Den ersten bin ich im Schlaubetal nach 7 Monaten Training auf bloßes Ankommen gelaufen. Den zweiten nach überstandenem Eisenmangel aus Spaß an der Freude. Den Dritten mit Bestzeitenversuch sub4, was wegen großer Hitze und Startverschiebung gründlich schief ging.
Und dieses Mal? Ich hatte keine Ahnung. Wirklich nicht. Meine Vorbereitung lief nicht, den ausgesuchten Plan konnte ich nur teilweise einhalten, weil ein paar teambildende Wettkämpfe mit den Radiergummis und Vereinsmitgliedern Vorrang hatten. Laufen soll ja auch Spaß machen
. So habe ich es auch auf gerade mal zwei 30km-Läufe gebracht, der letzte war mehr Kampf als Lauf. Und auch der dazwischen liegende HM ging gründlichst daneben. Alles keine guten Voraussetzungen. Aber das veranlasste mich endgültig, mir GAR KEINE Zielzeit vorzunehmen. Ich wusste, dass ich eine 6er Pace recht lange locker laufen kann. Mit der wollte ich diesen Lauf beginnen und dann einfach schauen. Aber ich hatte keine Ahnung, was mich ab km 30 erwarten würde.Ich freute mich dieses Mal nicht wirklich auf den Lauf, sondern eher auf das gesamte tolle Wochenende mit vielen bekannten und noch unbekannten lieben Menschen. Aber ich war am Start gespannt wie ein Flitzebogen.
Der Startschuss war recht unspektakulär, in Berlin letztes Jahr kam mehr Gänsehaut-Feeling auf. Aber das kann auch an mir gelegen haben, mir fehlte dieses Mal einfach die Vorstart-Euphorie. Nach fast exakt 10 min bin ich über die Startlinie. Und ich habe mich sofort gebremst. Erst dachte ich, dass es mit den kurz vor mir stehenden Staffelläufern ein Problem geben könnte. Aber die waren alle schnell weg. Auch so wurde ich bis km 3, die ich in den geplanten knapp 18 min passierte, ständig überholt. Aber UDO hat auf seiner Seite geschrieben, dass man gerade diese ersten 3 km sehr verhalten angehen soll. Ich hielt mich akribisch dran, am liebsten wäre ich sogar noch langsamer gelaufen, weil der Puls höher war als gedacht. Aber auch so kam ich mir schon deplatziert vor. Wie ein Bremsklotz. Die einzigen Lichtpunkte in dieser Phase war das zweimalige Passieren der rosa Puschel von Frau Schmitt
.Die ersten 5km schaffte ich dann in 29:49 min. Geht so, aber es läuft nicht wirklich locker und auch der Puls war höher als ich wollte. Doch ich hatte die Anzeige die ersten km immer im Blick, ich wollte einfach kein Risiko eingehen. Plötzlich lief es etwas besser, doch was ist das? Eine langgezogene Steigung, die mich nun wieder etwas aus dem Rythmus brachte. Dann nahm ich kurz vor km 10, den ich in 59:16 passierte, das erste Gel. Doch nun kam kein Verpflegungsstand zum Nachspülen. Ewig lang zog sich das hin, bevor es nach knapp einem km endlich soweit war. Ich habe dort erst mal 2 Becher Wasser hineingeschüttet, denn es war bei schönstem Läuferwetter auch warm geworden, ich fand es aber trotzdem zu jeder Zeit angenehm.
Nach diesem Versorgungsstand lief es dann bedeutend besser, als würde die einverleibte Energie sofort wirken. Noch dazu gab es dann auf der anderen Mainseite einen traumhaften Blick auf die Skyline von Frankfurt
. Langsam, ganz langsam begann mir der Lauf Spaß zu machen . Den nächsten 5km-Abschnitt lief ich dann in 29:11 min und das war der Zeitpunkt, wo ich die Pulsanzeige wegblendete. Denn ich hatte beobachtet, dass er seit einigen km konstant blieb und ich nun auch ein Gespür bekam, wann ich etwas Tempo rausnehmen musste. Die Strecke dort drüben hat mir sehr gut gefallen. Es ging durch Niederrad und Schwanheim mit vielen Stimmungsmachern an der schmalen Straße, die durch gefühlt kleine Dörfchen ging. Ganz anders, als die Häuserschluchten auf der anderen Seite.Das zweite Gel war bei km 20 fällig gewesen und dieses Mal hatte ich auf die Ankündigung des Versorgungsstandes gewartet, was völlig ausreichte. Die Halbmarathonmarke überlief ich in 2:04:19 h. Das war nicht Fisch und nicht Fleisch. Die PB knapp außer Reichweite, aber eigentlich war ich auch schneller als gedacht. Ich wollte doch vorsichtig sein. Dann ging es zur Schwanheimer Brücke hoch, dessen Anstieg mir viel leichter fiel, als der erste nach wenigen km. Dort habe ich dann das erste Mal an diesem Tage bewusst angefangen, andere Läufer einzusammeln, die an dieser Stelle gehen mussten. Ich dagegen konnte mein Tempo gleichmäßig weiter laufen. Doch wie lange noch?
