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Aladins Wunder auf der Wöhrder-Wiese

Aladins Wunder auf der Wöhrder-Wiese

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Es ist Freitag, 12. März, 09.40 Uhr:
Ich bin gerade am Flughafen Nürnberg gelandet und mache mich auf zur Buslinie 33, um nach einem Umstieg auf die Linie 30 nach Tennenlohe zu kommen. Dort habe ich im B2B-Hotel am Wetterkreuz ein Zimmer gebucht.

Ich muss später zwar noch nach Erlangen, will aber vorher ins Hotel, meinen Koffer abgeben. Der ist nämlich ziemlich schwer: Kleidung für fünf Tage inklusive Laufbekleidung für winterliche Temperaturen. Das alles hat doch einiges an Gewicht.
Am Samstag steht der 6-Stunden-Lauf auf der Wöhrder Wiese auf dem Programm. Und wie ich bereits geschrieben habe ist mein Trainingszustand mindestens so schlecht wie das Wetter.
Es ist arschkalt; der 30er fährt mir vor der Nase davon und ich frier mir an der Station "Am Wegfeld" eine glatte halbe Stunde lang den Hintern und sonst noch so einiges ab :motz: . Schweinswetter - aber das sagte ich ja schon.

Das B2B-Hotel befindet sich im hinterletzten Winkel von Tennelohe. Ein wenig attraktives, dafür aber modernes und top-sauber geführtes Hotel, hauptsächlich für Geschäftsreisende. Mich hat es hier her verschlagen, weil in Nürnberg eine bescheuerte Jagd und Outdoor-Messe stattfindet und Zimmer nur zu Horrorpreisen erhältlich sind. Hier zahle ich dagegen pro Nacht 47,50 inklusive Frühstück :nick: .
Nach meinem Termin in Erlangen mache ich noch eine Weile die Stadt unsicher, sitze im wunderhübschen kleinen Restaurant La Barca in der ebenso hübschen Schiffstraße und freue mich des Lebens.
Hab ich's schon erwähnt? Es ist schweinekalt draußen.

Samstag, 13. März:
Punkt 07.00 Uhr stehe ich auf, mache mich über das Frühstück her und ab geht es dann zur Wöhrder Wiese. Nach nur 33 Minuten Fahrtzeit bin ich da, hole meine Startnummer ab und verziehe mich bis 20 Minuten vor 10.00 Uhr in die Turnhalle der Schule, um mich zu wärmen.

Meine Erwartungen an das Rennen: Null. Ich habe heuer erst zwei 26er und einen 30er in den Beinen. Das ganze Training musste ich mehrmals unterbrechen. Aber ich bin nun mal angemeldet - und wenn ich nach 30 Kilometern platt bin, dann hör ich eben auf. :klatsch:

Als ich meinen Rundenzähler treffe, muss ich erst mal lachen. Er heißt doch tatsächlich Aladin! Aber Aladin ist ein sehr netter Kerl. Wir plaudern ein bisschen und er verspricht, auf mich aufzupassen.
Ein paar Minuten später startet das Rennen um die mir nun schon gut bekannte Wöhrder Wiese. 183 StarterInnen sind da und setzen sich bei grimmigen 2 Grad plus in Bewegung.
Ich komme nur langsam in Fahrt, aber ich hab heute ja auch nichts vor und so stört es mich nicht weiter.
Etwa 200 Meter nach dem Start ist ein großes Herz aus Kreide auf den Asphalt gemalt. "Gudrun" - schießt es mir durch den Kopf und ich nehme mir vor, bei jeder Runde auf das Herz zu achten und an Gudrun zu denken, die leider zu Hause bleiben musste, weil sie Arbeiten muss.
Das Ende der ersten Runde naht. Aladin sieht mich schon antraben und ruft: "Wolfgang super, hab ich dich!" Dieses "Wolfgang, hab ich dich" wird mich über die nächsten knapp 6 Stunden stetig begleiten. Aladin ist jede Runde da, feuert mich an und freut sich mit jeder Runde mehr, dass es mir offensichtlich gut geht :D .

