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Florenz Marathon 2009

Florenz Marathon 2009

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Was kann man über Florenz nicht alles sagen? Es ist die mittelalterliche Kunststadt in der Toscana und wird sicherlich von jedem Italienurlauber irgendwann einmal besucht. Dort gibt es die berühmteste Gemäldesammlung Italiens, die Ufficien, die man natürlich einmal in seinem Leben besucht haben muss. Wir haben das übrigens am Samstag gemacht. Im November geht das ohne Voranmeldung und ohne Wartezeit.

Außerdem gibt es in Florenz den zweitgrößten Marathon Italiens mit fast 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wobei auch das Ausland stark vertreten ist. Es sind 53 Nationen dabei, davon die Franzosen mit 661 Starterinnen und Startern mit dem größten Kontingent. Danach kommen schon die Deutschen (388), Engländer(338), Österrreicher (251) und Spanier (242). Außerdem noch viele exotische Nationen, die den Marathon für einen Kurzurlaub in Florenz nutzen, bei etwas wärmerem Wetter als in Mitteleuropa.

Ich persönlich möchte auch versuchen, meinen Eindruck von Florenz etwas zu vertiefen, dazu hilft mir am besten ein Marathon, der wie hier fast nur durch bewohnte Gebiete geht. Auf diese Weise habe ich in den letzten Jahren auch schon Mailand in mein Herz geschlossen. Bei Florenz erhoffe ich mir auch mal die Stadt der Florentiener zu erleben, die nicht auch mittelalterlichen Gässchen besteht.

Im Internet gibt es auch für das Marathonwochenende noch viele sehr günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Wir finden ein drei Sterne Hotel für 55 Euro incl. Frühstück. Im Sommer kostet es das Dreifache. Das Hotel liegt außerhalb der Sperrzone der Altstadt, so dass man es auch mit dem Auto erreichen kann.

Die Marathonmesse ist recht groß, jedoch ist das Intresse an uns Läufern am Freitag Abend recht gering. Wir bekommen die Startnummern und müssen danach selbst herausfinden, wo es den Starterbeutel mit einem Asics-Laufshirt mit langen Ärmeln gibt.

Am Marathonmorgen müssen wir feststellen, dass unser kleines Hotel fast nur von Läufern gebucht wurde. Nur eine Dame kommt nicht in Laufkleidung zum Frühstück. Wir begeben uns zu Fuß zur Kleiderabgabe und kommen dabei an unseren Mitläufern im Taxi im Stau vorbei. Nach den vielen Regenfotos der letzten Läufe hatte ich ein bisschen Bedenken wegen des Wetters, aber trotz schlechter Vorhersage beim italienischen Internetwetterdienst, kommt sogar die Sonne zum Vorschein und mein Thermometer auf dem Fensterbrett zeigt schon um 7:00 Uhr 14 Grad an. Also ideale Laufbedingungen.

Am Fluss Arno ist in der Lungarno della Zecca Vecchia der Abstellplatz vieler LKWs in denen die Kleiderbeutel gelagert werden. Dort gibt es auch ausreichen Umkleidezelte und Toiletten. Nirgends muss man lange warten. Am Rande des Wechselbereichs starten die Busse hinauf zum Piazza Michelangelo auf der anderen Arnoseite. Auch hier keinerlei Gedränge, es gibt genügend Busse. Vom Startplatz hat man einen wunderschönen Blick über Florenz und die umgebenden Berge. Die Startbereiche sind durch hohe Zäune gesichert und am Eingang wird genau kontrolliert. Es ist aber genügend Platz für die 10.000 Läuferinnen und Läufer. Leider erfahren wir kurz darauf, dass sich der Start wegen der Liveübertragung im Fernsehen um 15 Minuten verzögern wird.
In unserem Startblock (4:00 bis 4:30 Zielzeit) wird auffallend viel deutsch gesprochen. Eine junge Österreicherin aus der Nähe von Graz hat die geplanten Zwischenzeiten auf ihren Arm geschrieben und ein anderer Läufer findet darin einige Ungereimtheiten. Wie soll man die ersten 5 Kilometer in 15 Minuten laufen?

