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Marathon: Unterschiede Spitzen- und Breitensportler

Marathon: Unterschiede Spitzen- und Breitensportler

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Hallo zusammen,

was mich interessiert: Laufen Weltklasseathleten einen Marathon eigentlich mit einer vergleichbaren oder deutlich höheren Herzfrequenz als ein Hobbyläufer? Wenn Sie mit einer höheren laufen (was ja plausibel wäre), dann würde das ja bedeuten, dass sich die Athleten "hintenraus" noch viel mehr quälen als ein "Normalo". Folglich müssten Haile und Co. ja extreme Bekanntschaft mit dem "Mann mit dem Hammer" machen, aber wie kann es dann sein, dass sie oftmals auf den letzten Kilometern nochmal deutlich zulegen?

Schonmal Danke für Eure Antworten!

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Alles, was ich hierzu schreibe, glaube ich nur, es sind also nur Vermutungen:
Ein Profi kann länger an (s)einem Limit laufen als ein Amateur. Ein (erfahrener) Profi kann sich und seine Leistungsfähigkeit oft besser einschätzen als ein Amateur. Auch sollte der Profi deshalb besser in der Lage sein, keine Fehler zu machen (bspw. zu schneller Start) und an entscheidender Stelle noch zuzulegen.

Der "Mann mit dem Hammer" hat doch, meines Wissens, etwas mit der Bereitstellung der Energie zu tun und nicht vorrangig mit der Herzfrequenz.
Profis sind berechenbar, die Amateure sind wirklich gefährlich. E.A. Murphy

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Die Weltklasse Athleten laufen die meiste Zeit im Rennen unter der Herfrequenz eines Normalos, es sind einfach zwei völlig unterschiedliche Welten.
Für mich war es gar nicht der Rede wert, im Training locker 15 km unter eine Stunde zu laufen, ich empfand es nicht viel anstrengender als einkaufen zu gehen.
Die Herzkapazität und andere Fähigkeiten sind bei einem trainierten Athleten wesentlich höher, als die bei einem wenig bis gar nicht Trainiertem, man läuft auch viel ökonomischer, da die Bewegungsabläufe bereits optimal verinnerlicht sind. Ein trainierter Athlet quält sich im Allgemeinen bei einem Rennen weniger.Tempoverschärfungen machen hier natürlich eine Ausnahme.
Der Hammer - Sergej hat es angesprochen - kommt davon, weil man nicht mehr genug Energie zur Verfügung hat und das Hirn an Unterzucker leidet (Hungerast).

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Laufdoktor.com hat geschrieben:Die Weltklasse Athleten laufen die meiste Zeit im Rennen unter der Herfrequenz eines Normalos, es sind einfach zwei völlig unterschiedliche Welten.
Völlig falsch -- wer behauptet so etwas außer Dir?

Weltklasseläufer sind bedeutend kürzer unterwegs und haben eine deutlich höhere Grenze der Inanspruchnahme der anaeroben Stoffwechselwege. Die laufen noch bei nahe 20 km/h unterhalb von 2 mmol/l Laktat. deshalb laufen sie bei deutlich höherer Herzfrequenz bezogen auf ihre individuelle max. Hf.

Laut der Danielstabellen kann ein 2:05 Marathonläufer diesen bei 89% seiner Hf(max) laufen. Diese pace entspricht 84% seiner maximalen Sauerstoffaufnahme

Zum Vergleich: Ein 3:00 Marathoni kann dies (optimal trainiert und eingeteilt versteht sich) bei 86% seiner Hf(max) -- 81% Vo2max

und ein 4:00 Marathoni schafft lediglich 83% Hf(max), was 78% seiner VO2max entpricht auf die ganze Distanz.
Bild
Was ist Folding@home?:geil: Mach doch mit in unserem Folding@home-Team!:geil:

Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
14.11.´10 Tenero M: 2:58:06 :)
13.11.´11 Tenero HM: 1:23:02
29.7.´12 Radolfzell 10k: 37:33

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Tja, ich wiederum wuerde folgendes sagen:
Der Weltklasseathlet laeuft im Rennen mit einer hoeheren Herzfrequenz als der Normalo, schon mal deshalb, weil sein Rennen weniger lang dauert und er so mit einer hoeheren Intensitaet laufen kann (z.B. HM mit einer Intensitaet die man 1 Stunde halten kann statt 90 Minuten oder so beim Normalo). Sollte nicht gerade der trainierte Athlet ausserdem eher in der Lage sein, eine bestimmte Intensitaet laenger zu halten als der Normalo?
Natuerlich mag die Herzkapazitaet, die Laufoekonomie etc. beim trainierten Athleten besser ausgepraegt sein, das erlaubt es ihm ja gerade, schneller zu laufen, aber natuerlich gibt er genauso alles was er kann und quaelt sich wie der Normalo, das wuerde ja sonst heissen er laeuft nicht an der Grenze und koennte noch schneller.

