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Warum nicht im Laufen?

Warum nicht im Laufen?

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Überall sind deutsche Sportler Weltspitze:
im Basketball wird Dirk Nowitsky zum MVP gewählt,
im Eishockey gewinnt Dennis Seidenberg mit der meisten Eiszeit den Stanley-Cup
in der Formel 1 führt Sebastian Vettel die WM Wertung an,
die Fußball-Frauen haben beste Chancen, zum dritten MalWeltmeister zu werden,
Kanuten, Ruderer, Biathleten etc. sammeln Jahr für Jahr Medallien.

Nur die deutschen Langstreckenläufer sind maximal 3 Klassig.

Woran hapert es? Meiner Meinung nach fehlen uns erfahrene Trainer. Typen wie Jochen Behle, Silvia Neid, Joachim Löw.

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Warum sollte es an erfahrene Trainer liegen, wenn viel zu viele Deutsche sich nicht quälen möchten? Ein Trainer kann zwar einen Athlet "erziehen" aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt!

In Deutschland fehlt es nicht an gute Trainer sondern an "Athleten" die diesen Sport einfach nicht ausüben wollen!

Bei mir hier in Hof sind "nur" 4 Langstreckenläufer, obwohl Hof keine kleine Stadt ist....
Schau Dir mal in anderen Ländern an wie viele Läufer es da gibt und das in "Dörfern".., die chance dort von sehr vielen Läufern dort 2-3 gute Talente raus zu ziehen ist doch viel höher als zb hier in Hof bei nur 4 Läufern!

Wenn man das mit einer anderen Sportart vergleicht wie zb mit Fußball ist hier in Hof die chance viel größer das man hier mehrere gute Fußballspieler findet, weil hier in Hof dementsprechend auch viel mehr Leute Fußball spielen!

Ich bin jetzt zwar nur von meiner Stadt ausgegangen, aber ich glaube bzw weis das es in anderen Städten in Deutschland fast genauso aussieht! Es mangelt einfach an Athleten bei dieser Sportart, laufen ist nicht das was viele in Deutschland möchten, in anderen Ländern ist es ggf anders!

Man könnte jetzt auch noch Ernährung, Blutkörperchen, das die Afrikaner zb schneller Laktat abbauen können etc in den Raum werfen aber ich finde das dies nicht hauptsächlich der Grund ist warum die Deutschen nicht schnell sind, es liegt einfach an fehlenden Athleten!

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Santander hat geschrieben:Überall sind deutsche Sportler Weltspitze:
im Basketball wird Dirk Nowitsky zum MVP gewählt,
im Eishockey gewinnt Dennis Seidenberg mit der meisten Eiszeit den Stanley-Cup
in der Formel 1 führt Sebastian Vettel die WM Wertung an,
die Fußball-Frauen haben beste Chancen, zum dritten MalWeltmeister zu werden,
Kanuten, Ruderer, Biathleten etc. sammeln Jahr für Jahr Medallien.

Nur die deutschen Langstreckenläufer sind maximal 3 Klassig.

Woran hapert es? Meiner Meinung nach fehlen uns erfahrene Trainer. Typen wie Jochen Behle, Silvia Neid, Joachim Löw.

Weil das (fast) alles Sportarten sind in denen mal richtig Geld verdienen kann, während man mit Laufen eigentlich nur über die Runden kommt wenn man einen guten Sponsor hat und wirklich ganz vorne dabei ist.

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Ganz so schlimm sehe ich es nicht.

Es gibt auch einen Haufen anderer Sportarten, in denen wir nicht Spitze sind (Rugby, Baseball, Cricket nur um mal ein paar Sportarten aufzuzählen, die woanders richtig groß sind. Die Liste könnte man noch ordentlich verlängern.)
Außerdem gibt es auch Sportarten, in denen es fast keine guten Sportler aus so großen Nationen wie China oder den USA gibt. Unsere Fußballmannschaft kann mit verbundenen Augen gegen China spielen, nur um mal ein Beispiel zu nennen. Es hat auch was mit Tradition und Stellenwert des Sports in den jeweiligen Ländern zu tun.

Außerdem ist Deutschland auch keine Basketball oder Eishockey Macht, nur weil wir einen einzigen sehr, sehr guten Spieler haben.

Andererseits finde ich die deutsche Bilanz auch gar nicht soo katastrophal. Mikitenko hat richtig viel geleistet im Marathonlauf und an Baumanns Gold und Fitschens EM-Titel erinnere ich mich auch immer gerne. Klar, wir sind nicht Kenia, aber es gibt doch mehr Nationen, die NOCH schlechter sind als wir im Laufsport, als Nationen die besser sind.

(PS: Vielleicht sehe ich aber auch alles nur rosarot, weil es für mich morgen in den Urlaub geht. :P )

"I thought they said Rum!"

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D.edoC hat geschrieben:Warum sollte es an erfahrene Trainer liegen, wenn viel zu viele Deutsche sich nicht quälen möchten? Ein Trainer kann zwar einen Athlet "erziehen" aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt!

Aber im Rudern, Handball, Schwimmen etc. muss auch hart gearbeitet werden, um es bis nach oben zu schaffen. Daran kann es nicht liegen, oder?

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Fire hat geschrieben:Weil das (fast) alles Sportarten sind in denen mal richtig Geld verdienen kann, während man mit Laufen eigentlich nur über die Runden kommt wenn man einen guten Sponsor hat und wirklich ganz vorne dabei ist.
Ein guter deutscher Marathonläufer könnte richtig Geld verdienen.
Sagen wir mal ein deutscher 2:08 h Läufer mit Potential bei einer WM oder OS um eine Medallie mitzulaufen, vielleicht in Hamburg um den Sieg, in Berlin um die Plätze 3 bis 5. Wenn der dann noch einigermaßen TV-Kompatibel ist, wird der am Karriere-Ende nicht mehr arbeiten müssen.

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Vielleicht weil es die am einfachsten zu betreibende Sportart ist und man kein großartiges Gedöns drumherum nötig hat?

Um zu laufen braucht man keine Stadien, keine Hallen, kein Eis, kein Schnee, keine Autos, keine Rennräder, keine Strassen,keine Boote und Ruderstrecken.....und kein GPS, keine Pulsuhren etc. :zwinker5:

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Santander hat geschrieben:Ein guter deutscher Marathonläufer könnte richtig Geld verdienen.
Sagen wir mal ein deutscher 2:08 h Läufer mit Potential bei einer WM oder OS um eine Medallie mitzulaufen, vielleicht in Hamburg um den Sieg, in Berlin um die Plätze 3 bis 5. Wenn der dann noch einigermaßen TV-Kompatibel ist, wird der am Karriere-Ende nicht mehr arbeiten müssen.
Er hat dann in der gesamten Karriere noch nicht so viel verdient wie viele deutsche Bundesliga-Stammspieler in einer Spielzeit.

Du hast offensichtlich keine Ahnung, wie viel oder wenig man als Läufer mit der Leistung verdienen kann. Er kann keinen der ganz großen Marathons wie Berlin, London oder Chicago gewinnen - da sind genügend Leute die 2:04 bis 2:07 laufen.

Es gibt etwas an Prämien für die zweitklassigen Marathons wie HH oder Düsseldorf, dazu ein wenig Sponsoring. Es wird insgesamt so wenig sein, dass er sofort nach Laufbahnende eine Anstellung suchen wird.

Welcher der früheren deutschen Langstreckenstars muss denn nicht mehr arbeiten?

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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DerC hat geschrieben:
Welcher der früheren deutschen Langstreckenstars muss denn nicht mehr arbeiten?

Gruß

C.
In den 80er und 1990er Jahren gab es vielleicht sowas wie deutsche Langstreckenstars. Aber da waren die Verdienstmöglichkeiten noch nicht gegeben.
Seit Ausbruch des (Marathon) Laufbooms vor rund 10 Jahren, ist die Stelle eines deutsche Langstreckenstars vakant.
Und mit einer 2:08er Endzeit läufst du zum Beispiel in Berlin oder bei den anderen Masters oft genug vor der Kamera rum. Das wollen die Sponsoren, dafür wird gezahlt.

