Banner

Auf der Suche nach dem Rhythmus

Auf der Suche nach dem Rhythmus

1
18:30 Uhr, 17 Grad, weißblauer Himmel. Zusammen mit rund 400 anderen Läufern stehe ich am Start des 18. Oberweiser Volkslauf, der dritte Lauf zum Bit-Cup. Während ich auf das Startsignal warte, laufen noch einmal die vergangenen beiden Stunden in meinem Kopf ab. Heute ist Feiertag in Deutschland, aber ich arbeite in Luxemburg – Pech gehabt :frown: . Von daher plante ich diesen Lauf nicht in die Serie ein. Vorsichtshalber hatte ich die Laufsachen dabei und konnte tatsächlich kurz vor 5 Feierabend machen. Frage war für mich: wo eigentlich liegt dieses Oberweis. Irgendwo in der Eifel bei Bitburg, schon klar. Mit Hilfe vom Navi fand ich den Weg. Im Ort dann großes Parkplatzchaos, aber irgendwann konnte ich dann in der Pampa parken. Umziehen am Auto, denn ich weiß nicht, wo der Start ist und wie dort die Verhältnisse sind. Start/Ziel ist am Freizeitgelände, einer Kombination aus Campingplatz und Schwimmbad. Bei der Startnummernausgabe eine freudige Überraschung, ich brauche nichts zu bezahlen, wird alles direkt mit der TG abgerechnet. Ich treffe einige Vereinskameraden, gemeinsam laufen wir uns warm. Und plötzlich ist es Zeit zur Aufstellung im Startbereich. Wo ist der? Ich ströme der Masse hinterher, dann geht es nicht mehr weiter. Eigentlich stehe ich gut, nur als ich Ingrid neben mir bemerke, kommen mir Zweifel. Sie ist deutlich langsamer als ich. Durch den Startbogen strömen immer mehr Läufer, jetzt stehe ich schon in der vielleicht dreißigsten Reihe :haeh: , nicht gut. Wenigstens habe ich für heute keine zeitlichen Ambitionen. Es ist mein erster Wettkampf nach einem Arbeitstag – keine guten Voraussetzungen

Das Startsignal reißt mich aus meinen Träumen. Es geht los! Auf den ersten Metern geht es kurz aber heftig bergauf. Auf der schmalen Zufahrt zum Campingplatz herrscht großes Gedränge, eine enge Kurve, ich habe Mühe, nicht am Absperrgitter hängen zu bleiben. Ich sehe Beatrice vor mir. Glückwünschend überhole ich sie. Nach einem halben Kilometer ist die Hauptstraße erreicht, hier ist endlich Platz. Vor mir sehe ich Silvia. Wie gerne wäre ich mit ihr gelaufen, aber am Start habe ich sie nicht gesehen. Kann ich sie einholen? Nicht wirklich, höchstens nicht aus den Augen verlieren. Jetzt beginnt ein tolles Stück: auf den nächsten beiden Kilometern führt die breite Straße leicht bergab. Dumm nur, daß wir auf einer Wendepunktstrecke sind. Bis hierher habe ich mindestens 50 Läufer überholt, was deutlich Kraft gekostet hat. Die ersten beiden Kilometer lief ich jeweils in 4:18. An der Wasserstelle laufe ich vorbei, ich habe den ganzen Tag über reichlich getrunken. Wir erreichen Bettingen. Im Ort stehen einige Zuschauer und helfen uns damit beim Lauf durch die etwas kurvige, jetzt leicht ansteigende Strecke. Meine Schuhe irritieren mich, ich habe das Gefühl, sie sitzen nicht richtig fest :motz: . Merke: vor dem Start die Schnürung überprüfen :nick: Jetzt ist es zu spät und ich muß mit dem störenden Gefühl leben. Ich hoffte, daß ich spätestens hier den Rhythmus gefunden hätte – Fehlanzeige. Wir laufen aus dem Ort hinaus, kurvig und wellig geht es weiter. Die Gruppe vor mir gewinnt etwas Abstand, von hinten kommt niemand nach. An den Reaktionen der wenigen Zuschauer merke ich, daß ich wohl alleine unterwegs bin. Noch immer laufe ich unrund. Bei Kilometer 4 steht der nächste Verpflegungsstand, auch den lasse ich aus. Der führende Läufer kommt mir entgegen – Neid :zwinker2: . Ab jetzt beginnt das schöne Schauspiel auf Wendepunktstrecken: einen zunehmend dichter werdender Reigen von Läufern, die alle schneller als ich sind, kann ich bewundern. Die Vereinskameraden feuere ich an. Wann kommt endlich die Wende? Da – etwas Tempo raus, rum um die Stangen, wieder Fahrt aufnehmen. Nach 22:14 habe ich die Hälfte geschafft, Kilometer 3 bis 5 in 4:28 – 4:36 – 4:34.

