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Das wird WIRKLICH knapp! Rennsteig Super-Marathon 2012

Das wird WIRKLICH knapp! Rennsteig Super-Marathon 2012

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Geht das noch? 4 Kilometer hat er gesagt. Ich habe noch knapp 18:30 Minuten Zeit. 69 Kilometer in den Beinen. Aber der Rennsteig waren doch nur 72,7, oder? Dann wäre noch ein bisschen Puffer da. Und selbst wenn es 73 sind... 18:30 für 4 Kilometer... nur bergab. Das wird knapp. Nach einem Ultra mit1400Höhenmeterdieletzten 4 Kilometer in jeweils 4:30 laufen? Will ich das? Kann ich das? Aber wenn ich doch noch unter den 7 Stunden laufen kann.... Komm jetzt, Zähne zusammen und los!

Erste Kilometer: 4:21! Huii... geht doch. Das reicht. Das muss reichen! Es tut weh, es tut richtig weh! Ich laufe nicht mehr, ich fliege! Jetzt bloß nicht stolpern. Der Weg ist ganz schön wurzelig. Holperig. Füße heben, Herr nachtzeche, sonst tust du dir sehr weh! Da, wieder ein Kilometer geschafft. 4:19. YES! Wie lange habe ich noch? Genug. Wenn ich so weiterlaufe müsste es reichen. Knapp, aber es müsste. Ich gebe noch mal Gas. Alles in mir schreit auf. Ichmagnichtmehr. Wo bleibt dieses doofe Zelt. Die ersten Zuschauer feuern mich,die Wanderer klatschen mir motivierend zu. Tolle Stimmung. Und trotzdem, ich kann und mag nicht mehr! Ich fange an zu schreien. Wer noch schreien kann kann auch noch schneller laufen. Gas, Gas, Gas! Schneller, komm schon, das lässt du dir nicht mehr nehmen. Da ist KM 72. Ein Blick auf die Uhr: Huiiiiiiiiiiiiii: 4:11! Mein lieber Herr Gesangsverein. Jetzt sollte es aber dicke reichen. Aber warum bin ich erst bei den Gartenanlagen? Da muss ich ja erst noch durch ganz Schmiedefeld... und dann durch den Zielkanal, der war auch lang, ziemlich lang. Das ist noch mehr als ein Kilometer, deutlich mehr. Und auch nicht mehr nur bergab, sondern leicht wellig. Mein lieber Scholli, das wird knapp, RICHTIG knapp. Und ich gebe noch mal Gas...

Rückblende. Einen Tag zuvor.
Um die Mittagszeit setze ich mich bei schwülwarmen 28 Grad in Dresden in den Zug und fahre mit Stephanie und Cathy mit dem ICE nach Eisenach, dem Startort des Rennsteig Supermarathons über (wie ich zu diesem Zeitpunkt noch dachte) 72,7 Kilometer mit knapp 1400 HM durch die Höhen des Thüringer Waldes. Der Lauf wird zum 40. Mal ausgetragen und ist DER Kultlauf des Ostens. Riesig groß, sehr beliebt, toll organisiert – einfach genial. Es ist nach 2009 (wo ich mit Leck an Bord in 07:26 Stunden glücklich finishte) mein zweiter Rennsteig!

Da es dieses Jahr nur ein Trainingslauf werden soll habe ich mich irgendwie unzureichend um die Logistik gekümmert, die bei diesem Event nicht ganz ohne ist: Start und Ziel liegen 70 km auseinander, der Startschuss ertönt zu einer Uhrzeit, die eine unmittelbare Anreise für mich unmöglich macht (=Übernachtung vorher) und die Party in Schmiedefeld ist so legendär, dass man sie nicht verpassen darf (=Übernachtung hinterher). Und irgendwie hatte ich mich nicht ordentlich darum gekümmert. Das hatten dann dankenswerter Weise andere für mich übernommen, die anscheinend Mitleid mit mir hatten, so dass ich die Nacht vor dem Start mit in Stephanies Hotelzimmer unterkam, und die Nacht danach mit der Cabo'schen Sippe in Oberhof in einer Ferienwohnung verbringen konnte. Jeweils mit organisiertem Transfer und Frühstück. DANKE noch mal dafür!

