runningdodo hat geschrieben:
Was auf jeden Fall relevant fürs Marathonlaufen ist, ob dafür eine rein aerobe Art der Eneriegewinnung genutzt wird (was stimmt) oder ob es eine anaerobe ist, die mit Laktatbildung einhergeht (was nicht stimmt).
Das mit dem Lauf zum Laktatabbau nach dem Marathon ist natürlich quatsch und deutet daraufhin, das Beck wirklich keine Ahnung hat. ich kenne das Buch nicht, habe aber von qualifizierten Menschen nur schlechtes darüber gelesen.
Was du oben geschrieben hast, ist aber auch nicht genau. Marathonlaufen ist fast 100% aerob, aber eben nur fast. Normalerweise gehen wir von 99% aerober Belastung aus. Wahrscheinlich je langsamer gelaufen, desto aerober im Schnitt - ich will nicht ausschließen, dass ein Marathon-Jogger auf annähernd 100% kommt.
Laktat wird beim Marathon gebildet, allerdings normalerweise im Bereich zwischen 2 und 2,5 mmol. Einer der wohl besten Marathontrainer der Welt, Renato Canova, hat aber schon die These aufgestellt, dass die aktuell schnellsten Marathonläufer deutlich höhere Laktatwerte erreichen, iirc um die 4mmol- das wäre auch ein Grund für die Flut an guten Marathonleistungen. Es gibt iirc auch Berichte über Amateure, die im Ziel höhere Werte als 3 mmol hatten.
Wir müssen nach aktuellem Stand der Wissenschaft von einem sehr langsamen Laktatanstieg während der gleichmäßig gelaufenen 42,195 km ausgehen.
Aber klar, das Laktat vom Marathon wird normalerweise alles über Nacht abgebaut. Der Lauf am nächsten Tag kann wegen der beim Marathon zu erwartenden Muskelschäden sogar kontraproduktiv sein.
Es gibt übrigens aber (imo seriöse) berichte, dass Laktatwerte noch am Morgen nach einem harten sehr laktizidem Training erhöht waren, dann aber einen kurzen lockerem Dauerlauf niedriger sein können als vorher. Theoretisch ist das aber sehr unwahrscheinlich, aber ich möchte diese Berichte dennoch nicht einfach als Märchen abtun.
Es gibt überhaupt imo keine sinnvolle Definition, bei welcher Verteilung wir zwischen überwiegend anaerob und überwiegend aerob trennen sollten. Die alte Idee, etwa bei Stundenlauftempo zu trennen, bei einer angeblichen Laktatschwelle - wieso sollten wir bei einer wohl über 90% aeroben Belastungen sagen, das sei jetzt "anaerob"?
Wenn wir es nach prozentualen Anteilen tun würden, kämen wir irgendwo bei 600-1000m Tempo raus, wo die Energiebereitstellung etwa 50 % aerob und 50% anaerob ist. Neuere Studien gehen davon aus, dass die Bereitstellung im 800m rennen schon überwiegend aerob ist, erst bei den 400 überwiegend anaerob.
Selbst die 100m haben eine aerobe Komponente. Rein anaerob wäre also vielleicht ein noch kürzerer Sprint von z. B. 50m - der wäre dann aber wahrscheinlich alaktizid - was zeigt, dass Lakatwerte nicht immer klar auf die Energiebereitstellung schließen lassen. Ob der nächste kurze Sprint wiederum alaktizid wird, hängt von der Pause dazwischen ab wegen der Regenerationszeit für die ATP- und KrP-Speicher.
runningdodo hat geschrieben:
Aber vielleicht möchte er ja eben deshalb 4 h Marathonis in der unmittelbaren Marathonvorbereitung für harte 400er auf die Bahn schicken, weil er eben das blöderweise nicht verstanden hat... .
Die unsinnige grobe Zweiteilung aerob/anaerob bietet oft keine vernünftige Entscheidungsgrundlage dafür, ob Einheiten zum Trainingsziel passen. Das ist "50er Jahre-Denken", von dem wir im modernen Training längst weg sein sollten. Leider gibt es heute immer noch viele Werke, die das reproduzieren.
Viele Spitzenmarathonläufer machen Bergsprints, die eine extrem geringe aerobe Komponente haben. Obwohl diese z. b. ca. 95-98% anaerob sind, sind sie gut für den 99% aeroben Marathon.
Womit ich nicht sagen will, dass die harten 400er in dem Kontext sinnvoll sind. Allgemein können aber Wiederholungen in dieser Länge durchaus ihre Berechtigung im Marathontraining haben, auch in der letzten Phase. Sie sind aber wohl nicht das entscheidende oder wichtigste Trainingsmittel.
Gruß
C.