Was ist das? Ein heftiger Wind bläst mir plötzlich entgegen. Gut, daß die Prüm, in deren Tal wir laufen, so viele Kurven macht. Es läuft sich schwer. Für mich liegt hier das Tal der Tränen :nene: . Einfach zäh eiere ich vor mich hin. Dabei bin fasziniert, wie viele Läufer mir noch entgegen kommen. Wieder der Wasserstand, die auf dem Boden liegenden Becher irritieren mich. Bis Bettingen kämpfe ich einen einsamen Kampf gegen mich selbst. Kilometer 6 in 4:44, Kilometer 7 in 4:40. Hinter dem Ort beginnt die befürchtete Steigung. Von hinten nähert sich ein Läufer, der mich an den Stöhnläufer aus dem Schmittcast :hallo: erinnert. Die Geräusche, die er von sich gibt, lösen in mir einen Fluchtreflex aus. Nichts wie weg hier :teufel: ! Trotz der Steigung werde ich schneller. Es ist eines dieser Wunder, die man nicht verstehen muß, aber freudig zur Kenntnis nimmt :zwinker4: . Plötzlich ist mein Rhythmus da! Kilometer 8 in 4:37. Die Gruppe vor mir kommt näher, plötzlich saugt sie mich auf. Ich passe mich ihrem Tempo an, doch das läßt der Stöhnläufer nicht zu: werde ich langsamer wird er lauter :P . Also weiter! Raus aus dieser Gruppe, vor mir die nächste. Es beginnt meine Aufholjagd, trotz immer noch leicht aufwärts führender Straße. Kilometer 9 in 4:31. Das Kilometerschild zündet meinen Turbo. Ich erinnere mich an das Bahntraining. Was sagt der Trainer: lange Schritte, saubere Armbewegungen, aufrechter Oberkörper. Anstrengend, doch ich überhole. Die Überholten mögen das nicht und es beginnt ein Endspurt um die Plätze :geil: . Die Freizeitanlage kommt in Sicht, wir hören den Sprecher, Beifall der Zuschauer, Adrenalin. Störte beim Start die Steigung, so verleiht das Gefälle ins Ziel Flügel. Im Ziel stoppe ich 45:07. Kilometer 10 in 4:24.

Im Ziel stehe ich dann noch etwas mit den Kameraden der TG zusammen. Gemischte Ergebnisse, bei den meisten überwiegt die Zufriedenheit. Die jetzt aufziehende dunkle Schauerwolke ermahnt mich zum Aufbruch und so gehe ich recht schnell mein Auto suchen. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden, mehr war heute nach dem Tag auf der Arbeit einfach nicht drin.

Gruß
Ralph

2
Danke für den schönen Bericht und einen tollen Schlußspurt hast Du da hinbekommen.

LG Lilly
1. Wettkampf : 17.05.2008 Viertelmarathon beim Spendenmarathon Chemnitz 01:07:48 h
Neue PB HM: 02:10h beim 25.Glauchauer Herbstlauf:D
http://verstricktundzugesponnen.blogspot.com
Bild

3
Freut mich, daß Dir mein Bericht gefallen hat :hallo: . Und den Endspurt finde ich mit wachsendem Abstand immer genialer :D .

Gruß
Ralph
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“