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Einfach tierisch - 10 km in Mainz-Gonsenheim

Einfach tierisch - 10 km in Mainz-Gonsenheim

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Hallo Läufers,

mein neuer Laufbericht. Einfach ein tierischer Lauf.

Einfach tierisch - 10 km im Gonsenheimer Wald

Vorgeschicht:

Mit den 10 km hab ich noch ein Hühnchen zu rupfen.
Vor über einem Jahr habe ich hier im Forum Rat gesucht, wie ich für die 44:xx über 10 km trainieren soll. Irgendwer hat mir wohl den Floh ins Ohr gesetzt, dass ich das laufen können sollte.

In den Intervallen konnte ich das Tempo schon laufen. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und vom Training verstand ich so viel wie der Hahn vom Eierlegen.

Nachdem immer wieder was dazwischen kam (da war der erste Halbmarathon wichtiger, dann hat mich eine Erkältung kurz vor dem Wettkampf erwischt, so dass ich den Lauf sausen lassen musste), startete ich im Oktober nach überstandener Erkältung endlich einen ersten ernsthaften Versuch:
Nachdem ich losgerannt bin wie von der Tarantel gestochen (hier noch mal zum nachlesen) bin ich völlig eingegangen und habe mich in 46:irgendwas ins Ziel gequält.
Platt wie eine Flunder und schimpfend wie ein Rohrspatz bin ich damals nach Hause geschlichen.
Zuerst dachte ich, mich bringen keine 10 Pferde mehr dazu einen 10 km Wettkampf zu laufen. Aber eine immerhin neue PB tröstete mich etwas nachdem die erste Enttäuschung verdaut war. Nach meinen Wettkampfergebnissen kräht eh kein Hahn.

Beim Silvesterlauf 2008 wollte ich dann die Schäfchen ins trockene bringen, aber auch da kam ich mir eher vor wie eine lahme Ente. Kein Wunder, nach wieder nur suboptimalem Training.
Im Startblock wie die Ölsardinen, vorsichtig angegangen und wieder nix. 46:und ein paar zerquetschte. Trotzdem PB wieder ein paar Sekunden verbessert, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber immer noch tierisch weit weg von der 44:XX.
Dann der (für mich wichtigere) Versuch HM in 1:39. Dass das richtig gut geklappt hat, pfeifen die Spatzen ja inzwischen von den Dächern. Aber die 44:xx will und will nicht fallen.
Tja, wer nicht spezifisch drauf hin trainiert, darf sich nicht wundern, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Aber jetzt, nach dem HM, wollte ich es noch mal wissen. Jetzt wollte ich endlich die Kuh fliegen lassen. Aber, und da beißt sich die Katze in den Schwanz, die spezifischen Einheiten hatte ich mal wieder sträflich vernachlässigt.

Egal, es wird auf jeden Fall probiert. Eine Testeinheit 4 Tage vorher verlief bei Affenhitze ganz vielversprechend. Und (Plan B, lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach) eine neue PB dürfte auf alle Fälle drin sein.


Hauptgeschicht:

Ich muss einen Vogel haben: Bei der Bullenhitze auf Bestzeit laufen?
"Immer langsam mit den jungen Pferden" denke ich. Aber: "Sei kein Frosch" meldet sich mein kleiner Ehrgeizling. "Du bist ein Esel! Bei so einem Wetter liegt man im Wasser rum," sagt der Schweinehund. Aber: "Ein Esel ist stur. Also los!" entgegnet der Ehrgeizling.

Tatsächlich ist es am Sonntag zwar immer noch schön warm und schwül, aber etwas angenehmer als an den Hundstagen vorher. Und es nicht zu versuchen, würde mich schon sehr fuchsen. Parke einen Katzensprung entfernt vom Start. Prima.
Startunterlagen holen. Da geht 's zu wie im Taubenschlag.
Trinken. Und Einlaufen.

Oh je.

Beim Einlaufen dann echte Elefantenbeine. Richtig schwer. Datt wird nix. Da ist heute der Wurm drin. "Jetzt red ' keinen Bockmist! Wie ein Reh wirst du über die Strecke schweben." Der kleine Ehrgeizling ist ein hoffnungsloser Optimist.
Ich will kein Angsthase sein und es wenigstens versuchen. Schlimmstenfalls gehe ich ein. "Recht so!" feuert mich der kleine Ehrgeizling an. "Jetzt mal Butter bei die Fische!"

