Banner

Mittleres Waterloo in Frf – trotzdem Bestzeit

Mittleres Waterloo in Frf – trotzdem Bestzeit

1
In Frankfurt hatte ich heute einen verrückten Marathon. Kurz vorweg: Ziel deutlich verpasst aber die Mannheimer Zeit um 5 Minuten verbessert und mir geht es (wieder) gut.

Vor dem Marathon hatte ich noch ein kurzes sympathisches Treffen mit ein paar Foris (u.a. 3fach, Plankton, Melrose und ein paar anderen). Ich fühlte mich gut und war mir fast sicher, dass ich es auf unter 3:30 schaffen werde (auch meine Trainingsleistungen versprachen eigentlich ein solches Ergebnis).
Ich ging vorher noch 2mal zur Toilette zum Wasser lassen und hatte das Gefühl, dass die Blase komplett geleert ist (ist wichtige für den späteren Verlauf). Ich glaube auch, dass ich nicht zu viel vorher getrunken hatte.

Am Anfang tröpfelte es noch kurz ein bisschen. Die Sonne gewann allerdings sehr schnell die Oberhand.

Dann ging es los...
Ich startete etwa aus der Mitte des Commerzbank-Blocks (2. Block). Schnell merkte ich, dass mein Wohlfühltempo schneller ist. So fing ich bald schnell an, die Teilnehmer zu überholen. Irgendwann (genau weiß ich es nicht mehr, müsste etwa bei km 6/7 gewesen sein) kam ich an den 3:29er Pacemaker ran und fühlte mich weiterhin super. Es ging irgendwie automatisch so weiter, ich konnte langsam aber recht locker an immer mehr Teilnehmern vorbeiziehen und ich fühlte mich weiter wohl.
Dann etwa beim 27. km wurde wohl die Saat für den Hammermann gelegt. Plötzlich musste ich doch pinkeln. Ich hielt es aus. Ab und zu hatte ich auch beim Training einen Druck auf der Blase, der aber von alleine wieder verging. Darauf hoffte ich, allerdings vergebens. Es wurde immer schlimmer und ich konnte mich nur noch drauf konzentrieren. Genau kann ich es wieder nicht sagen, aber etwas bei km 34 sprang ich in die Büsche (sonst wäre Schlimmeres passiert). Dabei stolperte ich noch über eine Holzplanke, konnte aber einen Sturz vermeiden. Als ich dann wieder loslegte, merkte ich nach etwa einem weiteren Kilometer schon, dass konditionell was nicht stimmt. Ich wurde deutlich langsamer. Mit den Beinen und den Füßen hatte ich keinerlei Probleme. Aber der Kreislauf fing an mir schwer zu schaffen zu machen (ich denke, der Hammermann hat mich diesmal deutlich erwischt).
Tja, ab etwa km 37/38 bin ich gezwungenermaßen mehr gegangen als gelaufen. Zwischendurch konnte ich zwar immer wieder ein kleinere Strecke in einem Traptempo zurücklegen. Das war aber nichts halbes und nichts ganzes mehr. Während den Gehpausen hatte ich schon alles abgeschrieben und dachte, dass ich deutlich über 4 Stunden liegen werde (aufgeben wollte ich natürlich auch nicht). Irgendwann interessierten mich Zeiten sowieso nicht mehr (machs ja eh ohne Uhr). Da kam mir dann schon mal der Gedanke und die Frage, ob ich sowas nochmal auf mich nehme.
Kurz vorm Ziel (schätze etwa 0,5km) schaffte ich es, meine letzten Kräfte zu bündeln und noch halbwegs ins Ziel zu sprinten. Direkt im Zielbereich setzte ich mich erstmal für ca. 10 Minuten. Mir war leicht schwindelig und als ich aufstand wurds mir etwas schwarz vor Augen. Das hat sich aber recht schnell wieder gelegt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich witzigerweise immer noch Null Probleme mit den Beinen, das kam erst später (auch eine Verspannung in den Schultern). Ist allerdings auch schon wieder viel besser.
Positiv hat mich die Zielzeit dann doch noch überrascht. Mit einer Nettozeit von 3:41:23 bin ich über die Zielmarkierung (hab ich jetzt eigentlich den Joschka knapp geschlagen oder knapp verpasst ???). Da wurde dann doch mein Ehrgeiz wieder geweckt und ich dachte, jetzt erst recht!
Das witzige ist: Mannheim war der krasse Gegensatz. Dort startete ich hinter dem 4er Pacemaker, überholte auch, allerdings damals bis zum Schluss und schaffte es lachend mit 3:46:16 ins Ziel.
Heute dachte ich, als ich am 3:29er vorbei war, ich könnte es ähnlich mit etwas um die 3:20 hinkriegen.

