird, gibt er auf, lässt sich und seinen Sohn an den Strand zurück bringen. Es ist das erste Rennen, dass die Hoyts nicht beenden. Dick ist geknickt, denkt, er habe alle enttäuscht. Er wäre am liebsten direkt wieder ins Meer gesprungen und den ganzen Weg nach Massachusetts zurück geschwommen, erinnert er sich.

Neben aller Enttäuschung im Team, sind die Organisatoren von ihnen jedoch begeistert. Die Einladung für das kommende Rennen sprechen sie noch vor Ort aus. Zwölf Monate später wollen die Hoyts es allen beweisen. Zeigen, dass sie sich nicht zu viel zugemutet haben.

Tatsächlich läuft es diesmal besser. Viel besser. Schon nach 1:54 Stunden kehren Dick und Rick Hoyt von der 3,8 Kilometer langen Schwimmstrecke zum Strand zurück. Vertrieben sind die Geister des Vorjahres. Vertrieben auch alle Zweifel. Weitere acht Stunden später haben sie auch die 180 Kilometer mit dem Rad geschafft. Es ist nun kurz vor 17 Uhr. Viele Athleten haben den Wettkampf um diese Zeit schon beendet, als sich die Hoyts auf den Weg machen, den Marathonlauf zu absolvieren.
Kampf auf Biegen und Brechen

Was eigentlich ihre Paradedisziplin ist, wird nun zu einem Kampf auf Biegen und Brechen. Die Wellen am Morgen, die Hitze des Nachmittags – alles hat die Beiden viel Kraft gekostet. Dick muss alles aus sich heraus holen, um nicht zu stolpern, um nicht den Kontakt zu seinem Sohn im Rollstuhl zu verlieren. Was ihn antreibt sind die Hoffnungen und Wünsche seiner mtigereisten Familie. Und die Träume seines Sohnes Rick, der vor einem Jahr genauso enttäuscht war wie er selbst.

Um kurz nach 21 Uhr erreichen die Hoyts die Stadtgrenze. Wenige hundert Meter entfernt hören sie schon das Rauschen des Beifalls aus dem Zielbereich. Nur noch die steile Palani-Road hinunter. Einmal links um die Ecke, dann zwei mal rechts. Da sind sie, die letzten Meter zum erlösenden Ziel. Dick sprintet den Alii-Drive hinunter. Alle Müdigkeit scheint dahin. Er überholt noch einige Mitstreiter während Rick in exstatischer Freude den Zuschauern zuwinkt. Blumen fliegen durch die Luft als die Beiden die Ziellinie überqueren. Und ehe die Räder von Ricks Stuhl still stehen, werden er und sein Vater mit Küssen ihrer Familie überdeckt. 14:24 Stunden zeigt die Uhr über ihren Köpfen an. Es ist nicht die schnellste Zeit der Hoyts. Aber, so sind sie sich einig, kein Zieleinlauf ist vergleichbar mit diesem hier, keiner hat ein glückseligeres Gefühl bei ihnen geweckt.

Dick und Rick Hoyt haben bewiesen, was mit Ausdauer, Willen und Liebe möglich ist. Sie haben sich gegen geläufige Meinungen, ihre Leistungsfähigkeit betreffend, und gegen Vorurteile durchgesetzt. Im Sport wie im Alltagsleben. Rick hat seit 1993 einen Abschluss an der Universität von Boston. Er arbeitet heute in der Computer-Abteilung des Boston Colleges, wo er bei der Entwicklung eines Gerätes mitarbeitet, welches durch die Augenbewegungen einer gelähmten Person gesteuert werden kann.
Die Hoyts haben 1999, zehn Jahre nach ihrem Triumph in Kailua-Kona, erneut den Ironman-Hawaii in 16:14 Stunden bestritten. Den Ironman-Deutschland abolvierten sie 2000 in 16:09 Stunden. In den vergangenen Jahren haben sie noch drei Mal versucht, auf Hawaii zu finishen. Leider ohne Erfolg. 2003 stürzten sie mit dem Rad, 2004 war der Wind auf der Strecke so stark, dass sie die geforderte Zeit bis zur zweiten Wechselzone nicht schafften und 2006 konnte Dick gegen die starke Strömung des Ozeans nichts ausrichten. Ein Ironman steht nun, da Dick 66 Jahre und Rick 45 Jahre alt sind, wohl nicht mehr im Wettkampfplan. Die halbe Distanz werden sie jedoch auch weiterhin bestreiten. Den Boston-Marathon haben die Beiden im vergangenen Jahr bereites zum 25. Mal bestritten. Sie sind nunmehr ein Aushängeschild der Veranstaltung.
Tausende Menschen motiviert

