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Utmb/tds 2011

Utmb/tds 2011

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Hallo,
mit etwas Verspätung meine Eindrücke vom TDS 2011.

Donnerstag,25.08. kurz vor 9 Uhr morgens in Cormayeur.
Zum dritten Mal stand ich nun an der Startlinie um wiederum in einen der Wettbewerbe des UTMB zu starten. Doch dieses Mal nicht beim CCC ,für den ich keinen Startplatz ergattert hatte, sondern den TDS.
Die Abkürzung TDS steht für Sur le Traces le Duc du Savoie,was übersetzt „Auf den Suren der Herzöge von Savoyen“ heißt.
Zu den Fakten: 112 km und 7100 Höhenmeter, vom italienischen Cormayeur über das Aostatal ins französische Chamonix auf teils sehr anspruchsvollen Pfaden, also um einiges schwerer als der CCC, eigentlich schlechte Vorraussetzungen, im dritten Anlauf endlich das lang ersehnte Ziel, das Finish in Chamonix ,zu erreichen.
Dieser Lauf, 2009 ins Leben gerufen, ist so etwas wie das Trostpflaster für all die jenigen , die kein Losglück hatten und sollte dieses Jahr durch Streckenänderungen und drehen von Start und Ziel aufgewertet werden. Eigentlich schon 2010, doch wegen Unwetter fiel der Lauf damals aus. Somit war es in gewisser Weise eine Art Premierenlauf.
Im Startbereich traf ich noch meinen Lauffreund Walter und wir wünschten uns gegenseitig Glück. Überhaupt waren die deutschen Läufer recht rar gesät, ca. 50 waren am Start.
Langsam setzten sich 1181 Läufer in Bewegung durch Cormayeur. Schon bald war es aber mit dem einlaufen vorbei denn es ging am Ortsende steil aufwärts. Warm wurde es. Der Laufrucksack drückte noch schwer. Mit der vorgeschriebenen Pflichtausrüstung und dem Flüssigkeitsvorrat trug ich ca.4,5 kg mit mir.Auf einer Skipiste zog sich die Läuferschar hoch zum ersten VP Col Checrouit auf 1920 m. Erstklassige Versorgung ließen die Strapazen vergessen ,aber ich war auch erst bei km 7. Jetzt änderte sich der Weg, es wurde schmal und der erste Stau stand an. Im Gänsemarsch näherte ich mich der nächsten großen Steigung zum Col de la Youlaz 2661 m . Ein schwer zu begehender Schotterhang forderte volle Aufmerksamkeit . Oben angekommen machte ich mich ohne Pause gleich auf den langen Abstieg. Auf schönen gut zu laufenden Wegen konnte man es gut rollen lassen und so hatte ich bei erreichen des VP in La Thuile schon eine Stunde auf das Zeitlimit gewonnen. Nach einer Stärkung und einer Pause von 10 Minuten machte ich mich auf den Weg zum nächsten Etappenziel ,dem Col du Petit St. Bernard. In der Mittagshitze brannte die Sonne und der Schweiß floss in Strömen, das man kaum dagegen antrinken konnte um nicht zu schnell die Wasservorräte zu leeren .Wenigstens war der Weg nicht allzu steil und und nach gut zwei Stunden traf ich im Verpflegungszelt auf der Passhöhe auf 2188 m ein. Schnell ein paar Becher Cola und zwei Tassen Boullion und das unvermeidliche Auffüllen der Trinkblase bevor es auf den langen Abstieg nach Bourg St. Maurice, dem tiefsten Punkt der Strecke, auf 813 m ging. Nun zeigten sich erste Anzeichen eines Wetterumschwungs. Schwere Gewitterwolken zogen auf und kurz vor erreichen der Stadt setzte leichter Regen ein Ironischerweise wurde ich aber erst richtig nass durch den Strahl einer Bewässerungsanlage.
Um 17:44 und nach 44 km erreichte ich den VP mitten in der schönen Stadt. Ich hatte nun fast zwei Stunden auf das Zeitlimit gut gemacht und gönnte mir eine längere Pause. Bevor es weiterging wurde bei jedem Läufer nochmals die Pflichtausrüstung kontrolliert. Ein Schild wie darauf hin, das bis zum nächsten VP Cormet de Roselend 25 km mit einer Höhendifferenz von 1400 m zu bewältigen waren . Spätestens um 01:30 musste man dort sein. Ich bemerkte das viele schon jetzt aufgaben. Vielleicht hatten einige den Bericht eines Teilnehmers gelesen, der die Strecke im Vorfeld gelaufen war und berichtete, das das Rennen eigentlich jetzt erst richtig beginnt.
