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Halbmarathon Berlin oder eine sehr anstrengende Sightseeing-Tour

Halbmarathon Berlin oder eine sehr anstrengende Sightseeing-Tour

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In Berlin habe ich meinen ersten Marathon gelaufen. Der erste Marathon ist immer etwas besonderes und so denke ich immer noch gerne an Berlin zurück.

Dieses Mal war die halbe Distanz der Grund für eine Reise nach Berlin. Ein weiterer Grund war auch der Wunsch unserer Kinder mal wieder nach Berlin zu fahren.

So holten wir Freitag Mittag unsere Jüngste von der Schule ab und auf gings nach Berlin. Ich bin nicht minder aufgeregt, als damals bei der Anreise zum Marathon. Möchte ich doch unbedingt eine Bestzeit laufen. Der Halbmarathon soll der Testlauf für den Salzburgmarathon sein. Mein Zeitziel dort ist sub 3:40. Dafür sollte ich eine Halbmarathonzeit von 1:44:20 schaffen. Da ich aber auch meine persönliche Bestzeit verbessern möchte und noch besser eine Zeit unter 1:43 schaffen möchte, heißt mein Ziel 1:42:xx. Mein Mann Karl sollte die ganze Strecke mit mir laufen. Da er am 15. April den Rotterdammarathon laufen will, steht für ihn Sonntag nur ein langer Lauf von 36 km Länge an. Wir hatten uns auf eine Pace von 4:50 geeinigt. Die passt für ihn genau als langer Lauf und sollte mich zu meinem Ziel bringen.
In Berlin angekommen bezogen wir abends unser Hotel in Berlin Mitte ca. 1 km vom Start des Halbmarathons enfernt. Das Wetter war eiskalt und windig. Auch Regen war für die nächsten Tage angesagt. Sollte das Wetter etwa noch schlimmer werden als beim Marathon vor eineinhalb Jahren? Damals hatten wir Dauerregen bei 11 Grad. Jetzt kam auch noch starker Wind hinzu.

Samstag: Nach einem morgendlichen kleinen Regenlauf zum Alexanderplatz, wo schon die Vorbereitungen für den Halbmarathon heftig im Gang waren, und dem Frühstück ging es vormittags zur Halbmarathonmesse am stillgelegten Flughafen Tempelhof. Hier fanden wir alles wieder genauso vor, wie beim Marathon. Selbst die Stände schienen gleich angeordnet zu sein. Die Abholung der Startunterlagen funktionierte wunderbar. Sogar ein oranges Funktionsshirt gab es. Auch, wenn ich schon viele Funktionsshirts von Laufveranstaltungen habe (vor allem in orange), so verbinde ich doch mit jedem Shirt eine Erinnerung an einen Wettkampf, wenn ich diese zum Training aus dem Schrank hole. Nach den Shirts gibt es noch die Plastikumhänge. Karl holt uns zwei. Der Mann vor ihm fragt den austeilenden Herren: "Gibt es mehrere Größen?" "S, M, L und XL" "Dann nehme ich S und M" "War nur ein Witz".
Karl startet in Block A, ich in Block C. Wir vereinbaren, dass Karl sich zurückfallen lässt und wir ganz links laufen bis wir uns treffen, für den Fall, dass Karl nicht in Block C reingelassen wird. Samstag Nachmittag gibt es noch einen kleinen Stadtbummel, aber bei Kälte, Regen und Wind will nicht so recht Freude aufkommen.

Sonntag: Schon, als ich aufwache, lacht die Sonne zum Hotelzimmer rein. Mein Smartphone zeigt für Berlin eine Temperatur von -1 Grad an. Auch vom Wind war draüßen nicht mehr viel zu sehen. Schon beim Frühstück im Hotel treffen wir viele Läufer. Am Nebentisch werden noch die letzten Lauftaktiken diskutiert. Als wir das Hotel verlassen, zeigt das Smartphone 1 Grad.

Im Startbereich ist schon heftiges Treiben. Die Kinder bekommen von uns noch letzte Anweisungen. Wir trennen uns der warmen Überkleidung. Statt dessen kuschel ich mich in den Plastikumhang. Nach der Abgabe der Kleiderbeutel, finde ich Karl nicht mehr. Nach vergeblicher Suche, mache ich mich dann 15 Minuten vor dem Start auf in meinen Startblock. Durch einen schmalen Gang muss ich erst an Block E und D vorbei. Bei Block E staut es sich. Ich werde schon etwas nervös. Ein etwas größerer Mann sagt mir, dass der Stau gleich vorbei ist. Ein paar Meter weiter stünden ein paar Helfer, die aufpassen, dass niemand aus Block E in die vorderen Blöcke gehe. Und tatsächlich, hinter den Kontrollen ist der Weg frei und wir laufen zu unseren Blöcken. Ich kann noch ganz vorne in den Block C. Karl sehe ich dort nicht. D.h. ich werde mich vorerst links halten. Wie alle anderen Läufer um mich herum trenne auch ich mich vom wärmenden Plastikumhang und schon fällt auch der Startschuss.

