Da mache ich 21 Jahre lang Sport und habe dennoch das Laufen bis Mai 2011 nicht entdeckt.
Bis dato galt für mich Joggen=Laufen. So waren die 45 Minuten Joggen am Stück ein richtiges Highligt.
Auch im Fitnessstudio benutzte ich oft das Laufband für wenige Minuten. Meist zum Aufwärmen oder Auslaufen. Ende 2010 habe ich dort allerings wegen der 600 Euro Jahresgebühren gekündigt.
Anfang April war es dann soweit. Durch Zufall stieß ich in einer Zeitschrift auf den Titel "Laufen mit dem Handy". "Was, so einfach?" Dachte ich. "Mein Handy zeichnet mittels GPS die gelaufene Strecke auf?". Ich blieb bei der kostenlosen App von Endomondo hängen. Aus Neugier habe ich gleich meine Joggingrunde damit vermessen. Ahh... 4,3 Kilometer
Plötzlich war es möglich mit Zeit und Streckenlänge die Geschwindigkeit zu bestimmen.
Es taten sich ganz neue Dimensionen auf.
Eine Woche später am 17. April 2011 lief ich zum ersten Mal über 11km am Stück einfach ohne Ziel und ohne vorgegebenem Weg. Das Ergebnis waren 11.02 km in 56m:57s (5:10 Min./km) und alles ist schön auf einer Karte zu sehen.
So begann für mich das erste Ziel und die Frage: "Wie schnell kann ich 10km laufen?"
Am 20. April 2011 machte ich den ersten 10km Testlauf, fing schön schnell an (4:38 Min./km) und musste bald feststellen, dass die Luft immer knapper wurde und zum Schluß nur noch (5:31 Min./km) möglich waren. Die Gesamtzeit blieb bei 51m:07s stehen. Außerdem mussten aufgrund von Fußschmerzen unbedingt neue Schuhe her.
Ich lief jeden zweiten Tag immer so zwischen 7 und 11 Kilometer und es stellten sich immer wieder Verbesserungen ein. Die Geschwindigkeit stieg und die 50 Minuten-Grenze auf 10km fiel schon in der nächsten Woche. Nun wurde es Zeit sich über "das Laufen" besser zu Informieren und so laß ich "Das große Laufbuch" von Steffny. Ich hätte nicht gedacht, was es alles zu beachten gibt. Wer hält sich schon wirklich an 15 Minuten Warm up und 15 Minuten Cool Down wenn man nur kurz 7 Kilometer laufen will? Dann die ganzen Übungen zur Kräftigung und Beweglichkeit. Ziemlich interessant ist das Thema "Trainingssteuerung über die Herzfrequenz".
Dafür wird ein Pulsgurt benötigt. Ein Pulsgurt für mein Handy hätte um die 100 Euro gekostet. Ich entschied mich nach einiger Recherchen gleich für eine komplett neue Uhr: Garmin Forerunner 305
Es war alles super. Spontan lief ich einmal 16 Kilometer am Stück und konnte dabei den Pulsverlauf mit aufzeichnen.
Am 18. Mai 2011 dann meine erste Halbmarathondistanz in 1h:59m:11s. Das Gefühl danach unbeschreiblich und die Zufriedenheit gigantisch.
Nun war das Eis wirklich gebrochen.
Der Arbeitsweg ist knapp über 10km und warum nicht mal in die Arbeit laufen oder von der Arbeit nach Hause?
Ich lief plötzlich 4-5 mal pro Woche. Die 10km-Zeit fiel im Juni auf 43m:44s. Die Euphorie war so groß, dass ich mich Ende Juni spontan für den München Marathon am 9. Oktober 2011 angemeldet habe. Mein Gedanke: Wenn der Halbmarathon schon unter 2 Stunden geht, dann muss auch der Marathon zu schaffen sein.