Also,weiter. Zunächst durch die belebte Fußgängerzone, wo ich mich am liebsten in einem der vielen Cafes ausgeruht hätte. Aber die Uhr lief unerbittlich und der Weg war lang. Noch in der Stadt zog der Weg an und steil ging es von 813 m auf ca.1900 m zum Fort de Truc hoch. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr und das Donnergrollen wurde immer lauter. Rechts und links des Weges saßen oder lagen immer mehr völlig ausgelaugte Läufer am Wegesrand. Ich fühlte mich aber immer noch sehr gut und zum ersten Mal glaubte ich fest an ein Finish am folgenden Tag. Doch was war das? Anstatt wie in der Streckenbeschreibung angegeben weiter bis auf 2550 m zum Passeur de Pralognan aufzusteigen zeigten die Markierungen in eine andere Richtung und Meter um Meter ging es wieder abwärts, bis auf 1400 m zur Passtrasse die zum Cormet de Roselend führte. Wie ich erst später erfuhr, wurde wegen schwerer Gewitter am Berg eine Streckenänderung über die Straße vorgezogen . Ich hatte die SMS-Info des Veranstalter nicht bekommen. Fast 13 km musste man nun auf der Straße weiterlaufen. Dies war der langweiligste und eintönigste Teil, aber Sicherheit geht vor und der Gedanke stattdessen auf 2500 m im Gewitter zu sein, war nicht angenehm. Stunde um Stunde verging bis Lichter auftauchten. Ich dachte ich hätte den VP erreicht, doch nein, es war erst das kleine Dorf Le Chapieux. Überaus freundliche Bewohner reichten den Läufern Wasser. Überhaupt muss ich sagen, das die Begeisterung der Leute und auch Helfer einmalig war.Nach einem kurzen Trailstück zurück auf die Straße und langsam näherte ich mich dem VP am Cormet de Roselend auf 1967 m. Über zwei Stunden Reserve hatte ich als ich ins Zelt eintrat um ausgiebig zu essen und zu trinken. 15 Minuten später machte ich mich wieder auf den Weg. Kalt war es nun und ich zog die Jacke an. Aber zumindest war es trocken. Jetzt änderte sich die Beschaffenheit des Weges schlagartig. War man vorher fast beim Gehen vor Langeweile eingeschlafen war jetzt Konzentration gefordert. Zuerst über steile Wiesen mit vielen verwirrenden Pfaden, immer mit der Stirnlampe auf der Suche nach der nächsten Markierung. Dann über steile Wege, hinauf zum Col de la Sauce auf 2300 m. Und wo es hochgeht geht’s auch wieder runter .Eklig steil über zum Teil schlammige Stiegen hinab zum Weiler La Sauce. Weiter hinab zum Tal La Gittaz über die sogenannte Passage de Cure. Ein überaus spannendes aber ausgesetztes Wegstück durch eine Schlucht. Links steile Felswände, rechts neben dem Weg tief hinab ein tosender Gebirgsbach. Eine Absperrung mit Trassenband hatte hier mehr psychologischen Effekt, denn ein Abrutschen hätte nicht nur die Läuferkarriere beendet. Angekommen in La Gittaz erkundigten sich Sanitäter nach dem Befinden bevor sie einen weiterlaufen ließen. Durch teilweise hüfthohes Gras zogen sich viele Spuren den Hang hoch bis der Weg nach einer Weile breiter würde und nach einer gefühlten Ewigkeit leuchtete mir das Zelt am Kontrollpunkt Entre-Deux-Nants auf 2150 entgegen. Es erinnerte mich ein wenig an den Col du Ferret auf der UTMB-Strecke. Immer auf und ab zog sich der Weg weiter. Ich dachte, der VP am Col de Joly müsste bald erreicht sein, doch eine lange Stirnlampenreihe, die ich anfangs, wohl aus Müdigkeit, für Sterne gehalten hatte, zeigte steil aufwärts. Hochalpin wurde es nun und einige Male musste ich auch die Hände zu Hilfe nehmen. Aber durch dieses anspruchsvolle Stück war ich wieder hellwach und so kam ich um 5:15 am VP Col de Joly, 1990 m, an. Hier war es so stürmisch dass ich mich schnell in das Zelt flüchtete. 85 km waren nun geschafft und noch immer hatte ich meine zwei Stunden Zeitguthaben. Es sah gut aus und zufrieden aber doch müde machte ich mich auf den Weg hinab Richtung Les Contamines.
Es dämmerte, langsam erwachte der Tag. Ein grandioser Anblick bot sich mir .
Erst moderat dann aber durch einen Wald ging es immer steiler hinab. Langsam aber immer mehr schmerzten die Beine und auch meine Zehen meldeten einer nach dem anderen Alarm. Wahrscheinlich war ich mit meinen Zehen durch das lange bergabgehen immer wieder an die Schuhenden gestoßen. So wurde ich immer langsamer und hatte beim Erreichen des VP in Les Contamines,1170 m, nur noch eine Stunde Zeitreserve. Daher fiel die Pause, die ich eigentlich gebraucht hätte, kurz aus und weiter ging’s . Eigentlich war es nur noch ein Berg, den es zu überwinden galt, doch dieser entpuppte sich aber als eine Dreiergruppe. Auf einem steilen Forstweg hinauf zu den Chalets du Trucs auf 1721 m .Gegenüber sah ich nun den Aufstiegsweg zum Col du Tricot. Es sah ,bedingt durch die Perspektive, wie ein Steig durch eine fast senkrechte