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Zur Bedeutung des Polar "own-index" - theoretisch auch für Praktiker geeignet

Zur Bedeutung des Polar "own-index" - theoretisch auch für Praktiker geeignet

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Hi Leute,
gestern hat in einem anderen Beitrag chris64 nochmal den "own-index" von POLAR Pulsuhren angesprochen und war über dessen Entwicklung innerhalb seiner läuferischen Karriere beunruhigt.

http://www.laufen-aktuell.de/laufenaktu ... 042&ppp=#0

Ich versuche nochmal in gebotener Länge den „Wert“ des Polar „own-Index“ darzustellen und habe mir deshalb ein eigenes Thema erlaubt, da der o. g. Thread schon etwas "verwässert" war.

Grundlage meiner Zusammenfassung ist ein Text von Matthias Marquardt - (angehender?) Sportmediziner und Verfasser von Texten für das Laufmagazines RUNNING und TRIATHLON:

Bei dem Messverfahren zur Erfassung des „own-index“ geht es nicht nur um die Erfassung der Pulsfrequenz sondern um die Erfassung eines statistischen Maßes: Varianz. Herzschläge folgen nicht im gleichen Abstand. D. h. bei einem Puls von 60 Schlägen je Minute kommt nicht jede Sekunde ein Schlag, sondern es gibt eine Abweichung von wenigen Millisekunden. Die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert kann man in einem Maß – der Standardabweichung – erfassen. Wenn man die quadriert, erhält man die Varianz. Der Normbereich für die Streuung (bei Ruhe) liegt beim gesunden Herzen bei ca. 30 Millisekunden.

Bei Forschungen fiel eine deutliche Korrelation zwischen niedrigem Ruhepuls und hoher Varianz auf. Aber noch nützlicher: Es zeigte sich, dass die Varianz ein noch sensibleres Maß für den Regenerationszustand war. Nach harten Trainingsbelastungen blieb der Ruhepuls zwar zeitweise auf dem üblichen Niveau, aber die Standardabweichung zeigte bereits deutliche Veränderungen von zum Beispiel 65 auf 25 Millisekunden. Hier hatte man also eventuell einen Richtwert/Signal für eine intensives oder weniger intensives Training, dass man an diesem Tag durchführen soll. Es gab jedoch ein großes Problem: Die Atmung beeinflusst diese Werte sehr stark. Bei starker Einatmung wird der Puls schneller, bei Ausatmung sinkt er (= respiratorische Arrhythmie). Das hat dann aber auch Einfluss auf die Standardabweichung der Herzschläge, die Varianzmaß steigt erheblich. Die Folge: Ungenauigkeiten bei den Messwerten.

Daneben hat aber auch das Nervensystem Einfluss auf die Standardabweichung der Herzschläge: Ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen, wurde festgestellt, dass durch den steigenden Einfluss des sympathischen Nervensystems (zuständig für Kampf- und Fluchtreaktionen) unter Arbeitsbelastung die Standardabweichung der Herzschläge sinkt. Bei einer Arbeitsbelastung von ca. 60% der maximalen Herzfrequenz (HFmax) tendiert die Standardabweichung gegen Null. Das heißt auch, dass der optimale Fettstoffwechselbereich dann erreicht ist, sobald die Standardabweichung der Herzaktion nahezu verschwunden ist – ein Effekt, den sich Polar für die Entwicklung der „own-zone“ zunutze machte (was ich weiter unten noch kurz anschneide). Ähnliche Abhängigkeiten (sinkende Standardabweichung der Herzschläge bei zunehmender Arbeitsbelastung) hat man auch zwischen VO2max (also letztendlich der Leistungsfähigkeit) und der Standardabweichung festgestellt.

An dieser Stelle kommt dann schnell der Gedanke auf, dass man hier eventuell auch einen Zusammenhang zwischen der „absoluten Leistungsfähigkeit“ und der Standardabweichung vor sich haben könnte. Bereits 1985 gab es eine Studie, die von der Varianz der Herzfrequenz unter standardisierten Atembedingungen einen Rückschluss auf die aerobe Leistungsfähigkeit zuließ – jedoch war diese Methode aufgrund der notwendigen exakt rhythmischen Atmung untauglich für die Praxis. Ziel der weiteren Forschungen war, eine Aussage über die absolute Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Körpers, also seine Leistungsfähigkeit, ohne leistungsdiagnostische Tests zu erreichen.

