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Mein 1. Halbmarathon...! Berlin

Mein 1. Halbmarathon...! Berlin

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... oder was einem unterwegs alles so begegnet. Ein kleiner Bericht von der Strecke am letzten Sonntag.

Noch vor einigen Wochen habe ich gezweifelt, ob ich überhaupt starten soll – und nun schreiben wir Tag 3 nach meinem Debüt, mein erster Halbmarathon im Leben.

Ich hatte mich pünktlich auf den Weg gemacht, Schuhe geschnürt, Startnummer befestigt, Mülltüte oben drüber gegen den Wind und die Kälte. In der U-Bahn bereits wiedererkennendes Nicken anderer Läuferinnen und Läufer mit den charakteristischen weißen Kleiderbeuteln über der Schulter. Am Start schallte mir fröhliche Musik entgegen, buntes Treiben, die Skater waren bereits auf der Strecke als ich eintraf.
Schnell noch in die Dixiklo-Schlange eingereiht, und dann ab in den Startblock. Neben mir eine Gruppe gutgelaunter Dänen. Die Spannung stieg, das Warten – und Frieren – zog sich in die Länge. Die Eliteläufer waren längst gestartet, die ersten Skater sogar schon wieder im Ziel. Dann endlich war auch unser Block an der Reihe, die Massen setzen sich langsam in Bewegung, das gemütliche Schieben ging über in ein schnelles Gehen, und endlich der Start – die Kälte hatte ein Ende. Den Müllsack abgeworfen und in Bewegung gesetzt, lief ich die ersten Schritte steifgefroren und alles andere als aufgewärmt, und vermutlich etwas zu schnell. Egal, mittlerweile fror ich einfach nur noch und wollte mich bewegen. Besonders den ersten Kilometer habe ich unglaublich intensiv erlebt. In Höhe des Berliner Doms endlich: die Wärme erreichte auch meine Hände. Ich genoß es, wie sie durch alle Gefäße pulste. Die Sonne schien mir auf die Beine und ich fand mein Tempo. Langsam nahm ich auch die riesigen blauen Kilometermarkierungen war. Ein Blick auf meine Zwischenzeiten: Viel zu schnell gestartet! Tempo raus. Der alte Anfängerfehler – ich wußte ja nicht, wie es mir hinten raus noch gehen würde. Ich hatte keine Ahnung, ob ich Körnchen sparen musste, oder eben nicht. Noch nie hatte ich laufend diese Strecke zurück gelegt. Im Training hatte ich es immerhin auf 17,5 km gebracht. Jetzt ging es durchs Brandenburger Tor und dann der Tiergarten – und besonders lustig, dass nach nur wenigen Kilomenter unerwartet viele aus der Menge flitzten, um schnell noch mal in die Büsche zu verschwinden. Dann vernahm ich plötzlich eine Frauenstimme. Sie gehörte einer Läuferin, die mitten im Lauf lauthals zu telefonieren begann, sie hätte ihr Asthmaspray vergessen, ob eine Übergabe unterwegs nicht möglich sei. Segen und Fluch der Technik.
Am Rande unglaublich viele Fans der Dänen mit ihrem energischen ‚Denmark, Denmark‘, frenetischer Jubel, wenn sich die Landsleute erkannten, hier und da ein ‚Hopp, Schwiz‘. Besonders freute mich, dass offenbar etliche Läuferinnen mit dem selben Vornamen wie ich umfangreiche Unterstützergruppen hatten. Man fühlt sich ja doch angesprochen, wenn plötzlich der eigene Vorname gejubelt wird, selbst wenn man gar nicht gemeint ist und niemanden aus der Gruppe kennt. Mittlerweile hatte ich ein sehr angenehmes, entspanntes Tempo gefunden. Habe ich erwähnt, dass ich auf ‚Ankommen‘ laufen wollte?
Wir passierten die Siegessäule und plötzlich tauchten rechts neben mir Superman und Batman auf, Läufer im Kostüm. Auch sie auf der Laufstrecke unterwegs. Gelächter ringsum und Applaus im Publikum. Eine kleine Läufergruppe beklagte sich bitter neben mir, wo denn bloß die angekündigten Fotografen von ‚Marathon-Foto‘ geblieben seien. Sie hätten nicht einen einzigen in einer hellgelben Weste den Weg säumen sehen.
Weiter ging es zum Ernst-Reuter-Platz und über die Otto-Suhr-Allee. Mein Tempo war jetzt konstant und ich konnte das Laufen völlig frei genießen. Das einzige, was ich als störend empfand, war die Enge auf der Straße – und das obwohl wir auf großen, prachtvollen Alleen liefen. Immer mal musste man sich irgendwo hindurch schlängeln, abbremsen und ausweichen, überholen oder sogar kurz das Tempo anziehen, um an einer Gruppe vorbeizukommen.
Wir näherten uns dem Schloss Charlottenburg, die Sonne im Gesicht, hier und da Kinder die ihre Hände auf die Strecke hielten und jauchzten, wenn sie abgeklatscht wurden.
