Banner

Jetzt weiß ich endlich, wie sich ein runner's high anfühlt!

Jetzt weiß ich endlich, wie sich ein runner's high anfühlt!

1
Das sogenannte runner's high kannte ich nur vom Hörensagen. Ich vermute, manche Leute verwenden den Begriff leichtfertig, wenn sie mal einen besonders guten Lauf hatten. In tausenden Trainings- und hunderten Wettkampfkilometern hatte ich jedenfalls nichts erlebt, was tatsächlich diese hochtrabende Bezeichnung verdient hätte. Bis heute.

Am Sonntag einen Wettkampf über 11,3 km gelaufen. Hinterher tat alles weh. Gestern mit schweren Beinen eine halbe Stunde ausgelaufen. Heute immer noch etwas müde Beine, in der Hüfte zwickt's. Aber ich habe Lust zu laufen. Also los!

Boah, ist das kalt heute! Nach einen halben Kilometer umgeknickt. Aua! Das geht ja gut los! Doch bald sind die Schmerzen weggelaufen. Halb so schlimm. Nach drei, vier Kilometern komme ich langsam ins Rollen. Scheint ein ganz ordentlicher Trainingslauf zu werden. Locker aber zügig spule ich meine 8-km-Runde ab. Gegen Ende merke ich, daß ich eigentlich etwas zu schnell unterwegs bin. Denn eigentlich sind 16 km vorgesehen, also nochmal dieselbe Runde. Das könnte hart werden, wenn ich nicht langsamer werden will. Also fünfe gerade sein lassen und den Lauf jetzt beenden? Oder wenigstens die kleine 3-km-Runde dranhängen? Hinter einem Gartenzaun kläfft plötzlich ein Hund los und reißt mich aus den Gedanken. Blöder Köter! Mich so zu erschrecken! Über die Schulter ein paar Flüche in Richtung des Tiers und der Beschluss: Was soll's, die zweiten 8 km bringe ich auch noch irgendwie hin.

Ich halte das Tempo hoch, fühle mich nach zehn Kilometern noch gut dabei. Denke noch, ich sollte mich etwas zügeln. Merke nach 11 Kilometern, daß ich im Gegenteil noch schneller geworden bin. So. Egal. Ich hämmere das jetzt nach Hause! Ich erreiche Wettkampfgeschwindigkeit. Das heißt, genaugenommen bin ich noch schneller. Denn im Wettkampf hätte ich mich wohl nicht getraut dermaßen zu beschleunigen. Noch fünf Kilometer so schnell laufen? Kann unmöglich gut gehen.

Aber jetzt setzt das runner's high ein. Die Bäume und Büsche am Streckenrand fliegen an mir vorbei. Muss jetzt fast 3:30er-pace sein. Aber es fühlt sich so unendlich leicht und natürlich an. Lange, schnelle Schritte. Jedes Aufsetzen und Abstoßen mit dem Fuß, jeder Armschwung fühlt sich irgendwie "richtig" an. Als ob jede Bewegung einem höheren vorgezeichneten Plan folgt. Meine Atmung ist tief und gleichmäßig. Jede Faser meines Körpers arbeitet ganz geschmeidig. Meter um Meter, völlig mühelos, irgendwie... gazellenmäßig.

Die Runde neigt sich dem Ende. Auf den letzten 200 Metern kann ich nochmal einen Schlusssprint anziehen. Unglaublich, daß es noch schneller geht. Und dabei spüre ich keine Anstregung. Zu Hause angekommen eine neue Trainingsbestzeit. Knapp zwar, aber die nächstbesten Zeiten bin ich in besserer Form, mit einigen Kilos weniger und vor allem voll im roten Bereich gelaufen. Und heute? Mein Verstand sagt mir, ich müsste jetzt erstmal eine Viertelstunde nach Luft schnappend und völlig k.o. auf dem Boden liegen. Aber mitnichten. Zwei, dreimal kräftig durchschnaufen und ich bin völlig entspannt. Als wär's buchstäblich bloß ein Spaziergang gewesen. Ich trinke eine Apfelschorle und stehe erstmal nur da und freue mich. Ich bin einfach nur tief zufrieden. Gerade habe ich den besten Trainingslauf meines Lebens absolviert.