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Santander hat geschrieben:Überall sind deutsche Sportler Weltspitze:
im Basketball wird Dirk Nowitsky zum MVP gewählt,
im Eishockey gewinnt Dennis Seidenberg mit der meisten Eiszeit den Stanley-Cup
in der Formel 1 führt Sebastian Vettel die WM Wertung an,
die Fußball-Frauen haben beste Chancen, zum dritten MalWeltmeister zu werden,
Kanuten, Ruderer, Biathleten etc. sammeln Jahr für Jahr Medallien.

Nur die deutschen Langstreckenläufer sind maximal 3 Klassig.

Woran hapert es? Meiner Meinung nach fehlen uns erfahrene Trainer. Typen wie Jochen Behle, Silvia Neid, Joachim Löw.

Deutsche Langstreckenläufer sind doch Weltspitze (wenn sie vorher 'ne Runde schwimmen und 'ne Runde radfahren gehen...)
Grüße
Andreas

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Santander hat geschrieben:In den 80er und 1990er Jahren gab es vielleicht sowas wie deutsche Langstreckenstars. Aber da waren die Verdienstmöglichkeiten noch nicht gegeben.
Stimmt nicht, klar gab es Verdienstmöglichkeiten. Auf der Bahn gibt es für Langstreckler heute meist sogar weniger Geld als früher.
Auf der Straße ist heute etwas mehr Geld drin als früher. Mit ner 2:08 bekommt man davon aber nur ein recht kleines Stück von dem Kuchen.
Santander hat geschrieben: Seit Ausbruch des (Marathon) Laufbooms vor rund 10 Jahren, ist die Stelle eines deutsche Langstreckenstars vakant.
Und mit einer 2:08er Endzeit läufst du zum Beispiel in Berlin oder bei den anderen Masters oft genug vor der Kamera rum. Das wollen die Sponsoren, dafür wird gezahlt.
Aber längst nicht so viel wie du denkst. Da hast du realitätsferne Vorstellungen.

Asics z. B hat 2009 einige Verträge nicht verlängert. Sparmaßnahme und Umstrukturierung. Z. B. Carsten Schlangen. Der ist dann mit Mizuno EM 2. geworden. Dass er das Potenzial dazu hatte, war Fachleuten klar. Dieses Potenzial war der Firma keinen Cent mehr wert - geschweige denn eine Summe, von der man leben könnte.

Es geht bei Auftritten im Nationaltrikot grundsätzlich nur um die Schuhe, bei allem anderen hat Nike den DLV im Sack.

In den 70ern kamen Firmen wie Adidas und Puma mit Bargeld in der Hand zu Leichtathleten. Heute kann man froh sein, wenn man etwas Ausrüstung gratis bekommt.

Es gab nach dem Hörensagen mal ne Zeit, da hatten Adidas und Puma bei den deutschen Jugendmeisterschaften Stände und alle Endlaufteilnehmer bekamen direkt Schuhe geschenkt und eventuell auch mehr. Heute weiß ich von einer Teilnehmerin der letzten Leichtathletik-WM, die keinen einzigen ernstzunehmenden Sponsor hat. Und auf die DM darf nur NIke mit nem Stand.

Röthlin hat ja ne 2:07 stehen ... meinst du der hätte sich mit VICSystem und dann mit Running.coach abgeben, wenn er wüsste, dass er seine Schäfchen schon im Trockenen hat?

Selbst ein Jan Fitschen kann als Europameister mit Laufen wohl schwer so viel Geld verdienen wie als Physiker. Er wäre wahrscheinlich sehr froh, wenn er mit Laufen nur annähernd das verdienen würde, dass er als Physiker bekäme.

Die einzige aktive deutsche Läuferin, die ein den letzten Jahren richtig viel Geld verdient hat ist Mikitenko - die hast du im Anfangsposting auch peinlicher weise unterschlagen, obwohl sie immer noch in der erweiterten Weltspitze läuft. Und 2008 war sie die beste Marathonläuferin weltweit, 2009 auch noch sehr dicht dran und bei der "inoffiziellen WM" in London 1.

Mikitenko könnte nach Karriereende vielleicht überleben ohne zu arbeiten ... aber auf das Level musst du in etwa kommen, um drüber nachdenken zu können. Und dafür braucht ein deutscher Läufer nicht 2:08, sondern 2:05 bis 2:06.

Als US-Amerikaner wäre es etwas leichter, da würde eine 2:08 eher reichen, um anständig zu verdienen. Denn es gibt 3 sehr große Marathonläufe, die gute Antrittsprämien für Amis zahlen, dazu zahlreiche andere (Meisterschafts-) Rennen mit guten Prämien. Da müssen aber auch nicht wenige arbeiten, die hinter Hall oder Meb reinkommen. Irgendeiner aus der 2. Amireihe (die besser ist als die erste Deutsche) hat bei einem Rennen mal 8000 $ oder so Prämie bekommen und dann im Interview erzählt dass er in einem Laufshoiop arbeitet und das Geld gut gebrauchen kann.

Wenn sich ein talentierter Kenianer zwischen 600 $ im Jahr als Bauer und 30000 $ oder mehr im Jahr als Läufer entscheiden muss, fällt die Wahl leicht.

Wenn ein deutscher Läufer die Wahl hat zwischen 20000 Euro im Jahr als Läufer oder 40000 Euro in einem "richtigen" Job, ist die Wahl eben auch nicht so schwer - aber es wird eben meist nicht der Job des Profiläufers gewählt.

Und das ist einer der wichtigsten Gründe, warum es in Kenia so viel gute Langstreckler gibt und in D so wenige.

Wenn jetzt jemand fragt, warum die Amis noch besser mithalten können: Sie haben wirklich das bessere Förderungssystem. Es gibt mehr Geld und mehr Anerkennung für das Laufen im High School und College System. Ohne eine Meisterschaft gewonnen zu haben, kannst du schon Studiengebühren zu einem erheblichen Anteil erlassen bekommen.

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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DerC hat geschrieben:Stimmt nicht, klar gab es Verdienstmöglichkeiten. Auf der Bahn gibt es für Langstreckler heute meist sogar weniger Geld als früher.
Auf der Straße ist heute etwas mehr Geld drin als früher. Mit ner 2:08 bekommt man davon aber nur ein recht kleines Stück von dem Kuchen.


Aber längst nicht so viel wie du denkst. Da hast du realitätsferne Vorstellungen.

Asics z. B hat 2009 einige Verträge nicht verlängert. Sparmaßnahme und Umstrukturierung. Z. B. Carsten Schlangen. Der ist dann mit Mizuno EM 2. geworden. Dass er das Potenzial dazu hatte, war Fachleuten klar. Dieses Potenzial war der Firma keinen Cent mehr wert - geschweige denn eine Summe, von der man leben könnte.

Es geht bei Auftritten im Nationaltrikot grundsätzlich nur um die Schuhe, bei allem anderen hat Nike den DLV im Sack.

In den 70ern kamen Firmen wie Adidas und Puma mit Bargeld in der Hand zu Leichtathleten. Heute kann man froh sein, wenn man etwas Ausrüstung gratis bekommt.

Es gab nach dem Hörensagen mal ne Zeit, da hatten Adidas und Puma bei den deutschen Jugendmeisterschaften Stände und alle Endlaufteilnehmer bekamen direkt Schuhe geschenkt und eventuell auch mehr. Heute weiß ich von einer Teilnehmerin der letzten Leichtathletik-WM, die keinen einzigen ernstzunehmenden Sponsor hat. Und auf die DM darf nur NIke mit nem Stand.

Röthlin hat ja ne 2:07 stehen ... meinst du der hätte sich mit VICSystem und dann mit Running.coach abgeben, wenn er wüsste, dass er seine Schäfchen schon im Trockenen hat?

Selbst ein Jan Fitschen kann als Europameister mit Laufen wohl schwer so viel Geld verdienen wie als Physiker. Er wäre wahrscheinlich sehr froh, wenn er mit Laufen nur annähernd das verdienen würde, dass er als Physiker bekäme.

Die einzige aktive deutsche Läuferin, die ein den letzten Jahren richtig viel Geld verdient hat ist Mikitenko - die hast du im Anfangsposting auch peinlicher weise unterschlagen, obwohl sie immer noch in der erweiterten Weltspitze läuft. Und 2008 war sie die beste Marathonläuferin weltweit, 2009 auch noch sehr dicht dran und bei der "inoffiziellen WM" in London 1.