Langsam geht es vor Richtung Startlinie, 20 m vor dem Startbogen traben alle los und dann sind wir auch schon auf der Strecke. Ich behalte meine Uhr im Auge. Ich bin zu langsam. Ich habe die Uhr so eingestellt, dass sie mir die Reststrecke und die bisher gelaufene Gesamtpace anzeigt. Nach einem Kilometer habe ich 4:52. Ich muss schneller werden. Auf dem zweiten Kilometer pendelt sich die Pace dann auf 4:48 ein.

Links und rechts stehen viele Zuschauer. Es herrscht eine gewaltige Stimmung. Trotzdem wir so viele Läufer sind, muss ich kaum Abbremsen. Es ist immer genug Platz zum Überholen. Wir haben ständig Gegenwind, aber es nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Nach 2 Kilometern wird mir dann auch endlich warm. Wir laufen die Straße des 17. Juni entlang. Dann kommt das Brandenburger Tor. Karl ist immer noch nicht in Sicht. Siegessäule. Ich laufe immer weiter, halte meine Pace von 4:48. Es geht leicht bergauf. Und da ist Karl. Er schimpft: "Wo bleibst du denn! Ich warte hier schon fünf Minuten! Es sind schon gefühlte 10000 Läufer an mir vorbei!". Hm - meine Uhr zeigt 4:48 - eigentlich schneller als wir vereinbart hatten. Wir laufen in dem Tempo weiter. Karl meist ein bis zwei Meter vor mir.

Über mehrere Kilometer geht es immer leicht bergauf. Wer hat behauptet, dass das ein flacher Halbmarathon ist? Nach 5 Kilometern bekomme ich erste Zweifel, dass ich das Tempo durchhalte. Ich laufe aber immer so weiter. Karl macht mich immer wieder auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam. Schloss Charlottenburg ist schon in Sicht. Und endlich geht es leicht bergab. Beim Schloss biegen wir links ab und sind auch den Gegenwind los. Ich versuche immer auf der grünen Ideallinie zu laufen. Damit bin ich aber nicht alleine. D.h. immer wieder ausweichen, überholen. Einem Mann passt das garnicht. Er rammt mir zweimal den Ellbogen rein. Ich versuche ihn, sobald mehr Platz ist, großräumiger zu überholen. Er bechleunigt. Was solls, für den verschieße ich jetzt auch nicht meine Energie. Ich bleibe hinten. Kurz drauf wird er langsamer. Ich überhole und sehe ihn nicht wieder.

Weiter gehts links in den Kudamm. Es wird immer schwerer. Aber wir werden weiterhin von beiden Seiten von Zuschauern angefeuert. Die Stimmung ist unschlagbar. Bei Kilometer 16 erreiche ich ein absolutes Tief. Die Verlockung stehen zu bleiben wird immer größer. Aber ich will es schaffen. Meine Bestzeit ist schon so nah. Nur noch 25 Minuten, dann hast du es! Ich laufe weiter, habe das Gefühl immer langsamer zu werden. Meine Uhr sagt 4:47. Ich bin sogar schneller geworden. Es geht mir wieder besser. Potsdamer Platz - viele sehr ruhige Zuschauer. Karl sprintet ein paar Meter vor. Ruft den Zuschauern zu "Berliner, schlaft ihr noch." Und tatsächlich auf der Stelle fangen alle an uns anzufeuern. Karl macht das noch ein paar Mal und es funktioniert jedes Mal. Unglaublich. Wir passieren Checkpoint Charlie. Es ist schon ein tolles Gefühl, hier, wo viele Jahre eine kaum passierbare Grenze war, einfach so durchzulaufen. Und dann wenige hundert Meter weiter sieht man schon den Alex. Jeder Schritt fällt schwerer und schwerer. Karl macht mich auf einen weißen Bogen in weiter Ferne aufmerksam. Dort sind es nur noch 100 m. Viel zu langsam nähern wir uns dem Bogen. Meine Uhr zeigt nur noch wenige Meter und eine Pace von 4:46. Aber wir hatten schon vorher auf Gpsies gesehen, dass die Strecke 21,3 km hat. Aber es zeichnet sich ab, dass es noch mehr wird. Wir laufen durch den Bogen, dann biegen wir rechts ab. Ich erwarte hier den Zielbogen, aber denkste, da steht erst die 21km-Marke. Nein, nicht noch 100 m. Weiter, immer weiter. Gleich hast du es geschafft. Rechts unter den Zuschauern stehen unsere Kinder. Marlene macht eine Foto. Ich versuche zu lächeln. Und da ist der Zielbogen.
Geschafft !
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Meine Laufuhr zeigt 21,45 km und eine Zeit von 1:42:43