Die Zugfahrt vergeht rasend schnell, und schon sind wir in Eisenach angekommen. Bei noch schwüleren 30 Grad (und morgen Temperaturen unter 10 Grad? Kaum vorstellbar, bis es Regenschauer nach dem anderen uns erwischt und sich die Luft merklich abkühlt. Na ja, alles was jetzt runter kommt kommt schon morgen nicht mehr...) schleppen sich Stephanie und ich uns zu unsrer Pension, die nur einen Kilometer vom Startort, dem Marktplatz in Eisenach, entfernt liegt. Das Zimmer ist rasch bezogen, die Startunterlagen abgeholt, der Klos mit Rotkraut verschlungen und jede Menge bekannter Gesichter getroffen, als es dann endlich ins La Grappa zum Foritreffen geht. Dort treffen sich allerlei Foristen, um sich mal persönlich kennen zu lernen resp. Mal wieder zu sehen, zu klönen, zu labern und viel Spaß zu haben. Es wird ein rundum gelungener Abend, etwas eng vielleicht (nicht wahr, Cathy ?!?) und die Tatsache, dass es keine Bolognese gibt, versetzt Kraxi in leichte Unruhe. Und ich darf jetzt behaupten, mit der Siegerin des SM gespeist zu haben Karin, es war mir eine Ehre, noch einmal einen Herzlichen Glückwunsch zu dieser unglaublichen Leistung!!!
Gegen 10 Uhr trotten wir in regnerischer Atmosphäre zurück in die Pension, wo wir schnell in unseren Betten verschwinden – morgen um 4 klingelt der Wecker und es könnte durchaus ein längerer Tag werden...

Und der Wecker tut seine Arbeit verlässlich, wieder geht alles ganz flott: duschen, Frühstück, auf zum Markt – brrrr, ist das kalt. Knapp über 5 Grad, windig. Und es wird den ganzen Tag auf der Strecke nicht viel viel wärmer werden. Eigentlich perfektes Laufwetter, weil es dazu noch trocken bleibt, aber meine Wahl von kurzer Hose und T-Shirt war wohl doch etwas kühn, ich fröstel die ganze Zeit ein wenig. Muss mir doch wohl mal so Armlinge bestellen.... soeben erledigt!
So stehe ich am Markt, treffe noch mal ein paar nette Menschen, man wünscht sich einen guten Lauf und ich reihe mich in die Startaufstellung ein. Zu diesem Anlass überlege ich auch noch mal, wie ich heute laufen will. Es ist ein Vorbereitungslauf für die 24 Stunden im Sommer, also nicht auf „alles oder nichts“ laufen. Trotzdem würde ich gerne unter 7 Stunden laufen, von meiner Lauferfahrung und den bisherigen Ergebnissen diesen Jahres her müsste das drin sein. Dagegen spricht, dass ich sehr wenig spezifisches Training für die Höhenmeter gemacht habe, das habe ich vor 2 Wochen auf der Harzquerung doch deutlich gemerkt. Und ich laufe diesen Lauf aus dem vollen Training heraus. Na ja, mal sehen. Bis zum Inselberg bei km 25 locker angehen und dann rollen lassen.
Da es sehr voll ist (Teilnehmerrekord!) und ich keine Lust auf Stau habe, reihe ich mich recht weit vorne ein, was sich als hervorragende Idee erweist. Punkt 6 Uhr ertönt der Startschuss und wir rollen los. Es ist wie immer faszinierend, wie viele Zuschauer um diese Zeit schon auf den Beinen sind und uns anfeuern.

Zwischen Vorsicht und Tatendrang (Km 1-25)
Die Härteprobe des SM sind die ersten 25 Kilometer. Hier läuft man von knapp 200 Meter über NN auf den Großen Inselberg mit ca. 950 Meter über NN. Das ist schon knackig. Ungefähr die Hälfte der gesamten Höhenmeter, die dieser Lauf bereit hält, werden schon auf diesem Abschnitt verbraten. Wer sich hier abschießt büßt das hinten raus doppelt und dreifach. Mit diesem Wissen im Hinterkopf laufe ich vorsichtig an, gehe bei den steileren Steigungen, auch wenn ich sie kräftemäßig noch laufen könnte, und versuche die richtige Mischung zwischen „Flott“ und „vorsichtig“ zu finden.
Ich möchte heute nicht hetzen, aber auch nicht bummeln. Bei den Verpflegungsstellen werde ich ordentlich trinken, den leckeren Schleim zu mir nehmen, aber keine richtigen Pausen machen. Wenn das für das Ziel „Sub 7“ reicht – super! Wenn nicht – auch nicht schlimm!
Immer wieder spannend finde ich bei solcher Art Läufen, dass man sich immer in einer bestimmten „Wolke“ von Läufern bewegt. Es sind immer die selben 15-20 Läufer um einen herum, mal überholt man, dann wird man wieder überholt. Immer, wenn ein neuer Streckenabschnitt beginnt, ändert sich diese Wolke (weil man schneller oder langsamer wird) und andere Läufer umschwärmen einen. Sehr nett.
Nach 2:33 habe ich es dann geschafft, ich bin auf dem Großen Inselberg. Sehr schön. Das ging leichter als gedacht. Ich habe keine Ahnung, was diese Zeit aussagt. Ob es zu schnell (= abgeschossen) oder zu langsam ist für die sub 7. Naja, mal sehen!