Man stellte fest, dass auch andere Faktoren mit der Leistungsfähigkeit korrelieren: Mit höherem Alter nimmt die maximale Sauerstoffaufnahme ab. Die Relation von Gewicht und Größe, dargelegt als Body-Mass-Index hängt ebenfalls mit dem Leistungsvermögen zusammen. Leider war es aber so, dass diese statistischen Werte für ein Individuum oft nicht zutrafen (so wie etwa mit der „empfohlenen Kalorienmenge“ für den Durchschnittsbürohengst; die mögen im Durchschnitt vielleicht zutreffen, für ein Individuum aber nicht, womit der Wert für individuelle Empfehlungen als untauglich zu bezeichnen ist).

Also führte man in Finnland Studien durch, in denen man die oben angesprochenen Gesetzmäßigkeiten für den Zusammenhang zwischen demographischen Daten (Alter, Größe, Gewicht, Geschlecht) und der maximalen Sauerstoffaufnahme untersuchte. Die Messwerte (Herzfrequenz und Varianz der Herzschläge) wurden ebenso zu dem vorherzusagenden Wert in Abhängigkeiten gebracht. Für jede der Variablen wurde ein eigenes Abhängigkeitsprogramm entworfen, dass zusammen mit den anderen Größen verrechnet wird und so eine Berechung der maximalen Sauerstoffaufnahme erlaubt. So soll sich eine größere Trefferwahrscheinlichkeit als bei allen anderen Verfahren ergeben, die auf Einzelwertvergleichen basieren. Heraus kommt also ein statistischer „Mixwert“ für die persönliche Fitness ("own index") – also kein mit physikalischen Methoden exakt ermittelter Wert. Selbstverständlich hat man die so ermittelten Werte mit Werten die durch eine Gasanalyse ermittelt wurden (und damit den wahren VO2max-Wert ergeben) verglichen. Und jetzt kommt die Aussage zur Genauigkeit des „own index“: Die mittlere Abweichung des Wertes, den die Uhr gemessen hat, betrug 4-5 ml/min/kg vom gasanalytisch bestimmten Wert. Noch schlimmer: Betrachtet man nur die Standardabweichung einer Altersgruppe, liegt diese sogar bei 5-7 ml/min/kg. Für die Kontrolle der absoluten Leistungsfähigkeit von Leistungssportlern also ein nicht ausreichendes Maß an Genauigkeit. Für den Freizeitsportler sind die Werte aufgrund der Streuung eher als Orientierung anzusehen.


Besser geeignet sind die Uhren wohl für eine Verlaufskontrolle von Trainingsprozessen. Man kann sagen, ob es tendenziell nach oben oder unten geht. In einem Kontrolltest von Polar wurde in den Gruppen spirometrisch (also mit der Gasanalyse) eine Verbesserung von 4,1 ml/min/kg nach einem 8-wöchigen Training gemessen, während die Uhren 2,1 ml/min/kg attestierten. Der Trend wird hier also im Mittel richtig angezeigt. Allerdings stellt sich anhand der o. g. mittleren Abweichung der Ergebnisse von 4,5 ml/min/kg die Frage, ob die Werte auch quantitativ zur Ermittelung der Formänderung bemüht werden können. Sinnvoll erscheint der Einsatz der "own index"-Werte allenfalls als Vergleich zu früheren Trainingsphasen im Freizeitsport. Auch wenn hier gewisse Schwankungen in der Genauigkeit hingenommen werden müssen, bieten sie eine Kontrollmöglichkeit über die Leistungsentwicklung.

Viel tauglicher scheint jedoch die Entwicklung der Varianzmessung für die Bestimmung der Trainingsbereiche (own-zone) zu sein, die mit den spiroergometrisch (per Gasanalyse) bestimmten Werten gut übereinstimmte.

So Leute, das war eine Menge Arbeit. Ich hoffe ihr habt es verstanden und meine Ausführungen haben ein bisschen zum Verständnis der Bedeutung und eurer persönlichen Einschätzung des Wertes „own-index“ beigetragen.

