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Auf Fango folgt Tango, Rosskur am Widderstein 2011.

Auf Fango folgt Tango, Rosskur am Widderstein 2011.

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Wenn der Berg ruft, sollte man(n) denn nicht überhören. Ich versuche es, in Anbetracht der frühen Stunde, zunächst trotzdem. Vergeblich mein Biorhythmus beschreibt schlagartig eine negative Sinuskurve. Es ist nicht der Nachtigallen lieblicher Gesang denn ich vernahm noch deren Trapsen. Es klingt eher nach einen Poltergeist der mich meiner nächtlichen Lauffantasien beraubt. Horch mal wer da hämmert denk ich noch während mein Standup-Modus so langsam aus seinen Energiesparzyklus hochfährt. Mein Kampf gegen das Wohlfühlgefühl in einem warmen weichen Bett endet um 5:30 an diesem Sonntagmorgen. Wenn der Berg nicht zum Prophet kommt… :)

Und dieser Weg wird noch ein weiter (und steiler) sein. Dieser Weg wird steinig und schwer…. (frei nach den Stammhaltern „Mannems“). Vor allem aber versaut. Nein nicht die vorgenannten Büble sondern die Wege. Aber das wusste ich noch nicht als wir uns zu dritt aufmachten vom Westallgäu ins Kleine Walsertal nach Mittelberg-Baad. Mein Vater und mein Jüngster begleiteten mich nicht ganz freiwillig. Denn wir hatten schon längere Zeit ein verlängertes Bergwochenende im Lechtal geplant. Und dann kam mir der Widdersteinlauf in Form eines Freistarts unter die Finger und denn wollte ich jetzt halt auch noch so nebenher unter die Füße nehmen. Das ganze musste jetzt nur noch unter einen Hut gebracht werden. Was einen recht großen Hut benötigte. Aber was tut ein bergbegeisterter Läufer nicht alles für seine Leidenschaft. Nach 2-Tagen lockeren Bergsteigens, unter anderem wurden am Vortag knapp 1600 Abstiegsmeter gemacht, waren wir nun gestern Abend von Kaisers ins elterliche Feriendomizil gedüst. Aber auch von dort lag noch gut 1 Stunde Fahrt vor uns.

Da meine beiden Begleiter ausgeschlafener waren als ich, konnte ich Sie trotz eines adrenalingeschwängerten Vorberichts nicht locken, dem möglichen Ruhme meiner Wenigkeit beizuwohnen. :motz: Na schön werde ich die leichtsinnig angekündigte Großtat halt im Stillen für mich genießen. Hat auch was, ich könnte heute ja auch als einsamer tragischer Held enden. Schließlich stehen zwar nur 15 Kilometer an, die aber auch 973 Meter hoch und natürlich auch wieder runter gehen. Denn es steht die Umrundung des markanten Massiv des 2533 Meter hohen Widdersteins auf derm Tagesordnungspunkt. Und was das Runter betrifft bin ich doch etwas unsicher. Noch dazu mit der genannte Vorbelastung von gestern.

Und das Ganze wird heute auch noch recht versaut werden. :D Nein, das heißt nicht, dass ich bei der Gailtalerin :geil: angreifen darf. Vielmehr hat es so geschüttet die letzten Tage im Kleinwalsertal, dass zumindest ,meine edlen Trailtreter heute eine ordentliche Kurpackung bekommen werden. Einen Vorgeschmack bot der Parkplatz auf der vom Regen durchweichten Wiese. Der VW Bus vor mir wurde gerade mit vereinten Kräften aus dem Morast geschoben.

Meine beiden Anverwandten hatte ich zuvor in Mittelberg bei der Walmendingerhornbahn abgesetzt, für ihr Alternativprogramm. Es war gut eine Stunde vorm Start, bereits mächtig was los. Aber bei der Abholung der Startunterlagen ging es trotzdem ganz familiär zu. Ich wurde mit herzlichem österreichischen Charme begrüßt. Auf meinen Unterlagen stand der Hinweis: Erich weiß Bescheid. Aha, der Erich Pühringer hatte also wie versprochen meinen Fristart veranlasst. Ich wollte ihn für seine Großzügigkeit auch nochmals persönlich danken, aber Erich war als Organisator heute zwar überall präsent wo es klemmte aber so schnell wie er an den verschiedenen Problempunkten auftauschte, so schnell war er auch wieder verduftet. Erinnerte mich an Kimble auf der Flucht. Zur Zeit kämpften ein paar Herren der Schöpfung mit dem Startbogen, dessen Verankerung einfach nicht halten wollte. Es war noch bedeckt und recht kühl. Trotzdem entschloss ich mich es bei kurz-kurz zu belassen. Und pünktlich kurz vor dem Start kam die Sonne raus und wärmte.

Der Startschuss klappte schon im dritten Anlauf, aber unser Grüpple aus ca. 180 Läufer nahm das Ganze gelassen. Lautsprechergedöns und gemeinschaftliche Aufwärmübungen unter Abspielen von ihn Ehren ergrauten Rockhymnen oder heroiengeschwängerten Klangballaden vermisst hier keiner. Der Berg ist das Ziel und nicht die Massensuggestion.