Auf dem nächsten Abschnitt des Laufes, von der Grenzwiese (BOAH, war der Abstieg hier runter immer schon SO steil??? Nur fliegen ist schöner...) bei km 27 bis zur Ebertswiese bei km 37,5, der Halbzeit des Laufes, ist am leichtesten zu laufen. Es geht mehr oder weniger flach dahin, die Wege sind breit und gut. Nur etwas voll. Ich komme mit einigen Läufern ins Gespräch, lasse es rollen. Für diese knapp 11 km brauche ich nur 55 Minuten. Ein gutes Gefühl. Ich fühle mich noch locker und entspannt, das lässt sich alles doch sehr gut an. Frohgemut und optimistisch gehe ich den nächsten Abschnitt an.

Härteprüfung (Km 37,5-ca. 50)
Und hier ist irgendwie der Wurm drin. Ich weiß, dass die 2. Hälfte meine Stärke ist. Nicht nur beim SM, sondern eigentlich in jedem Rennen. Beim SM aber besonders: Bis zum Inselberg boin ich vernünftig, danach kann ich meine relativ gute Ausdauer und vor allem meine mentale Stärke und meine Fähigkeit, mich zu quälen ausspielen. Also bin ich es gewöhnt, auf der 2. Hälfte fast nur noch zu überholen. Und ich sollte die 2. Hälfte jetzt auch deutlich schneller laufen als die erste, wenn ich eine Chance haben will, mein Ziel zu erreichen.
Aber schon die erste Steigung nach der Ebertswiese ist zäher als ich sie in Erinnerung habe. Aber gut, geht noch. Dann wellt es sich so vor sich hin, in meiner Erinnerung konnte ich hier richtig gut laufen. Heute nicht. Zäh. Äußerst zäh. Und ich werde überholt. Und kann nicht dran bleiben. Moment mal, das sollte doch eigentlich anders herum sein. ICH wollte hier doch überholen. Geht aber nicht. Und die Kilometerzeiten erholen sich auch nicht in dem Maße, wie sie sollten. Hm, bestenfalls suboptimal.
Ich habe mir gemerkt, dass bei etwa Km 40 eine böse Steigung kommt, und... da ist sie schon. Ich laufe noch ein Stück, gehe ein Stück – und bin oben. Klasse.Das gibt Mut. Das war einfach. Jetzt die Marathonmarke.... wo kommt der Berg her? Was will die Steigung hier? He, du A... ich habe dich doch schon bezwungen... nein, habe ich nicht. Denn die heftige Steigung war bei Km 42 – nicht bei Km 40. Doof gelaufen, vor allem für den Kopf. Denn jetzt geht erst mal nichts mehr. Ich werde noch mehr überholt, ich stehe fast. Zumindest fühlt es sich so an. Die Strecke ist auch doof. Und der Untergrund. Und der Wind. Mir ist kalt. Ich habe Hunger. Alles doof hier. Lauter Bäume. So einsam. Echt doof. Hey,da hinten sind ja Zuschauer. Was machen die denn hier, ist meine Laufstrecke, die nerven. Sag ich ja, alles doof!
Und während ich so vor mich hin ningel (für die Nicht-Sachsen: vor mich hin jammere), habe ich auf einmal Kilometer 50 erreicht – und es wird besser. Der Wind legt sich, die Bäume sehen nicht mehr ganz so doof aus, der Untergrund ist mir viel sympatischer, auch die Läufer um mich herum haben sich echt zum positiven verändert – ich überhole sie nämlich wieder. Das kleine mentale Tief scheint vorbei zu sein. Und es ist schwer zu beschreiben: Mir ging es auf diesem Abschnitt nicht schlecht. Ich hatte auch keine echte Krise, so mit Ausstiegsgedanken oder so. Es war einfach doof. Gehört wohl zum Ultra dazu...