Ich war erschöpft und glöcklich. Karl ist dann noch 12 km weitergelaufen, worum ich ihn nicht beneidete.
Auch die Kinder waren hellauf begeistert. Am Ausgang des Zielbereichs empfingen sie uns und erzählten uns aufgeregt von den Spitzenläufern, die sie auf einer Großleinwand verfolgen konnten.

Lt. Ergebnisliste habe ich eine Zeit von 1:42:39, bin 53. von 1367 Frauen in AK W 45 und 347. von 7932 Frauen.
Meine Bestzeiten:
5 km - Hope & Possibility Run 5.8.2012: 22:56
10km - Walser Dorflauf 15.9.2012: 46:39
HM - Berliner Halbmarathon 1.4.2012: 1:42:39
M - Salzburgmarathon 6.5.2012: 3:42:34

Geplant:
3.2.2013: Ismaninger Winterlaufserie - 3. Lauf
10.2.2013: Münchner Winterlaufserie - 3. Lauf
16.3.2013: Forstenrieder Volkslauf
21.4.2013: Hamburgmarathon

http://www.editgrid.com/user/hadesnumb/ ... ll_of_Fame

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Gratulation Claud zur tollen Zeit :daumen: .
Ein schöner Bericht, anscheinend hatten wir in Freiburg mit dem Wetter mehr Glück als ihr :D . Aber Bestzeit bei so Gedränge mit vielen Läufern und Gegenwind, klasse Leistung.
Bestzeiten:
10km --> 44:17 *** 15km --> 1:09:12. *** HM --> 1:34:55 *** Hermannslauf --> 2:45:37 *** M --> 3:57:44


Ziel 2013:
wieder in Form kommen


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Toller Bericht, Claud. Super geschrieben!
Mensch, Deine Konstanz möchte ich haben, wenn Du schon 4 Sekunden auf den Kilometer als zu große Tempo-Abweichung betrachtest...
Ja, bei km 16 ereilt einen gerne die Keule, im Marathon bei km 32-35. Bei mir jedenfalls... Das sind genau die Augenblicke, die man durchstehen muss, ohne auf das süße "ich gönn mir mal ne kleine Pause, nur ganz kurz" zu verfallen.

Ich gratuliere Dir zur neuen Bestzeit!
Anselm


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claud67 hat geschrieben: Lt. Ergebnisliste habe ich eine Zeit von 1:42:39, bin 53. von 1367 Frauen in AK W 45 und 347. von 7932 Frauen.
Das ist ein tolles Ergebnis, Glückwunsch :daumen:
10 km 45:05 (10/15) HM 1:41 (07/2013) M 3:37 (05/2013) 75 km 7:12h (08/2013)

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Vielen Dank für die vielen Glückwünsche.

Viele Grüße
Claudia
Meine Bestzeiten:
5 km - Hope & Possibility Run 5.8.2012: 22:56
10km - Walser Dorflauf 15.9.2012: 46:39
HM - Berliner Halbmarathon 1.4.2012: 1:42:39
M - Salzburgmarathon 6.5.2012: 3:42:34

Geplant:
3.2.2013: Ismaninger Winterlaufserie - 3. Lauf
10.2.2013: Münchner Winterlaufserie - 3. Lauf
16.3.2013: Forstenrieder Volkslauf
21.4.2013: Hamburgmarathon

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claud67 hat geschrieben:Ich war erschöpft und glöcklich..
Wahnsinn! :respekt2: Wer wäre da nicht absolut glöcklich?! :wink:

Herzlichen Glückwunsch zur super Bestzeit!

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Danke, dass du uns an der Sightseeing Tour hast teilnehmen lassen. Eigentlich viel zu schade, um so schnell vorbeizuflitzen :zwinker2: . Glückwunsch zur PB :daumen:
The exception kills (Amerikanisches Sprichwort)

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