Mikitenko könnte nach Karriereende vielleicht überleben ohne zu arbeiten ... aber auf das Level musst du in etwa kommen, um drüber nachdenken zu können. Und dafür braucht ein deutscher Läufer nicht 2:08, sondern 2:05 bis 2:06.

Als US-Amerikaner wäre es etwas leichter, da würde eine 2:08 eher reichen, um anständig zu verdienen. Denn es gibt 3 sehr große Marathonläufe, die gute Antrittsprämien für Amis zahlen, dazu zahlreiche andere (Meisterschafts-) Rennen mit guten Prämien. Da müssen aber auch nicht wenige arbeiten, die hinter Hall oder Meb reinkommen. Irgendeiner aus der 2. Amireihe (die besser ist als die erste Deutsche) hat bei einem Rennen mal 8000 $ oder so Prämie bekommen und dann im Interview erzählt dass er in einem Laufshoiop arbeitet und das Geld gut gebrauchen kann.

Wenn sich ein talentierter Kenianer zwischen 600 $ im Jahr als Bauer und 30000 $ oder mehr im Jahr als Läufer entscheiden muss, fällt die Wahl leicht.

Wenn ein deutscher Läufer die Wahl hat zwischen 20000 Euro im Jahr als Läufer oder 40000 Euro in einem "richtigen" Job, ist die Wahl eben auch nicht so schwer - aber es wird eben meist nicht der Job des Profiläufers gewählt.

Und das ist einer der wichtigsten Gründe, warum es in Kenia so viel gute Langstreckler gibt und in D so wenige.

Wenn jetzt jemand fragt, warum die Amis noch besser mithalten können: Sie haben wirklich das bessere Förderungssystem. Es gibt mehr Geld und mehr Anerkennung für das Laufen im High School und College System. Ohne eine Meisterschaft gewonnen zu haben, kannst du schon Studiengebühren zu einem erheblichen Anteil erlassen bekommen.

Gruß

C.
Carsten Schlangen ist aber kein Star, nicht einmal unter Leichtathletikfans.
Ich meine einen richtigen Siegertypen, wie Boris Becker für das Tennis, Michael Schumacher für die Formel 1 etc.
Leute, die in der Öffentlichkeit präsent sind. Und glaube mir, wäre Mikitenko etwas medienwirksamer, hätten die Sponsoren Schlange gestanden.
Und Victor Röthlin? Ich weiß nicht, wie das in der Schweiz ist, aber in Deutschland kennt den kaum einer.
Bekannt ist man, wenn die Leute dich kennen, aber von deinem Sport keine Ahnung haben. Wie damals der Hype um Jan Ulrich. Wie viele Leute hatten sich plötzlich ein Mangenta Trikot gekauft, die gerade einmal wußten, das die TdF in Frankreich stattfindet.
Und ein Jan Ulrich muß heute keine Radtouristen durch die Alpen schleppen.

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Santander hat geschrieben: Und mit einer 2:08er Endzeit läufst du zum Beispiel in Berlin oder bei den anderen Masters oft genug vor der Kamera rum. Das wollen die Sponsoren, dafür wird gezahlt.


Das Thema "vor der Kamera rumlaufen" hatten wir schon.......meist aber in dem Zusammenhang, dass keine Übertragungen mehr stattfinden, u.a. auch aus Berlin. Da wird dann eben nicht mehr gezahlt, wenn überhaupt je große Summen geflossen sind (siehe Der C).

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Santander hat geschrieben:Überall sind deutsche Sportler Weltspitze:
im Basketball wird Dirk Nowitsky zum MVP gewählt,
im Eishockey gewinnt Dennis Seidenberg mit der meisten Eiszeit den Stanley-Cup
in der Formel 1 führt Sebastian Vettel die WM Wertung an,
die Fußball-Frauen haben beste Chancen, zum dritten MalWeltmeister zu werden,
Kanuten, Ruderer, Biathleten etc. sammeln Jahr für Jahr Medallien.

Nur die deutschen Langstreckenläufer sind maximal 3 Klassig.

Woran hapert es? Meiner Meinung nach fehlen uns erfahrene Trainer. Typen wie Jochen Behle, Silvia Neid, Joachim Löw.
Dirk Nowitzki ist eine absolute Ausnahmeerscheinung und daher kein gutes Beispiel. Deutsche NHL-Spieler gibt es auch nicht soo viele. Und beim Eishockey kommt hinzu, dass es wie Motorsport, Rudern und Biathlon eine elitäre Nischensportart ist. Das heißt, man braucht Geld, Ausrüstung und Trainingsbedingungen, die in vielen Ländern der Welt nicht darstellbar sind. (Laufen kann man immer und überall). Der Frauenfußball ist international vollkommen unterentwickelt, wodurch es ein extremes Leistungsgefälle gibt.

Wo ich Dir Recht gebe, ist dass im Bereich der Trainer einiges im Argen liegen muss. Auf Namen verzichte ich hier mal. Aber egal: dass man auch mit deutschen Genen 2:09 laufen wurde oft genug bewiesen.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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DerC hat geschrieben:Wenn jetzt jemand fragt, warum die Amis noch besser mithalten können: Sie haben wirklich das bessere Förderungssystem. Es gibt mehr Geld und mehr Anerkennung für das Laufen im High School und College System. Ohne eine Meisterschaft gewonnen zu haben, kannst du schon Studiengebühren zu einem erheblichen Anteil erlassen bekommen.
Das ist ein wichtiger Punkt. In Deutschland werden wir das wohl nie haben, deshalb müssen Talente eben über den Teich. Ich denke, es wird dem deutschen Laufsport gut tun, wenn mehr Leute dem Beispiel einer Anne Kesselring (frisch gebackene NCAA-Meisterin über 800m) folgen.

Japan hat auch ein viel besseres Universitätssportprogramm als Deutschland. Und dank professioneller Firmenteams kann man als international zweitklassiger (lies: niedrige 2:1x) Läufer vom Sport leben.

Ich finde, man sollte nicht den zweiten Schritt vor dem ersten gehen und sich immer gleich an den Kenianern und Äthiopiern messen. Erst einmal muss man in Europa mithalten können.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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Man sollte aber nicht vergessen, dass es für deutsche Talente nicht so ganz einfach ist, über den Teich an die Uni zu kommen. Bekanntlich hat hier nicht jede/r Abitur, und m.W. sind die Möglichkeiten für deutsche Nachwuchstalente in den USA jenseits eines Sportstipendiums sehr begrenzt. In den USA reicht dagegen bei hinreichendem sportlichem Talent - überspitzt formuliert - die Fähigkeit unfallfrei seinen Namen zu schreiben aus, um an einer Uni unterzukommen. Und mit individuellem Nachhilfeunterricht verschafft man den Leuten dann sogar einen Abschluss.

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Santander hat geschrieben:Carsten Schlangen ist aber kein Star, nicht einmal unter Leichtathletikfans.
Unter den deutschen Leichtathletikfans ist der schon bekannt. Er diente aber nur als Beispiel, wie knauserig die Sponsoren an vielen Stellen geworden sind.
Santander hat geschrieben: Ich meine einen richtigen Siegertypen, wie Boris Becker für das Tennis, Michael Schumacher für die Formel 1 etc.
Leute, die in der Öffentlichkeit präsent sind.
Das meinst du vielleicht, geschrieben hast du aber etwas anders:
Santander hat geschrieben:Ein guter deutscher Marathonläufer könnte richtig Geld verdienen.
Sagen wir mal ein deutscher 2:08 h Läufer mit Potential bei einer WM oder OS um eine Medallie mitzulaufen, vielleicht in Hamburg um den Sieg, in Berlin um die Plätze 3 bis 5. Wenn der dann noch einigermaßen TV-Kompatibel ist, wird der am Karriere-Ende nicht mehr arbeiten müssen.
Und das ist und bleibt Unsinn. 2:08 im Marathon machen keinen Star wie Becker einer war. Abgesehen davon scheint selbst der einige seltsame Jobs machen zu müssen um zu überleben. Es passt auch nicht zusammen: 2:08 bedeutet nicht, das Potenzial für eine olympische Medaille zu haben. Da braucht es 2:06 bei guten Bedingungen.
Santander hat geschrieben: Und glaube mir, wäre Mikitenko etwas medienwirksamer, hätten die Sponsoren Schlange gestanden.
Soll ich glauben, weil es wer sagt? :hihi:

Man muss nicht nur etwas medienwirksam sein, sondern sehr. Und noch in der absoluten Spitze. Dann stehen die Sponsoren aber noch nicht Schlange, aber man hat ne gute Verhandlungsbasis.