Die ersten beiden Kilometer geht es auf der Straße in Richtung Mittelberg. Schon nach knapp 500 Meter muss ich einen Zwangsstop für kleine Berglaufjungs einlegen. Da ich eh weit hinten gestartet bin, nutzt der Besenläufer die Zeit an mit vorbeizuziehen. Jetzt aber schnell abschütteln… :peinlich: Ich mein natürlich den Besenläufer. Es ist genügend Platz um mich herum, was sich dann schnell ändert als wir seitlich abbiegen auf einen Feldweg der nun über einige Wiesen an den Berg heranführt. Der Untergrund besteht ab jetzt aus Naturbelag. Und das wird jetzt bis zu den letzten Metern vorm Ziel so bleiben. Aber soweit sind wir noch lange nicht.

Der noch mäßig ansteigende Wiesenweg führt bis zur ersten Verpflegungsstation an der Unteren Gemstelhütte. Ich weiß, von der Ausschreibung, dass es von da ab ein richtiger Berglauf wird und überlege noch kurz was von den angebotenen Getränken ich dafür als legales Doping nehmen soll. Mein Blick fällt auf den Isobecher und die Wahl ist entschieden. Und Sie war goldrichtig. Das Gebräu ist magenfreundlich angewärmt. :daumen:

Der weitere Verlauf wird jetzt gebirgig. Richtig heftig geht der Trail zunächst über endlose Serpentinen durch ein Schotterfeld und sogar an kleineren Wasserfällen vorbei. Sogar Bächle müssen mehrmals überquert werden. Jetzt nur auf die richtigen der nassen rutschigen Steine treten und kein Fußbad nehmen. Meine Fortbewegungsart kann immer noch als schleichendes Joggen im ersten Gang bezeichnet werden. Aber lange macht mein Getriebe das nicht mehr mit. Diese untertourige Drehzahl lässt meinen Motor sicher bald absterben, obwohl die Pumpe ihr Bestes gibt. Und dann gibt es da auch noch die, die mich als Verkehrshindernis sehen und gemächlichen Schrittes überholen. Wobei dies aufgrund des schmalen Weges kein leichtes Unterfangen ist. Aber in den Bergen heißt es: „Hallo Partner, Danke Schön“ und „Fair geht vor“. Also treten die Langsameren kurz beiseite um die wilden Kraxler vorbeizulassen. Ich mach es natürlich mehrmals auch so. In der stillen Hoffnung es denen heimzuzahlen. Ihr werdet sehen meine Zeit kommt noch. Denn wer aufsteigt, muss auch wieder runter. Denn heute gibt es keine gemächliche die Talfahrt sondern es heißt: Renn was du kannst. :geil:

Zwischenzeitlich haben wir nach knapp 6 Kilometer die Obere Gemstelhütte erreicht und kurz davor musste endgültig mein angedeuteter Schlurfgang einem gepflegten Wanderausfallschritt weichen. Anpassung an die Gegebenheiten ist alles. Das an der Hütte angepriesene Cola wurde dankbar einverleibt. Nein das war nicht lauwarm wie eingeschlafene Füße, sondern belebte meine Sinne. Obwohl das österreichische Gesöff mit den Flügeln heißt doch anders? Richtung Gemstelpass geht der Weg weiter steil aufwärts, zeitweise an den Felsen entlang. An zwei Stellen sind sogar Drahtseile gespannt, die man aber sofern man kein Flachlandtiroler ist, nicht wirklich gebraucht hat. Endlich oben am Grat verziehen sich die teilweise dichten Wolkenfelder und der Gipfel des Widdersteines zeigt sich in ganzer Größe. Tief unten sieht man den Hochtannbergpaß im Bregenzer Wald. Schnell ein paar Bilder gemacht und weiter geht es. Der grasige Weg am Grat führt direkt über Kuhweiden. Und das liebe Vieh hat durch sein undiszipliniertes Verhalten den ganzen Weg in eine morastige braune Schlammwüste verwandelt. :nene: Sich auf einen koordinierten schmalen Bereich zu begrenzen fiel denen natürlich auch nicht ein. :motz: Das die Orga hier oben großzügig Schmutzmatten auslegt oder die Bereiche mit saugfähigem Material verfüllt. Ha, ha, ha, wir sind hier nicht beim Schaulaufen (gell Schauläufer) in Schneitzelreuth sondern hier üben echte Kerle und toughe Ladys ernsthaften Bergsport aus. Also nichts wie reintreten und wohlfühlen. Schließlich gilt: Mir ham gespielt am liebsten nur im Dreck, und wo der Dreck am dicksten war da sind wir nicht mehr weg… Und echte Trailschuhe müssen früher oder später ockerfarbene Tarnfarbe annehmen. Schließlich befinden wir uns in einer Schlacht. Auch wenn es nur eine Schlammschlacht ist.

