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Swiss Alpine 2012 ein laaaanger Laufbericht Teil II

Swiss Alpine 2012 ein laaaanger Laufbericht Teil II

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Laufbericht über den K 78

Noch kurz meinem Schatz gewunken und schon ging es auf die Strecke. Die anderen Fories verlor ich auch augenblicklich aus den Augen. Lag zum einen einfach daran, dass ich es nicht gewöhnt bin, mit anderen zu laufen, meine Laufpartner waren immer mein Hund und/oder Wolfgang und ehrlich Wolfgang kann ich (obwohl er 13 Jahre älter ist) bei Weitem nicht das Wasser reichen. Wenn der wollte, zieht er mich ab wie nichts. Sprich, er passte sich immer meinem Schneckentempo an. Zum anderen wollte ich den Anderen auch nicht zeigen, wie nervös und voller Selbstzweifel ich war. Also iPod an und Ruhe. Dann fiel mir auf, dass ich beim überlaufen der Startmatte nicht meine Uhr abdrückte. Boah fängt ja gut an. Drücken. Mensch. Eine ca. 5 km Schleife in Davos lag vor mir. Zu meiner Überraschung stand da schon an Straßenrand mein Schatz (an der Talstation der Schatzalpbahn). Wie ist die denn da so schnell hingekommen bergauf und das mit den Krücken?? Und das Ganze in nicht einmal 15 Minuten.. echt diese Frau verblüfft mich immer wieder. Würde mich nicht wundern sie oben an der Keschhütte anzutreffen. Sie wollte mir ja eventuell irgendwo an der Strecke auflauern. Wobei sie beim Start nur zu mir meinte, bis heute Abend wolle sie nichts von mir hören und sehen.. Mal sehen. Was mache ich hier eigentlich für einen Quatsch. Ich bin wirklich total bescheuert. Mein innerer Schweinehund riet mir zum sofortigen Abbruch des Laufs. Mit der Bahn zum Hotel und wieder ab ins Bett. Hörte sich gut an. Ein Blick auf meine gestartete Uhr zeigte mir, dass wenigstens meine HF im normalen Bereich lag. Also die Medies waren verdaut, so warm war es auch nicht. Sei keine Pussy und laufe… Zumindest bis Filisur oder Bergün. Da kannte immer noch aussteigen. Blödmann.

Weiter ging es der Landstraße entlang und hoch nach Spina. Von da an hatte mich der Lauf bzw. die Natur, die Landschaft. Ich staunte wie ein kleines Kind über die Berge, die Täler, die Brücken, die Tunnels, den Geruch. Plöpp. Plötzlich waren wir in Filisur. Ich war mir eigentlich nicht bewusst, dass ich mich bei dem ganzen Staunen und Fotografieren auch noch in einem Renntempo erster Kajüte fortbewegte. Nach Filisur ist vor Bergün. Das Wetter meldete sich auch. Donner, hier bin ich, ein paar Tropfen gefällig. Aber die Abkühlung war eher angenehm. Nur hoffentlich verzog sich das bis oben zur Keschhütte. Ich wäre nicht sehr erfreut in einem Unwetter da hochzumüssen.

Jetzt ging es erstmals richtig hoch. In Serpentinen dem Berg entlang. Mein Blick wanderte und ich erkannte dort ooooooooben hinter der Mauer, da sind ein paar Punkte die bewegten sich vorwärts. Da soll ich hoch???? Hm. Doch es ging bzw. ich ging. Grundsätzlich hätte ich hier noch laufen können, aber ich wollte nicht riskieren mit einer überhöhten HF in Bergün anzukommen und dann bei Umziehen einen Kampf mit meinem Kreislauf auszutragen (das gab es schon zwei Mal in Biel, einmal mit einem K.O-Sieg Kreislauf). Das mit dem Umziehen erschien wirklich eine gute Idee. Ich war etwas durchfeuchtet und meine Schnürsenkel schon wieder auf (trotz Doppelknoten). Das würde sich mit den Salomons dann wenigstens erledigen.