Mir wurde geraten bis zum Marathon unbedingt noch an kleineren Wettkämpfen teilzunehmen. Der Münchner b2run am 21.7. war mein erster Massenlauf. Schon vor dem Startschuss in der Menge hatte ich einen Puls von 146. Hätte nie daran geglaubt, dass die Aufregung so groß sein kann Habe dort aber viel Erfahrung mitnehmen können (z.B. dass eine lange Laufhose bei über 14 Grad viel zu warm ist) und am 28.7. beim Sommernachtslauf mit einer 42er Zeit auf 10km eine neue Bestzeit aufgestellt.
Dann begannen auch schon die ein oder anderen Problemchen. Ein Runners Knee, das mich meist ab 8 Kilometern Laufen zum Stillstand brachte musste ich über 3 Wochen lang mittels Dehnübungen und Trainingsreduzierung pflegen. Bei langen Läufen über 25 Kilometern gab es sporadisch Hüftprobleme oder die Fußballen taten weh. Daher schonte ich mich bis 4. August und fing dann mit dem 10-Wochen-Plan für Marathon in 3:29 Stunden an.
Die ersten zwei langen Läufe musste ich noch schmerzbedingt kürzen, danach gewöhnte sich mein Körper an die Belastungen und Pausen. Es spielte sich alles perfekt ein. Ich konnte den weiteren Plan zu 100% umsetzen.
3 Wochen vor dem Marathon stand ein Halbmarathon im Plan, den ich direkt beim Karlsfelder Seelauf durchziehen konnte.
Bei den langen Trainingsläufen endeckte ich den ganzen Münchner Westen mit Umland. Wirklich genial wie schön die Natur doch noch an einigen Stellen ist. Das Buch von Haile Gebrselassie regt darüber auch viel zum Nachdenken an
Die Trainingsumfänge lagen im Juni, Juli und August bei je 220 km. Im September dann sogar bei 293 km.
Die Tage vor dem Marathon waren dafür mehr entspannend. Das Gewissen wegen des perfekten Trainingsverlaufes gut. Auch mit den ganzen Essen-Tipps habe ich mich nicht beirren lassen. Am Marathontag 3 Stunden vor dem Start schmeckte auch das Vollkornbrot.
Eigentlich war dann nur noch das Wetter extrem einschüchternd. Die Temperaturen fielen 3 Tage vorher von 16 auf 8 Grad und am Freitag bei der Startnummernausgabe dazu noch ein Unwetter. Am Sonntag den 9. Oktober 2011 war es zwar nur 8°C aber zum Glück ohne Regen. Ich entschied mich für eine kurze Laufhose und ein kurzarm-Shirt. Nach der Gepäckabgabe ging es mit einer Plastiktüte verhüllt zur Startaufstellung hinter den 3:30 Stunden Pacemaker. Dieser lief gleich mal die ersten 10 Kilometer in einer 4:45 Min./km Zeit. Da mein Puls bei knapp über 150 lag, habe ich mich dazu entschlossen nach 12 Kilometern zu überholen. Die Läufertraube hinter dem Pacemaker lies es ja auch nicht zu richtig an die Getränke zu kommen. Vor dem Pacemaker war eine richtig schöne Lücke und viel Luft Ich lief dann einfach zwischen 4:35 und 4:50 Min./km. Erst bei Kilometer 34 wurde es beschwerlich 4:55 bis 5:05 Min./km. Den Kilometer 42 dann das Ziel vor Augen mit 4:49 Min./km und in 3:23 Stunden über die Ziellinie mit dem unbeschreiblichen Gefühl eines Marathoni Nennt man das Runner's High?
Das Erlebnis der Strecke, die klatschenden Leute am Straßenrand, die vielen Helfer an den Verpflegungsstationen, die Musiker und Bands, die eingefrorenen Hände nach 30 Kilometern, der Rückblick auf die Trainingszeit, die Hunde die nur spielen wollen , laufen im Regen, bei extremer Hitze oder im Dunkeln, den Spaß einfach drauflos zu laufen. All das kann nur verstehen wer es selbst erlebt hat
Von "Laufen? Was ist das?" zum Marathon
1*Auf der Zielgeraden kann man nicht mehr abkürzen*
Wünsche Allen ein erfolgreiches und gesundes Laufjahr 2012.
Wünsche Allen ein erfolgreiches und gesundes Laufjahr 2012.