Die erste Stunde laufe ich durch. Exakt 10 Kilometer lege ich zurück. Dann nehme ich mir vor, alle drei Runden etwas zu trinken und zu essen und ziehe das auch bis km 24 so durch.
Die 30 Kilometer habe ich nach knapp 3 Stunden und 5 Minuten gemacht.
Ich lasse die ganze Zeit über meinen Gedanken freien Lauf. Schön, einmal ziellos sein zu dürfen. Schön, von einem einfachen Kreideherz an den Menschen erinnert zu werden, mit dem man sein Leben teilt - und auch schön, dass Aladin offensichtlich irgendwo seine Wunderlampe versteckt und vom Flaschengeist für mich ein gutes Rennen gewünscht hat.

Ich laufe locker und nähere mich schön langsam der Marathon-Distanz. Ich bin etwa bei Kilometer 38, als ich zwei bekannte Gesichter am Wegrand entdecke: Hanka (im Forum unter "Mobile" vertreten) und ihr Mann Jens sind gekommen, um mich anzufeuern.
Ich freue mich riesig. Wir unterhalten uns kurz und nachdem ich die Marathondistanz geschafft habe erlaube ich mir als Belohnung eine Gehrunde, auf der mich Hanka und Jens begleiten.
Die gemeinsame Runde vergeht wie im Flug; Viele Gedanken aus den letzten Stunden ordenen sich jetzt etwas - zumindest hoffe ich das rückblickend - und sprudeln wohl etwas aus mir heraus :peinlich: ; beflügelt nehme ich danach mein Lauftempo wieder auf, drehe Runde um Runde und ehe ich mich versehe winkt mir Aladin mit der blauen Fahne. Ich habe doch glatt die 50 Kilomter-Marke geknackt :daumen: . Die Fahne eine Runde tragen zu dürfen ist natürlich eine Ehre und gilt ein bisschen auch zur weiteren Motivation.

Hanka und Jens freuen sich mit mir. Die beiden müssen schon gewaltig frieren, denn es ist zur kalten Temperatur auch noch etwas windig, manchmal auch böig. Auf der Start-Ziel-Seite habe ich Rückenwind, in die Gegenrichtung bläst eine kalte Brise direkt entgegen. Ich lasse das Kind in mir laufen. Bei Rückenwind freut es sich, bei Gegenwind ist manchmal so ein leises "och nöö - das ist jetzt aber nicht so toll" dabei. Aber so lässt sich auch diese kurze Distanz jedes Mal gut bewältigen.

Noch 20 Minuten bis zur Schlusssirene: Hoppla, da gehen sich doch glatt noch über 54 Kilomter aus. Und hey: Es kommt der Ehrgeiz durch und ich drücke am Ende auf die Tube. Das geht sogar ziemlich leicht. Alos warum nicht auch noch die 55 Kilometer-Marke knacken :teufel: ?
Außerdem komme ich damit noch einmal an Gudruns Herz vorbei.
Insgesamt sind es am Schluss 37 Mal - und ich schaffe in exakt 6 Stunden 55,218 Kilometer.

Ich marschiere zurück zur Versorgungsstation, kann aber Hanka und Jens nicht mehr finden.
Ihnen wurde es nach weit über zwei Stunden auf der Wöhrder Wiese dann doch zu kalt. Vielen Dank euch beiden, für's Anfeuern und für das Mitfreuen mit mir.

Aladin erwische ich gerade noch - und ich bedanke mich bei ihm für sein unermüdliches "Wolfgang, hab ich dich".
Dann wird's mir kalt und ich mach mich auf in die Schule. Duschen, etwas trinken und essen, die Wärme genießen.

Eine Stunde später sitze ich bei einem Italiener und bekomme eine monströse Pizza serviert, die ich nicht mal nach sechs Stunden laufen wegessen kann.

Fazit:
Ich kann es fast nicht glauben.
Noch als ich am Sonntag durch die Stadt spaziere und die Burg, das tolle Neue Museum und das Fembo-Haus besuche, fasse ich es nicht so ganz: Im Vorjahr hatte ich mit weitaus mehr Training in den Beinen gemeinsam mit Jörg 55,9 km geschafft.
Mein Fitnesstraining, das ich nie auslasse, muss also doch auch einen Beitrag zur Verbesserung oder zumindest zum Erhalt der Ausdauer bringen.

Ich spüre Sonntag und Montag natürlich meine Muskulatur, aber heute (Dienstag), als ich nach zwei weiteren Arbeitstagen in Nürnberg nach Hause fliege, spüre ich nicht mehr viel.