Besser, aber nicht gut: (km 50-64)
Aber wie die Überschrift schon sagt: Es wird besser – aber nicht gut. Denn der Lauf bleibt anstrengend. Ich laufe ihn immer noch recht locker. Ich muss von der Kraft her noch nicht beißen, aber jetzt fange ich so langsam an zu rechnen. Ich weiß einfach nicht mehr, wie lang der Lauf ist. 72,2? 72,7? 73? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich weiß noch, dass mein FR vor 3 Jahren mehr aufgezeichnet hatte als die offizielle Angabe war, aber ich kann mich ums Verrecken nicht mehr erinnern wie viel. Und so schwanke ich von 5-Km-Schild zu 5-Km-Schild zwischen: „Vergiss es, Sub 7 wird nichts mehr, lass locker angehen“ und „Na ja, vielleicht doch, lass mal sehen...“
Es ist wirklich ganz komisch und schwer zu beschreiben: Es geht mir körperlich hervorragend. Keine Schmerzen, keine Krämpfe, kaum Anzeichen von Müdigkeit. Auch mental ist es in Ordnung. Der Lauf macht Spaß, ich kann scherzen und lachen, habe Freude an der Bewegung und an der Landschaft (die Strecke ist schöner als ich sie in Erinnerung hatte). Ich werde definitiv eine für mich richtig gute Zeit laufen, und das bei einem Trainingslauf. Und trotzdem ist irgendwas nicht optimal. Es fehlt die letzte Motivation, mich noch mal in den Hintern zu treten, aber auch das letzte Stück „LMAA“, um locker angehen zu lassen. Und so läuft doch die ganze Zeit ein kleines komisches Wesen mit, das mich nicht ganz loslässt, ich es aber auch nicht richtig fassen kann. Ich hatte schon entspanntere Läufe...
Bei Km 54 am Grenzadler sind die Wanderer zum Großteil von der Strecke und es wird leerer, was ich als sehr angenehm empfinde (ABER: Ich muss allen Wanderfreunden ein Lob aussprechen: Nie hat mich jemand behindert, der Einsatz der Wanderstöcke war vorsichtig und vorbildlich, und überhaupt herrschte auf der Strecke ein tolles Miteinander!).
Und jetzt sitze ich an diesem Bericht und merke: Ich habe keine Erinnerung an diesen Streckenabschnitt. Na ja, ein paar schon, da war Wald, da war unebener Boden, da war am Beerberg der höchste Punkt der Strecke, es ging bergab, es ging bergauf. Ich bin viel gelaufen, ein wenig gegangen, habe ewig und drei Tage auf das 60-km-Schild gewartet. Also, ein paar Erinnerungen sind da, aber nix konkret berichtenswertes. Man lief halt so vor such hin und schwankte ob man sein Ziel wohl erreichen könne oder nicht.
Diese Frage, ob ich es versuchen will, mein Ziel zu erreichen, fiel an der Schmücke, besser gesagt, ca. einen Kilometer davor, und läutet den letzten, sehr stressigen Abschnitt dieses Laufes ein.