Und ich bin wirklich high. Unter der Dusche seife ich mich ein und spüle mich ab - und seife mich dann gleich nochmal ein, weil ich vergessen habe, daß ich daß gerade schon einmal getan hatte. Jetzt, zweieinhalb Stunden nach dem Lauf, kann ich mir immer noch nicht dieses dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischen. Wahrscheinlich folgt morgen die Quittung in Form eines dicken Muskelkaters. Aber im Moment genieße ich noch ausgiebig meinen Schwebezustand.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

2
Ooooh - davon möchte ich gern ein Foto sehen: von deinem glücklichen, völlig "breiten" Strahlen! Du solltest eigentlich ein Bild von dir machen (lassen), das dich an den Zustand erinnert ... aber egal, den vergisst du garantiert nicht, ob mit oder ohne Bild! Herzlichen Glückwunsch! Genieß den Rausch ... den du dazu noch völlig kostenlos und mit harmlosen Nebenwirkungen erleben durftest (was ist schon ein Muskelkater am Tag danach?)

lg,
kobold

3
So. Heute zwicken die Schenkel zwar etwas, aber nicht besonders. Heute Abend gibt es nur eine lockere Runde.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

4
Klasse. Freue mich für dich und bin ein wenig neidisch. Aber nur ein klein wenig, denn ich halte RH ja auch für eine Legende. :zwinker2:

Grüße,
3fach
Bild

Some say there's no magic formula. I say there is. It's just that the magic is different for everyone. Keith Dowling

5
Hi SantaCruz,

mir gehts ja wie 3fach, aber bei Deinen Erzählungen vibriert das High ja wahrlich in der Luft :)

Gruß
bibee (die das auch gern mal erleben würde)

7
Ich gönne dir dieses schöne Gefühl, aber: Dann haste ja am Sonntag nicht alles gegeben, oder? Es sei denn, du bist in einem hervorragenden Trainingszustand!

VG
Traveläufer, der sich gestern nur einen langsamen 10er gegönnt hat!

8
Tati hat geschrieben:Das klingt ja richtig gut. Solche Trainingsläufe darf es bestimmt ab jetzt öfter geben!?
Bisher hatte ich zweimal dieses befriedigende und wissende Dauergrinsen des RH im Gesicht. Beim allerersten Marathonfinish und ab kurz vor dem Ziel bei meiner Marathon-PB. Gänsehautfeeling.
bei meinem ersten (und leider bisher einzigen, was sich hoffentlich am 25. ändert) Marathonfinish gings mir genauso. Aber ich glaube, das hat weniger was mit "runners high" denn mit "finished high" zu tun ;)

Gruß,
bibee

9
Traveläufer hat geschrieben:Ich gönne dir dieses schöne Gefühl, aber: Dann haste ja am Sonntag nicht alles gegeben, oder? Es sei denn, du bist in einem hervorragenden Trainingszustand!
Also ich hatte Sonntag schon das Gefühl alles rausgeholt zu haben. War für mich auch persönliche Streckenbestzeit. Hinterher tat mir alles weh, selbst die Arme.

Was gestern passiert ist, kann ich auch nicht erklären. Das hatte ich noch nie. Man hat ja Tage, wo es prima läuft. Aber das ging weit darüber hinaus. Ich will da auch gar nichts hineininterpretieren. Ich nehme das einfach als einmaliges Erlebnis, das mich in den nächsten Wochen und Monaten im Training motivieren soll.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

10
Freut mich das du dich so freust! Oder ist es schon vorbei?

Erst dachte ich du beschreibst so ne Art "Flow" - sowas kenne ich, wenn ich vermutlich in der Fettverbrennung laufe,
nach längerer Laufzeit also, und es einfach immer besser läuft und dieses Feeling: nothing can stop us now aufkommt.
Aber das was du dann hinterher erlebt hast, hatte ich noch nie, aber genauso wurde es mir schon von ein paar Läufern/innen beschrieben. Vermutlich ne Ausschüttung von irgendeiner körpereigenen "Droge" die "Glücklich" macht, wird eine Schutzfunktion des menschl. Körpers sein - immerhin warst du auf der Flucht (Hund?), zumnindest liefst du so ;-)

gruss
Olli

11
Flow trifft es nicht so ganz. Es war intensiver, ich würde eher von einem Rausch sprechen.

Jedenfalls war heute wieder Alltag angesagt. Bin heute Abend eine Dreiviertelstunde gelaufen. Nicht so weit, nicht so schnell und nicht so mühelos wie gestern. Einfach ein ganz normaler Lauf. Erstaunlich normal, möchte ich sagen. Dem Rausch folgte kein Kater.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

12
habe zwar nicht wirklich dein runners high im moment, aber merke sehr deutlich den unterschied zwischen dem sich beim laufen durchquälen zu müssen (das verfolgte mich jetzt monatelang), und dem gefühl auf einmal noch mit freude und glücksgefühl ein wenig auf die tube drücken zu können, obwohl der durch das vergangene leidgeplagte verstand dir schon lange sagt, dass du aus den erfahrungen der letzten zeit eigentlich schon lange stehn bleiben müsstest.! ;-))
so macht laufen jedenfalls wieder deutlich spass. etwas, was ich in letzter zeit wirklich vermisst hatte.
lieber laufend leben, als stehend sterben
2009: einfach abhaken und vergessen
2008: 10 km - 0:41:15 PB; HM - 1:29:46 PB; M - 3:18:43 PB
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“