Fazit: Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht. Es hätte eigentlich klappen können. Aber unter den Umständen bin ich froh, dass ich überhaupt ins Ziel gekommen bin und doch noch eine akzeptable Zeit geschafft habe. Ich denke, schämen brauch ich mich bei der Zeit auch nicht. Obwohl ich wegen der vielen Gehpausen schon einen leicht schalen Geschmack der Unvollständigkeit auf der Zunge habe. Andererseits steckt man in den chemischen Prozessen im Körper doch nicht so ganz drin und grade beim Marathon kann halt viel passieren (bzw. man kann viel falsch machen), denke ich.
Es geht weiter und ich hoffe, dass ich zumindest die 3:30 das nächste Mal packe. Bin ja noch beim Erfahrung sammeln. Allerdings werd ich frühestens den Mannheim-Marathon wieder in Angriff nehmen. Jetzt mindestens 1 Woche Komplettpause und dann erstmal geringere Umfänge.

Problemlösungsversuch: Das nächste Mal werde ich meine Blase nicht so lange drangsalieren und viel früher eine Möglichkeit zur Erleichterung suchen (wobei ich natürlich hoffe, dass ich davon verschont bleibe, in Mannheim hats ja auch geklappt). Und, auch wenn ich mich noch so gut fühle, sobald ich am 3:29er bin, bleib ich kleben und zwing mich zum langsameren Tempo. Wenn ich dann ab km 35 noch Kraft hab, ziehe ich dann nochmal an. Ich sollte wohl hin und wieder meinen Ehrgeiz doch etwas zügeln und kleinere Schritte machen ...

... mir geht’s jedenfalls wieder gut!

Hier nochmal meine Zwischenzeiten, die den Einbruch seeehr deutlich dokumentieren:

5km: 0:24:09
10km: 0:47:52
15km: 1:11:15
20km: 1:34:52
HM: 1:40:10
25km: 1:59:12
30km: 2:24:15
35km: 2:50:53
40km: 3:24:07
M: 3:41:23
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

2
Hi Jürgen,

herzlichen Glückwunsch zum durchgekämpft haben und natürlich zur PB. :daumen:

Sich auf der ersten Hälfte der Strecke toll zu fühlen ist leider keine Gararntie den Lauf auch so Ende zu bringen und die Verlockung zu überziehen ist riesig.
Wenn das gestern nicht schon mein sechster M gewesen wäre, dann wäre ich der Verlockung bei dem guten Wetter und der Stimmung an der Strecke garantiert auch erlegen, war aber auch so am Ende noch heftig genug. :peinlich:

Und den Gedanken "Ich mache so einen Mist nie wieder" hat wahrscheinlich jeder auf den letzten KM schonmal gehabt :P

Grüsse
Bild

3
Hallo Jürgen,

war nett dich getroffen zu haben. :winken:
Immerhin hast du gefinisht :daumen: , auch wenn es nicht ganz wie gewünscht gelaufen ist.
Das mit der Erfahrung hast du richtig erkannt, die ist im Marathon einfach unbezahlbar.
Nächstes Jahr in Mannheim kannst du bestimmt einen großen Schritt nach vorne machen.

Viele Grüße

Gregor

4
Hallo Jürgen,

dir war doch vorher schon bewußt, dass dein Ziel ambitioniert war, oder? Wenn man so an die Grenze geht, dann muss man auch damit leben können, dass es nicht so läuft wie geplant. Das gehört einfach dazu. Aber PB ist PB, das ist auf jeden Fall ein Erfolg! :daumen:

Gruß,
Thomas
PBs: 5 km: 19:56min (Darmstadt Juni10) 10km: 41:17min (Wolfskehlen Mai13) HM: 1:31:27h (Griesheim April13) M: 3:27:50h (Kandel März 13) Ironman: 11:36h (FFM Juli 12)

5
Auch von mir Glückwunsch zur PB und schön, dass wir uns auch mal getroffen haben.

Respekt für Deinen Lauf ohne Uhr nur nach Gefühl und Kontrolle alle 5km an den Uhren - ich wäre mir dafür zu unsicher.