Und dann ist man immer noch meilenweit von den Sponsoringeinkünften von Bolt oder Schweinsteiger oder Haile entfernt mit ner 2:08 im Marathon. Laufklamotten und schuhe wird man in der aktiven Zeit mit ner 2:08 nicht unbedingt selbst kaufen müssen. Aber ein nettes Einfamilienhaus kann man mit der Kohle von den Sponsoren in D auch nicht bauen.
Santander hat geschrieben: Und Victor Röthlin? Ich weiß nicht, wie das in der Schweiz ist, aber in Deutschland kennt den kaum einer.
Er ist schneller als 2:08. Das würde doch reichen nach deinem früheren Posting. Oder würde es nur bei einem Deutschen Läufer reichen?
Santander hat geschrieben: Und ein Jan Ulrich muß heute keine Radtouristen durch die Alpen schleppen.
Neh. Der hat ganz tolle Jobs. Dem geht es super. :teufel:

Gruß

C.

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- Sir Roger Bannister

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Zum Thema Deutsche Spitzensportler an US-Unis gab's küzrlich einen Artikel bei SpOn, wen's interessiert: Deutsche Spitzensportler an US-Unis: Hochleistungs-Studenten auf der Flucht - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - UniSPIEGEL

Zu Viktor Röthlin: 2:07er Bestzeit, WM-Dritter, Europameister. Damit bekommt er Einladungen aus NYC und London als Auffüller für das Elitefeld und eine Handvoll Dollar Antrittsgage. Reich wird er damit nicht. Nur mal so gesagt. Soll jeder seine eigenen Schlüsse daraus ziehen.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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SantaCruz hat geschrieben: Wo ich Dir Recht gebe, ist dass im Bereich der Trainer einiges im Argen liegen muss. Auf Namen verzichte ich hier mal.
Mit diesen Vorwürfen sollte man vorsichtig sein. Der Trainer kann auch nur mit den Leuten arbeiten, die er hat. Wenn du einen Läufer wie Fitschen hast, der war schon vor dem EM-Sieg verletzungsanfällig. Den dahin zu kriegen, dass der das Ding gewinnen kann, das war schon ne Meisterleistung von Kirschbaum.

Wenn man Fitschens Training zum Marathon verfolgt hat, wundert man sich schon, warum der erst jetzt solche Umfänge läuft und immer noch vergleichsweise lusch trainiert im Vergleich zu besseren Leuten. Es ist aber angesichts seiner Geschichte schon plausibel.

Es kann schon sein , dass nicht immer die besten die Verantwortung für den Langstreckenbereich im DLV hatten. Das ist ein Problem der Verbandspolitik, die seit Jahren immer wieder ins Erbärmliche abdriftet. Aber selbst der schlechtestes Bundestrainer kann in der LA nicht seinen ganzen Bereich an die Wand fahren. So viel Macht hat der nicht.

Man darf auch nicht immer die Bundes- und Kadertrainer sehen. Ich kenne Heimtrainer, die haben die größten Hoffnungen zusammengeknüppelt. Zu früh zu hart trainiert, Ende. Genau in dem Alter, in dem die Sportler dem Sport die höchste Priorität einräumen müssten, um ganz nach oben zu kommen, erzählen ihnen bei uns auch viele Leute, das alles andere wichtiger ist. Verständlich - denn dass man mit dem Laufsport hierzulande ganz schnell ausgesorgt haben kann, glauben nur Ahnungslose wie Santander. Bei uns ist die Alternative ja meist nicht die Armutsgrenze bzw darunter.

Mal eine anderer Grund für die deutsche Langlaufmisere - hängt aber zugegeben ein wenig mit den Trainern zusammen:
Es gibt schon auf den kürzeren Strecken zu wenig Konkurrenz, die Athleten zu längeren Strecken zwingen könnte. In der 400m Bestenliste ist aktuell einer mit ner 45er, 3 mit 46er Zeiten, 6 mit 47er Zeiten. Am Ende eines Jahres sind es erfahrungsgemäß etwas mehr 46er Zeiten. Da sagt sich scheinbar keiner: Der 800m Läufer Schembera hat doch nur ne 47,5 drauf, ich mit meiner 46,5 probier mal die 800, vielleicht kann ich das ja auch.

Oder über die 1500, Wenn wir jedes Jahr 10 Läufer klar unter 3:40 hätten und davon 5 im Bereich der WM-Norm, dann müssten sich einige überlegen, auf die 5000 zu wechseln.

Wer ist in den letzten Jahren eine Strecke hochgewechselt? Sehr wenige von den besseren dt LäuferInnen, C. Hofmann fällt mir ein, aber bei der klappt es noch nicht so richtig. Viel Läufer laufen generell ein zu enges Spektrum an Strecken. Wenn man die längere Strecke nicht ausprobiert, kann man oft auch nicht wissen, ob das eine Möglichkeit wäre. Es liegt aber nicht nur an den Trainern, sondern einfach am Mangel. Insgesamt zu wenig Läufer.

Ein lobenswerte Ausnahme, was das Spektrum angeht, ist Corinna Harrer - scheint sich zu einer der größten deutschen Laufhoffnung der letzten Jahre zu entwickeln. Langfristig möglicherweise auch eher auf der Langstrecke - zum Glück scheint sie da auch keine Berührungsängste zu haben.

Da scheint der Trainer auch einiges richtig gemacht zu haben. Gibt vielleicht doch einige gute.

Gruß

C.

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- Sir Roger Bannister

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SantaCruz hat geschrieben: Zu Viktor Röthlin: 2:07er Bestzeit, WM-Dritter, Europameister. Damit bekommt er Einladungen aus NYC und London als Auffüller für das Elitefeld und eine Handvoll Dollar Antrittsgage. Reich wird er damit nicht. Nur mal so gesagt. Soll jeder seine eigenen Schlüsse daraus ziehen.
Und er würde damit auch nicht reich, wenn er medientauglicher deutscher Läufer wäre.

Wir hatten keinen Kip Keino und keinen Bikila. Wir hatten das "Wunder von Bern". Also haben die Kids auch andere Vorbilder.

Gruß

C.

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- Sir Roger Bannister

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kobold hat geschrieben:Man sollte aber nicht vergessen, dass es für deutsche Talente nicht so ganz einfach ist, über den Teich an die Uni zu kommen. Bekanntlich hat hier nicht jede/r Abitur, und m.W. sind die Möglichkeiten für deutsche Nachwuchstalente in den USA jenseits eines Sportstipendiums sehr begrenzt. In den USA reicht dagegen bei hinreichendem sportlichem Talent - überspitzt formuliert - die Fähigkeit unfallfrei seinen Namen zu schreiben aus, um an einer Uni unterzukommen. Und mit individuellem Nachhilfeunterricht verschafft man den Leuten dann sogar einen Abschluss.
M. W. ist die Abiturientenquote in Deutschland inzwischen auch über 40%.

Um in den USA "an einer Uni unterzukommen", reicht in den meisten Fächern ein Schnitt von 75% (ein glattes B). Geht es um die Wunschuni, sind evtl. auch 90% nicht genug.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

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DerC hat geschrieben:das Laufen im High School und College System
ist auch einfach viel üblicher, von den Spitzenleuten mal ganz abgesehen. Von den sub-3-Marathonläufern unseres (kanadischen) Lauftreffs war praktisch jeder zu College-Zeiten sportlich aktiv, meist im Laufsport.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

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D-Bus hat geschrieben:M. W. ist die Abiturientenquote in Deutschland inzwischen auch über 40%.