Wir passierten erst mal Höchst und dabei erkannte ich auch ein Hotel, in dem ich vor 2,5 Jahren mal wohnte. Dabei fiel mir auch plötzlich ein, dass ich damals, zu Beginn meines Läuferlebens, schon ein paar Meter am Mainufer zurückgelegt habe und wie schwer mir doch die 5 km am frühen Morgen fielen. Nun hatte ich schon 26 in den Beinen und es ging immer noch weiter
. Mit diesen Gedanken im Kopf war ich an der nächsten Wasserstation schon fast vorbei, wo ich ein Gel nehmen wollte. Also nur kurz einen Becher geschnappt. Etwa bei km 28 hatte man noch mal einen herrklichen Blick auf die Skyline, aber da habe ich schon etwas geflucht, dass der Messturm so weit weg ist und ich da noch hin muss 
. Doch schon bald ging es weiter auf die berüchtigte Mainzer Landstraße.Was erwartet mich hier nun? Erst mal weiter Läufer einsammeln
. Immer mehr mussten gehen oder standen am Rand und dehnten ihre Krämpfe weg. Mir ging es jedoch noch gut und ich begann Parallelen zu Berlin vor einem Jahr zu ziehen. Damals bin ich über den Ku´Damm geflogen, dieses Mal über die Mainzer Landstraße. Obwohl fliegen relativ ist, ich bin nicht wirklich schneller geworden, sondern konnte mein gleichmäßiges Tempo halten. So waren dann 30 km in 2:57:10 h geschafft. Kurz vor der Verpflegungsstelle rief es plötzlich hinter mir: "Da überholt mich doch glatt ein Radiergummi! Das geht ja gar nicht". Ich habe mit einem Grinsen im Gesicht mich nur kurz umgedreht und "Hallo Joe" gerufen. Und schon war ich wieder weg. Gerade diese Situation hat mir noch mal richtig Motivation gegeben und weiter ging es. Ich war dann sogar traurig, dass wir von der schönen breiten Straße, wo es genug Platz zum Überholen gab, abbogen in eine schmalere. Doch so langsam sehnte auch ich das Ziel herbei. Aber erst mal freute ich mich auf die rosa Puschel und ich hielt schon lange Ausschau danach. Heidi rief mir dann zu, dass ich noch gut aussehen würde. Aber ich fühlte mich auch so und km 35 war in 3:26:42 h geschafft.Bei km 36 rief mich dann jemand von den entgegenkommenden Läufern und es dauerte eine Weile, bis ich Yvonne
erkannte. Ich war wohl mit den Gedanken gerade abwesend 
. Das letzte Gel wollte ich bei km 37,5 einnehmen. Ich sah auch den Wasserstand auf der gegenüberliegenden Seite schon, doch unsere Schleife dorthin wurde immer weiter und länger. Das hat mir dann etwas die Motivation genommen und ich verfiel einfach so in ein langsameres Tempo. Teilweise war es auch recht eng, so dass ich mich an andere Läufer anpassen musste und einfach so in einen Trott fiel. Wie gesagt, meine Zeit war mir auch relativ egal und ich hatte auch nicht mitgerechnet, wo ich landen könnte. Ich wollte nur noch ins Ziel.Doch nun standen die rosa Puschel zum letzten Mal an. Also wieder etwas mehr Haltung einnehmen und noch mal Tempo anziehen, man will ja bei Frau Schmitt gut aussehen
. Und das erstaunliche war, dass es wieder ging. Denn bei km 40 in 3:57:26 hatte ich nun doch etwas verloren. Doch die beiden Schlusskilometer an dem dichten Zuschauerspalier vorbei musste ich einfach schnell laufen. Und es ging auch locker, ein Zuschauer rief mir sogar zu, dass es so aussieht. Am Hammermann vorbei in die Festhalle einbiegen war nun einfach das Schönste
. Durch die unglaublichen Lichtverhältnisse kam es mir so vor, als ob ich ganz allein auf dem roten Teppich laufen würde. Das offizielle Video zeigt mir was ganz anderes...Dann habe ich im Ziel abgestoppt bei offiziellen 4:10:20 h und war unglaublich glücklich
darüber. Dann bin ich aus der Halle raus und bevor ich die Treppe runter gehen konnte, musste ich erst mal innehalten. Plötzlich, ganz plötzlich lief der gesamte Lauf wie im Film noch mal ab und mir standen zum allerersten Mal überhaupt nach einem Lauf Tränen in den Augen. Es war für mich unfassbar, dass ich nach der ganzen miesen Vorbereitung so gut durchgekommen bin, geduldig war und einfach meinen Lauf durchgezogen habe. Zu Hause kam dann die Überraschung, als ich die Splitzeiten mit denen der PB verglichen habe. War ich doch tatsächlich ab km 30 auf PB-Kurs, nur in der Phase kurz vor km 40 habe ich nachgelassen. Aber ich hätte es definitiv drauf gehabt, denn die Kraft war auch zum Schluss noch da um zu beschleunigen. Aber das ist egal. Ich hatte einen tollen Lauf und es wird definitiv im nächsten Jahr weitere Marathons geben
.Einen negativen Split habe ich zwar nicht geschafft, aber mit 2:04:19 h und 2:06:01 h für die beiden Hälften bin ich sehr zufrieden.
Den Abend habe ich dann mit vielen lieben Freunden
ausklingen lassen. Frankfurt war einfach und für mich ein unvergessliches ErlebnisViele Grüße
Anett
. Bis Samstag 
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