Meine Zeiten hatte ich wunderbar eingehalten, nicht zu schnell, nicht zu langsam, aber noch immer herrlich entspannt. Es war ein wenig wie eine Sightseeing Tour zu den schönsten Orten Berlins, jetzt liefen wir dem Kudamm entgegen. Ein kleines Mädchen hatte sich auf einen Sicherungskasten gestellt und rief mit einem Megaphon ‚Ferien, es sind Ferien! Lauft schneller, die Hälfte ist gleich geschafft!‘ Zwischen Kilometer 10 und 11 sprach mich plötzlich eine Läuferin an, wie es mir so geht, wir plauderten und sie meinte, ich sähe noch so entspannt aus (Danke für die Blumen). Wir fragten uns, wann wohl der Mann mit dem Hammer käme und mutmaßten irgendwo zwischen Kilometer 18 und 19. Wir querten unter einer S-Bahnbrücke und die Menge johlte und lärmte – wie damals als Kind, wenn man vor lauter Übermut extra laut in einem Tunnel rief, um das Echo zu hören.
Nun war der Kudamm erreicht, es spielten Bands und die Leute feuerten weiter an, wenn doch etwas weniger als vorher. Wir näherten uns dem Tauentzien, Wittenbergplatz. Vor mir eine Gruppe, die eine große grüne Kiste abwechselnd auf den Rücken schnallten– wofür oder wogegen sie waren, wurde mir nicht klar. Aber ich bewunderte sie aufrichtig dafür, sich die gesamte Distanz damit abzuschleppen. Und dann die vorletzte Getränkestation. Gerangel ums Wasser, vorn an war das Gedränge am Größten. Ich war froh, dass ich meinen eigenen Trinkgurt mitgenommen hatte und lief einfach mitten hindurch, den Blick auf den Boden, um nicht auf einem weggeworfenen Becher auszurutschen.
An der Urania bogen wir zum Schöneberger Ufer ab, immer am Landwehrkanal vorbei – eine Sambagruppe hatte sich auf eine Brücke gestellt und machte uns neuen Mut. Zwischen Kilometer 15 und 16 fiel es mir erwartungsgemäß plötzlich schwerer. Wie im Training auch immer. Was vorher so leicht und locker gewesen war, wurde nun anstrengender, der Rhythmus zäher. Kurz vor der Postdamer Straße noch eine leichte Steigung. Ich konnte das erste Mal meine Beine fühlen und das erste Mal überhaupt auch leicht meine Knie. Als passionierte Wald-&-Park-Läuferin merkte ich das erste Mal die Auswirkungen des Asphalts, mit denen ich sonst nie zu kämpfen gehabt hatte. Aber meine 'Achillesferse' die Schienbeine hatte ich seit vielen Wochen nicht mehr gespürt. Auch jetzt merkte ich nur die Hüftbeuger (aha, noch mehr Ausgleichskraftraining, bitte) und eben die Knie. Kontrollblick auf die Uhr – immer noch alles im grünen Bereich. Aber es ging nicht mehr so mühelos.
Schließlich der Postdamer Platz – wie voll es hier am Rand war, fast wie eine vorzeitige Zielankunft. Soviel Publikum!! Die blaue Werbung einer bekannten Biermarke grüßte von Weitem – Ihr seid alle Helden, verkündete das Banner. Und hoch emotionale Musik tönte über den Platz. Die letzte Tränke, schräg gegenüber eine riesige schwarz-rote Samba-Band skandierte außerdem im Takt mit und dieses eine Mal schnappte ich mir doch einen Becher, faltete ihn oben in der Mitte, so dass ein Schnabel entstand, wie ich es schön geübt hatte und trank. Und endlich waren auch ein paar von den versprochenen Fotografen in gelben Westen zu sehen.
Wenn ich so gut bis hierhergekommen bin, dann schaffe ich den Rest auch noch. Kilometer 18 lag hinter mir, der letzte Schluck aus den kleinen Flässchen war ausgetrunken, ich hatte eine Freundin in der Friedrichstr. postiert, die mir meinen Trinkgurt abnahm. Jetzt war alles nur noch leicht. Sie radelte ein Stückchen voraus, um mich dann weiter vorn anfeuernd zu empfangen. Und spätestens als ich Kilometer 19 erreichte, spürte ich sicher, dass ich auf jeden Fall das Ziel erreichen würde. Und nicht nur das: Ich hatte noch so viel Kraft, woher auch immer sie kam, dass ich die Geschwindigkeit sogar etwas anziehen konnte. Vor mir, hinter mir, neben mir viele, viele schon erschöpfte Läufer, die nur noch gingen.
Ich hatte das Gefühl, ich könnte gar nicht mehr aufhören zu laufen. Ich ärgerte mich über die Geher, die ich in einer Art ständigem Slamlom-Lauf umrunden musste. Kilometer 20 kam, ein Hirni mit einer Bäckertüte wollte ausgerechnet kurz vor mir die Straße queren, hatte die Absperrung überwunden und ließ sein Bein stehen, so dass ich darüber stolperte, mich aber noch im letzten Moment abfangen konnte. Idiot. Wieso muss der ausgerechnet hier rüber? Das war die letzte Schrecksekunde.
Dort vorn kam die letzte Kurve, die Zielgerade war erreicht – es war ein unbeschreibliches Gefühl. Laufen, laufen, laufen. Rechts und links säumten Gesichter die Strassen, dicht an dicht, und da flog das Ziel heran. Geschafft!!! 02:17 Minuten und einige Sekunden. Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte mit einer Zielzeit von ca. 02:25 – 30 gerechnet. Im Ziel! Mein erster Halbmarathon!!!
Alle Anstrengung war vergessen und der Jubel unbeschreiblich. Ich bereue nichts, nicht eine Sekunde. Ich war überglücklich und meine Familie und Freunde nahm mich nach meiner Marathon-Premiere freudestrahlend in die Arme.