Um in den USA "an einer Uni unterzukommen", reicht in den meisten Fächern ein Schnitt von 75% (ein glattes B). Geht es um die Wunschuni, sind evtl. auch 90% nicht genug.
Das mag sein. Aber es ging um Möglichkeiten der Sportförderung für Deutsche an amerikanischen Unis, nicht um Studienmöglichkeiten in den USA im Allgemeinen. Und was die Sportförderung angeht, sind erstmal die deutschen 60 Prozent Nicht-Abiturienten aus formalen Gründen außen vor ... denen bleibt dann noch am ehesten die Bundeswehr. In den USA dagegen werden auch weniger begabte bzw. lernmotivierte Leute durch das Highschool-Uni-System geschleppt, wenn sie als sportlich besonders talentiert aufgefallen sind und sich in diesem Bereich hinreichend motiviert zeigen.

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kobold hat geschrieben:Das mag sein. Aber es ging um Möglichkeiten der Sportförderung für Deutsche an amerikanischen Unis, nicht um Studienmöglichkeiten in den USA im Allgemeinen. Und was die Sportförderung angeht, sind erstmal die deutschen 60 Prozent Nicht-Abiturienten aus formalen Gründen außen vor ... denen bleibt dann noch am ehesten die Bundeswehr.
Es scheint dennoch recht klar, dass es doch einige Kandidaten gibt, die die Möglichkeit in dies USA nicht nutzen. Man kann übrigen auch wegen guter Noten genommen werden und dennoch vom Sportprogramm profitieren - es geht da auch um gute hauptamtliche Trainer, von denen es hier viel zu wenig gibt. Die Abiturquote ist in der Leichtathletik nach meiner Schätzung auch deutlich höher als in vielen anderen Sportarten.

Die Lösung kann eh nicht sein, dass wir alle Talente in die USA schicken - das geht auch nicht immer so erfolgreich aus wie bei Anne Kesselring. Es muss schon hier was passieren. Zu mal es dank G8 und Ganztagsschulen noch schwieriger wird, das Training im Verein zu organisieren. Die SchülerInnen haben immer weniger Zeit wegen Nachmittagsschule, Nachhlfe und Lernen.

Ein Problem ist einfach, dass es hier zu wenig Förderung gibt für Leute, die noch nicht extrem gut sind. Um auf D- oder C-Kader Level zu kommen, wird schon früh geknüppelt, spätestens beim Übergang zu Ausbildung oder Studium oder in den erste Jahren nach der Schule hören dann viele auf, weil die Belastung zu groß wird.

Sich für die DM zu qualifizieren reicht oft nicht um gefördert zu werden. Nicht mal Büchergeld oder Erlassen von Studiengebühren für Studenten. Vielleicht gibts mal ein Präsent im Wert von 20 Euro vom Verein oder vom Sportkreis. Bringt sehr viel. :teufel: Sind dann oft Ehrungen im Kreis von einem Haufen alter Leute ... nix mit jubelnden Kommilitone am Sportplatz oder auf dem Campus.

Sich für eine EM oder WM zu qualifizieren heißt in D nicht mal, dass man durch den Sport überleben kann.

Die Politik schmückt sich gerne mit den Erfolgen der Sportler, will aber fast nix dafür tun - ausgenommen einzelne Großereignisse, wo dann verschwenderisch geklotzt wird.

Gruß

C.

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- Sir Roger Bannister

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DerC hat geschrieben: Die Lösung kann eh nicht sein, dass wir alle Talente in die USA schicken - das geht auch nicht immer so erfolgreich aus wie bei Anne Kesselring. Es muss schon hier was passieren. Zu mal es dank G8 und Ganztagsschulen noch schwieriger wird, das Training im Verein zu organisieren. Die SchülerInnen haben immer weniger Zeit wegen Nachmittagsschule, Nachhlfe und Lernen.

Ein Problem ist einfach, dass es hier zu wenig Förderung gibt für Leute, die noch nicht extrem gut sind. Um auf D- oder C-Kader Level zu kommen, wird schon früh geknüppelt, spätestens beim Übergang zu Ausbildung oder Studium oder in den erste Jahren nach der Schule hören dann viele auf, weil die Belastung zu groß wird.
Das sehe ich genau so. Mir fehlt die Erfahrung, um die Machbarkeit des Ganzen zu beurteilen, aber: Sollten dann nicht Vereine und Schulen aufeinander zugehen? Ganztagsschule bedeutet ja auch Raum für AGs, soweit ich das von meinen Nichten kenne (G8 in Niedersachsen). Wenn dann noch mehrere Schulen am Ort kooperieren, könnte man doch vielleicht in dem Rahmen Trainings- und Fördergruppen schaffen?

Als größtes Problem sehe ich aber den Übergang von der Schule zum Beruf an. Parallel eine Ausbildung und ein leistungsorientiertes Training zu absolvieren, setzt neben extrem hohem persönlichem Einsatz auch Rahmenbedingungen voraus, wie sie wohl nur wenige Sportler haben (finanzielle Unterstützung, großzügige Freistellung für Wettkampfreisen oder Trainingslager etc.).Dass Unternehmen/Betriebe sozusagen indirekte Sportförderung betreiben, indem sie ihren Auszubildenden zeitliche Freiräume geben, passiert zwar, ist aber beileibe keine Selbstverständlichkeit. Von denen, die sich für einen Beruf mit hoher körperlicher Beanspruchung entscheiden (müssen), gar nicht zu reden.

Auch wer als Studierender auf Bafög angewiesen ist, wird seine liebe Müh und Not haben, das BSc-/MSc-Studium mit einer Sportkarriere zu verbinden, da in vielen Fächern die Studienpläne sehr auf Kante genäht sind. Prinzipiell ist das machbar, aber da geht der Sport schon mal auf Kosten der Noten - und damit gehen Berufsperspektiven den Bach runter bzw. verzögern sich ungewollt, weil z.B. der Notenschnitt nicht für den reibungslosen Übergang vom BSc zum MSc reicht.

Nee, da läuft einiges schief! Wenn ein Land sich mit den Erfolgen seiner Sportler schmücken will, müssen in der Tat auch die Rahmenbedingungen dafür her!

vg,
kobold

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Hinzu kommt, dass Fernsehübertragungen von Marathons nicht jedermanns Sache sind, schon gar nicht für irgendwelche "werberelevanten Zielgruppen". Da wird dann eher Fußball bis in die dritte Liga ausgestrahlt, als dass auch nur eine Minute Laufsport gezeigt wird.

Dass es anders geht, zeigt die Übertragung der Tour de France: Obgleich der Etappenverlauf streckenweise mindestens ebenso monoton und öde ist wie eine Marathonübertragung, gab es hier einen ungemeinen Hype, nicht zuletzt um Jan Ulrich etc.

Der Unterschied zum Marathon ist jedoch: Das Rennen ist nicht nach 2 Stunden zuende, sondern verläuft über zahlreiche Etappen. Dies hilft dem Zuschauer, "am Ball" zu bleiben und über eine zeitliche Spanne bestimmte Teams und Spieler zu verfolgen, sich zu identifizieren und "Fan" zu werden.

Von guten Läufern "Fan" zu werden ist schwer: es gibt keine Liga, keine Weltrangliste (wie z.B. beim Tennis oder Golf), es gibt keine regelmäßigen Turniere und Meisterschaften, erst recht keine mehrtägigen oder mehrwöchigen Veranstaltungen. Was aber auch in der Natur der Sache liegt: im Laufsport zählt die auf den Punkt gebrachte Leistungsspitze, nicht der taktische Erfolg einer mehrtägigen Turnierplanung.

Es gibt zwar mehrtägige Etappenläufe (z.B. der Transalpine Marathon), die auch relativ populär sind und bestimmt auch spannend für "branchenfremde Fernsehzuschauer", aber dort gestaltet sich die Kameraarbeit sehr schwer: Begleitfahrzeuge sind nicht möglich, und Hubschrauberaufnahmen auf Dauer zu teuer und langweilig.

Was wir bräuchten, wäre ein mehrwöchiges Straßen-Teamrennen, mit markanten Teamleadern, nach dem Vorbild der Tour de France. Oder regelmäßige "Turniere" wie im Golf, mit Weltrangliste. Oder Ligen / Turniere auf nationaler Ebene.