Der Einbruch - hmmm... manchmal läuft es eben nicht so, wie es sollte. Am Anfang etwas zu schnell und nachher leiden - kommt mir leider nur allzu bekannt vor (wüßte nicht, ob es bei meinen 12 Langdistanzen jemals anders gewesen ist :peinlich: )
Gruß Thomas
PBs: 5km: 19:03 - 5,6km: 21:25 - 10km: 41:25 - HM: 1:26:39 - M: 3:11:15 - 50km: 4:09:09
Bild
Bild

6
JBl hat geschrieben:Ich ging vorher noch 2mal zur Toilette zum Wasser lassen und hatte das Gefühl, dass die Blase komplett geleert ist (ist wichtige für den späteren Verlauf). Ich glaube auch, dass ich nicht zu viel vorher getrunken hatte.

Am Anfang tröpfelte es noch kurz ein bisschen.
Bei den ersten Sätzen war ich doch verwundert, welcher Art der Erfahrungsbericht jetzt wird :zwinker2:

Glückwunsch zur PB!

7
Vielen Dank für die Glückwünsche und das Mutmachen :hallo:

Ja, Thomas, da hast Du schon Recht. Mir war bewusst, dass es ein gewisses Risiko ist. Dachte und hoffte halt, als ich mich beim Überholen des 3:29er ähnlich fühlte wie in Mannheim beim 4er, dass es auch so weiter geht. Ich denke auch, dass die kilometerlange Konzentration auf die Blase einfach Kraft gekostet hat, vor allem mental. Das ist möglicherweise der Hauptgrund, der mich aus der Bahn geworfen hat und dann eben besonders, dass ich halt wohl wirklich am Limit unterwegs war (auch wenn es sich bis dahin nicht so angefühlt hat).
Naja, wer versucht, hoch zu fliegen, kann auch umso tiefer fallen. Wenigstens bin ich nicht unten aufgeklatscht :)
Das nächste Mal, wie gesagt, weniger Risiko und wenn ich den 3:29er finde, einfach zwingen dran zu bleiben, dann hoff ich, dass ich gut durchkomme.
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

8
Nachtrag:

Ich habe mich vorher mental auch auf alle Eventualitäten eingestellt, vom Traumergebniss bis zum Scheitern. Ähnlich bin ich auch in Mannheim an den Start. Da hats halt funktioniert, diesmal eben nicht (wobei irgendwie schon schitzophren, immerhin fast 5 Minuten besser, naja).
Aber dadurch, dass ich mich auch auf schlechtere Ergebnisse eingestellt habe, kann ich jetzt hinterher besser damit umgehen (vor allem da es ja kein wirkliches Scheitern war), denke ich.
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

9
JBl hat geschrieben:Ich denke auch, dass die kilometerlange Konzentration auf die Blase einfach Kraft gekostet hat, vor allem mental. Das ist möglicherweise der Hauptgrund, der mich aus der Bahn geworfen hat ...
Ich denke, dass du das überbewertest. Du bist einfach zu schnell losgelaufen (bis zum HM Zielzeit 3:20). Das war zu optimistisch.
Aber als Trostpreis immerhin noch ne Bestzeit und etwas für zukünftige Marathons gelernt. :zwinker5:
"If I had no sense of humor, I would long ago have committed suicide." (Gandhi)

10
Grade das Lückenspringen auf den 1. kms kann unheimlich viel Kraft kosten. Vielleicht lieber etwas weiter vorne starten?
Bild
Bild

11
@ Winfried
Naja, ich denke es war ne Kombination und einer der Faktoren hat mir einfach den Rest gegeben.

@ wosp
Da kannst Du Recht haben. Am Anfang bin ich immer, wenn ich ne Lücke gesehen hab, vorbeigesprungen, später als es sich etwas lichtete erst ruhiger vorbeigezogen. In Mannheim hab ich mir mit dem Überholen noch etwas mehr Zeit gelassen.
Leider bin ich erst so 10/11 Minuten vor Start in den Block und da war schon alles voll.
Das nächste Mal versuch ichs früher zu schaffen und vielleicht gleich den 3:29er zu suchen und dann ruhig und gleichmäßig einfach an ihm dranzubleiben.
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

12
Nachtrag:

Hab grad ein bisschen Video-Analyse betrieben und festgestellt, dass ich schon bei der HM-Distanz einen ganz komischen Laufstil hatte. Die Unterschenkel wirkten nach außen eingeknickt, sieht überhaupt nicht elegant aus.