Wand aus. All mein Optimismus zerplatzte bei diesem Anblick. Wie sollte ich das mit meinen nun arg lädierten Zehen noch schaffen? Egal, ich musste weiter, aussteigen ging sowieso nicht. Erst mal wieder runter in eine Senke und dann den langen Weg hinauf zum Col. Das Aufsteigen war mühsam und lang , aber irgendwann war ich dann doch oben auf 2120 m . Und wieder runter!! Die Mittagssonne brannte wieder und nach dem Überqueren einer Hängebrücke über den Gletscherbach des Bionasseygletschers war es nicht mehr all zu weit bis Bellevue , 1900 m ,von dem eine Zahnradbahn hinab ins das Tal fährt. Nun war ich ziemlich platt und hätte dort die Bahn gestanden, ich glaube ich wäre dort ausgestiegen. So aber machte ich mich auf den Weg hinab nach Les Houches. Aus dem gehen wurde ein müdes Stolpern und ich machte mich mit dem Gedanken des neuerlichen Scheiterns vertraut. Meiner Frau und meinem Sohn teilte ich schon mal mit das sie sich nicht beeilen müssen, nach Chamonix zu kommen.
Die Zeit rannte und ich sah keine Chance mehr, rechtzeitig vor dem Cut-Off in Les Hauches anzukommen. Um 14:25, 10 Minuten nach der erlaubten Zeit betrat ich das Zelt und wollte mich niedergeschlagen in den Stuhl fallen lassen. Ich sah das Schild mit der Cut-Off Zeit und stutzte. Was war denn das?? Die 14:15 war durchgestrichen und handschriftlich mit 15:15 berichtigt worden. Ich erkundigte mich bei den Helfern. Einer sprach deutsch und so erfuhr ich erst jetzt, das, bedingt durch die Änderung an Vortag, die Strecke um 7 km länger geworden ist und daher den Läufern eine Stunde mehr gegeben wurde.
Alles war nun wieder möglich! Noch 8 km bis zum Ziel. Aber wie, mit meinen Zehen, die bei jedem Anstoßen an den Schuhen eine kleine Schmerzexplosion nach oben schickten??
Ich bunkerte soviel Cola, wie ich konnte (nebenbei, Cola aus der Trinkblase schmeckt einfach nur zum K........... je wärmer sie wird). Dann fiel mir ein, das ich noch einen MP 3 Player mithatte. Den kramte ich nun hervor ,setzte den Kopfhörer auf und betäubte meinen Schmerz mit AC/DC in voller Lautstärke. Das half. Ich kam immer besser voran und das Ziel in Chamonix näherte sich.
Ich schaffte es sogar ab dem Ortseingang wieder in einen leichten Laufschritt überzugehen.
Was dann folgte ist einfach unbeschreiblich. Es gibt nichts was den Zieleinlauf in Chamonix und das Erreichen des Zieltores in Worten beschreiben lässt. Einfach Emotionen pur. Nach 119 km, 6900 Höhenmeter und knapp 31 Stunden hatte ich es nun wirklich geschafft!
Leider hatte ich durch meine vorschnelle Mitteilung des Scheiterns an meine Familie dafür gesorgt, das die beiden den Zug nach Chamonix verpassten und so meinen Zieleinlauf verpassten, da der nächste Zug noch nicht angekommen war. Ein kleiner Wermutstropfen, wie gern hätte ich meinen Erfolg mit ihnen in diesem Augenblick geteilt.
Im Zielbereich wurde ich von Walter, der leider am Vortag aufgehört hatte und Achim aus dem Runnersworldforum, der auf seinen UTMB Start wartete ,beglückwünscht. Später traf ich noch die Forumsmitglieder Eric und Michael, die beide leider später beim UTMB kein Glück hatten .
Fazit: Ein toller Lauf, der einen richtig fordert. Auf keinen Fall aber ein Trostpflaster sondern ein ebenwürdiger Lauf im Rahmen der anderen UTMB-Wettbewerbe.
Und nicht zuletzt eine guten Generalprobe für den UTMB 2012. Bis dahin habe ich auch sicher wieder alle meine Zehnägel. :zwinker2: ...............................

Klaus

2
Danke für den Bericht!
Evtl. wag ich mich vorm UTMB erstmal an den TDS :zwinker5:

3
Hallo Klaus,

vielen Dank für den tollen Bericht und noch mal einen dicken Glückwunsch zum Finish!!
Das ist schon eine superklasse Leistung, die du und die anderen Läufer da gezeigt haben
Wahnsinn!!
VG
Domborusse
Die beliebtesten Diagnosen der Orthopäden:

"Da ist nix"
"Das ist nicht schlimm"
"Das haben viele"
"Da kann man nix mehr machen"
"Ja, wir werden alle nicht jünger!"
"Dat krieje me wieder hin!!!":zwinker2:
"Das ist in 2 Wochen wieder weg!"
Von RennFuchs geklaut: "Das dürfte eigentlich garnicht wehtun"
"...ja wenn das schon so lange weh tut, dann muss das eigentlich operiert werden"
gefolgt von: ..."aber nehmen sie zur Sicherheit erstmal noch 14 lang Tage die Tabletten":klatsch:
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