Zwischenzeitlich mümmelte ich noch ein paar von den Gummidrops mit Kohlehydrat Gel. Alles wird gut. Nach vier Stunden erreichte ich dann Bergün. Zog mich um. Schnell den Chip vom Straßenschuh ab (zur Befestigung diente ein gekaufter Schnürsenkel, mittels fachgerechtem Kreuzknoten hielt der Chip) und mit dem Kabelbinder an den Salomon. Erste Schritte fühlten sich dann etwas merkwürdig an. Oh, hoffentlich gibt dass keine Probleme mit Sehne oder Fuß. Ich fragte noch die vorhandenen Helfer nach dem Wetter auf der Keschhütte. Was diese mir nicht beantworten konnte. Aber wie auf Bestellung kam die Antwort aus dem Lautsprecher. Auf der Keschhütte ist es sonnig bei 14 Grad. Aha. Regenjacke ließ ich also da nur die Armlinge band ich mir an den Gürtel (rein zur Vorsicht). Noch einen tiefen Schluck aus der Trinkflasche, die jetzt hier blieb. Zweiter „Trinkgürtel“ an, Startnummer, Gürtel mit iPod und Handy umschnallt und weiter geht’s.

War jetzt hier nicht auch Kilometer 40??? Hab ich wohl übersehen. Ach ich drück einfach. Eine knappe Minute später kam das Schild. ???. Gut drücke ich halt noch einmal. Vom Streckenprofil wusste ich, jetzt muss ich 14 km hoch zur Keschhütte. Zu nächst lief ich noch. Ich war sehr überrascht, dass mir die kurze Pause eigentlich sogar sehr gut bekommen ist. Ich mümmelte noch mal zwei Gelgummies und trabte die erste Steigung gemütlich hoch. Doch was war das. Foul. Foul. Foul. Ein böses Foul. Ich weiß nicht, ob das jetzt an dem Gelzeug lag oder an dem tiefen Schluck aus der Flasche. Keine Ahnung. Mein Magen stellte sich vor und meinte, er hätte jetzt doch ein gewaltiges Wörtchen mitzureden. Ups. Ich trabte zwar weiter aber trinken konnte ich nichts mehr. Und jetzt ging es wirklich hoch. Ich zwang mich zu trinken und zu gehen. Bei einem sehr steilen Stück spürte ich einen Stich in der Muskulatur des Beinbeugers. Nein nur jetzt keinen Krampf. Ich nahm jetzt mehrere Traubenzuckerplättchen (enthalten auch Magnesium) und versuchte noch was zu trinken. Tja liebe Freunde, es hilft nichts man muss Trinken sonst versagt die Muskulatur ihren Dienst.

Es ging weiter nach oben. Mittlerweile überholten mich auch etliche der K 42 Läufer. Wie konnten die nur so schnell den Berg hochlaufen? Die flogen förmlich an mir vorbei. Ich war jetzt echt stinkig. Auf die Flieger, auf mich, auf meinen Magen, auf meine kurz vor einem Krampf stehende Muskulatur, auf den Berg, auf die Keschhütte, den die kam und kam nicht. Das war bestimmt nur so eine urbane Legende, die gibt es nicht, ein Mythos, eine Fata Morgana, dazu da Läufer wie mich anzuhalten, so einen bescheuerten Berg raufzugehen. Von den Alphornbläsern, die es angeblich auch auf der Hütte gab, sah und hörte man ja auch nichts. Jetzt meldete sich noch das Wetter. Ein bisschen Nebel gefällig (oder war das eine Wolke die jetzt den Berg hochzog). Und plötzlich sah ich nichts mehr. Zwei Schritte vor mir die Läufer, sonst nichts. Hey jetzt bloß keinen Schnee. So ich hab keine Lust mehr. Ich höre hier und jetzt auf. Wenn es die Gisela irgendwie geschafft hat auf den Berg zu kommen, dachte ich so bei mir, dann haust du in den Sack. Lass mich mit dem Lauf in Ruhe und komme mir jetzt nicht mit irgend so einer bescheuerten Medaille der nem Finishershirt. Finishershirt so etwas Beklopptes. Kann man bestimmt bei eBay auch so kaufen. Ich war wütend, gleich spring ich jemanden an die Gurgel. Und so plötzlich wie der Nebel (oder die Wolke) kam, so schnell war sie auch wieder weg.

