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Persönliche Bestleistung beim Salzkotten Halbmarathon

Persönliche Bestleistung beim Salzkotten Halbmarathon

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Für den letzten Formtest vor dem New York City Marathon in drei Wochen habe ich mir den Salzkotten Halbmarathon ausgesucht. Der Wettkampf findet ganz bei uns in der Nähe statt und verläuft über eine flache Strecke. In Salzkotten kann man den Marathon oder den Halbmarathon laufen. Für den Marathon muss man zwei Runden laufen.
Bezüglich der Form war ich eigentlich ganz guter Hoffnung. Vor drei Wochen bin ich ein 10 KM Vorbereitungsrennen in persönlicher Bestleistung gelaufen. Ich hatte zuletzt gut trainiert, wenngleich ein langer Lauf vor zwei Wochen nicht so glatt wie gewünscht gelaufen ist. Außerdem habe ich immer noch Probleme mit der rechten Ferse. Es ist wohl so ein Anflug von Fersensporn. Die Beschwerden halten sich aber in Grenzen. Während des Laufens merke ich meist nur ganz wenig, allerdings wird es in den ersten Stunden nach Ende des Laufs dann deutlich schlimmer, insbesondere wenn der Fuß etwas Ruhe hatte. Aber bis zur nächsten Trainingseinheit gehen die Beschwerden dann wieder bis auf ein geringes Ausgangsniveau zurück.
Für den heutigen Tag wollte ich im Bereich meiner bisherigen Halbmarathon-Bestleistung bleiben (1:38:18) oder diese sogar unterbieten. Ich trainiere ja nach einem Internet-basierten Plan von vicsystem. Dieser prognostiziert auch Zielzeiten. Meine Prognose für den HM lautete 1:35, demnach sollte ich einen Schnitt von 4:29 laufen. Zuletzt waren die Zeitprognosen von vicsystem für mich aber immer deutlich zu schnell. Ich nahm mir also vor, einen gleichmäßigen 4:35er Schnitt zu laufen. Das sollte dann auf eine Endzeit unter 1:37 hinauslaufen. Mein Ziel war demnach eine 1:36:xx.
Noch ein paar Worte zum Umfeld. Der Salzkotten Marathon ist eine kleinere und verhältnismäßig familiäre Veranstaltung. Für den HM und den Marathon zusammen haben sich knapp 700 Teilnehmer angemeldet. Er führt über weite Strecken über Wirtschaftswege, dreimal geht es durch kleinere Ortsteile von Salzkotten mit dörflichem Charakter.
Die Strecke ist fast ganz flach und nur wenig winklig. Also insgesamt war alles für eine schnelle Endzeit vorbereitet.
Um 10:30 Uhr ging es los. Alles war recht übersichtlich am Start und es gab kein Gedrängel. Ich platzierte mich einigermaßen weit vorne und konnte nahezu sofort frei mein Tempo laufen. Die äußeren Umstände waren nahezu ideal, es war ca. 12 Grad warm und nur wenig Wind. Regen war erst für nachmittags vorhergesagt. Bezüglich der Bekleidung habe ich mich für eine Short Tight und ein kurzes T-Shirt mit einem dünnen Unterhemd darunter entschieden. Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, ein Langarm-Shirt anzuziehen, mich aber dann anders entschlossen.
Die ersten Kilometer liefen ganz gut. Die KM-Schnitte absolvierte ich alle unter 4:30. Ich versuchte mich ein bisschen zu bremsen, das schlug sich aber praktisch nicht in der Zeit wieder. Das Lauftempo fühlte sich leicht angespannt an, aber nicht übermäßig schnell. So verschaffte ich mir ein kleines Zeitpolster, was mir ganz angenehm war. Schon nach 2,5 KM war die erste Verpflegungsstation. Die ließ ich natürlich links liegen. Die weiteren Verpflegungsstationen gab es alle ca. 2,5 KM. Zuschauer standen nur sehr spärlich an der Strecke, die Läufer waren praktisch unter sich.