Hab das mal meiner Mutter gezeigt und gesagt, sie soll mal schauen, wenn ich mal vorbei renne, ob ich auch im Training so komisch laufe (was ich nicht glaube). Sie hat gemeint, sie hat mich ja schon gesehen, und da wars nicht so. Auf dem Mannheimer Finisher-Video mache ich auch eine ganz andere Figur.

Ich erklär mir das jetzt so, dass das Adrinalin mir vorgegaukelt hat, dass ich mich noch gut fühle, es tatsächlich aber gar nicht mehr so war.

Heißt, das nächste Mal, wirklich ruhiger anfangen ...
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

13
Hallo Jürgen,

auch wenn du nicht so zufrieden bist .... Gratulation zum zweiten Marathon und zur Bestzeit ! Abhaken und daraus lernen !!!

Viele Grüße
Andrea

14
Hallo Andrea,

jo, danke :hallo:
Vernunftmäßig hab ich schon draus gelernt, jetzt hoff ich nur noch, dass ich das Gelernte dann das nächste Mal auch vernünftig umsetzen kann ... wird schon klappen :)
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:

15
Hab grade mein Finisher-Photo downgeloaded

(Genehmigung zur Veröffentlichung von marathon-photos.com eingeholt)

Habe mal einen Gesichtervergleich zwischen Mannheim und Frankfurt angefertigt (beides kurz vorm Ziel).

Ich denke der sagt alles aus ... :hihi:
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:
Dateianhänge
Gesichtervergleich-Mannheim-Frankfurt.jpg Gesichtervergleich-Mannheim-Frankfurt.jpg 102 mal betrachtet 242.17 KiB
Juergen_Frankfurt_Marathon_2010_FMHF4827-12x17_klein.jpg Juergen_Frankfurt_Marathon_2010_FMHF4827-12x17_klein.jpg 100 mal betrachtet 265.42 KiB

16
Der Grund für den Einbruch ist ganz klar und nachvollziehbar: Du bist deutlich zu schnell angegangen. Für deine Zielzeit <3:30 (= ca. 5 min/km) bist du bereits die ersten 5 km schneller gelaufen und dann vor allem von km 5 - 20 um 15 - 20 sek pro km. Das sind mehr als 10 min auf die Endzeit gerechnet, also viel. Dieses Tempo hast du entweder drauf, oder es rächt sich eben bitterlich.

Die Pinkelei hat damit wenig zu tun, auch ohne deine Zwangspause wärst du langsamer geworden. Mir geht es gerade bei schnellen Marathons so, dass ich spätestens nach 5 - 6 km pinkeln muss. Das steigert sich dann bis zum scheinbar Unabwendbaren, und ab km 15, 16 ist es vorbei. Da nehme ich nur noch den Lauf wahr. Manchmal bin ich erst 1 - 2 Stunden nach Zieleinlauf tatsächlich zum Klo gegangen.

Was du anders machen musst, hast du ja selbst schon analysiert.

Jedenfalls dennoch Glückwunsch zum Durchbeißen und erfolgreichen Finish!

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

17
Hallo Bernd,

vielen Dank für den Glückwunsch!

Ja, im Nachhinein ist mir das bewusst. Nachdem das Training so super gelaufen ist (und ich ein paar Wochen vor dem Marathon einen recht großen Entwicklungssprung gemacht habe), bin ich einfach ein bisschen übermütig geworden und dachte, als ich am 3:29er vorbei war, ich könnte grad lustig so weiter machen, wie es in Mannheim beim 4er so gut funktioniert hat.
Im Nachhinein ist das klar, dass das ein totaler Trugschluss war, aber ich denke, ich hab gelernt.
Viele Grüße

Jürgen

"... its aint over till
it's over ..."
"... es ist nicht vorbei,
bevor es vorbei ist ..."

-Zitat: Rocky Balboa- :wink:
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“