Blauer Himmel Sonnenschein. (Farin Urlaub trällerte gerade in meinem iPod.. Das Leben kann so schön sein, wenn das Wetter danach ist… *schwört*). Blick nach oben. Plöpp wie von Geisterhand dahin verfrachtet. Eine Hütte. Damit man auch als eindeutig halluzinierender Läufer weiß, welche Erscheinung man da vor sich hat, steht dort für jedermann sicht- und lesbar „K E S C H H Ü T T E“. Ja ohne diese Buchstaben hätte ich das echt nicht geglaubt. War bestimmt auch gelogen. Gleich kommt ein Helferlein sammelt alle Buchstaben ein und sagt dann Sufisant zu mir.. Nee ist nur ein Scherz. Um mit einem Fingerzeig auf eine Steilwand hinzuweisen… Da geht es weiter. Doch. Nein es kommt keiner. Die Buchstaben bleiben auch beim Näherkommen liegen. Und da *bitzt* ich bin doch gar nicht so schnell??? Ach nein ein Fotograf. Ich bin da. Ich kann es kaum glauben. Jetzt fragt mich auch noch jemand.. Thomas geht es dir gut??? Wenn Du wüsstest, Du würdest mich direkt einweisen. Lächelnd Äh… mir geht es gut doch ja. Ließ man mich passieren. Ich nahm jetzt etwas von dem Iso. Du brauchst Mineralien sonst läuft nichts mehr. Hinter der Hütte blieb ich kurz stehen und dehnte meine geschundenen Beine. Ich hielt nach meinem Schatz Ausschau. Ich war fest entschlossen, wenn ich sie sehe aufzugeben. Doch nichts war. Keine Erlösung. Ich war jetzt knapp sieben Stunden unterwegs. Halbzeit. Sieben Stunden ist das Ziel noch auf und knapp 25 km to go. Eigentlich wärest Du echt noch dümmer als dumm, wenn Du jetzt aufgeben würdest. Du musst eh irgendwie nach unten und nach Davos zurück. Warum dann nicht den Pfad entlang…

Gut. Weiter. Es geht jetzt erst einmal herunter. Meine Beine fühlten sich nach dem Dehnen auch etwas besser an. Mein Magen… Das Iso war zwar kalt aber nö nichts. Checked. Auch meine Knie zeigten Daumen hoch. Kurz muss ich zu Erläuterung erklären. Ich spielte früher einmal Handball. Deswegen sind meine Knie ein etwas neuralgischer Punkt. Auf Anraten von meinem Lieblings-Wolfgang lief ich bergab auch nicht grade, sondern quer zur Laufrichtung, wobei sich meine Beine dann kreuzten. Das entlastet die Knie ungemein. Will aber trainiert werden. Die Belastung verlagert sich dann auf die Adduktoren/Abduktoren. Da ich das aber schon eine ganze Weile so handhabe und im Studio mir auch eine Maschine zur Verfügung stand, mit deren Hilfe ich diese Muskeln gut trainieren konnte, nahm ich nun das Downhill in Angriff. Quasi…und ab geht die Luzie…

Und oh Wunder. Denn im Gegensatz zu meinen Beinbeugern ging es den Beinstreckern sehr gut. Banzai. Bergab. Ich rannte wirklich. Das machte echt Spaß. Noch durch zwei Schneefelder, über größere Steine. Plöpp plötzlich lag ich da ganz unvermittelt. So ein Wackelstein warf mich ab. Mistvieh. Oh Krampf in der Wade. Rings um mich kamen Hände auf mich zu. Man fragte mich nach meinem Befinden, ob es ging. Ja nur Wade… Krampf. Behände wie ein Ninja drehte ich mich und saß auf meinem Hosenboden mit ausgestrecktem rechtem Bein. Nein. Nur jetzt keinen Krampf. Ich kann nicht mehr sagen, ob es an den Kilos von Magnesium oder meinen Kompressionsstrümpfen lag (oder an beiden), der Wadenkrampf ließ sehr schnell nach und schwubs ehe ich es mir versah stand ich wieder auf meinen eigenen Beinen (den vielen helfenden Händen sei Dank). Ich wollte auch nicht doof rumstehen und lief dann auch (froh den Krampf los zu sein) wieder weiter. Über feuchte Wiesen, über Bäche, an fröhlich lächelnden Kühen vorbei, einen Fuß zur Erfrischung in einen Bachlauf haltend dem Sertigpass entgegen. So bergab lief es, bergauf ging es wieder. Und es stellte sich wieder dieses komische Gefühl im Beinbeuger ein. Toll. Ich folgte mit meinen Augen die Strecken. Auf der anderen Bergseite ging es hoch und kaum zu sehen dort oben gehen Leute. NEIN. Doch jetzt war mir das alles total egal. Wie ein Vieh, dass man zur Schlachtbank führt, fügte ich mich in mein Schicksal. Hoch. Immer die vor mir gehenden Hachsen im Blick. Der Kollege schien auch nicht mehr so ganz spursicher. Wenn der ausrutscht, fang ich ihn auf. Nee. Klar. Ich sah einfach nicht mehr nach oben. Mit dieser Illusion erreichte ich dann auch den Sertigpass. Nach dem Streckenprofil geht es jetzt 19 km nur noch bergab.