Stress, Hektik und Kampf (Km 64-Ziel)
Ich erinnerte mich, dass es direkt nach der Schmücke ein Straßenschild gibt, auf dem steht „Schmiedefeld 8 km“. Und auch Cathy sprach davon, dass es an der Schmücke nur noch 8 km seien. Also, noch 8 km. Kurz überschlagen: Lass es, mit Puffer, noch 8,3 km sein. Es kommt noch ein Anstieg. Als weitere Puffer rechnen wir mit einer Zielzeit von 6:59 glatt. Wenn an der Verpflegung der Schmücke meine Uhr auf 6:17:xx steht, versuche ich es. Dann müsste es machbar sein.
Verpflegung Schmücke: Scheiße!!! 6:17:39. Jetzt muss ich auch. Also, Becher Tee hinter geschüttet, Beine in die Hand genommen, los gerannt.
Erster Kilometer: 5:02! Passt. Wer hätte gedacht, dass das noch geht? Es müsste noch ein Anstieg kommen. Ich bin auf einmal so zuversichtlich, mein Ziel zu erreichen wie ich es den ganzen Lauf über nicht war. Ein bisschen kommt auch der Stolz durch: Ich habe bisher so gut wie jedes Ziel, das ich mir gesetzt habe, beim Laufen auch erreicht. Und so sollte es wieder sein. Hoffe ich.
Den nächsten Km verpasse ich auf meiner Uhr, km 3 dann wieder 4:52. Na bitte. Das wird sogar ein kleiner Puffer. Wäre da nicht die Unsicherheit bezüglich der Streckenlänge. Wenn das mehr als 73 km sind, dann habe ich ein Problem, dann ist das bei aller Liebe nicht schaffbar. Da müsste ich im Schnitt fast 4:15 laufen. Utopisch.
Da kommt sie, die letzte Steigung! HALLOOOO??? Wer hat die denn hier hin gebaut??? Die war im Profil nicht drin! Die war auch letztes Ml nicht da! Ganz sicher!Ich frage eine mir entgegenkommende Wandererin, wie lang dieses SCH**** Ding noch geht. Antwort: „Nicht lang, nur noch so 500 Meter!“ Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
Aus. Es geht nicht. Ich muss gehen. Vorbei. Das schaffe ich nicht. Das versetzt mir den Todesstoß. Unter 5 Minuten geht nicht. Ich werde es nicht packen... ich bin oben. Habe Zeit verloren, klar – aber geht da noch was? Weiter, weiter.
Letzter Verpflegungspunkt. Keine Zeit mehr um zu trinken. Ich frage im Vorbeifliegen: Wie weit noch? 4 Kilometer. Vier... noch 18:30... geht das???

Die nächsten drei Kilometer habe ich am Anfang geschildert. Jetzt bin ich bei km 72. Und habe noch 5:25 Minuten Zeit. Wenn es 72,7 Km sind, schaffe ich es locker, selbst bei 73 ist es kein Thema. Leicht euphorisch, mit allerdings doch etwas verbissenen Gesicht kämpfe ich mich weiter. Gebe noch mal Gas. Jetzt bloß nicht schwächeln. Mir wird schwindelig. Und mit jeder Kurve wächst meine Verzweiflung. Wo ist dieser verdammte Sportplatz?!? Nächste Kurve – wieder nix. Nächste Steigung, Kurve – nichts. Das kann es doch nicht geben. Meine Uhr piepst. Kilometer 73 in 4:09! Unfassbar. Ich habe noch 1:15 Minuten UND DIESES SCHEIß ZIEL KOMMT NICHT NÄHER!!!
Jetzt, da, das ist sie die letzte Kurve. Ich rufe den Zuschauern zu: Schaffe ich das in 50 Sekunden??? Das einzige, das ich bekomme ist ein mitleidiges Kopfschütteln. Ich biege um die Kurve,sehe den Zieleinlauf. Meine Uhr steht bei 6:59:35. Und das sind sicher noch 200 Meter. Unschaffbar. Ich fange an zu schimpfen. Zu fluchen. Gebe noch mal alles, als könnte ich damit die Uhr anhalten. Ich bin stinksauer. Endlich im Ziel angekommen, bleibt meine Uhr bei 7:00:15 und 73,4 km stehen. Und ich könnte kotzen. Reiße mir meine Mütze vom Kopf, und brülle mehrmals das böse Wort mit Sch... . Die Leute um mich herum schauen mich ganz verdattert an, sind leicht irritiert. Ich bedanke mich brav für meine Medaille und stampfe zur Zielverpflegung. Das war wohl nix...

Nachspiel
Keine 10 Minuten später kann ich über mich nur noch lachen. Spätestens nah der wohlverdienten Dusche und dem noch wohlverdienteren Bier bin ich mit mir wieder im Reinen. Sogar so weit, dass ich später im Zelt mit den 16 Sekunden auch noch gut kokettieren kann (nicht wahr, Peter?!?)!Eigentlich ist es ja völlig egal, ob ich 16 Sekunden schneller oder langsamer war. Ich bin mit meiner Leistung hoch zufrieden (bin begeistert, was da ab km 64 noch möglich war!!!) habe einen tollen Lauf hingelegt und ein Wochenende erlebt, dass ich in vollen Zügen genossen habe. Aber eines ärgert mich wirklich: Wenn ich gewusst hätte, dass ich es nicht schaffe, hätte ich mir diese Schinderei am Schluss erspart und meine Beine würden mir jetzt nicht so elende weh tun!!!