Dann kapiert vielleicht auch Lieschen Müller, dass Laufen ein Sport ist (und nicht bloß eine medizinische Behandlungsmethode adipöser Patienten), und könnte dort mitfiebern und von irgendwem Fan werden. ;)
Bild

PB: M: 2:53:30 (Essen 2013) • HM: 1:21:24 (Fühlinger See 2013) • 10km: 36:17 (Leverkusen 2014) • 5km: 18:14 (Düsseldorf 2013)

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Ich wünschte mir, wir hätten regelmäßig hochklassige Ekiden wie in Japan. Das Spannungspotential ist größer. In einem normalen Marathon ist ein abgehängter Läufer meist weg vom Fenster, in einem Staffelrennen kann eine Mannschaft eher mal wieder zurückkommen. Außerdem kann man mit seinen Lieblingsmannschaften mitfiebern - wie im Fußball quasi.

So geil kann Laufsport sein, dafür könnte man auch den Gelegenheitszuschauer begeistern: YouTube - Hakone Ekiden 2011 Dramatic finish
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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Die ganze Diskussion gibt's doch auch im Marathonnationalmannschaftsfaden...

Weder schnell, noch ausdauernd: 53,77 / 1:56,54 / 2:31,04 / 3:58,65

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Wenigstens sind wir im Breitensport spitze! Finde es jedenfalls sehr beeindruckend wieviele deutsche bzw. beim New York Marathon starten. Letztes Jahr waren es 2164 das ist schon ne ganze Menge.

Im Triathlon sieht es wenigstens einen Tick besser aus :-)

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moonwalker99 hat geschrieben:Wenigstens sind wir im Breitensport spitze! Finde es jedenfalls sehr beeindruckend wieviele deutsche bzw. beim New York Marathon starten. Letztes Jahr waren es 2164 das ist schon ne ganze Menge.

Im Triathlon sieht es wenigstens einen Tick besser aus :-)
Würg. Ich tausche jeden einzelnen der 2164 Marathonstarter in New York und sämtliche Triathleten gegen einen einzigen Langstreckenläufer mit internationalem Format.

Weder schnell, noch ausdauernd: 53,77 / 1:56,54 / 2:31,04 / 3:58,65

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alsterrunner hat geschrieben:Würg. Ich tausche jeden einzelnen der 2164 Marathonstarter in New York und sämtliche Triathleten gegen einen einzigen Langstreckenläufer mit internationalem Format.
So wie die Frau, die nach 5 Mädchen betet: "Liebes Härr in Hiemiel - schenk mir Kind mit Piemiel"?

Ich weiß ja nicht, welche Schuld die älteren deutschen Herrschaften hier so auf sich geladen haben - meine kenne ich :peinlich: .

Knippi

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hardlooper hat geschrieben:So wie die Frau, die nach 5 Mädchen betet: "Liebes Härr in Hiemiel - schenk mir Kind mit Piemiel"?
Ja, genau so.
hardlooper hat geschrieben: Ich weiß ja nicht, welche Schuld die älteren deutschen Herrschaften hier so auf sich geladen haben - meine kenne ich :peinlich:
Dann ist doch alles gut. Musst Du Dir immerhin nicht den Kopf zerbrechen.

Ey, alles was ich sage, ist: Mir ist das völlig schnurz, wie viele Deutsche irgendwelche als Laufwettkampf getarnte Massenevents mitnehmen. Ich bin Leichtathletikfan - ich will vor'm Sofa stehen und rumbrüllen, wenn Carsten Schlangen Silber gewinnt.

Weder schnell, noch ausdauernd: 53,77 / 1:56,54 / 2:31,04 / 3:58,65

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alsterrunner hat geschrieben:Ich bin Leichtathletikfan - ich will vor'm Sofa stehen und rumbrüllen, wenn Carsten Schlangen Silber gewinnt.
Es soll ja sogar verspielte Typen geben, die poppeln während ein 5000-m-Lauf im Fersehen übertragen wird, mit "klaarkomen" auf den letzten Metern. War eine schräge Type und seine "Kleene" auch. Die Zeiten waren aber auch anders - war wohl auch Harald Norpoth beteiligt, also im Fersehen.

Knippi

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Leider funktioniert die Welt nicht so, wie ihr euch so wünscht!

Zuerst soll man Weltklasse Leistung bringen, dann kommt die Förderung und Werbegelder.

Siehe Becker, Schumacher, Ulrich, van Almsick... (noch extremer aber nicht aus D) Malysz, Haile...
Das sind Leute, die durch ihren Ehrgeiz, Motivation, Trainingsfleiß und Liebe zum Sport ohne stattlicher Förderprogramme sich auf die Weltspitze gekämpft haben und erst dann wurden sie in Medienwelt bekannt, und erst dann kamen die Werbe und Fördergelder.

Auch wenn das anders wünschenswert wäre.

Also nicht so viel jammern... arbeiten, um trotz allen Schwierigkeiten der Beste zu sein.

Gruß
Rolli

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Rolli hat geschrieben: Zuerst soll man Weltklasse Leistung bringen, dann kommt die Förderung und Werbegelder.

Siehe Becker, Schumacher, Ulrich, van Almsick... (noch extremer aber nicht aus D) Malysz, Haile...
Das sind Leute, die durch ihren Ehrgeiz, Motivation, Trainingsfleiß und Liebe zum Sport ohne stattlicher Förderprogramme sich auf die Weltspitze gekämpft haben
:confused:
- Boris Becker: Als Kind von den Eltern gefördert, hin und herkutschiert, gute Trainer finanziert bekommen --> Wimbledonsieger geworden, bevor sich das Problem Ausbildung stellte
- Schumacher: Als Kind von den Eltern gefördert, hin und herkutschiert, durch Talent aufgefallen und dadurch schon als Kartfahrer Sponsoren gefunden (in der Leichtathletik gibt's ein solches Sponsorensystem nicht)
- Jan Ullrich: im staatlichen Fördersystem der DDR aufwachsen
- Franzi van Almsick: dito

Über die anderen kann ich nichts sagen, aber Fakt ist doch bei den vier Beispielen: Jeweils ist Talent in einer publikumswirksamen Sportart aufgefallen und von einer unterstützenden Umgebung honoriert worden. Bei van Almsick kam noch der Niedlichkeitsbonus dazu. Überhaupt ist Werbung nochmal ein Thema, das teils unabhängig vom Erfolg ist. So müssen ja Sportlerinnen gar nicht herausragende Leistungen bringen, sondern einfach gut aussehen, um Sponsoren zu finden. Siehe Kournikowa im Tennis, siehe die dauerverletzte blonde deutsche Leichtathletin, deren Name mir gerade nicht einfällt, siehe Evi Sachenbacher im Skilanglauf ... wer will schon mit Nadine Kleinert werben zum Beispiel?

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kobold hat geschrieben: Als Kind von den Eltern gefördert,
Genau...

Von den Eltern gefördert, vom normalen System gefördert und trotzdem Weltklassenleistung erbracht. Keiner von den hat zuerst die Werbeagenturen abgeklappert und dann event. mit dem Training angefangen.
Keiner von den ist mit der Einstellung zum Sport als Lebensunterhalter der Bester geworden. Sie haben nur die Möglichkeiten genutzt.
Bevor man auf die Fördergelder wartet, sollte man schon was leisten.

Auch Du wurdest von Deinen Eltern finanziell gefördert. Vielleicht nicht im Sport aber im Berufsausbildung, was völlig normal ist.

Gruß
Rolli

37
alsterrunner hat geschrieben:Ich bin Leichtathletikfan - ich will vor'm Sofa stehen und rumbrüllen, wenn Carsten Schlangen Silber gewinnt.
Carsten ist in diesem Moment bei der Team-EM zu bewundern.

Edit: War aber nicht so dolle diesmal.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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Rolli hat geschrieben:Genau...

Von den Eltern gefördert, vom normalen System gefördert und trotzdem Weltklassenleistung erbracht.
Die DDR-Sportförderung war damals in der Tat das "normale System". Aber ob wir das zurück wollen ...?

Und dass meine Eltern mir eine Schulausbildung gezahlt haben, ist etwas, wofür ich ihnen dankbar bin. Aber sie hätten weder Zeit noch Geld gehabt, mit mir fünfmal die Woche zum Training und jedes Wochenende zu Sportwettkämpfen zu kutschieren, wenn ich mich als besonders talentiert erwiesen hätte. In dieser Hinsicht halte ich sie aber für "normal" und die Eltern von Graf, Becker, Schumacher und Co. für Ausnahmen.

