Vorgeschichte:
Schon seit vielen Jahren verfolgte ich den VCM vorm TV, zweimal war ich sogar an der Strecke als Zuschauer dabei, und egal ob vorm TV oder live, immer hat mich diese Stimmung enorm fasziniert, und ich dachte mir jedes Mal: „Hmm, das wäre ja mal was“
Nunja nachdem sich zu dieser Zeit meine sportlichen Aktivitäten eher in Grenzen hielten, war das ganze für mich eher nen Traum. Ein Traum, den ich mir nun ein paar Jahre später doch erfüllen konnte. Nach zwei Jahren Training, einigen mehr oder weniger erfolgreichen Wettkämpfen zw. 5 und 23km, und einer 6monatigen direktenVorbereitungszeit auf den Marathon, in der ich auch durch alle möglichen Höhen und Tiefen ging, wollte ich es nun wissen.
Der große Tag
Ich schlug die Augen auf, um mich rum war es noch stockdunkel und äußerst ruhig. Zaghaft wagte ich einen Blick auf meine Uhr: 5:25. Ich hätte zwar noch ein paar Minuten Zeit gehabt, war aber dennoch erstaunt wie gut ich vor meinem großen Tag, den Tag auf den ich die letzten 6 Monate hintrainiert hatte, geschlafen habe. Also kroch ich langsam aus dem Bett, trank erstmal einen halbe Liter Wasser und schlüpfte in meine Klamotten, die ich schon am Vorabend zurecht gelegt hatte. Noch schnell die Morgentoilette, ehe ich mich auf den Weg zur Henkersmahlzeit machte. Ich nahm mit 2 Marmelade- bzw. Honigsemmeln sowie einer Banane vorlieb. Bewunderte aber gleichzeitig die vielen anderen Läufer um mich rum, die sich am kompletten Büfett labten. Nach dem Frühstück hatte ich noch ein bisschen Zeit, die ich mir mit dem durchblättern der diversen Broschüren von der Marathonmesse vertrieb. Dazu wurde noch ausreichend Wasser getankt und auch wieder entleert.
Kurz vor 8 machte ich mich dann auf den Weg. Noch schnell meiner Freundin das Gebäck in die Hand gedrückt und dann marschierte ich gemeinsam mit den Massen an Läufern die von allen Richtungen zuströmten zum Startgelände. Ich gab gleich mal meinen Kleiderbeutel ab, lief ein bisschen ein und dehnte mich ausgiebig. Zwischendurch suchte ich noch zweimal das Gebüsch auf, ehe ich mich 15min vorm Start in meinen, den gelben, Startblock begab. Rund um mich rum schon nervöses rumhüpfen, wirklich warm war es ja nicht gerade, denn die Sonne die beim Frühstück noch so wunderbar geschienen hatte, war nun von zahlreichen Wolken bedeckt. Auf einmal ertönte aus den Lautsprechern die österreichische Bundeshymne und das ganze Feld setzte sich gehend in Bewegung. „Wie war das jetzt schon der Start, nein man hat ja keinen Startschuss gehört“ Doch auch diesen sollte ich ein paar Minuten später beim eigentlichen Start nur anhand dem Klatschen der Läufer mitbekommen.
Für mich hieß es noch etwa 3 Minuten warten, dann passierte auch ich endlich die Startlinie und ich fiel in einen lockeren Laufschritt. Zu meinem Erstaunen, stellte ich fest, dass es gleich von Beginn an relativ geordnet zur Sache ging. Im Gegensatz zu sonstigen Wettkämpfen gab es kein nervöses herumspringen bzw. zickzack laufen, und es war auch reichlich Platz vorhanden. Den 1. km über die Reichsbrücke absolvierte ich noch in 5:35 (soviel sei vorweggenommen dies sollte auch der Langsamste der 42 bleiben), doch schon mit dem Bergabstück fand ich meinen Rhythmus und ich pendelte mich vorerst bei Zeiten um 5:15 ein. Nach km 2 fand der Zusammenschluss der beiden Startbahnen statt, somit wurde es kurz noch einmal etwas enger. Ich selbst versuchte mich dann langsam auf den linken Rand durchzuschlagen. Einerseits laufe ich lieber am Straßenrand, denn da braucht man nur auf Läufer von einer Seite Acht geben, andererseits sollten die Verpflegungsstationen alle links sein. Kurz darauf passierten wir die erste, es gab zwar wie erwartet einen leichten Kuddelmuddel, doch ich konnte problemlos ein paar Schluck Wasser trinken. Schon hatten wir den Prater hinter uns gelassen und es ging zum ersten Mal an diesem Tag auf die Schüttelstraße. Ab hier standen jede Menge Leute und aus Lautsprechern ertönte immer wieder fetzige Rockmusik. Dies trug dazu bei dass ich langsam immer schneller wurde und auf den nächsten Kilometern konstant einen Schnitt von knapp unter 5:10 halten konnte. Richtig super Stimmung herrschte am Ring und entlang der Wienzeile, doch an dieser bließ der Wind schon ganz ordentlich von der Seite. Nichts desto trotz konnte ich mein Tempo halten. Gegen das leichte Knurren, dass sich mittlerweile in meinem Magen bemerkbar machte gab es bei der 15er Verpflegungsstation das erste Gel.