Nach dem Start geht es schnell los und wir müssen feststellen, dass es erst einmal leicht bergauf geht. Auf der zweispurigen Straße sind so viele Läufer unterwegs, dass man nur gelegentlich einen Blick auf die Stadt werfen kann. In leichten Serpentinen geht es nun bergab. Dann kommen wir in die Stadt. Das große Porta Romano erwartet uns. Dahinter beginnen die bekannten Boboli-Gärten. Hier gibt es auch die erste große Menge Zuschauer, klar wir kommen ja noch einmal vorbei.
Von nun an wechseln sich kleine Gassen mit größeren Straßen ab. Alle 5 km gibt es Getränkestellen, später auch mit Obst und Keksen. Dazwischen alle 5 km Schwämme. An der ersten Getränkestelle in einer engen Straße wird es dann schon mal etwas ruppig. Wir stellen uns darauf ein und überholen nur an günstigen Stellen. Aufpassen muss man auch auf die Müllcontainer und Fahrradabstellplätze, die die Straßen schmaler machen. Die meisten Autos sind wenigstens weggefahren. Mir fallen auch viele Zuschauer in den Häusern auf, die vorsichtig unter ihren hochgeklappten Fensterläden heraus schauen.

Durch die mittelalterliche Via dei Serragli sind wir am km 10 wieder am Porta Romano vorbei gekommen. Dann geht es Schlag auf Schlag: Zuerst der mächtige Palazzo Pitti, welcher der Münchner Residenz nachempfunden wurde oder war es anders herum? Danach laufen wir auf die Ponte Vecchio zu. Hier ist richtig die Hölle los. Wir schwenken nach rechts und laufen wieder am Arno vorbei. Inzwischen sind einige dunkle Wolken aufgezogen und die Weihnachtssterne über der Straße leuchten uns den Weg (oh romantisches Florenz). Bei km 12 sind wir dann unterhalb unseres Startplatzes, des Piazzale Michelangelo. Es geht auf die andere Arno-Seite und weiter über den schönen Lugarno Cristoforo Colombo, eine Straße mit großen Pinien. Bei km 16 drehen wir um und laufen durch ein nicht so schönes Viertel wieder Richtung Innenstadt. Bei km 19 laufen wir unter einer Eisenbahnüberführung hindurch und sehen dort Läufer, die schon 6 km weiter sind. Jetzt geht es erst einmal an der Eisenbahn entlang. Auch hier stehen immer wieder Zuschauer. Es gibt sogar eine private Verpflegungstelle mit dünnen slazigen Waffeln. Jetzt geht es auch über die Eisenbahn und wir erreichen den unspektakulären Halbmarathonpunkt.

Nun drehen wir eine Runde um ein großes Sportareal, wo auch die Marathonmesse war. Hier steht das große Fußballstadion Artemio Franchi,ein kleines Stadion und ein großes, jetzt verlassenes, Freibad. Kurz danach gibt es wieder eine der sehr seltenen Musikgruppen. Hier ist es jedoch eine Arobic-Truppe, die Stimmung macht. Bei km 25 geht es wieder über die Eisenbahn. Von der hohen Brücke hat man einen schönen Blick auf die Stadt und die umgebenden Hügel. Die Eisenbahnstrecke soll übrigens in einem Tunnel unter der Stadt verschwinden. Und wie auch in Deutschland gibt es schon eine Bürgerinitiative gegen eine solche Lösung. Wir sind am Samstag in eine Demo der Initiative geraten: Es könnte ja ein Baustelle vor meinem Haus geben...

Bei km 26 geht es dann erstmalig in das Centro Storico. Es geht an vielen Sehenswürdigkeiten vorbei, bis wir bei km 28 in einer engen Gasse auf den Dom zulaufen. Zwischen Dom und Baptisterium geht es unter dem Jubel vieler Zuschauer über den Piazza della Repubblica und durch die noble Einkaufsstraße Via della Vigna Richtung Arno. Natürlich hat sich das Feld inzwischen so weit entzerrt, dass auch in den schmaleren Gassen keine Behinderungen mehr gibt. Im Zentrum gibt es auch viele große Steinplatten, auf denen wir laufen müssen, die mir aber keine Probleme bereiten. Ich glaube, solche „Nebensächlichkeiten“ gehen im Endorfinschub unter. Ebenso wie meine Knieschmerzen, von denen ich den ganzen Lauf nichts spüre.

Bei km 30 müssen wir über eine gut improvisierte Laufstrecke mit grünem Teppich durch eine Trambahnbaustelle in die „Grüne Hölle“ von Florenz. Wir laufen in den Parco delle Casine. An dieser wichtigen Stelle sind definitiv keine Zuschauer. Dagegen ist im Englischen Garten in München oder im Prater in Wien wirklich die Hölle los. Wir kommen an einem kleinen Luna-Park vorbei und dann gibt es noch eine Verpflegungsstelle mit Energieriegeln eines Sponsors. Auf der rechten Seite befinden sich Militärgebäude und eine Luftwaffenschule. Am westlichen Ende des Parks stehen große Platanen mit weißen Stämmen. Endlich höre ich eine Band spielen. Als wir zur ihr kommen, macht die Band gerade Pause, aber sie haben wenigstens Musik „aus der Konserve“. Jetzt geht es am Arno entlang wieder zurück Richtung Zentrum. Am Lunapark ist immer noch nichts los. Der Park muss im Sommer ganz nett sein: Es gibt sogar ein kleines Freibad und ein Amfiteatro. Die Verpflegungstelle bei km 35 beflügelt uns. Ich freue mich auf ein Mürbeteigplätzchen mit Marmelade. Die schmecken super, wenn sie mich auch beim Laufen wegen ihrer Größe und Staubigkeit vor einige Probleme stellen. Aber ich habe es ja nicht so richtig eilig.