edit: ups, runningdodo war (viel) schneller (und wissenschaftlicher)

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rono hat geschrieben:Der Laufdoktor hat uns wegen unerwünschter Eigenwerbung mittels Benutzernamen soeben verlassen.
naja dodo hat ihm ja fundiert geantwortet. Ich hätte ihn weiter schreiben lassen. Mehr Antiwerbung für sein Angebot als mit solchen Artikeln kann er ja gar nicht machen.

Gruss,
Jens

P.S. natürlich war es richtig diesen Nutzernamen nicht zuzulassen

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rono hat geschrieben:Der Laufdoktor hat uns wegen unerwünschter Eigenwerbung mittels Benutzernamen soeben verlassen.
:daumen:

...und ich dachte schon es wäre wegen verzapfens von Blödsinn! :D

gruss hennes

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0815boy hat geschrieben:H Laufen Weltklasseathleten einen Marathon eigentlich mit einer vergleichbaren oder deutlich höheren Herzfrequenz als ein Hobbyläufer?


Wie bereits erklärt. Ja
Wenn Sie mit einer höheren laufen (was ja plausibel wäre), dann würde das ja bedeuten, dass sich die Athleten "hintenraus" noch viel mehr quälen als ein "Normalo".
Warum?
platinumsoul hat geschrieben:Und die erhöhte Leidensfähigkeit sollte man auch noch erwähnen. Auch wenn das immer so locker flockig aussieht, bei den Jungs (und Mädels) brennt die Hütte richtig.
Leiden und Quälen sind subjektiv.

Auch den viel besungenen "Mann mit dem Hammer" hab`ich noch auf keiner Starterliste gesehen.

Sportler sprechen gerne von "Schmerz", "Qual" etc.

Aber ist es wirklich möglich eine Saison lang in mehreren WK unter Schmerzen Bestleistungen zu erbringen?

Ich glaube nicht.

Und wenn`s locker aussieht, ist es zumindest keine Qual.

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Plattfuß hat geschrieben: Und wenn`s locker aussieht, ist es zumindest keine Qual.
Da sollte man sich nicht täuschen - auch wenn es nicht (bzw. nicht so offensichtlich) danach aus sieht, dass sich jemand quält.
Shadrack Biwott über Duncan Kibets 2:04:27 in Rotterdam 2009:

Shadrack concluded our talk by saying that he's spoken to his brother a day after the race and that he was totally shot. "(He and Kwambai) were dead meat. They couldn't even sleep."

At least that proves they are somewhat mortal. Apparently a 2:04:27 takes everything out of you.

Shadrack Kiptoo Biwott Talks About His Brother - The New Kenyan National Record Holder - 2:04:27er Duncan Kibet
Gut, manche Spitzenläufer quälen sich auch sichtlich: Yuki Kawauchi - Tokyo 2011 - YouTube, Esfuerzo sacrificio y coraje hasta la extenuacion - maraton - YouTube

Aber am Limit zu laufen, tut weh - egal, auf welchem Niveau.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper

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SantaCruz hat geschrieben:Aber am Limit zu laufen, tut weh - egal, auf welchem Niveau.
Eben. :daumen:

Hobbyläufer quälen sich auch durch den Marathon, bloß nicht so schnell :nick:

Entscheided ist, daß der Körper nicht so stark geschädigt wird, daß man lange ausfällt.

Wenn ich mir z.B. im 10er WK bei km 6 eine Muskelzerrung zuziehe, kann ich den WK vielleicht noch beenden, aber dann ist für mehrere Wochen Schluß mit laufen.

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Wer sagt denn dass Spitzenläufer keine Bekanntschaft mit dem Hammermann machen?

Wenn man sich einen Marathon anschaut dann kann man förmlich zuschauen wie einer nach dem anderen von der Spitze wegbröckelt. Einige laufen danach noch in vermindertem Tempo weiter, andere übergeben sich davor am Strassenrand oder steigen gleich aus.

Ob die das gleich empfinden wie unsereins wenn wir auf den Hammermann treffen kann ich zwar nicht sagen, aussehen tut es aber zumindest so.

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Sabrina Mockenhaupt meinte mal in einem Interview, der "Mann mit dem Hammer" sei "so extrem" gekommen.
Дуа кинум йах иди, ту пуц ца бофт тар ту-хез йатов̌!