Nachdem ich mich so 2 km im Schneckentempo auf der Strecke eingelaufen habe, begebe ich mich in den Startblock. Ich muss aussehen wie ein begossener Pudel, habe ich mir doch zu prophylaktischen Kühlung einiges an Wasser über den Kopf geschüttet. Sonst auch noch gesoffen wie ein Kamel vor der Wüstenquerung und das überflüssige Wasser ordnungsgemäß entsorgt.

Ich mache einen Schwanenhals um zu sehen, ob ich wen Bekanntes finde. Fehlanzeige. Um mich herum schnattern alle wie die Gänse und ich stehe mir die Storchenbeine in den Bauch. Wenigstens ist mir schön warm. Einige haben Hummeln im Hintern und hüpfen trotz der Temperaturen rum.

Dann der Countdown.
Alles rennt los wie vom Affen gebissen. Ich stehe so in der 10. Startreihe, starte bewusst vorsichtig (der schlaue Fuchs hat gelernt!) und muss trotzdem etliche überholen und Schlangenlinien laufen.
Auf einer breiten Teerstraße geht es trotzdem gut voran.
Am Wildpark vorbei. (Hier wohnen die echten Tiere, die mich zum Teil auf dem Lauf begleiten werden. Einige haben es auch in den Bericht geschafft.)

Nach einem km geht es in den Wald. 1. km in 4:29. Perfekt.
Die Sonne ist noch hinter Wolken, hier im Wald ist es nicht kühler. Die Luft scheint zu stehen. Kein Lüftchen regt sich. Mucksmäuschenstill ist es, bis auf die Schritte der Läuferinnen und Läufer. Jeder ist mit sich beschäftigt. Auch die zu zweit oder dritt laufen, erzählen sich nur wenig.
Vom Streckenverlauf weiß ich nix, nur dass die Strecke über Waldwege führt und ein bißchen auf und ab geht.
Einige redeten vorher von einem heftigen Anstieg, aber das Profil sah so schlimm nicht aus. Die machen aus einer Mücke einen Elefanten. Hier sollte ich mich irren.
Eine erste Brücke über die Autobahn ist nicht dramatisch.

Obwohl es in den Tagen zuvor Katzen und Hunde regnete, ist der Boden staubtrocken und stellenweise knöcheltief sandig. Echtes Kamelwüstenfeeling.
Immer wieder ganz kleine, aber biestige Anstiege und Abstiege. Die Beine wollen immer noch nicht so richtig. Das wird ein Kampf.
Kreuz und quer geht es durch den Wald. Alle Abzweigungen sind von den bienenfleißigen Helfern mit Sägemehl abgestreut. Verlaufen unmöglich. Viele enge Kurven. Stellenweise so eng, dass sich der Läufertross im Gänsemarsch fortbewegt.

Langsam rollt es. km 2 und 3 in 4:21 und 4:22. Na bitte. Wieselflink hüpfe ich über Baumwurzeln. Hoffentlich ist das nicht zu schnell. Mit Adleraugen versuche ich vorher die Ideallinie zu erspähen. Durch die vielen Kurven immer von der rechten auf die linke Seite. Keinen Meter zuviel laufen.
Dann der Anstieg :haeh: Schnurgerade. Zunächst nicht steil. Aber das dicke Ende sieht man schon. Komme mir vor wie der Ochs vorm Berg. Weiter. Nicht nach oben schauen. Kleine, mäusekleine Tippelschritte. Einer nach dem andern. Nicht nachlassen. Irgenwann ist oben. Ich kann einige überholen.
Endlich oben. Fertig. Der Berg. Ich auch. Ich schnappe nach Luft wie der Fisch auf dem Trockenen.
Eine Wasserstelle. Ich brauche zwei Becher. Ein Kamel hat ja auch zwei Höcker. Einer für den Kopp. Einer für den Hals. Die Becher. Nicht die Höcker. Genauer gesagt, hat das Trampeltier zwei Höcker, das Dromedar nur einen. Aber beides sind Kamele. Ich Kamel, ich. Bei diesem Wetter. War 's das jetzt? letzter km in 4:44.