Vorbei ging es am Schloss Schönbrunn, damit war auch der westlichste Punkt der Strecke erreicht. Die Wende retour führte zuerst am ersten Wechselpunkt der Staffeln vorbei. Für mich war dies eine kleine willkommene Ablenkung, denn es war äußerst amüsant dem verzweifelten Suchen der Läufer nach ihren Partnern zuzusehen. Danach führte die Strecke entlang der Mariahilferstraße wieder retour zum Ring. Es ging immer noch relativ locker voran, wenngleich ich auf der äußeren Mariahilferstraße wieder ordentlich mit dem Wind kämpfen musste. Im Kreuzungsbereich zu inneren hieß es aufmerksam sein, denn diesen Punkt hatte ich mit meiner Freundin vereinbart. Da stand sie auch schon, schnell kurz zugewinkt, Daumen nach oben und weiter. Jetzt kam der Teil auf den ich mich die ganze Zeit am meisten gefreut hatte, und ich sollte auch nicht enttäuscht werden. Für die nächsten km ging es immer leicht bergab, die Straßenränder waren Zuschauermassen gesäumt und es herrschte tolle Stimmung, da wir außerdem die HM Marke passierten, lichtete sich das Feld etwas. So konnte ich bis nach Spittelau raus noch einmal ordentlich Gas geben.
Mit der Wende am nördlichsten Punkt in Spittelau änderte sich auch die Laufrichtung und zwar gen Süden entlang der Donaulände, immer schön gegen den Wind. Die ersten km gingen noch, aber ab km 28 merkte ich dennoch wie meine Kräfte langsam schwanden, und mein Schnitt wieder etwas gegen unten ging.(~5:10) Eine kurze Erholung bot die Extraschleife zum Happel Stadion. Vor dieser erhielt ich noch einen kleinen Motivationsschub, denn ich kam kurz mit einer anderen Läuferin ins Gespräch, die meinte ich sehe ja noch super aus und ich wäre auf dem Weg zu einer Bombenzeit. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt war ich mir auch sicher, dass ich das Ding heimbringen würde können.
Dann kam das von mir (und wohl fast jedem VCM Läufer) meist gehasste Stück der Strecke: die Praterhauptalle. Zog sich der Hinweg schon etwas, war der Rückweg noch schlimmer. Eigentlich hatte ich mir ja erhofft, ab der Wende am Lusthaus Rückenwind zu haben, doch damit war nix, irgendjemand muss da am Stecker gezogen haben. Also hieß es weiter beißen, die geplante leichte Tempoverschärfung ließ ich vorsichtshalber bleiben. Gleichmäßig um 5:15 weiter zu laufen erschien mir nun sinnvoller, als noch einmal auf 5:05 zu beschleunigen und dann ev. nen Einbruch bei km 38 zu riskieren.
Denn dort stand der schlimmste Teil der Strecke erst noch bevor. Auf der Schüttelstraße gab es mehrere kurze Anstiege, die im Vergleich zur früh nicht mehr ganz so locker zu bewältigen waren. Ausserdem machte sich mittlerweile auch das Phänomen bemerkbar, dass jeder Kilometer immer länger und länger wurde. Gott sei Dank aber nur in meinem Kopf und nicht auf der Uhr. Doch bei der letzten Wasserstation bei km ~38 noch ein kurzer Schock: Ich hatte meinen Becher und wollte wie bisher immer nach rechts weglaufen, als ich über den Becherberg am Boden irgendeinen blöden Schritt machte, und sich auf einmal meine Zehen zu krampfen anfingen. „Du lieber Himmel, jetzt bloß das nicht“, dachte ich mir und fing sofort an die Zehen zu strecken und im Schuh zu bewegen. Nach ein paar Metern verging es wieder, doch sollte es bis ins Ziel noch weitere 2-3x wiederkommen.
Endlich erreichte ich bei Kilometer 40 den Ring, hier war die Stimmung wieder phänomenal und somit konnte ich noch einmal langsam und vorsichtig das Tempo steigern. KM 41, der Teufelslappen, vor mir sah ich schon das Museumsquartier, und dann endlich die 42er Marke. Schnell noch ein Bogen nach rechts durchs Burgtor und ich war auf dem Heldenplatz angekommen.
Die letzten 200m über den blauen Teppich sollten zum Genuss werden. Eigentlich hatte ich ja vorgehabt die letzten paar Meter ins Ziel zu schreiten um die Stimmung so richtig aufzufangen, doch irgendwas trieb mich an jetzt bloß weiterzulaufen, nicht dass ich durch den plötzlichen Rhythmuswechsel auf einmal nicht mehr gehen konnte. Also lief ich weiter, und zum ersten Mal seit dem Start sah ich die Uhr, die bei 3:42:xx runterlief. Somit wusste ich nun offiziell, dass ich das, was ich seit Beginn des Rennens schon die ganze Zeit im Gefühl hatte, nämlich die 3:45 zu unterbieten und auf ne niedrige 3:4x zu laufen, sogar noch deutlich übertroffen hatte.
Nach langen, aber irgendwie doch so kurzen 42,195km war ich nach 3:38:38 überglücklich im Ziel. Ich hatte es geschafft meinen Traum zu erfüllen, und dies sogar mehr als perfekt, wie ich später sehen sollte, mit HM Zeiten von 1:49:15 bzw 1:49:18.
VCM 2010 - Die Realisierung eines Traumes
1PB
05.13 Stadtlauf Innsbruck (10km) 44:54 PB
07.11 Gletschermarathon (HM) 1:38:03 PB
04.10 Wien Marathon (M) 3:38:33 PB
http://lowiversum.wordpress.com/