Über die folgende Party lege ich mal den Mantel des Schweigens. Nur so viel: An alle, die dabei waren: Es war mir eine Ehre, mit euch zu laufen und zu sa... äh, feiern! Und wer zu dieser Party nicht geblieben ist, dem ist echt nicht mehr zu helfen!
Zum Schluss noch die Erkenntnis, die nicht neu ist, aber jedes Jahr wieder erlebt werden kann: Das schönste Ziel der Welt steht sicherlich in Schmiedefeld! Bis zum 25. Mai 2013 zum 41. Rennsteig-SM. Ich bin dabei!
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Hallo Nachtzeche!

Vielen Dank für Deinen tollen Bericht - noch mehr aber für Deine Motivation bei KM 70, ohne die ich die 7 Stunden nicht geknackt hätte.
Denn als Du zu mir aufschlossest und mich so nett ansprachst, hatte ich gerade mein heimliches Laufziel aufgegeben. Aber Deine wilde Entschlossenheit, es lohne sich, zu kämpfen, und Deine absolute Überzeugung, wir werden die 7 Stunden schaffen, haben mich mitgerissen und noch einmal alles geben lassen. Und als ich kurz vor KM72 abreißen lassen musste, Dir nicht mehr folgen konnte, als Du mit motivierenden Schreien den letzten Mini-Anstieg hochflogst, war ich mir sicher, Du schaffst es.
Um so leid tut es mir, dass es nicht ganz gereicht hat, denn ich habe es - obwohl nach Dir im Ziel - nämlich noch geschafft: 6:59:57, Nettozeitnahme sei Dank! Und ich empfinde genau, was diese lächerlichen drei Sekunden emotional bedeuten können ...
Ich werde Dich in meinen Blog feiern, wenn ich denn auch mal meinen Bericht fertig habe.

Erhol dich gut und tausendmal DANKE! Schade, dass ich Dich im Ziel - obwohl ich nach Dir gesucht habe - nicht mehr gesehen habe!
Andreas
Letzte Wettkämpfe (mit Berichten):
06/10 Vierlanden Triathlon * 07/10 Challenge Roth | Swiss Alpine Marathon (K78) * 04/11 Berliner Halbmarathon * 05/11 Rennsteiglauf Marathon * 07/11 Salomon 4 Trails * 09/11 Münster Marathon * 10/11 Köln Marathon * 04/12 Hamburg Marathon * 05/12 Rennsteiglauf Supermarathon
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Blog: www.laufen-mit-diabetes.de

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Hey Andreas!

Wie cool ist das denn!!! Herzlichen Glückwunsch!!! Das freut mich wirklich wahnsinnig für dich - und das kann ich aus vollem Herzen und ohne jeden Neid sagen (ob das auch so wäre, wenn es um einen Marathon unter drei Stunden gegangen wäre weiß ich allerdings nicht... :teufel: )
Ich freue mich sehr, dass ich dir helfen konnte, dein Ziel noch zu erreichen - dann hat sich der Schlusssprint ja doch noch gelohnt!
Sorry, dass ich dich nicht im Bericht erwähnt habe, denn eigentlich warst du auch für mich echt wichtig, hat mir noch mal einen echten Schub gegeben, unser Gespräch. Aber irgendwie war da wohl alles Blut inden Beinen, da ist doch so ein gewisser Nebel über den letzten Kilometern... :peinlich:
Erhol dich gut, ich freue mich schon auf deinen Bericht! Und lass das mal mit dem "mich-feiern" - die Zeit bist du ganz allein gelaufen!!! :daumen:
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Ihr seid echt krass :D 4:nochwas nach 72km zu laufen.
Glückwunsch :daumen:

(Zur Zeit bereite ich mich auf einen Lauf um die Müritz vor... ich freue mich schon riesig drauf wenn ich das hier so lese (wenn auch nicht vergleichbar vom Profil und Kultstatus))

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Hey Nachtzeche,
mal wieder ein Super Bericht. Deine Berichte lassen sich immer wieder super lesen. Mach bloss weiter so. :daumen: :daumen: :daumen:
Total genervt von der penetranten Werbung hier im Forum:sauer:

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Hünsborn 2be Wild Radsplit 2016 ----> 01:16:13 --------------->20 km
Osterlauf Paderborn 2017 -------------> 00:30:54---------------> 5 km
SKS Bike Marathon Sundern 2017 ---> 02:11:37 --------------> 30 km
MTB Marathon Neheim 2017----------> 02:27:53 --------------> 35 km
10 km Plonka Lauf Salzkotten 2017---> 01:06:48--------------> 10 km
Deutsche Post Ladies Run 2017--------> 01:03:59 -------------> 10 km
SKS Bike Marathon Sundern 2018 ----> 02:28:09 -------------> 32.3 km
Osterlauf Paderborn 2018 -------------> 01:03:48--------------> 10 km
Deutsche Post Ladies Run 2018--------> 01:05:53 -------------> 10 km
Münsterland Giro 2018-----------------> 02:29:08 -------------> 65 km

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Hallo Chris,

toller Bericht und natürlich eine tolle Leistung für so einen Trainingslauf.
nachtzeche hat geschrieben:Sogar so weit, dass ich später im Zelt mit den 16 Sekunden auch noch gut kokettieren kann (nicht wahr, Peter?!?)!
Stimmt, und bei der Urkundenausgabe hast Du auch nicht geweint. :)
Gruß
Peter

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miatara hat geschrieben:

Stimmt, und bei der Urkundenausgabe hast Du auch nicht geweint. :)

....und es hat auch niemand gelästert :-))

Spaß beiseite,Klasse Bericht und super Leistung,auch ich hatte übrigens über 73 km auf meiner Uhr!

Saarotti

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Hi Chris!

Vielen Dank für den wunderbaren Bericht und Glückwunsch zu der wahnsinns "Trainingslauf "Zeit (Du bist echt irre :daumen: )!!!

Rennsteig wär ja mal was, aber diese ersten 25km bergauf mit 700HM, ich glaube, da muß ich noch viiiiel für tun :peinlich: .... Aber irgendwann muß ich auch mal nach Schmiedefeld :teufel:

Bin mal gespannt, wie das mit dem KoBoLT bei Dir laufen wird! Freu mich drauf!
Grüße aus dem bergischen Land,
Sanne

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Hallo Chris!

DANKE für deine SUPERTOLLEN Bericht. Du hast eine Spitzenleistung erbracht, nicht nur auf den letzten Kilometern.
Ich hab mich einfach RIESIG gefreut, dich endlich mal wiederzusehen (und auch die anderen Foris).

Schöne Grüße aus der Steiermark

Kraxi

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Sehr, sehr schöner Bericht...
da war ja alles dabei bei deinem Lauf.
Und die Schuld liegt eindeutig beim Veranstalter, der die Strecke nicht offiziell vermessen hat. :nick:
Ich hatte übrigens die Ehre mit Karin 55km zusammen zu laufen und habe dies sehr genossen.
Sehen wir uns wieder beim Wintermarathon in LE?
Dir gute Erholung und dann alles Gute für die 24 h.

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auenwaldläufer hat geschrieben:Sehr, sehr schöner Bericht...
da war ja alles dabei bei deinem Lauf.
Und die Schuld liegt eindeutig beim Veranstalter, der die Strecke nicht offiziell vermessen hat. :nick:
Ich hatte übrigens die Ehre mit Karin 55km zusammen zu laufen und habe dies sehr genossen.
.
Hab mich sehr gefreut dich bei diesem ERFOLGSLAUF kennen zu lernen und freue mich schon auf ein wiedersehen. (Sorry Chris fürs verwässern)

@Chris: Anscheinend hast du dir die Sub. 7Std. fürs nächste Jahr aufgehoben! ggg
Oder doch gleich Sub. 6:30?

LG

Kraxi

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Kraxi 1907 hat geschrieben:Hab mich sehr gefreut dich bei diesem ERFOLGSLAUF kennen zu lernen und freue mich schon auf ein wiedersehen. (Sorry Chris fürs verwässern)

@Chris: Anscheinend hast du dir die Sub. 7Std. fürs nächste Jahr aufgehoben! ggg
Oder doch gleich Sub. 6:30?

LG

Kraxi
@kraxi: die Freude war ganz meinerseits und schöne Grüße an Karin
@chris: bei sub 6:30 wäre ich immer an deiner Seite, womit wir wieder beim Thema wären :nick:

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Hi,

toller Bericht, super! Glückwunsch zum Lauf. Kann verstehen das es dich ärgert um die paar Sekunden, aber du hast es bis ins Ziel geschafft. :)
Laufen macht Spaß und den Kopf frei.
Den Spaß an "swim, bike, run" entdeckt :daumen:
2015 - Braveheartbattle finished + alle Jahre wieder Strongmanrun finsihed :D


Geplant 2015: Marathon Münster, Triathlon, Münsterland Giro :)
Aktuelle Fußwerk:
Brooks PureDrift , Saucony Type A6, Brooks PureGrit

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Hallo Chris,

toller Bericht - danke dafür!
16 Sekunden bei über 73 km, das ist schon sch**, ähmm doof :D .
Aber wie du schon schreibst, du bist ja nächstes Jahr wieder da :D .