Was mich besonders freut: Ich hatte über die gesamte Dauer des Rennens nicht eine Sekunde lang einen Tiefpunkt - weder physisch, noch psychisch.
Und eines weiß ich schon jetzt: Nächstes Jahr laufe ich wieder in Nürnberg.

Liebe Grüße

Wolfgang

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Gratulation! Laufen ist doch irgendwie so einfach.
Bleibt es denn nun bei deinen Nichtplänen für das Frühjahr?
Zumindestens den WienM vor der Haustür würde ich ja mitnehmen, egal in welcher Zeit.

Grüße

Jörg
Neue Laufabenteuer im Blog

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Glückwunsch zu Deinem Lauf!
Ich hatte mich schon für dich gefreut als ich die Ergebnisliste am Sonntag gelesen habe.
Mein Laufblog

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He Wolfgang,

das ja super geklappt! Klasse Leistung!
Scheinst halt eine hervorragende Grundlagenausdauer zu haben, das kommt wahrscheinlich vom Tennis spielen :D

Walter
You can only fail if you give up too soon

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Hallo Wolfgang,

hat ja super geklappt. Glückwunsch zu deinem tollen Lauf und danke für den super Bericht.

Auch von mir die Frage. Ändert sich was an deinen Plänen für das Frühjahr und wenn es schon nicht der Wien-Marathon ist, dann wieder das Lauffestival in Bad Blumau? Würde mich sehr freuen, wenn wir uns dort träfen.

Viele Grüße :hallo:

Bernhard
Benutzerbild aufgenommen beim Rotterdam Marathon 2012
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viermaerker hat geschrieben: Scheinst halt eine hervorragende Grundlagenausdauer zu haben, das kommt wahrscheinlich vom Tennis spielen :D

Training wird halt überbewertet :teufel:

Tennis ist aber auch nicht ganz schlecht
Mein Laufblog

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schrambo hat geschrieben:Training wird halt überbewertet :teufel:

scheint so, zumindest für Wolfgang :D

Ich teste das Konzept gleich mal und lasse Training bis Freitag weg. Das Wetter hier ist Sch...e und das band im Hotel kaputt. Dafür dann am Samstag und Sonntag jeweils ein Lalala, samstags mit gut Höhenmetern :D .

Walter
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Hallo allseits!
Ich war schon wieder zwei Tage in München und sitze im Moment etwas zu häufig auf Flughäfen und im Flugzeug herum.
Zitat Jörg!
Bleibt es denn nun bei deinen Nichtplänen für das Frühjahr?


Hallo Jörg!
In Wien (18. April) und am Rennsteig werde ich definitiv nicht starten.
10 Tage nach einer ziemlich unangenehmen Kiefer-OP (08. April) ist mir das zu knapp. Außerdem erfordert die Operation wieder ein Unterbrechung. Und das ist auch keinesfalls gut im Hinblick auf den SM.
Zitat Tati!
Du solltest wirklich nicht alle Frühjahrs-Pläne absagen.


Hallo Tatjana!
Danke für deine Gratulation. "Alle" Frühjahrs-Pläne habe ich nicht abgesagt. Am 28. März steht der Berlin HM fix auf dem Plan.
Zitat Schrambo!
Glückwunsch zu Deinem Lauf!
Ich hatte mich schon für dich gefreut als ich die Ergebnisliste am Sonntag gelesen habe.


Danke! Ich hätte mir nie gedacht, dass es für diese Distanz reichen könnte.
Zitat Viermaerker!
Scheinst halt eine hervorragende Grundlagenausdauer zu haben, das kommt wahrscheinlich vom Tennis spielen


Hallo Walter!
Schlecht ist das, in Kombination mit meinem Fitnesstrainig sicher nicht.
Zitat Bernie78!
wenn es schon nicht der Wien-Marathon ist, dann wieder das Lauffestival in Bad Blumau?


Hallo Bernie!
Habe gerade nachgesehen: Der HM in Bad Blumau findet am 01. Mai statt. Das könnte sich ausgehen. Ich werde mich bis zum Wochenende entscheiden, ob ich dabei bin.

Liebe Grüße

Wolfgang
Gesperrt

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