Banner

Teilnahmemotive von Marathon- und Ultramarathonläufern

Teilnahmemotive von Marathon- und Ultramarathonläufern

1
Hi,

hier gibt es eine interessante Studie (die ist schon fertig - also keine Umfrage!!):
http://www.ilug.uni-halle.de/Dateien/motive.pdf

So bestand z.B. Stichprobe II aus 238 männlichen Teilnehmern des 100-Kilometer
Laufes von Biel 1997.

Untersuchte Subskalen sind Psychische Gesundheitsorientierung, Generelle
Gesundheitsorientierung, Gewichtsregulation (Dimension Gesundheitsmotive),
Wettkampf, Anerkennung, Selbstwert (Dimension Leistungsmotive), Sinngebung,
Gemeinsamkeiten, und Persönliche Zielerreichung (Dimension Persönliche Motive).

In der Diskussion heißt es u.a.
das Motiv der Sinngebung [wird] mit zunehmendem
Alter (und damit auch der Lauferfahrung) wichtiger
Die Marathonläufergruppe unterscheidet sich von der
Ultramarathongruppe in den Motiven Anerkennung und Allgemeiner Gesundheitsorientierung mit signifikant höheren Werten. Ultralangstreckenläufer scheinen eher durch das Zusammensein mit anderen Läufern, Psychischer Gesundheitsorientierung, Gewichtsregulation und Sinngebung motiviert zu sein.
als eine mögliche Erklärung wird angeboten:
Ultralangstreckenläufe sind dagegen weit weniger verbreitet und fristen als Extremsportart eher noch ein Schattendasein.
Hinzu kommt, daß die meisten Ultraläufer über den Marathon zum Ultra gekommen sind. Dies könnte dazu geführt haben, daß sie nicht mehr der Anerkennung von außen bedürfen, sondern eher für sich selbst ihre eigenen Grenzen austesten wollen.
Quelle:
Stoll, O., Würth, S., & Ogles, B. (1999). Teilnahmemotive von Marathon- und Ultramarathonläufern.
Sportwissenschaft, 30, 1, 54-67

interessant darüber hinaus ist evtl. auch diese hier:
Stoll, O., & Rolle, J. (1997). Persönlichkeitsprofile und habituelle Streßbewältigung von
Ultralangstreckenläufern. Sportwissenschaft, 27, 2, 161-172
im InterneT:
http://www.ilug.uni-halle.de/Dateien/profile.pdf

2
Na, da kann man ja noch froh sein, dass die ZEIT-Redakteurin nichts von Recherche hält, denn wer weiß, was heraus gekommen wäre, hätte sie dies gelesen:
...berichtete von einer Gruppe von Männern, die fanatisch Fitnessport trieben und dabei "neurotische" Zusammenbrüche erlebten.
oder dies:
daß diese Athleten ihren Sport dazu nutzten, um Konflikte basierend auf Problemen in ihrer Persönlichkeit, zu kompensieren und daß diese "pathologische Entwicklung" ansteigt, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit beginnt altersbedingt abzunehmen.
Zur Wahrheitsfindung sei angemerkt, dass dieses Zitate von mir aus dem Zusammenhang gerissen sind und der Studie nicht gerecht werden. Aber das pflegen Journalisten ja auch ganz gern zu tun, wenn's nur was Reißerisches hergibt.

Zur Gegenüberstellung eine Kernthese, die die Autoren aufstellen und anhand der Studie untermauern:
Ultralangstreckenläufer verfügen über ein "normales" Persönlichkeitsprofil. Sie unterscheiden
sich hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsprofile nicht von Persönlichkeitsprofilen der nicht ultralangstreckenlaufenden Bevölkerung.
Das klingt natürlich ganz anders als dieser dümmliche ZEIT-Artikel vermuten lässt. Alle Zitate übrigens aus der o. g. Studie:
http://www.ilug.uni-halle.de/Dateien/profile.pdf

Die andere zitierte Studie (beides übrigens Studien, die diverse andere Studien mit heranziehen und vergleichen) gibt ebenfalls keinen Hinweis auf das, was die sportunerfahrene Dame des ZEIT-Artikels sich zurecht gereimt hat.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

3
ja wirklich, diese Studien sind viel interessanter und gehaltvoller als so vieles andere, was hier zu lesen ist. Nur weckt das Thema viel weniger Aufmerksamkeit in diesem Forum als eines mit reißerischer Überschrift. Woran das wohl liegt?