Es lief eigentlich auch die nächsten Kilometer ganz gut. Ich versuchte das recht zügige Tempo gemäß meiner Marschtabelle einzuhalten und im Zweifelsfall lieber etwas defensiver anzugehen. Trotzdem blieb ich weiterhin durchweg unter meiner Planvorgabe. Bei KM 7 nutze ich dann auch die angebotene Verpflegung mit zwei Bechern Iso-Getränk. Da ich dazu immer einen kurzen Abschnitt gehe, habe ich natürlich etwas Zeit verloren. Ich fühlte mich aber weiterhin im grünen Bereich.
Kurz vor dieser Verpflegungsstation liefen wir durch den Kern eines Salzkottener Ortsteils. Hier war wirklich viel los. Mehr als 100 Personen standen links und rechts der Straße und machten einen Höllenlärm. Hier kam dann kurz doch so etwas wie City-Marathon-Feeling auf.
Ab KM 8 machte die Strecke dann einen Knick nach Westen. Hier machte sich ein doch etwas stärkerer Gegenwind bemerkbar. Da es hauptsächlich über freies Feld ging, war auch kein entsprechender Windschutz vorhanden. Das Laufen wurde jetzt deutlich anstrengender. Und auch die KM-Zwischenzeiten wurden etwas langsamer. Ich fühlte schon die erste Müdigkeit in den Beinen. Dennoch war ich noch gut im Plan.
Bis nach KM 14 zur nächsten von mir genutzten Verpflegungsstation änderte sich praktisch nur wenig. Der Wind blies häufiger kräftig ins Gesicht und ich musste nun schon bewusst auf das Tempo achten. Bremsen war nicht mehr nötig, die Lockerheit vom Anfang war jetzt total verschwunden. Ich war mir inzwischen nicht ganz sicher, ob ich dieses Tempo bis zum Ende würde halten können. Es wurde nämlich langsam richtig anstrengend.
Bei KM 10 habe ich mal auf die Uhr geschaut. Ich ging so bei ca. 45:20 durch. Das war so ziemlich genau in der Mitte zwischen einem 4:30er und einem 4:35er Schnitt. Mit meiner Wunsch-Zielzeit sah es also ganz gut aus, wenn ich das Tempo jetzt einigermaßen halten konnte.
Übrigens machte sich meine Ferse praktisch nicht bemerkbar. Ich hatte während der ganzen Zeit weder muskuläre noch orthopädische Probleme. Kurzzeitig zwickte es mal im Bauch oder in der Brust, das ging aber schnell wieder vorbei.
Ich hatte jetzt Mühe, die Vorgabe-Geschwindigkeit zu halten, es klappte aber trotzdem ganz gut. Kurz nach KM 14 nutzte ich wieder die Gelegenheit, einen Becher mit Iso zu mir zu nehmen. Kurz darauf ging es noch einmal durch einen Ortskern, wo ordentlich etwas los war. Hier standen bestimmt mehrere hundert Personen an der Straße, und der Streckensprecher erwähnte sogar meinen Namen. Bestimmt sah ich aber nicht mehr so frisch aus.
Es wurde jetzt zunehmend schwerer. In diesem Bereich waren auch ein paar Hügel in der Strecke. Die taten doch etwas weh in den Beinen. Und obwohl die Strecke nun grob Richtung Süden geschwenkt war, hatte ich immer noch das Gefühl von deutlichem Gegenwind.
Ich musste mich nun ganz schön abmühen, aber die Zwischenzeiten blieben immer noch grob im grünen Bereich, wenngleich die Tendenz jetzt mehr etwas oberhalb von 4:35 lag. Aber ich sagte mir, nimm dich jetzt lieber etwas zurück, bevor du überdrehst. Zum Schluss könnte ich dann ja noch etwas zulegen, wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch Reserven hätte.
Bei KM 17 rechnete ich dann das erste mal hoch. Durchgangszeit war so etwa 1:17:30, dann noch gute 4 KM im 5er Schnitt obendrauf als obere Abschätzung, das sollte doch wohl reichen. Und die restlichen Kilometer sollte ich jetzt auch noch deutlich unter 5 Minuten schaffen können. Ich rechnete schon fest mit einer Bestzeit.