Es wäre schön, wenn die einfache Formel "Wer Leistung bringt, wird belohnt!" funktionieren würde. Aber das tut sie nicht, weil zu viele Einflüsse auf den Zusammenhang wirken. Sportartspezifische zum Beispiel: Tennis und Motorsport sind traditionell Sportarten für Besserverdienende bzw. solche, in denen sich Sponsoren leichter finden lassen. Eine lokale Autowerkstatt sponsert durchaus mal einen Nachwuchsfahrer in einer Kart- oder Moto-Serie und klebt ihm im Gegenzug Werbungs aufs Fahrzeug. Aber dass ein hoffnungsvoller Leichtathlet vom heimischen Sportgeschäft seine Schuhe gezahlt bekommt und dafür mit einem Aufnäher auf dem Trikot rumläuft, habe ich noch nicht gehört.

Natürlich kann man es auch ohne gezielte Förderung schaffen, das hat m.W. keiner bestritten. Aber die Frage war doch, ob man mehr Leute zu Weltklasseleistungen bringen könnte, wenn man ihnen den Weg leichter macht und sie mehr unterstützt.

39
Ich kann mir gut vorstellen, wenn "Holger Meier" den Berliner-Marathon unter 2:03 läuft, dass er nicht mehr arbeiten muss und tausende Kinder sich bei Leichtathletik-Trainern melden.

Gruß
Rolli

40
Das ist nicht dein Ernst, Rolli, oder?

Sind nach Baumanns oder Fitschens Siegen hunderte Kinder in die LA-Vereine gekommen?

Oder nach van Almsicks, Biedermanns und Steffens' Erfolgen die Schwimmklubs überfüllt gewesen?

Ich denke, man muss einfach damit leben, dass die Leichtathletik keine Massen mobilisiert. Auch der Nowitzki-Hype wird schneller abgeklungen sein, als der Mann sich von den Strapazen der Saison erholt hat. In Deutschland hat halt Fußball Tradition ...

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kobold hat geschrieben:Das sehe ich genau so. Mir fehlt die Erfahrung, um die Machbarkeit des Ganzen zu beurteilen, aber: Sollten dann nicht Vereine und Schulen aufeinander zugehen? Ganztagsschule bedeutet ja auch Raum für AGs, soweit ich das von meinen Nichten kenne (G8 in Niedersachsen). Wenn dann noch mehrere Schulen am Ort kooperieren, könnte man doch vielleicht in dem Rahmen Trainings- und Fördergruppen schaffen?
Theoretisch ist die Ganztagsschule auch eine Chance für den Sport, da hast du recht. In der Praxis ist das nicht so einfach.

Z. B. haben wir im Verein Leute aus mindestens 5 Schulen, vielleicht sogar 10. Und manche Schulen haben Athleten aus 3 oder 4 konkurrierenden Vereinen und LGs. Da müssen also eine Menge Interessen berücksichtigt werden, eine Menge Menschen unter einen Hut gebracht. Ich kann mit den Leuten ja am Mittwoch im Vereinstraining nix anfangen, wenn die am Dienstag in der Schule hart trainiert haben. Das muss ja ein wenig abgestimmt werden. Dann muss der Trainer oder Lehrer, der die AG anbietet, eben auch bezahlt werden aus irgendeinem Topf.

Hier in der Stadt gibt es eine Schulsportanlage, die leider in keinem wirklich guten Zustand ist, aber immerhin 6 Rundbahnen Tartan und einer Stabhochsprunganlage. Direkt daneben gibt es eine Turn- und eine Schwimmhalle und ein Gymnasium. Das Schulsportzentrum ist aber eine andere Schule in der Innenstadt, sehr sinnvoll. Der nächstgelegene Platz ist kürzlich neu gemacht worden, leider mit falschen Kurvenradien, so dass Langstreckenläufe dort nicht zählen würden. Bei so viel Mangel an Sachverstand könnte man ausrasten.

Im Winter ist der Kampf um Hallenzeiten heftig, Da wird es noch schwieriger, Platz für eine zusätzliche Trainingsgruppe zu finden.

Das ist Kommunal- und Bildungspolitik, da geht es um Pfründe, Ideologien und Seilschaften. Es ist sehr schwer, da auf Dauer erfolgreiche Projekte zu organisieren.

Erfahrungsgemäß kommen die Schulen selten auf die Vereine zu. D. h. die ehrenamtlichen in den Vereinen müssen sich die zusätzliche Arbeit machen. Nach den Sommerferien werde ich aber mal sondieren, vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit im Rahmen von "verlässliche Schule" an einer Schule die im Einzugsgebiet meines Vereins liegt was zu machen.
kobold hat geschrieben: Als größtes Problem sehe ich aber den Übergang von der Schule zum Beruf an. [...]

Auch wer als Studierender auf Bafög angewiesen ist, wird seine liebe Müh und Not haben, das BSc-/MSc-Studium mit einer Sportkarriere zu verbinden, da in vielen Fächern die Studienpläne sehr auf Kante genäht sind. Prinzipiell ist das machbar, aber da geht der Sport schon mal auf Kosten der Noten - und damit gehen Berufsperspektiven den Bach runter bzw. verzögern sich ungewollt, weil z.B. der Notenschnitt nicht für den reibungslosen Übergang vom BSc zum MSc reicht.
Volle Zustimmung.

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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Rolli hat geschrieben: Zuerst soll man Weltklasse Leistung bringen, dann kommt die Förderung und Werbegelder.
Das ist ganz großer Quatsch. Die meisten Weltklassesportler wären ja ohne Förderung gar nicht dahin gekommen.

Und ohne Sponsoring geht schon auf kleinster Ebene oft wenig. In unserem Kreis hätten wir ohne Spenden und Sponsoring keine neue Zeitmessanlage (war dringend notwendig sonst keine Zeiten- und Rekordanerkennung mehr), im Verein keinen wettkampftauglichen Speer für unsere beste Werferin.

Es ist naiv zu erwarten, dass hier so leicht ist Menschen zu motivieren wie in Ländern, in denen es viel weniger Alternativen gibt.

Gruß
C

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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DerC hat geschrieben:Theoretisch ist die Ganztagsschule auch eine Chance für den Sport, da hast du recht. In der Praxis ist das nicht so einfach.

Z. B. haben wir im Verein Leute aus mindestens 5 Schulen, vielleicht sogar 10. Und manche Schulen haben Athleten aus 3 oder 4 konkurrierenden Vereinen und LGs. Da müssen also eine Menge Interessen berücksichtigt werden, eine Menge Menschen unter einen Hut gebracht. Ich kann mit den Leuten ja am Mittwoch im Vereinstraining nix anfangen, wenn die am Dienstag in der Schule hart trainiert haben. Das muss ja ein wenig abgestimmt werden. Dann muss der Trainer oder Lehrer, der die AG anbietet, eben auch bezahlt werden aus irgendeinem Topf.

Hier in der Stadt gibt es eine Schulsportanlage, die leider in keinem wirklich guten Zustand ist, aber immerhin 6 Rundbahnen Tartan und einer Stabhochsprunganlage. Direkt daneben gibt es eine Turn- und eine Schwimmhalle und ein Gymnasium. Das Schulsportzentrum ist aber eine andere Schule in der Innenstadt, sehr sinnvoll. Der nächstgelegene Platz ist kürzlich neu gemacht worden, leider mit falschen Kurvenradien, so dass Langstreckenläufe dort nicht zählen würden. Bei so viel Mangel an Sachverstand könnte man ausrasten.
Diese Probleme haben andere Sportarten auch. Daran kann es nicht liegen!

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ronnykind hat geschrieben:Diese Probleme haben andere Sportarten auch. Daran kann es nicht liegen!
Die Probleme wirken sich nicht auf alle Sportarten gleich aus.

Was man sich bewusst machen muss: Der Langstreckenlauf ist eine der Sportarten mit der größten Konkurrenz weltweit - eben weil man fast überall laufen kann.

