Banner

Premiere des Ecotrail de Bruxelles

Premiere des Ecotrail de Bruxelles

1
Inspiriert vom Pariser Erfolg, hat Brüssel nun auch seinen Ecotrail. Überzeugend trailig fand ich ihn allerdings nicht, aber der Reihe nach.

Nach meinem Ultratrail du Vercors am 7. September hatte ich gezögert, mich für den Ecotrail anzumelden - 3 Wochen Abstand schien mir knapp. Aber als ich sah, daß es zum Teil über meine Lieblingswege gehen würde und bei km 45 in 500m Abstand an unserem Haus vorbei, war klar, daß ich dabei sein mußte.

Die Startunterlagen gab es am Vortag am Ziel des Laufes - was Paris sein Eiffelturm, das ist Brüssel sein - na klar, das Atomium. Und da es in Paris die Plattform ist, sollte es in Brüssel eine der Kugeln sein :) Über den Charme der Strecke bis dorthin hatte ich allerdings so meine Zweifel....

Am Samstag versammeln sich ca. 200 Trailwütige an einem sehr hübschen Schlößchen mit dem Namen Solitude (Einsamkeit) am Waldesrand. Bestes Herbstwetter. Nach dem seit Jahren üblichen Briefing auf Französisich und Flämisch - es lebe der Sprachenzwist - setzt sich die bunte Truppe um 12:50 in Bewegung, eine Startzeit so gar nicht nach meinem Geschmack, aber das Atomium sieht bei Nacht halt besser aus...

Die folgenden 43km sind einfach nur schön. Singletrails sind zwar die Ausnahme (aber durchaus vorhanden), aber es geht leicht hügelig über Park- und Waldwege durch den riesigen Foret de Soigne, alles leuchtet im Herbstlicht. Der erste Ravito liegt bei km 21 an einem Chalet mitten im Wald. Danach sind wir auf meinem üblichen Playground, hier kenne ich jeden zweiten Baum mit Vornamen :zwinker5: Der zweite Ravito bei km 40 liegt an einer Schloßruine in einem Park am Waldrand, sehr malerisch. Schließlich verlassen wir den Wald - dort, wo ich ihn in den vergangen Jahren schon hunderte Male verlassen habe - und biegen in die Straße zu mir nach Hause. Hätte mir der Vercors noch zu sehr in den Beinen gesteckt, hätte ich hier aufhören können. Aber es läuft prima, immer wieder überhole ich Läufer. An einer Ecke stehen mein Mann und meine Tochter, sie haben gar nicht lange warten müssen, ich liege in meinem (optimistischsten ) Zeitplan.

Die Grundidee des Laufes sollte sein, der Promenade verte, dem "Grünen Spazierweg" zu folgen, der ringartiger die weiter aussen gelegenen Brüsseler Parks verbindet. Aber zum Teil sehr willkürlich, es kommt eine recht merkwürdige Streckenführung zustande. Die nächsten 3km sind noch ganz nett- Villenviertel, kleiner urwaldartiger Wald dazwischen, noch ein Stück Strecke, das ich gut kenne. Dann erreichen wir die vielbefahrene Rue de Stalle, nochmal ein Stück Grün, das ich mit einem Franzosen schwatzend durchquere, dann wird es noch gruseliger, als ich es mir vorgestellt habe: Industriegebiet, Parklplatz mit stinkender Frittenbude, IKEA Zufahrtsweg, Strassen, Beton, Heizkraftwerk... Das hatte ich befürchtet, Brüssels Westen wird seinem schlechten Ruf gerecht.

Schließlich erreichen wir den Kanal, den wir bis zu einer Brücke hinauflaufen und auf der anderen Seite wieder ein Stück hinunter. Inzwischen ist es kühler, der Wind ist unangenehm. Nett ist nur, die anderen am anderen Ufer zu sehen, ansonsten ist dieser Kanal völlig trostlos, der betonierte Weg hart unter den Füßen. Endlich biegen wir ab, es wird ländlicher, Maisfelder, Hundeschulen, Hunderte aufgereihter reifer Kürbisse. Schneller als erwartet kommt der letzte Ravito bei km 60. Tucs kann ich noch essen, aber sonst will nichts mehr so recht runtergehen, obwohl ich mich nach wie vor sehr gut fühle. Es dämmert schon. Stirnlampe raus, Pulli drüber, weiter.

Von nun an suche ich aller paar Minuten nach dem Weg. Zwar sind einige Markierungen reflektierend, aber nicht alle. Wenn es über Feldwege, durch kleine Wälder und Parks geht ist, findet man die Markierungen einigermaßen, aber in den Wohngebieten, durch die es immer wieder geht, gibt es einfach total viel reflektierendes Zeugs; die Markierungen auszumachen, ist schwierig. Daher tuckere ich mich an andere Läufer, arbeite mich von einem "Orientierungshelfer" zum nächsten weiter. Immer wieder laufen wir mal einige hundert Meter falsch. An etlichen Strassen sind Helfer postiert, aber an Ampeln müssen wir warten :)

Der Garmin ist längst jenseits der 70. Keine Spur vom Atomium zu sehen. Immer wieder Wohngebiete, Haken schlagen, kleine Parks durchlaufen. Es nervt ein bißchen. Urplötzliche sehe ich das Atomium, keine 500m von mir entfernt - gleich geschafft, unglaublich, es ist noch weit vor 10!......Ein Helfer weist mich in einen abgesperrten Weg ein - der vom Atomium wegführt!!!! Jetzt fällt mir auch wieder ein, daß wir ja am Ende noch den stockdunklen Schloßpark Laeken bewundern dürfen, oh nein, das brauche ich wirklich nicht mehr. Aber es fehlen auch noch ein paar Kilometer, das paßt schon. Und nochmals geht es hoch und runter, irgendwie müssen die 1100 Höhenmeter Anstieg ja zusammenkommen....

Als ich den Park endlich durchquert habe und das Atomium wieder sehe, ist es natürlich viel weiter weg als vorher....Ich schaue auf die Uhr, das schaffe ich noch bis 22:00, ich gebe Gas. Die Zielgerade, dann sehe ich meinen Mann und meine Tochter, die mich die (sonst für Besucher gesperrte) Treppe zur Kugel hoch begleiten dürfen. Finisherfoto zu dritt auf der Plattform, und dann bin ich endlich da - nach 9:10 Std. als 61., 7. Frau und 4. der AK, schade, die Petzl-Lampe für den 3. Platz hätte ich gern genommen, um eine knappe Minute verfehlt. Ich bin dennoch total überrascht, dass ich so weit vorn liege.

Zum Glück geht es per Rolltreppe nach unten. Die wenigen Meter bis zu unserm Auto kann ich nur schlecht gehen, das war einfach zu viel harter Untergrund für mich. Unter Trail verstehe ich was anderes. Ich weiß nicht, wie der Eco Trail de Paris ist - dieser hier verdient bestenfalls für die ersten 43 km mit gutem Willem das Prädikat Trail, dann ist es ein Stadtrandgebietslauf mit ca. 10km Industrieödland, dann Wohngebieten, vielen Parks und Wäldchen. Im Atomium anzukommen hat was, das gebe ich zu. Nochmal machen würde ich es nicht, aber für 1 Mal durchaus eine nette Erfahrung. Insofern hat der Lauf sicher Zukunft, zumal auch noch 19km Duo, 25 km Solo und 80km Bike-Run-Bike für Dreierteams (freier Wechsel der Fortbewegungsart) angeboten wird.
Also ausprobieren!

Grüsse aus Brüssel
Anke
Antworten

Zurück zu „Ultralauf“