Viele Grüße
Der Meerbuscher

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4
Das ist schön für dich, lieber Steif.

Sollte auch nicht wertend gemeint sein, denn für mich lebt das Forum auch durch kleine Scherze.

Meerbuscher, falls das falsch *angekommen* sein sollte: Mea culpa.

Ansonsten nicht

Greetz, Anneke

Der Strasse ist es egal, wer du bist, wie du aussieht oder wie schnell du läufst. Sie will einfach nur, DASS du auf ihr läufst.

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Original von Meerbuscher:
So Leute, das war eine Menge Arbeit. Ich hoffe ihr habt es verstanden und meine Ausführungen haben ein bisschen zum Verständnis der Bedeutung und eurer persönlichen Einschätzung des Wertes „own-index“ beigetragen.

Viele Grüße
Der Meerbuscher
Also ich fand das hoch interessant und informativ. Die Unregelmäßigkeit des Pulses im Ruhezustand bis hin zum fast völligen Verschwinden dieser Abweichungen bei optimaler Belastung... davon habe ich noch nie was gehört. Danke für den Beitrag!

:hallo: Steif

Der Steif®© ohne Knopf im Ohr!
Bild

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Original von Schweinehündin:
Das ist schön für dich, lieber Steif.

Sollte auch nicht wertend gemeint sein, denn für mich lebt das Forum auch durch kleine Scherze.
Jaaa, das sehe ich genauso. Jedoch würde es mir leichter fallen, Deine "Sprüche" zu interpretieren, wenn man Dich persönlich kennen würde. Vielleicht denkst Du ja doch mal darüber nach, Dich in diesem Topic zu verewigen...und wenn es geht an einer günstigen Stelle :D :D

:hallo: Steif

Der Steif®© ohne Knopf im Ohr!
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Original von Schweinehündin:
Das ist schön für dich, lieber Steif.

Sollte auch nicht wertend gemeint sein, denn für mich lebt das Forum auch durch kleine Scherze.

Meerbuscher, falls das falsch *angekommen* sein sollte: Mea culpa.

Ansonsten nicht

Greetz, Anneke

Der Strasse ist es egal, wer du bist, wie du aussieht oder wie schnell du läufst. Sie will einfach nur, DASS du auf ihr läufst.
Sei gegrüßt liebste Anneke,
also deine bissigen Scherze sind mir schon öfter aufgestoßen ... so gemein! Mal kurz geschaut ... 274 Kommentare von dir ... okay, dann darfst du das auch ab und zu. Allerdings, wenn ich dich mal sehe, stell ich dir vielleicht ein Bein oder so - mal sehen.

Woran ich dich erkenne? An dem Stein in deiner Hand, den du ja angeblich gerne mal mit dir herumträgst.

@Steif: Danke für die wärmenden Worte an die Schweinehündin - Recht hast du!

Viele Grüße
Meerbuscher

Meine Straße fürchtet mich! Sie ist mein persönlicher Feind und ich versuche sie so hart wir möglich zu bestrafen. Sie will einfach nur, dass ich so schnell wie möglich wieder verschwinde. Deshalb laufe ich schneller als sie will.

Also Anneke: Komm Baby, gibs mir!

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Phhh,

ne, jetzt mag ich nicht mehr.
Zumal von mir NUR bissige Kommentare zu erwarten sind und nichts Konstruktives :D

Stänkern konnte ich schon immer am Besten. :motz:

Und ich sehe, dir gefällt meine Filmzitatsignatur :shock2:

Greetz, Anneke

Der Strasse ist es egal, wer du bist, wie du aussieht oder wie schnell du läufst. Sie will einfach nur, DASS du auf ihr läufst.

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@hapepo
Danke, sehr interessanter Link, bietet er doch noch ein paar Zahlen mehr.

Die Korrelation zwischen Laborwerten (Gasanalyse) und den ownindex Werten von 0,97 ist schon beeindruckend hoch - wenn auch die partielle Korrelationsanalyse die dazu notwendig war, sehr problematisch ist (wie Ray schon sagte: Wer viel misst, misst viel Mist) und wenn auch die Zahl der Probanden relativ gering war. Eine Abweichung der VO2max Vorhersage von den tatsächlichen Werten zwischen 6,5 und 12% finde ich - na ja, es ist zumindest kein "Kaffeesatzlesen".