Aber es wurde jetzt schon richtig hart. Ich merkte, wie ich das Tempo nun nicht mehr so recht halten konnte. Ich war schon ziemlich kaputt und lief praktisch nur noch auf Zeit einigermaßen halten. Mit einem 4:40er Schnitt oder leicht drüber wäre ich nun schon zufrieden. Mehr ging jetzt nicht mehr. Und es kamen dann auch Zeiten von um die 4:40 auf den nächsten Kilometern heraus. So um KM 19 ging es dann noch einmal eine Eisenbahnbrücke hinauf und anschließend wieder runter. Das tat ganz schön weh, ich machte kürzere Schritte und nahm das Tempo raus. In dem Moment dachte ich an New York. Dort sollen die Brücken ja auch ziemlich anstrengend sein.
Bald kam der letzte Kilometer. Ich war mir ziemlich sicher, mein Zeitziel zu erreichen, also eine Zeit unter 1:37. Jetzt teilte sich die Strecke. Die Mehrzahl der Läufer bog in Richtung Ziel ab. Die Marathon-Läufer mussten jetzt aber die ganze Runde noch einmal laufen. Das ist psychologisch bestimmt ganz schön hart. Ich konnte mir jedenfalls absolut nicht vorstellen, noch weitere 21 KM anzugehen. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass ich dann auch ein anderes Tempo hätte vorlegen müssen, wenn ich das vorgehabt hätte.
Nach ein paar letzten Kurven kam ich dann in den Zielbereich. Hier waren noch einmal zahlreiche Zuschauer, die mich lautstark anfeuerten. Der Zielsprecher rief meinen Namen mit der Bemerkung „… und dieser Läufer sieht nicht mehr ganz so frisch aus“. Als ich das hörte, wechselte ich sofort in den „Bitte lächeln Modus“ und hob meine Arme. Das Ergebnis war ein entsprechender Kommentar.
So lief ich dann über die Ziellinie. Ich war wie immer ziemlich kaputt und hatte mich bis nahezu an die Grenze verausgabt, wenngleich man meiner Erfahrung nach beim vollen Marathon noch mehr an die Grenze (oder sogar darüber hinaus) gehen muss.
Beim Blick auf die Uhr war ich einigermaßen überrascht. Da stand 1:35:35. Das war viel schneller als zuletzt vorauszusehen war. Dabei hatte ich den letzten Kilometer doch gar nicht viel beschleunigt. Naja, egal. Auf jeden Fall war ich sehr zufrieden, nachdem ich meine bisherige Bestleistung deutlich unterboten hatte. Ich war auch relativ schnell wieder erholt. Größere Beschwerden hatte ich die ganze Strecke über keine, auch meine Ferse war okay. Natürlich merkte ich dann aber im Ziel gleich die Belastung im Fuß.
Danach bin ich dann noch brav 5 Minuten ausgelaufen und habe meine Dehnübungen gemacht. Sehr angenehm war die kostenlose Massage (bestimmt mehr als 5 Minuten!), bei der ich noch nicht einmal anstehen musste. Vielen Dank an das Team.
Auch bei der Zielverpflegung griff ich dann noch einmal kräftig zu. Außerdem war noch alles kostenlos. Es gab Äpfel, Bananen, leckeren Kuchen und Müsli-Riegel. Also viel Lob an Organisation und Helferteam von meiner Seite. Das war prima.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden und glücklich. Die Form stimmt und die Ferse hält zumindest soweit, dass ich zuversichtlich zum New York City Marathon schauen kann. Ich habe in der Vorbereitung sowohl meine Bestleistung über 10 KM also auch über Halbmarathon zum Teil deutlich verbessert. Ich hätte meiner Einschätzung nach im Moment eine realistische Chance, mein nächstes Marathon-Zeitziel Sub 3:20 zu erreichen. Aber in New York werde ich es eher etwas locker in Richtung 3:45 bis 4:00 angehen (aber eine 3 sollte schon vorne stehen). Im nächsten Jahr versuche ich dann die Marathon-Bestleistung anzugehen.