In Serpentinen geht es nun bergab über weitere Geröllfelder. Kurz vor der nächsten Verpflegungsstation verbreitert sich der Weg. Ich überhole einen K 42er, der mich kurz darauf wieder überholt. Ich ließ ihn vorbei und lauf ihm hinterher. Er ist von ähnlicher Statur wie ich und läuft einen herrlichen kurzen Schritt. Ich werde sein Schatten. Das zwingt mich ebenfalls zu kurzen Schritten, die meine Muskulatur nicht zu sehr fordert. Es rollt. Nach fast 60 gelaufenen Kilometern rollt es. Ich glaub es nicht. Die Sonne prallt jetzt auch herunter. Ich schwitze aus allen Poren. Doch im Gegensatz zum Donnerstag genieße ich das Ganze irgendwie. Es wird etwas steiler und mein Vordermann geht zur Seite. Gut, dann gebe ich jetzt Windschatten. Doch mein bisheriger Vorläufer folgt mir erst einmal nicht. Ich quer zur Laufrichtung rennend bin dann doch etwas zu schnell. Bei der nächsten Verpflegungsstation kommen wir kurz ins Gespräch. Er bewundert meine Schnelligkeit, obwohl ich ja schon 36 km mehr in den Beinen habe (wenn er wüsste, wie nah ich an einer Aufgabe war, doch daran verschwende ich jetzt keine Gedanken mehr) ich schwärme ihm von dem Kreuzschritt vor. Ja auch er habe jetzt Knieprobleme, doch so quer ginge jetzt auch nicht mehr, da seine Adduktoren auch nicht mehr wollen. Wir laufen kurz gemeinsam. Es geht wieder bergauf. Ich wünsche ihm viel Glück, bei mir reicht es nur noch zum bergauf gehen. Er läuft und meint bei dem Nächsten bergab würde ich ihn ja wieder treffen. Hey, frage ich mich, sollte es nach dem Streckenprofil nicht nur noch bergab gehen. Alles Lüge heute. Toll. Aber tatsächlich nach dem kurzen Anstieg ging es auch schnell wieder bergab. Mir gelang es noch einmal meinem Kumpel einzuholen. Am nächsten Anstieg ließ ich ihn dann aber endgültig ziehen.

Kilometer 70 kam und ich zog mein Handy und smste meiner Frau „Noch 9“. So jetzt weiß sie bescheid und ich auch. Noch neun Kilometer und noch mehr als fünf Stunden Zeit. Unglaublich. Ich wurde mir gewahr, dass ich das schaffen kann. Selbst, wenn ich ab jetzt nur noch gehe. Für 9 Kilometer brauche ich maximal 1:30 Std., so rechnete ich. Das klappt. Das klappt. Das klappt. Davos ich komme. So ging ich bergauf und lief bergab. Und tatsächlich ging es mehr bergab als bergauf. Wir liefen jetzt auch wieder mehr im Wald, sodass auch für Schatten gesorgt war. Kein Asphalt, das kam auch meiner Muskulatur sehr entgegen. Auf einer Lichtung konnte ich auf den gegenüberliegenden Berg doch tatsächlich die Schatzalpbahn erkennen. WAHNSINN. Die nächste SMS noch vier. Ich lief wieder und dann ging es noch einmal bergauf. Jetzt trug der Wind auch eine Stimme zu mir (ich höre Stimmen…). Das muss die vom Stadionsprecher in Davos sein. Es kann nicht mehr weit sein. Bergab ging es jetzt nur noch. Wir trafen auf weitere Läufer einer anderen Distanz. Mir war zum Heulen. Und der Himmel tat es mir gleich. Er öffnete seine Schleusen und heulte mit mir. Wieder auf Asphalt über den Fluss noch etwas bergauf. Ich lief, ich wollte jetzt ins Ziel. Zu meinem Schatz. Die wird bestimmt mich ganz vorwurfsvoll anschauen und nur sagen, siehst Du ich habe es doch gewusst, dass Du das schaffst. Die Straße entlang, ins Stadion.. Wo ist denn die Gisela. Ich muss rechts. Der erste Bogen die Zielmatte. Das nehme ich auf. Davon träumte ich die ganze Zeit. Der Zieleinlauf, wie im Video. Ich bin da. Drück die Uhr (10:17 irgendwas). Ich fasse es nicht und lass meine Tränen freien Lauf. Ich kann nicht mehr und bin emotional total am Ende.
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Was mit einem Prolog beginnt, soll auch mit einem Epilog enden.