Als kritisch wird die zeitliche Abhängigkeit des Messwertes beschrieben. Die Werte schwanken über den Tag: the average individual standard deviation of consecutive test results was less than 8 % from the individual mean value. 8% sind im Tagesverlauf wohl eine Menge. Da die Abweichung bei z. B. morgen-morgen Messungen gegenüber morgen-mittag Messung nicht so stark schwanken, ist es besonders wichtig, den Test immer zur gleichen Tageszeit durchzuführen.

Welche Wertveränderungen zu erwarten sind? An average change in cardiovascular fitness for adults is 12-15% in 10-12 weeks if moderate intensity exercise has been conducted 3-4 times a week at least for 30 minutes each time.

@chris64: Der Abfall deines own-index von 54 auf 46 ist also auch vor diesem Hintergrund als nicht so dramatisch anzusehen, bei all den methodischen Problemen die dahinterstecken.

Viele Grüße
Meerbuscher

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Original von Schweinehündin:
....
Stänkern konnte ich schon immer am Besten. :motz:
...
Hi Anneke,
also ich muss mir noch überlegen, ob ich dich in Zukunft statt "Schweinehündin" eher "Threadverwässerin" nenne :) )

Stänkern, Motzen, Unken, bissige bis lächerliche Kommentare sind auch ein gern ausgeübtes Hobby von mir - als trauerndem Harald Schmidt Fan - insofern bist du mir ganz sympathisch. Im KöPi stehen, Bier schlürfen, aus dem Fenster schauen und über vorbeiziehende Leute abreißen - herrlich. Ist man selbst ja sooo perfekt :rotate: :nene: :shock2:

Sieht doch ganz ... ansprechend aus, die Anneke, müssten wir mal zusammen machen ... oh, wenn das meine Frau hört ;)

Aber: Auf Filmzitate stehe ich eigentlich gar nicht - der Gipfel sind sie in Diplomarbeiten.

Trotzdem bringe ich jetzt noch eines aus einer meiner Lieblingsserien: "Mann, du stinkst, als wärst du auf ein Stinktier getreten, das einem Stinktier aus dem Arsch gekrochen ist!" :) ) :) ) :) ) :) ) :) ) :) ) Köstlich!

Viele Grüße
Der Meerbuscher

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Original von Meerbuscher:
Hi Leute,
Für den Freizeitsportler sind die Werte aufgrund der Streuung eher als Orientierung anzusehen.[/b]


Auch wenn hier gewisse Schwankungen in der Genauigkeit hingenommen werden müssen, bieten sie eine Kontrollmöglichkeit über die Leistungsentwicklung.[/b]


Ich bin Freizeitsportler und habe nie angenommen, dass die Werte mehr als eine Orientierung oder als Vergleich zu früheren Werten angesehen werden dürfen.
Also ein für mich recht brauchbares Gerät. Ich bin sehr zufrieden mit meinem. Nach wenigen Läufen in meiner "own zone" hat sich meine Grundausdauer deutlich verbessert.
Vielen Dank für den fundierten und ausführlichen Beitrag.


MfG

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Original von Pan:
...


Ich bin Freizeitsportler und habe nie angenommen, dass die Werte mehr als eine Orientierung oder als Vergleich zu früheren Werten angesehen werden dürfen.
Also ein für mich recht brauchbares Gerät. Ich bin sehr zufrieden mit meinem. Nach wenigen Läufen in meiner "own zone" hat sich meine Grundausdauer deutlich verbessert.
Vielen Dank für den fundierten und ausführlichen Beitrag.


MfG
Hi Pan,
Freizeitsportler sind wir hier wohl zu 99,9% - wenn das auch ein dehnbahrer Begriff ist ;)

Zur Ergänzung: Die ownzone wird im Gegensatz zum ownindex für weitaus brauchbarer gehalten!

Habe ich gerne gemacht die Arbeit.

Tschüs
Meerbuscher
Gesperrt

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