Von meinem hohen Ross (bergauf schön überholt, hähä!) komme ich schnell wieder runter. Das ist doch zum Mäusemelken! Schon wieder scheitern an der 44:xx? Nö! Ich schüttele den Katzenjammer schnell ab. Es geht leicht bergab. Kann mich erholen. Der nächste km wird der zweitschnellste im Rennen. Ich Kampfschwein.

Das Stammhirn hat das Kommando übernommen und signalisiert nur noch: "Durst, DURST, DUUUUUURST!!!!" Häh? Ich habe doch gerade getrunken. Ich schnaufe wie ein Walross, hechele wie ein Hund und laufe weiter. Ein Teil Hirn, wahrscheinlich das Spatzenhirn, hat die Strapazen bis hierher überstanden und stammelt nur noch: "renn, renn, renn, renn, ..." Der Körper hört auf das Kommando und rennt weiter.

Vor mir ein Läufer mit meinem Tempo. Ich klemm mich dran. Erkläre ihn zu meinem perönlichen Hasen. Stur wie ein Esel renn ich hinterher. Wir überholen. Ich fühl mich zwar nicht mehr bärenstark. Im Gegenteil. Aber ich laufe und kann das Tempo einigermaßen halten. (4:23, 4:27)
Fototermin mitten im Wald. Ich muss aussehen wie Quasimodo persönlich.
Weiter laufen. Dranbleiben.

Mein lieber Schwan. Was für eine Ochsentour. Noch einmal über die Autobahn. Ein ganz giftiger Anstieg, der mir fast den Rest gibt. Aber auch der ist geschafft.
Da lachen ja die Hühner, wenn das nach der Quälerei jetzt noch schief geht.

Raus aus dem Wald. Sonne. Jetzt wird 's nochmal richtig heiß und hart. Ich bin mit Sicherheit krebsrot im Gesicht. Ich kann nicht mehr. Ich mag nicht mehr. Ich bekomme Gänsehaut (bei mir deutliches Zeichen von Erschöpfung im Rennen).
Aber jetzt aufgeben? Das wäre ja echter Bockmist. NIE. Eher krieche ich ins Ziel. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt. Das reicht jetzt auch noch für den letzten km. Wenn ich das noch versaue. GRR.

Ich schwitze wie ein Schwein, der Schweiß rinnt in die Augen. Zusammen mit Wasser bildet das auf der Brille ein Geschmier, das mich blind wie einen Maulwurf macht. Aber egal. Die Straße geht geradeaus.

Wieder am Tierpark entlang. Kann ich zwar nicht sehen, aber riechen. Ich stinke bestimmt auch wie ein Iltis. Ich muss nur noch wissen, wo mein Hase langläuft. Ich laufe kurz auf, bedanke mich für 's Ziehen (Ich kann wieder reden! die ganze Zeit stumm wie ein Fisch). Mein Zugpferd sagt: Bitte sehr. Und zieht den Schlussspurt an. Ich kann nicht mehr folgen. Aber ein verschleierter Blick auf die Uhr zeigt: Selbst wenn ich jetzt gehen muss: die 44:XX sind gebongt!!!
JAAAA.

Schwein gehabt. Alles richtig gemacht. Richtig gequält. Richtig eingeteilt. Ich kann auf dem letzten km noch ein bißchen zulegen. Den Tiger im Tank auspacken.
Im Ziel wird 's eng. Zielkanal. Chip scannen lassen. Ich soll stehenbleiben, kann aber nicht, da ich sonst umfalle. Muss weitergehen. Da ist ein Zaun. Wie praktisch. Ich halte den Zaun und er hält mich. Ich sehe weiße Mäuse.
Blick auf die Uhr. Ja Himmel, A** und Zwirn. Vergessen die Zeit anzuhalten, ich Hornochse. Diesen Befehl muss ich mal im Stammhirn verankern. Das geht echt auf keine Kuhhaut.


Trotzdem: Eine tiefe 44er Zeit ist 's geworden. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich hab 's tatsächlich geschafft!!! Nach einem Jahr. Im dritten Anlauf. Rattenscharf. Affengeil. Kurz mit dem Zugpferd geplaudert. Der ist sogar unter 44 geblieben.

Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd, werde aber gleich wieder zum Kamel: Wasser, Wasser, Wasser. 10 Becher später (plus einer für den Kopf) geht 's wieder. In diesem Rennen haben den letzten übrigens nicht die Hunde gebissen, der wurde genauso angefeuert und mit Beifall im Ziel empfangen, wie alle anderen.

Des Pudels Kern für Bestzeiten: Kämpfen, kämpfen. Niemals aufgeben.
Dann klappt 's auch mit der Bestzeit.

Töffes, das Kampfschwein.
"Wer keine Zweifel hat, ist schlicht verrückt." (Peter Ustinov)

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TÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFEEEEEEEEEEEEEEEEESSSSSSSSSS,

:first: ich bin erste !!! ich durfte als erste diesen sehr unterhaltsamen, tierischen laufbericht verschlingen. ein super rennen, ein super bericht, eine super zeit, ein super töffes!! :daumen:

mehr bleibt nicht zu schreiben.

lauf bitte noch lange weiter!!

lieben gruß,
line
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PB: 5km: 21:14 (Juni 2010) - 10km: 43:38 (Juni 2011) - HM: 1:37:39 (Sept. 2010) - M: 3:31:47 (Oktober 2010)

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Super Zeit, super Bericht !!! :daumen:

Und wenn man die sub 45 hat, träumt man von der sub 40, ist so ! Und machbar ! :zwinker2:

Bleib dran und die nächsten Hürden fallen TIERISCH schnell. :hallo:
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http://www.ra-hascher.de

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Ich hab noch zwei Tiere gefunden ;)
töffes hat geschrieben:Und (Plan B, lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach) eine neue PB dürfte auf alle Fälle drin sein.
töffes hat geschrieben:(Hier wohnen die echten Tiere, die mich zum Teil auf dem Lauf begleiten werden. Einige haben es auch in den Bericht geschafft.)
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unreflektiert nachplappernder ultravorsichtiger Seniorenlaufratgeber

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Super töffes. :daumen:
Habe mich gleich auf deinen neuen Bericht gestürzt und ihn begeistert verschlungen.

Mach einfach weiter so. :winken:

Gregor

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Hallo töffes,

hätte nicht gedacht, dass es auf meiner Hausstrecke so viele Tiere gibt. Danke für den netten Bericht.

Gruß Zwangsläufer

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töffes hat geschrieben: Töffes, das Kampfschwein.
Affengeiler Bericht über eine bärenstarke Leistung von Dir lahmen Kröte! :daumen:

gruss hennes

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*cel hat geschrieben:Ich hab noch zwei Tiere gefunden ;)
töffes hat geschrieben: Und (Plan B, lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach) eine neue PB dürfte auf alle Fälle drin sein
töffes hat geschrieben: (Hier wohnen die echten Tiere, die mich zum Teil auf dem Lauf begleiten werden. Einige haben es auch in den Bericht geschafft.)
Glückwunsch!
Da habe ich doch zwei glatt übersehen. :zwinker2:
Aber ich musste ja schließlich noch laufen. Da konnte ich ja nicht sooo sehr auf irgendwelche versteckten Tiere achten. :teufel:

Redapricot hat geschrieben:Super Zeit, super Bericht !!! :daumen:

Und wenn man die sub 45 hat, träumt man von der sub 40, ist so !
Du hast ja so recht. Kaum hat man ein Ziel erreicht, .... :klatsch:
Redapricot hat geschrieben: Und machbar ! :zwinker2:

Da zweifel ich ja schon noch dran. Weiß nicht, wie weit das Ende meiner persönlichen Fahnenstange noch weg ist. Aber versuchen werd ich 's.
Redapricot hat geschrieben: Bleib dran und die nächsten Hürden fallen TIERISCH schnell. :hallo:
Mit der super Unterstützung der Foristen, mag 's gehen.

@ all:
Danke für die Glückwunsche.
Vor allem danke für 's Lesen und die Kommentare.

Töffes
"Wer keine Zweifel hat, ist schlicht verrückt." (Peter Ustinov)

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Sehr unterhaltsam zu lesen!! :daumen:

Run n Rock GE (2009) 10,5km: 52:05min
Schütz die Kinder deiner Stadt GE (2009) 5km: 21:38min
Gesperrt

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