Die Hoyts haben tausende Menschen motiviert. „Auf Hawaii haben sprechen uns während des Rennens immer wieder Athleten an, und sagen, dass sie nur hier sind, weil sie uns zuvor gesehen haben“, erzählt Dick nicht ohne Stolz. Oft sind sie gefragt worden, wer von Beiden mehr Anteil an den vollbrachten Leistungen hat. Tatsächlich schieben sie sich die Ehre gegenseitig zu. Rick sieht in seinem Vater ein Vorbild. Sein Vater selbst sieht jedoch in ihm die treibende Kraft. „Bevor Rick mich vor knapp 30 Jahren fragte, ob wir den Charitee-Lauf machen könnten, war ich faul, ein Couch-Potato“, sagt er. Nun, fügt er hinzu, sei er in der Form seines Lebens. Rick liebe den Sport, er sei ein echter Athlet. Er selbst leihe seinem Sohn nur seine Hände und Beine, um sich mit anderen Sportlern messen zu können und Spaß zu haben.

Wie dankbar Rick seinem Vater gegenüber ist, macht seine Antwort auf die Frage seines Biografen Sam Nall klar, der wissen wollte, was er machen würde, wenn er nicht im Rollstuhl sitzen würde: „Ich weiß nicht genau. Ich liebe Sport und würde vielleicht Hockey, Baseball oder Basketball spielen wollen. Aber wenn ich es mir genau überlege – als erstes würde ich meinen Vater bitten, sich in den Rollstuhl zu setzen, damit ich ihn eine Strecke schieben könnte.“

Dieter :daumen:
TSV Neufra
Abt. Leichtathletik

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Wow was für ne tolle Geschichte ! :daumen:

3
Team Hoyt ist der Hammer. Wenn alle Eltern ihren Kindern nur halb soviel Zuneigung zuteil werden ließen, wäre die Welt schon einen entscheidenden Schritt weiter... die beiden sind wirklich eine Inspiration.

Was mich zusätzlich noch beeindruckt, sind die Wettkampfleistungen an sich: Das sind nicht irgendwelche Schlaffi-Nummern, die nur von der Vater-Sohn-Story leben, sondern da wird richtig Gas gegeben! 10K in 35 Minuten, Marathon in 2:40 und Ironman in 13:43 bekommen die meisten noch nicht mal ohne Handicap hin...
Renn', als wenn Du geklaut hättest !!

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Allergrößten Respekt!!! Vielen Dank für diese bewegende Story :daumen:

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Der Hammer, da fehlen mir die Worte!
Liebe Grüße,
Volker

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unglaublich, welche Zuneigung, welche Leistung.
Danke für die Info, das muss man erstmal richtig verdauen.

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Zutiefst beeindruckende Geschichte. :daumen: Toll, was die Hoyts bewegt haben.

Danke für die Story,

viele Grüße,
3fach
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Some say there's no magic formula. I say there is. It's just that the magic is different for everyone. Keith Dowling

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Der absolute Wahnsinn!
Ist ein wirklich absolut toller Beitrag! Ich habe in meiner Zivizeit mit behinderten Kindern arbeiten dürfen- ja ich sage bewusst DÜRFEN. Was die teilweise drauf haben... da könnte sich der ein oder andere gut und gerne ne ganz dicke Scheibe abschneiden.

Wirklich toller Beitrag! :daumen: :daumen: :daumen:
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