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Die Topleute sind so gut trainiert, dass sie da wo normal die Kohlenhydrate zu Ende sind und der "Hammer" kommt nahtlos an ihre Fettsäuren gehen und darum nicht plötzlich zusammenbrechen.
Was natürlich einen Abbruch ab KM 30 auch nicht ausschließt wenn es zu schnell/heiß/generell zu hart für den Körper wird, ist ja immerhin 3er Tempo oder besser was da gelaufen wird.

Und jeder Trainer der Welt hätte gerne so Willensstarke und Leidensfähige Athleten wie die Afrikaner. Da wird sich nahezu tagtäglich beim Training abgeschossen, zuzügliche die soziale Motivation. Also zu sagen, dass der deutsche Hobbyläufer da genauso viel "abkann" ist etwas hoch gegriffen würd ich mal meinen. Sogar Jan Fitschen (also eigentlich schon ein Spitzensportler) sagt, dass die Kenianer einfach knallhart sind und deswegen auch so ein Programm durchziehen können.
Wenn ich mir z.B. im 10er WK bei km 6 eine Muskelzerrung zuziehe, kann ich den WK vielleicht noch beenden, aber dann ist für mehrere Wochen Schluß mit laufen.
Das wird den Topathleten vollkommen egal sein wenn sie nach Europa für Wettkämpfe kommen. Da wird alles gegeben und wenn man einfach bewusstlos umfällt.

Mockenhaupts Marathonkünste lassen wir mal unkommentiert ;)

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aghamemnun hat geschrieben:Sabrina Mockenhaupt meinte mal in einem Interview, der "Mann mit dem Hammer" sei "so extrem" gekommen.
Jetzt wird's aber schlüpfrig... :teufel:

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platinumsoul hat geschrieben:Die Topleute sind so gut trainiert, dass sie da wo normal die Kohlenhydrate zu Ende sind und der "Hammer" kommt nahtlos an ihre Fettsäuren gehen und darum nicht plötzlich zusammenbrechen.
Wo hast du denn das her?
Ohne Kohlenhydrate gibt es auch keinen Fettstoffwechsel.
Sinn und Zweck des Marathontrainings ist es u. a., mit einem KH-Fett-Gemisch zu laufen, so dass die Kohlenhydrate für die gesamte Strecke reichen (evtl. mit KH-Zuführung zwischendurch) und dabei dieses Gemisch optimal zu verbrennen. Dieses Ziel gilt für Spitzen- und Hobbysportler gleichermaßen. Es gibt keinen abrupten Wechsel von Kohlenhydrat- zu Fettverbrennung.

Es ist aber auch müßig, den Unterschied primär an der Herzfrequenz festmachen zu wollen. Der Spitzensportler bringt halt bessere genetische Voaussetzungen mit und ist besser trainiert. Die Körperfunktionen arbeiten effizienter, so dass er mehr Leistung erbringen kann. Und was das Quälenkönnen anbelangt: Da gibt's ebensolche Unterschiede wie beim Normalo. Manche steigen schnell und oft aus (Beispiele gibt's genügend), andere sind gut eingestellt und ziehen ihr Ding durch, auch wenn's extrem hart wird. Wie schon obengenannt: Wer im Ziel kotzt oder erstmal kaum ein Wort herausbringt, hat sich halt vorher alles abverlangt. Wer dagegen bei km 20 aussteigt und das im Interview locker begründen kann, der hätte möglicherweise mit größerer mentaler Stärke Besseres erreichen können.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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Habs leider nur im Originalzitat von Renato Canova:
I'm sure that the ability in increasing the ability (forgive my repetition) in using fatty acids is very important, but one thing is to work for increasing this ability for very long run, another thing to increase this ability at fast marathon pace. I adviced one of the Italian winning twice World Championships in 100 km, Mario Fattore, and can say that training for ultramarathons is very simple, because you use ONLY FATTY ACIDS, forget carbohydrates. So, your problems regards other situations : to preserve good fitness for so long time (7-10 hours), to build tendons, ligaments and muscles for that type of duration, to build your mind. But no problems about the source of energy. Also if can seem strange, we need very less training for running 100km that for running a Marathon. For 100km, you have to develop your MAX AEROBIC LIPIDIC POWER, using types of fatty acids able to give more energy in the time unit, and the system of training starts from very slow speeds, at first developing the DURATION (one session every 2 weeks of 60-70 km, and some full marathon like.... speed), after the pace inside the same duration. So, always you use fatty acids, but increasing speed you become able to select the bests in order to develop your Aerobic Power.
Instead, when you want to increase your marathon at high level, YOU START FROM SPEED AT MARATHON PACE OR SIMILAR, and the first step is to use ALL YOUR CARBOHYDRATES in order to run still some minute in total depletion of sugar, for obliging muscular fibres in using THE MOST POWERFUL SOURCES OF FATTY ACIDS in order to maintain a similar speed. For example, if an athlete able running HM in 65.0 wants to prepare a marathon for 2:15 (really not difficult), he can run without big problems 28km at 3:15 pace (1:31), but after this goes to finish his reserves of glycogen, and his pace goes down dramatically. If he is able to run yet 3 km at 3:25 / 3:35 / 3:45, THESE LAST 3 KM ARE THE REAL TRAINING, because his fibres have to go to search some other hidden tank, under necessity. The next time, the same athlete becomes able running at 3:15 not 1:31, but 1:41 (for 31 km), so his long fast run must be extended to 34 km with the last 3 without glycogen.
So, in the first case we start with an empty glass that we go to fill with fatty acids, in the second case we start from a glass full of glycogen that we go to empty step by step, in order to fill the remaining part with qualified fatty acids.