So stand ich da im Ziel. Mein Handy funktionierte wegen der dicken Regentropfen nicht. Gisela nicht zu erreichen und nirgendwo zu sehen. Jetzt die gewünschte alkoholfreie und isotonische Gerstensaftkaltschale. Nie war ein Bon so wertvoll wie heute. Ich hatte Durst (wie jedes Mal nach so einem Lauf). Man reiche mir einen Strohhalm, ich sauf den Bodensee leer.. Ok den vielleicht nicht, aber den von Davos bestimmt. Handy funzt immer noch nicht. Dann geht niemand ran???? Bin ratlos und ersauf mich erst einmal. Da gib es die Medaillen. Oh.. Die ist toll. Jetzt noch ein Shirt. Jaaa die sehen genauso toll aus wie im Internet dargestellt. Ich bin vollkommen nass und fang an zu frieren. Ich rufe noch einmal an. Ja.. Wo bist Du denn. Ich bin im Ziel. Wo bist Du.. Ja auch hier. Ich sehe dich nicht. Aber ich erblicke sie. Unter all den Menschen steht sie keine zehn Schritte vor mir. Augen von hinten bedeckend, drehe ich sie um. Sie freut sich und strahlt mich an (mein Held, ja liebe Forengemeinde so muss sich Errol Flint gefühlt haben). Wir umarmen uns (so gut dass eben im Regen geht). Ich muss unter die Dusche, fange an zufrieren.

Wir machen uns auf dem Weg zur Eissporthalle. Mein Rucksack ist auch schnell gefunden. Jetzt Duschen. Die befinden sich in einer Schule 200 m von hier. Ich gehe vor. Frierend winke ich meinem Schatz da müssen wir hin (200 m können echt weit sein). Doch auch diese Distanz ist schnell bewältigt. In der oberen Umkleide kann man sich noch nicht einmal drehen. Von unten stakst ein Läufer nach oben. Ich frag, ob sich unten auch Duschen befinden. Er bejaht. Ich eier nach unten. Ja, besser, viel besser, quasi leer. Ich stehe unter einer warmen Dusche tolles Gefühl, einfach geil. Pflaster von der Brustwarze abreißt. Etwas dehnen. Ich beeile mich dennoch. Ich will die beste Frau von allen nicht länger im Regen stehen lassen. Ich ziehe was Langärmliges an und packe das Finishershirt aus. Ja. Die Regenjacke befindet sich im roten Rucksack. Doch Moment, den muss ich ja auch noch abholen. Mit stolzgeschwellter Brust die Treppe hoch nach draußen. Gisela wartet draußen in der Kälte. Sie wollte nicht rein.

Auch für sie war das ein langer Tag. Ich schicke Sie in Hotel. Ich muss mich ja noch um den roten Rucksack kümmern. So gehe ich zurück zum Stadion und versuche irgendjemanden vom Orgateam oder einen Helfer zu finden (mentaler Breakdown führt zu komischen Gedanken, sprich ich ging umher wie ein aufgescheuchtes Huhn, ohne Sinn und Verstand). Ich ging zum Zielbereich und sprach auf gut Glück dort jemanden an. Ja der Effektenbeutel, die sind in der Eissporthalle. Toll da komme ich doch gerade her. Also wieder hin. Unterwegs treffe ich kurz auf Saarotti. Er ist auch schon da und wuselt herum. Es entwickelt sich nur eine kurze Unterhaltung und weg isser. Bin einfach zu Müde, um hinter ihm herzurennen. Vor der Eissporthalle fragte ich einen der Helfer im Regenponcho nach den Sachen aus Bergün. Die sind oben für die K 78. Wie jetzt, da holte ich doch schon meine anderen Sachen ab. Also wieder die Treppe hoch und tatsächlich mein roter Rucksack. Der muss kurz, nachdem ich den anderen holte, auch hier eingetroffen sein. Warum war der jetzt nicht fünf Minuten früher da. Toll. Na, ja. Regenjacke rausgekramt. Angezogen. Auf zur Bahn. Wieder berghoch. Ich stellte fest, dass bei dem ganzen Herumgerenne meine Muskulatur wirklich lockerer wurde (auslaufen auf Davoser Art). Egal.