Übrigens habe ich zu Hause bei der Auswertung meines Pulsmessers bemerkt, dass die Strecke zwischen KM 20 und dem Ziel offensichtlich etwas zu kurz geraten ist. Insgesamt meint mein Pulsmesser zwar 21,1 KM gelaufen zu sein, aber der letzte KM war mindestens 100 Meter zu kurz. Was soll’s, eine Bestleistung hätte ich so oder so erzielt.

Rundenzeiten:

Runde Zeit Rundenzeit HF Max Ø Min Dist min/km
1. 0:04:32,8 0:04:32,8 161 161 149 89 1,000 4:32
2. 0:08:57,6 0:04:24,8 162 163 161 158 1,010 4:22
3. 0:13:33,2 0:04:35,6 162 166 162 159 1,033 4:26
4. 0:18:02,4 0:04:29,2 165 165 164 162 1,023 4:23
5. 0:22:29,2 0:04:26,8 168 168 166 163 1,016 4:22
6. 0:26:58,7 0:04:29,5 168 168 167 165 1,016 4:25
7. 0:31:53,5 0:04:54,8 156 172 168 155 1,028 4:46
8. 0:36:19,1 0:04:25,6 168 169 164 155 0,991 4:28
9. 0:40:50,2 0:04:31,1 166 169 167 165 1,015 4:27
10. 0:45:24,3 0:04:34,1 168 169 168 165 1,012 4:30
11. 0:49:48,4 0:04:24,1 168 169 168 165 0,999 4:24
12. 0:54:17,7 0:04:29,3 167 170 168 167 1,005 4:27
13. 0:58:48,0 0:04:30,3 169 168 167 166 1,011 4:27
14. 1:03:24,4 0:04:36,4 167 168 167 164 1,006 4:34
15. 1:08:14,8 0:04:50,4 165 168 164 158 1,015 4:46
16. 1:12:43,9 0:04:29,1 165 167 165 162 0,987 4:32
17. 1:17:23,9 0:04:40,0 162 167 165 162 1,000 4:39
18. 1:22:03,8 0:04:39,9 163 164 164 162 1,013 4:36
19. 1:26:43,9 0:04:40,1 164 164 163 161 1,016 4:35
20. 1:31:22,6 0:04:38,7 164 166 163 158 1,001 4:38
21. 1:35:34,0 0:04:11,4 169 169 165 164 0,914 4:36

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Danke für den interessanten Bericht und Glückwunsch zur PB!
Dann kann New York ja kommen... :daumen:

3
Respekt und viel Erfolg !
Wie hoch ist bitte dein HFmax ?




Grüße Chris
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Langstreckler im Aufbau
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4
Habe meine maximale Herzfrequenz schon lange nicht mehr bestimmt. Das ist bestimmt schon zwei bis drei Jahre her. Bin damals nach einer Empfehlung von Runner's World vorgegangen. Es kam dabei so etwa 185 heraus. Mittlerweile glaube ich aber, dass sie etwas niedriger liegt, da ich weder im Training noch im Wettkampf Werte von über 180 beobachtet habe.

5
Wow, ist ja heftig.Ich hab ungefähr genau den selben HF-Max wie du nur dass ich noch ganz am Anfang stehe :)
Hätte nie gedacht dass man in so einer Leisrtungsklasse noch so extrem hochpulsig läuft.
Du ballerst ja ganz schön rein....
Mir machen die höheren Bereiche aber jetzt auch nicht mehr soviel aus nach 1 1/2 Monaten ,vorher war man da rattenfertig :P
Über 165 ist aber schon echt roter Bereich ,danach kommt die Kernschmelze ... :zwinker5:






Grüße Chris
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Hallo Chris,

ich glaube, dass ich mir die Tempohärte (also die Fähigkeit über eine längere Strecke eine relative hohe Geschwindigkeit zu halten) in den regelmäßigen Intervalltrainings und den Tempoläufen hole.
Beispiel: 3 x 4 km in 4:30 mit 1,2 KM lockerem Traben dazwischen oder auch 5 KM Tempolauf in 4:25 nach 5 KM langsamem Einlaufen vorher.

Wenn Du das drauf hast, fällt Dir das auch im Wettkampf nicht so schwer.

Natürlich sind solche Tempo-Einheiten manchmal ganz schön hart. Für mich sind insbesondere die kürzeren Intervalle (also 1 oder 2 KM Tempo-Abschnitte) immer die schwersten Trainingseinheiten. Da geht es manchmal bis wirklich an die Grenze. Aber nur so wird man besser, denke ich. Man muss sich halt manchmal quälen.
Gesperrt

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