4
Wäre mal interessant herauszufinden ob sich in den letzten 14 Jahren da etwas geändert hat.
Ich würde vermuten, dass es eine deutliche Verschiebung Richtung Ultras gegeben haben wird.

Und ich bin ja froh bestätigt zu bekommen, dass ich über ein "normales" Persönlichkeitsprofil verfüge. Meine Ex würde das wohl trotzdem nicht überzeugen :D !

Walter
You can only fail if you give up too soon

Bild
Bild

5
Hallo,
ja, da stimme ich ja auch mal zu: endlich mal eine gehaltvolle und statistisch saubere Studie!
@burny:
die von dir aufgeführten Zitate treffen bestimmt auf einige (wenige) Läufer zu - daraus eine zugrundliegende Persönlichkeitseigenschaft aller Läufer abzuleiten wäre wirklich Nonsens (wird aber in der Tat immer mal wieder gerne gemacht: "Frauen sind zickig"; "Männer reden nicht über Probleme")
So, und wenn jetzt jemand sagt: "du bist bekloppt" dann können wir fein auf die Studie verweisen :daumen:
Gruß
Domborusse
Die beliebtesten Diagnosen der Orthopäden:

"Da ist nix"
"Das ist nicht schlimm"
"Das haben viele"
"Da kann man nix mehr machen"
"Ja, wir werden alle nicht jünger!"
"Dat krieje me wieder hin!!!":zwinker2:
"Das ist in 2 Wochen wieder weg!"
Von RennFuchs geklaut: "Das dürfte eigentlich garnicht wehtun"
"...ja wenn das schon so lange weh tut, dann muss das eigentlich operiert werden"
gefolgt von: ..."aber nehmen sie zur Sicherheit erstmal noch 14 lang Tage die Tabletten":klatsch:

6
Domborusse hat geschrieben: So, und wenn jetzt jemand sagt: "du bist bekloppt" dann können wir fein auf die Studie verweisen :daumen:
Gruß
Domborusse
Damit seid ihr aber nicht aus dem Schneider! :zwinker2:

Auch wenn sich die (Ultra-)Marathonis im Mittel nicht von Nicht-Marathonis unterscheiden, bleibt ja noch die interindividuelle Varianz in den Stichproben. Unter der Prämisse, dass die Werteverteilungen in beiden Gruppen gleich sind (war zu faul zum Nachgucken), gilt daher: Ihr seid mit etwa der gleichen Wahrscheinlichkeit bekloppt bzw. nicht-bekloppt wie ein Nichtläufer! :teufel:

Über die Differenzierung verschiedener Kategorien von Beklopptheit diskutieren wir dann beim nächsten Mal. :D

:hallo: kobold

7
Bei vielen Sportarten gibt es wunderbar einfache Antworten, z.B. beim Bergsteigen. Warum müsst ihr auf diesen Berg? Weil er da ist.

Der Hochfelln stand da eben am Chiemsee. Wir haben dort zu zehnt als Pfadfinder gezeltet. Sauwetter. Am ersten "besseren" Tag sind wir zu dritt rauf, der Rest der Truppe hat sich eben "in die Sonne jehaun". "Damals" wurde aber nicht über jeden Furz eine Studie erstellt.

Bei mir ist es so, dass da eine Neugier befriedigt wurde. Mich hat es nie wieder "gezogen", wohl aber meinen Sohn - da bin ich dann mit meiner Frau freiwillig und gerne mitgegangen, der höchste Berg war aber der Arber - man muss es ja nicht übertreiben :D .

Knippi

8
Hallo ihr,

es ehrt die Studierenden (oder sagt man Studienanfertiger?), dass sie Ultraläufern eine - ich vereinfache - stink normale Persönlichkeit zubilligen. Mein Eindruck ist jedoch eher, dass man schon ein bisschen sonderlich sein muss, um bestimmte läuferische Unternehmungen überhaupt ins Auge zu fassen ...