In die Bahn und ins Hotelzimmer. Gisela traf eine Bahn früher ein und begann bereits die Klamotten aufzuhängen. Ich bat sie mir noch die Badewanne mit kaltem Wasser einzulassen (kaltes Wasser, so stellte ich fest, hielt meine Probleme mit der Achillessehne im Griff, außerdem las ich irgendwann mal, dass die Spitzensportler – Paula Radcliff im Besonderen –sogar mit Eiswürfeln baden würden. Daher ab ins kalte Wasser. Zwei Mal raus und wieder rein. Irgendwie fühlte ich mich wirklich frischer. Jetzt ging es ab zum Abendessen. Glücklicherweise gab es das Dessert in Form eines Buffets. Kalorien pur. Genau das, was ich brauchte.
Und überall um mich herum glückliche Gesichter der anderen Finisher. Man unterhält sich und tauscht sich über seine Erlebnisse während des Laufs aus.

Bald ging es für mich dann wieder ins Zimmer und kurz danach auch ins Bett. Meine Hüfte, mein rechtes Knie und mein linker Fuß schmerzten, sodass ich etwas Zeit zum Einschlafen benötigte. Egal. Meine Gedanken kreisten noch um den Lauf. Ich habe es geschafft. Ich kann es kaum glauben. Wie geil ist das denn.

War das ein Abenteuer und wie schön war der Lauf…….
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Hallo Tom

Zuerst mal Gratulation zur erbrachten Leistung und zum tollen Bericht. Beim lesen fühlte ich mich gleich wieder um zwei Wochen nach Davos zurückversetzt. Obwohl ich nur den C42 gelaufen bin hatte ich das Gefühl beim lesen deines Berichts den K78 gelaufen zu sein…. wirklich toll geschrieben, danke für die Reise über die 78 km.
Ich finde es immer wieder interessant zu lesen das auch andere Läufer interessante Vorgeschichte haben und an Selbstzweifel leiden. In den Wettkämpfen am Start hab ich jeweils immer das Gefühl, dass ich der einzige bin der den Schiss in der Hose hat…… :zwinker2:
Toll das dich Gisela so stark unterstützt, es ist wirklich ein Segen wenn die eigene Frau so hinter deinem eigenen Hobby steht. Auch ich habe das Glück das sich meine Frau für solche Anlässe begeistern kann und mich jeweils zu den Wettkämpfen begleitet. Leider ist sie am Swissalpine wegen unserem Baby erst am Sonntag angereist. Nächstes Jahr bin ich dann auf jeden Fall wieder dabei, Denise & Levin werden mich dann von Anfangen begleiten……. und wer weiss, vielleicht trifft man sich dann ja wieder im Kaffee Klatsch auf Kaffee & Kuchen.

Stehen bei dir dieses Jahr noch Wettkämpfe auf dem Terminplan? Wie sieht es nächstes Jahr mit dem 100km von Biel und dem Swissalpine aus?

Beste Grüsse aus der Schweiz (auch an Gisela)

Stefan

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Hi Stefan,
vielen Dank für die Grüße, ich soll auch zurück grüßen.
Ja, ohne dass das Umfeld hinter einem steht geht es bei einem doch in der Spitze sehr zeitaufwendigen Hobby nicht.
Da ich jetzt incl. Biel so quasi zwei Jahre durchtrainierte, muss ich meinem Körper jetzt mal eine Auszeit geben, sprich nein dieses Jahr ist das Pensum erfüllt. Was nicht heißen will, dass ich überhaupt nicht Laufe. So einmal in der Woche einen Zwanziger und dann noch ein oder zwei Läufe drum herum. Dann gehe ich noch zwei bis drei Mal ins Studio... mal sehen nächstes Jahr liebäuge ich mit der Brokenchallenge mal sehen.
Und selbst. nächstes Jahr den 78???
Noch liebe Grüße (auch von Gisela)
Tom
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So jetzt hab ich mich auch endlich durch die beiden langen Berichte durchgekämpft. Es war schön, nochmals geistig die ganze Strecke abzulaufen, während ich den Bericht gelesen habe. Toll gelaufen und tapfer gekämpft, trotz den widrigen Vorbereitungsbedingungen.
Mit vielen Grüssen, Marianne
Antworten

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