Bald sehen wir endlich wir wieder Häuser. Hier kommen uns immer noch Läufer entgegen, denen der Park noch bevor steht. Jetzt wird es wieder richtig schön. Wir laufen am Arno auf die Ponte Vecchio zu. Diesmal auf der anderen Seite. Und es werden immer mehr Zuschauer. An der Brücke geht es nach links und kurz danach über den Piazza Signori mit dem Palazzo Vecchio und einer Kopie des Davids. Und da ist noch eine Kopie: Die Loggia dei Lanzi, auf deren Dach sich die Cafeteria der Uffizien befindet und die der Feldherrenhalle in München nachempfunden ist. Oder war das anders herum? Die Laufstrecke ist hier mit Gittern abgesperrt und die Passanten dürfen die Laufstrecke bei Lücken in der Läuferschar queren. Es macht viel Spaß zuzusehen, wie hier gerannt wird, um rechtzeitig vor uns wieder den Laufweg verlassen zu haben. Und noch einmal geht es am Duomo vorbei. Wirklich beeindruckend, was man uns hier zugesteht. Kilometer 40 ist erreicht und wir müssen noch eine kleine Runde drehen, obwohl das Ziel gleich in der nächsten Straße liegt. Aber wer kann bei so einer Stimmung schon schlapp machen? Am Arno sehen wir wieder die LKWs mit unseren Kleiderbeuteln und vielen Läufern, die wohl schon länger fertig sind. Noch wenige Meter und wir haben das Ziel vor der Kirche Santa Croce erreicht!

Es gibt eine schöne Medaille und ein Getränk dann werden wir sofort weiter zurück zum Arno geschickt. Hier stehen die Leute mit den 50.000 Euro in kleinen Scheinen, die uns für 5 Euro den Chip aus der Laufnummer abkaufen. Es gibt noch eine spärlich gefüllte Tüte mit einer Orange und zwei Getränken, dann stehen wir wieder bei den LKWs mit den Kleiderbeuteln.

Wir feuern noch einige Läufer an und sehen auch einen Japaner in Samurai-Kostüm. Dann geht es zurück zum Hotel, wofür wir doch etwas länger als am Morgen brauchen.

Wie wichtig dieser Marathon für die Stadt ist, sehen wir am Abend: Überall in der Stadt laufen Leute mit Marathonmedaillen behängt herum. Auch wir sitzen stolz mit unserer Medaille beim Pizza essen. Ich nehme mir vor, nach dem München Marathon, der ja in der Teilnehmerzahl vergleichbar ist und an dem auch viele Italiener teilnehmen, auch mal im Zentrum nachzuschauen, ob man da auch so viele stolze Läuferinnen und Läufer sieht.

Zurück zu meinen Erfahrungen: Ich weiß jetzt, dass es in Florenz keine „Prachtstraßen“ aus der Zeit des Faschismus gibt und anscheinend auch nach dem Krieg fast nichts architektonisch Interessantes gebaut wurde. Es ist wohl wirklich eine mittelalterliche Großstadt.
Wir bleiben noch zwei Tage in Italien und endlich kommt (leider) auch der angekündigte Dauerregen.

Zusammenfassend:
  • schöne Medaille
  • international
  • im Zentrum viele Straßen mit großen Steinplatten, jedoch größtenteils ordentlich verlegt
  • gute Verpflegung auf der Strecke (Getränke auch in kleinen Flaschen)
  • große Marathonmesse
  • ausreichend Zuschauer, wenig Musik
  • preisgünstige Jahreszeit für einen Florenz-Urlaub
  • wahrscheinlich der teuerste Marathon in Italien
  • EU-Bürger und Ausländer zahlen mehr
  • Streckenänderung für 2010 geplant: Kein Start mehr auf der Piazza Michelangelo, wegen des nicht bestzeitlistenfähigen Höhenunterschieds. Breitere Straßen für die ersten Kilometer werden gesucht.
P.S.
Bilder? Habe ich auch gemacht. Würde mich über einen Tipp freuen, wieviele man einstellen kann und wie man das am sinnvollsten macht. Die Hilfe des Forums hat mir da nicht geholfen. Danke
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