...und ich vielleicht auch :D .

Walter
You can only fail if you give up too soon

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Was für ein Bericht!!! Obwohl, eigentlich ist er ja wie immer :P

Ganz herzlichen Glückwunsch zu diesem Ergebnis :respekt2: , die paar Sekunden holst du dir dann im nächsten Jahr (der Mensch braucht ja Motivatión :zwinker4: ).

Schade, dass ich nicht gerafft habe, wer du bist :peinlich: , sonst hätte ich dir lieber vor Ort gratuliert.

Gute Erholung und viel Erfolg in Reichenbach.

Viele Grüße
Anett
Radiergummi-Liga
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Hallo,

danke euch allen für die lieben Kommentare. Habe mich sehr gefreut!!! Bin doch immer wieder etwas überrascht, dass so viele es wirklich durchhalten (böse Zungen behaupten: ertragen :teufel: ) meine Ergüsse hier bis zum Ende zu lesen...
Ich freue mich immer über jeden Kommentar!
Canumarama hat geschrieben: Zur Zeit bereite ich mich auf einen Lauf um die Müritz vor... ich freue mich schon riesig drauf wenn ich das hier so lese (wenn auch nicht vergleichbar vom Profil und Kultstatus)
Den plane ich gerade auch. Noch nicht zu 100% fix, aber irgendwie muss man seinen Urlaub ja verbringen, oder??? :zwinker2:
miatara hat geschrieben: Stimmt, und bei der Urkundenausgabe hast Du auch nicht geweint. :)
Und darauf bin ich bis heute besonders stolz!!! :P Aber die Blöße wollte ich mir vor dir dann doch nicht geben... :baeh:
Fira hat geschrieben:Hi Chris!
(Du bist echt irre :daumen: )!!!
19joerg61 hat geschrieben:Du bist einfach Irre!
Wenn ihr das so übereinstimmend feststellt, muss da wohl was dran sein... ich befürchte es auch... :D :teufel:
auenwaldläufer hat geschrieben: Sehen wir uns wieder beim Wintermarathon in LE?
Dir gute Erholung und dann alles Gute für die 24 h.
Ganz so weit habe ich noch nicht geplant, ich wüßte aber nicht, was dagegen spräche. Und vielen Dank für die guten Wünsche. Bin seit gestern angemeldet und schon tüchtig nervös...
Kraxi 1907 hat geschrieben: Oder doch gleich Sub. 6:30?
auenwaldläufer hat geschrieben:bei sub 6:30 wäre ich immer an deiner Seite, womit wir wieder beim Thema wären :nick:
Ey, setzt mir keine FLöhe ins Ohr... Naja, 6:30 klingt doch noch recht verschärft, innerhalb eines Jahres. Wobei, ordentlich Höhenmeter trainiert, gescheit getapert, ein Jahr und ein paar tausend Kilometer mehr in den Beinen... wer weiß... Hey, seht ihr was ihr angerichtet habt?!?
@auenwaldläufer: Pass bloß auf, sonst komme ich auf dein Angebot am Ende wirklich zurück...

So far, liebe Grüße, die Beine sind so weit wieder locker und harren der ächsten Untaten - 3 Hunderter in 6 Wochen... :klatsch: :klatsch: :klatsch: Da kommt also einiges auf euch zu! :D

nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Hallo Chris,

Danke für Deinen spannenden Bericht zum Rennsteig-SM und Glückwunsch zu Deiner Superzeit, auch wenn Du damit das Ziel nur knapp verfehlt hast. :haeh: So bleibt zumindest ein Motiv für den Rennsteig SM in 2013! :daumen:

Ich wünsche Dir eine gute Erholung und weiterhin alles Gute für Deine nächsten Vorhaben - bis demnächst irgendwo bei einem schönen Lauf! :hallo:
Tschüss, sportliche Grüße aus dem Bergischen Land

Eckhard :winken:

"Radsport ist Mannschaftssport, 60 km/h und 30 cm Abstand zum Vordermann" (Robert Bartko)

Auch 2014 und danach wird weitergelaufen! :zwinker2:
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