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Super toller Bericht, der wieder einmal alles wiedergibt. Der erste ist immer etwas ganz besonderes und wird es immer bleiben. Und da du aus Berlin kommst wird es des öfteren so sein, dass du stehen bleibst an einer Stelle in der Stadt und zu dir selber sagst.....stimmt, hier war es....und eine Gänsehaut wird über dich kommen. Alleine dafür lohnt sich jede Mühe bei jedem Lauf. Viel Spaß noch bei vielen weiteren Wettkämpfen.

Mike
(der auch nur knapp vor die lief)
Bild

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und ich konnte viele glückliche gesichter sehen die eingelaufen sind. war direkt hinterm ziel im medical zelt. tolle leistung, tolle läufer, ein toller tag... nächstes jahr dann vllt selbst laufen :-)

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Hallo Himmelblau :hallo: !

Sehr schöner Bericht und :respekt2: für die tolle Zeit für Deinen ersten HM.
Hat wirklich Spaß gemacht zu lesen und schön, dass es Dir die ganze Zeit über so gut gegangen ist und Du Dich nicht quälen musstest.
Weiterhin viele schöne und entspannte Läufe und Wettkämpfe :nick: .

Liebe Grüße,
Astrid

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Sehr schöner Bericht, toll zu lesen wie begeistert du bist :daumen:


himmelblau hat geschrieben: Als passionierte Wald-&-Park-Läuferin merkte ich das erste Mal die Auswirkungen des Asphalts, mit denen ich sonst nie zu kämpfen gehabt hatte.
So erging es mir beim ersten HM auch. Ich hatte diesen Unterschied nicht so stark erwartet und etwas unterschätzt.



Ich wünsche Dir noch viele schöne Läufe :)

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Danke, Euch allen! :daumen:

Es muss am Ende natürlich Halbmarathon-Premiere heißen. Da war ich wohl etwas zu voreilig... der Marathon war es nun wirklich noch nicht. :P

Jedenfalls hat es auch wirklich Spaß gemacht - und ich würde es wieder tun....
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