Und was die Motive angeht - jetzt ohne Ironie und selbstkritisch - glaube ich jeden einzelnen Faktor in meiner mentalen Gemengelage schon einmal identifiziert zu haben. Die einen mehr, die anderen weniger. Die eigentliche Triebfeder war aber immer die Überwindung der eigenen Grenzen, die Frage "Was geht?". Schon wieder aber: Das war aber auch schon beim Marathonlauf so. Ich wollte wissen, ob ich das schaffen kann. Woher sollte ich wissen, dass es mir gar nicht so schwer fallen würde 42 km zu laufen.

Das mit dem Schattendasein ist so, wird auch immer so bleiben. Erstens ist nichts langweiliger für Zuschauer als ein Längststreckenlauf. Und zweitens bleibt die Gruppe der Ultraläufer schon deshalb begrenzt, weil der zeitliche Aufwand immens ist. Jüngere haben die Zeit eher nicht (und auch die Lust) und viele Ältere wollen oder können dann nicht mehr so lange laufen.

Lustig finde ich allerdings Sätze wie "Hinzu kommt, daß die meisten Ultraläufer über den Marathon zum Ultra gekommen sind". Ja wie bitteschön sollte ein Ultraläufer sonst zum Ultra kommen. Man wird ja nicht mit der Ausdauer für zig Stunden geboren, die muss man sich schrittweise erarbeiten. Aber egal, der Satz hat ja wohl auch mehr den Sinn die eigentlichen Gedanken zu verbinden.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

9
viermaerker hat geschrieben:Und ich bin ja froh bestätigt zu bekommen, dass ich über ein "normales" Persönlichkeitsprofil verfüge.
Bist Du Dir da sicher??? :confused: :D Viel Glück beim UTMB! :hallo:
Karin

und ja: die der Studie unterliegenden Studien sind schon recht alt... immerhin hat sich jemand die Mühe gegeben und nicht ausschliesslich obskure amerikanische Studien zu vergleichen und hat noch Biel ausgegraben. Wobei es sicherlich noch breiter gestreute Quellen geben müsste.

10
kobold hat geschrieben:Damit seid ihr aber nicht aus dem Schneider! :zwinker2:

Auch wenn sich die (Ultra-)Marathonis im Mittel nicht von Nicht-Marathonis unterscheiden, bleibt ja noch die interindividuelle Varianz in den Stichproben. Unter der Prämisse, dass die Werteverteilungen in beiden Gruppen gleich sind (war zu faul zum Nachgucken), gilt daher: Ihr seid mit etwa der gleichen Wahrscheinlichkeit bekloppt bzw. nicht-bekloppt wie ein Nichtläufer! :teufel:

Über die Differenzierung verschiedener Kategorien von Beklopptheit diskutieren wir dann beim nächsten Mal. :D

:hallo: kobold
Ja ja, so ist das mit der Verteilung der Grundgesamtheit (aahhh, die Gaußsche Kurve verfolgt mich irgendwann in meinen Träumen :zwinker5: )
Wäre ja auch noch schöner, wenn die Ultras mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit bekloppt wären als die Nicht-Ultras! Gleiches Recht für alle (und ausserdem: Zitat Manfred Lütz: "Irre- wir behandeln die Falschen, die Normalen sind unser Problem" :daumen: )
Gruß
Domborusse
Die beliebtesten Diagnosen der Orthopäden:

"Da ist nix"
"Das ist nicht schlimm"
"Das haben viele"
"Da kann man nix mehr machen"
"Ja, wir werden alle nicht jünger!"
"Dat krieje me wieder hin!!!":zwinker2:
"Das ist in 2 Wochen wieder weg!"
Von RennFuchs geklaut: "Das dürfte eigentlich garnicht wehtun"
"...ja wenn das schon so lange weh tut, dann muss das eigentlich operiert werden"
gefolgt von: ..."aber nehmen sie zur Sicherheit erstmal noch 14 lang Tage die Tabletten":klatsch:
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“