In anderen Sportarten gibt es so viel weniger Konkurrenz, dass diese Probleme keine so große Rolle spielen. Oder es fließt eben z. B. im Fußball viel mehr Geld. (Männerfußball ist eine der wenigen Sportarten in denen die Konkurrenz ähnlich hart ist - Vergleiche mit Motorsport, Tennis oder Frauenfußball sind dagegen lächerlich). Mit Fußball kannst du ein Studium finanzieren, mit Leichtathletik auf einem ähnlichen Leistungsniveau nicht. Als guter Fußballer kann man sich berechtige Hoffnungen machen, nach der Karriere nicht mehr arbeiten zu müssen, auch wenn man nicht zur absoluten Weltklasse zählt. (Falls die Fußballer arbeiten müssen, gibt es für sie auch deutlich mehr gut bezahlte Trainer- oder Managerstellen als für Läufer)

Im laufen geht das nicht. Deswegen sind die Läufer in den reichen Ländern eben vorsichtiger, müssen parallel deutlich mehr in Bildung investieren als ein Fußballer. In der ganzen LA ist in D eine duale Lebensplanung Standard. Ausbildung oder Studium neben dem Leistungssport, vielleicht wenige Jahre als Vollprofi, dann wieder arbeiten.

Du kannst gerne alle gängigen Sportarten durchgehen - du wirst außer dem Fußball keine finden, in der die Konkurrenz weltweit so groß ist wie im Laufen oder Fußball. Die deutschen sind nicht so gut im Triathlon oder Biathlon - sondern die weltweite Konkurrenz ist da deutlich kleiner als im Laufen.

Es ist einfach vergleichsweise leicht in anderen Sportarten vorne zu sein, für die man glatte Straßen, ein teueres Fahrrad oder eine besondere Infrastruktur benötigt, die Entwicklungsländer nicht haben.

In Deutschland ist Fußball die Nr 1. Harbig, Norpoth, Steffny, Wessinghage und Schuhmann sind keine Nationalhelden - da fallen eher Namen wie Fritz Walter, Franz Beckenbauer etc. 1954 feierte Deutschland eine Art Wiederauferstehung.

Kenia wurde Ende 1963 unabhängig, 1968 wurde Keino der erste kenianische Olympasieger. Das hatte eine Wirkung, die kein deutsche Laufmedaille je haben wird. Auch heute werden kenianische Laufstars ganz anders gefeiert als deutsche ... so in etwa, wie hierzulande erfolgreiche Fußballer. In Äthiopien ist Bikila das große Vorbild, und die Laufbegeisterung ist ähnlich.

Es ist auch eine Frage der Tradition. Warum sind über 1 Milliarden Inder nicht in der Lage, massenhaft gute LäuferInnen zu produzieren? Müsste doch sehr leicht sein, da ein paar Talente zu finden, viel leichter als bei 80 Millionen deutschen? Aber Indien hat eben keine große Lauftradition - noch viel weniger als Deutschland.

Wenn wir in Deutschland wieder Läufer haben wollen, die einigermaßen mithalten können, wird es nicht reichen, Talantfindung und -förderung genauso gut wie in Sportarten mit weit weniger Konkurrenz zu organisieren. Sondern wir müssen deutlich besser sein als in anderen Sportarten.

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

45
Lieber C,

erst schreibst Du über suboptimale Trainingsbedingungen, die schwierig machen, sportlich erfolgreich zu trainieren. Und wenn ich dann schreibe, dass genau dieselben Probleme in anderen Sportarten auch vorliegen, weichst Du auf die Schiene der Popularität, der Verdienstmöglichkeiten und des Volksheldentums aus....

Ich wollte lediglich sagen, dass auch in anderen Sportarten Probleme mit den Sportanlagen vorhanden sind. Ich kenne Volleyballhallen, die zu kurz sind. Da wird das fehlende Stück Feld einfach senkrecht an die Wand gemalt. In anderen Hallen ist hinter den Feldern immerhin noch Platz, dass man dort stehen kann. Auch dort kann ich mit niemanden an guten Aufschlägen arbeiten. Besonders eindrucksvolle Beispiele findet man gern in den neuen 3-Felder-Hallen. Dort gibt es neben den drei Querfeldern eines, welches längs in der Halle liegt. Bei den meisten ist es so, dass die Netzpfosten zu weit auseinander stehen, dass keine handelsüblichen Netze dort passen. Jetzt kann man sich ein Netz basteln, was dann aber nur für dieses Feld genutzt werden kann. In einer Halle war man so schlau, dass die Netzpfosten nicht neben der Mittellinie vom Volleyballfeld stehen.

In einer meiner Trainingshallen hat man alle Gegenstände weggeräumt. Ich habe außer ein paar Bänken und zwei Netzpfosten keine weiteren Trainingsutensilien. Klar, ich kann so Volleyballtraining machen, aber es wäre schon besser, wenn man ein paar Hocker, Kästen o.ä. benutzen könnte.

Dennoch sind diese Umstände nicht der Grund, warum man sich gerade gegen Bulgarien in der Weltliga so schwer tut.

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DerC hat geschrieben:In anderen Sportarten gibt es so viel weniger Konkurrenz, dass diese Probleme keine so große Rolle spielen.
Meinst Du die etwa 30 Profivolleyballer (natürlich die meisten aus dem Ausland) in Deutschland? Verdienstmöglichkeiten 25.000 bis 80.000 im Jahr.....

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kobold hat geschrieben:Das ist nicht dein Ernst, Rolli, oder?

Sind nach Baumanns oder Fitschens Siegen hunderte Kinder in die LA-Vereine gekommen?

Oder nach van Almsicks, Biedermanns und Steffens' Erfolgen die Schwimmklubs überfüllt gewesen?

Ich denke, man muss einfach damit leben, dass die Leichtathletik keine Massen mobilisiert. Auch der Nowitzki-Hype wird schneller abgeklungen sein, als der Mann sich von den Strapazen der Saison erholt hat. In Deutschland hat halt Fußball Tradition ...
Tja... Fußball...
Nur Schumacher und Becker haben kein Fußball-Hype sondern F1 und Tennis-Boom ausgelöst.
Leider ist EM kein Wimbledon. Es muss super Medienwirksam sein und einmalige Erfolge sind keine Erfolge. Wer spricht noch von 8,71 Beyers einmaligen Fabelsprung... Eben. Es war nur einmalig.

Gruß
Rolli

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DerC hat geschrieben:Das ist ganz großer Quatsch. Die meisten Weltklassesportler wären ja ohne Förderung gar nicht dahin gekommen.

Und ohne Sponsoring geht schon auf kleinster Ebene oft wenig. In unserem Kreis hätten wir ohne Spenden und Sponsoring keine neue Zeitmessanlage (war dringend notwendig sonst keine Zeiten- und Rekordanerkennung mehr), im Verein keinen wettkampftauglichen Speer für unsere beste Werferin.

Es ist naiv zu erwarten, dass hier so leicht ist Menschen zu motivieren wie in Ländern, in denen es viel weniger Alternativen gibt.

Gruß
C
Natürlich ist eine Unterstützung der Vereine notwendig. Das habe ich gar nicht in Frage gestellt. Ich bin nur der Meinung, dass die Besten im Sport nicht wegen des Geldes oder Sonsoring zur Erfolgen kamen, sondern durch Liebe zum Sport und viel professioneller Arbeit... oft ohne Geldregen.

Gruß
Rolli

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Vielleicht hat die Leichtathletik auch das Problem, dass es immer schneller, weiter, höher heißen MUSS, um attraktiv zu sein (siehe die ewigen Vergleiche). Woanders zählt meist nur der Sieg. Oder muss das Fussballfinale mit Rekordtorabstand gewonnen werden? Zählen Schumachers Siege nur mit Rundenrekord? Musste ein Becker den Gegner in einer Stunde abwatschen? Gibt es in Erinnerung gebliebene Streckenrekorde bei Radrennen?

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tusemrunner hat geschrieben:Gibt es in Erinnerung gebliebene Streckenrekorde bei Radrennen?
Ja.
Pantani hält doch den Bergrekord in l'Alpe d'huez. Das ist aber der einzige der mir einfällt. Ich bin auch nicht sonderlich radsportinteressiert.
Gesperrt

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