Die Widdersteinhütte liegt inmitten dieses Schlachtfeldes und lädt zum Verweilen ein. Aber nicht lange, dann geht es weiter. Ab jetzt abwärts, an Pferden vorbei, mitten durch eine knöcheltiefe Sumpflandschaft. Ich schlittere durch die Gegend, einmal strauchle ich und suche nach etwas Halt. Aber denn bietet die Almwiese leider nicht. Zum Glück geht es ohne braune Bremsspuren bei mir ab. Zumindest äußerlich. Ich muss deutlich Tempo rausnehmen auf diesem Abschnitt. Andere sind da nicht so erschrocken und nehmen die Passage traumhaft sicher. Aber viele sind im Ziel auch mit Kampfspuren gezeichnet.

Irgendwann nimmt die Lehmgrube ein Ende. Nun wird der Weg felsiger und steiler. Von nun an ging‘s bergab. Aber wie. Ich drehe am Gashahn, und genieße die Geschwindigkeit. Ich will Spaß, ich geb Gas….Immer wieder geht es durch unübersichtliche Serpentinen, über Felsplatten und kleine Geröllfelder. Dadurch wechseln ständig die Anforderungen an eine guten Auftritt. Es ist schwer rechtzeitig zu erkennen, wo loser Stein, nasse Felsen oder schlammige Wurzelpassagen als nächstes auf einen warten. Jetzt würde ich mir einen Vordermann wünschen der die Strecke kennt. Ich drifte wie Walter Röhrl, nur ohne Beifahrer Geistdörfer der das „Gebetbuch“ liest. Noch dazu gibt es Bergwanderer die in Grüppchen entgegenkommen und hinter jeder unübersichtlichen Biegung lauern können. Ab und an fordern auf den Weg gelegte Holzplanken eine schnelle Geschwindigkeitsreduzierung. Und mit Holz eingefasste Treppentritte und mehrere Bachquerungen erfordern vollste Aufmerksamkeit. Ganz verhindern kann ich es nicht das Wasser in die Schuhe läuft. Trotzdem ist es ein geiler Sturzflug ins Tal und zum Glück bleibt die Bruchlandung aus. :zwinker2:

So langsam kommt das Ziel näher. Die letzten 2,5 Kilometer geht es auf einem Fahrweg, zuerst Schotter dann Kies. Es ist jetzt nicht mehr so steil. Ein paar Meter vor mir ist ein Läufer, dem ich versuche zu folgen. Aber ich komme ihm bis zum Ziel keinen Millimeter näher. Ich laufe dort ein und ehe ich es mich versehe, habe ich ein Erdinger Alkoholfrei in der Hand. Das ist ein Service. Und dann geht es zur Zielverpflegung. Für die Läufer gibt es ein Büffet mit selbstgebackenem Kuchen. So was habe ich noch nie erlebt. Bei meinem dritten Stück schaue ich nochmals hoch zum Berg. Ich habe den Widder bei den Hörner gepackt. Aber das nächste Sternzeichen wartet schon auf mich. Passend zu meinem nennt sich das Jungfrau. Und auch die will ich, wie die leckeren Kuchen gerade, Vernaschen. :teufel:
13.04. 12h Lauf Grüntal 53,55k
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin

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Noch ein paar Bilder dazu

https://picasaweb.google.com/1166740396 ... So6vrVgwE#
Grüssle Klaus
13.04. 12h Lauf Grüntal 53,55k
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin

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Danke für den Bericht und die tollen Bilder :daumen: , Klaus. Den Lauf muss man sich merken :nick: .

Gruß Volker
Liebe Grüße,
Volker

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Wie immer super geschrieben!

Danke Klaus!

Gruß,
Gero

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Schöööööne Bilder und eine tolle Beschreibung von einem super Lauf. Vielen Dank dafür, und gute und rasche Regeneration :daumen: Die Jungfrau wird ein Klacks, da hats nicht so schwierige Streckenabschnitte.

Viele Grüsse, Marianne

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Hallo Klaus,

mal wieder ein richtig schöner Laufbericht !!!! Danke !!! Die Fotos machen auch richtig Appetitt !!!!

Viele Grüße und bis zum nächsten Bericht (die Wartezeit erfülle ich mir ein bisschen mit Urlaub ...)
Andrea

PS: Wann läufst du mein Sternzeichen ???? Schütze ... .

7
Schöner Bericht, schöne Strecke! :daumen:
Die Bilder erinnern mich an so manchen Lauf in den Bergen....

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

8
@ Klaus: toller Bericht und sagst immer du kannst nicht schreiben :zwinker5:
Danke für die schönen Bilder - schöne Gegend, da wäre ich auch gerne gelaufen.

Viel Erfolg für die Jungfrau :hallo:

Grüße

Lisa

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Danke Klaus für den tollen Bericht! :geil:
Wünsche Dir natürlich auch eine rasche Regeneration, damit Du für "Deine Jungfrau" genügend Kraft und Ausdauer hast! :zwinker2:
Liebe Grüße
- Carmen :hallo:
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