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In Schweden sagt man dazu auch, dass man einen Brink macht. Jörgen Brink war 2003 mit 25s Vorsprung in seine 10km geschickt worden und war 3km vor dem Ziel immer noch mit 20s vorne. Gewonnen haben trotzdem die Norweger vor Deutschland :) . Wenn man sich das Videoansieht, dann ist es fast unglaublich, in welchem Tempo Alsgaard und Teichmann an ihm vorbeischiessen.

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@platinumsoul
Canova ist Trainer, also Praktiker. Dass sein Training erfolgreich ist, bedeutet noch lange nicht, dass seine theoretische (eher umgangssprachliche) Erklärung richtig sein muss.

Ich zitiere hier die folgende Publikation, weil sie komplett im Internet verfügbar ist: http://www.dr-moosburger.at/pub/pub023.pdf
Es werden immer die beiden Nährstoffe Kohlenhydrate und Fette als Energielieferanten herangezogen (“Die Fette verbrennen im Feuer der Kohlenhydrate“: damit ist die gemeinsame Bildung von Acetyl-CoenzymA gemeint, welches in den Citratzyklus eingeschleust wird), wobei je nach Belastungsintensität ein fließender Übergang in der anteilsmäßigen Energiebereitstellung besteht, der vor allem vom Trainingszustand abhängt.
oder hier:
Bei Ausdauerbelastungen, die länger als eine Stunde dauern, ist ein gut trainierter Fettstoffwechsel entscheidend, damit er trotz der relativ langsamen Energiebereitstellung eine möglichst hohe Belastungsintensität bei gleichzeitiger Einsparung der wertvollen Glykogenreserven ermöglicht.
Im Buch "Leistungsphilosophie" (Tomasists/Haber) sind die Prozesse noch genauer beschrieben.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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burny hat geschrieben:Canova ist Trainer, also Praktiker. Dass sein Training erfolgreich ist, bedeutet noch lange nicht, dass seine theoretische (eher umgangssprachliche) Erklärung richtig sein muss.
:daumen:
Offensichtlich ist das so.

Der Glaube, dass eine komplette Erschöpfung der Muskelglycogenspeicher (und die damit verbundene ausschließliche Verfügbarkeit von Fett und Aminosäuren als Energielieferanten) für das Hammermannphänomen verantwortlich sind, ist weit verbreitet, aber einfach nicht richtig.

Bei Marathonläufern verschiedener Leistungsstufen ist am Ende des Rennens immer noch Einiges an Muskelglycogen übrig: Link .

Das Hammermannphänom ist energetisch im Wesentlichen ein Hungerast, der durch die normale muskuläre Ermüdung noch verstärkt wird. Die Ursache ist das Absinken der Blutgucosespiegel wegen der Erschöpfung des Leberglycogens.
"Professor Tim Noakes considers liver glycogen depletion and subsequent hypoglycemia to be the primary factors affecting fatigue and performance during extended duration races [lasting more than two hours in duration] and especially in instances where muscle glycogen levels are low as well." (Quelle).

Der Central Governor schützt so das gehirn vor Energienot ("selfish brain").

Auch ein hochinteressanter Artikel in dem Zusammenhang: Want to Run Faster? Train Your Brain
Bild
Was ist Folding@home?:geil: Mach doch mit in unserem Folding@home-Team!:geil:

Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
14.11.´10 Tenero M: 2:58:06 :)
13.11.´11 Tenero HM: 1:23:02
29.7.´12 Radolfzell 10k: 37:33
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