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...ich bin also gewandert

...ich bin also gewandert

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Hallo und guten Morgen!

Manche von Euch haben meinen Bericht vorletzten Sonntag vielleicht gelesen, dass ich Urlaubsbedingt meinen Streak unterbrechen mußte. Nun will ich mal erzählen, wie es "gelaufen" ist.

Wir sind Sonntag noch nach Airolo (Schweiz) gefahren, da wir uns nach langem hin und her dort eine Tour ausgesucht haben. Eine Unterkunft zu finden war nicht so einfach wie gedacht und dazu nicht billig.
Schließlich sind wir doch noch in einem Hotel untergekommen (teuer aber ganz nett).
Am nächsten Morgen haben wir unsere Sachen gepackt, das Auto auf einem großen Parkplatz in Airolo abgestellt (Rennräder drin, ich hatte ganz schön Angst, dass es geknackt wird) und mit Rucksack losgewandert. Der Rucksack war nicht soooo schwer, wir hatten je nach Verlauf 1-2 Übernachtungen eingeplant. Die Strecke am 2. Tag war noch nicht sicher. Aber ein paar Kilo kommen da leicht zusammen. Davor hatte ich ziemlich Angst, da ich eine Arthrose der Zwischenwirbel, und deshalb oft starke Rückenschmerzen habe.
Um halb neun war es endlich so weit. Alles war gepackt, Sonnenschutz aufgetragen, Wasservorräte aufgefüllt.

Angegeben war die Strecke mit 7 1/2 Stunden reine Wanderzeit. Und es ging erst mal nur bergauf, vorbei an grasenden
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und es zog und zog sich ewig.
Nach zwei Stunden machten wir in der Nähe einer Hütte die erste Rast. Heißhungrig habe ich mich auf mein Essen gestürzt, als ich hinter mir ein schmatzendes Geräusch hörte: ein riesiger, zotteliger, dreckiger, stinkender Bobtail stand direkt hinter mir und versuchte mein Brot zu hypnotisieren.
Da er einen recht friedlichen Eindruck machte, bot ich ihm, sehr zum Schreck meines Begleiters, den freien Platz neben mir an an. Er nahm dankend an und starrte weiter auf mein Brot. Also gut, ich teilte also mein rationiertes Essen mit diesem Riesentier...aber er wollte es nicht. Er dreht den Kopf weg, als wollte er sagen: von Fremden nehm ich nix.
Er blieb nur weiter stumm neben mir sitzen und schaute zu, wie ich aß.

Wir liefen also weiter, und liefen und liefen und liefen...immer bergauf. Die Landschaft war atemberaubend und wunderschön. Der Weg war steil, aber jederzeit gut begehbar, sehr gut markiert und man hatte viele tolle Aussichtspunkte.
Schließlich hatten wir irgendwann unseren Pass erreicht, von dem aus es ins nächste Tal ging (wer sich dort auskennt: Von Airolo über Nante zum Passo Sasselo)
Am Passo Sasselo lockte noch der gleichnahmige Pizzo. Klar, wollte ich auf den Gipfel. Aber wo war der Weg?
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Tja, es gab keinen, und so fingen wir an, einen schrecklich steilen Gras-Steinhang hinauf zu klettern. Die Rucksäcke hatten wir am Pass gelassen. Es ging ganz gut, bis wir oben am Grat waren. Der Gipfel war zum Greifen nah, die Kletterei war nicht zu schwierig, aber nach rechts und links fiel es furchtbar steil ab. Ich schaffte noch den kleinen Vorgipfel, dann hatte ich die Hosen voll....
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Da es Dinge gibt, die man mit über 40 nicht mehr lernen muss und ich mit heiler Haut davon kommen wollte, entschloss ich mich, auf den Gipfel zu verzichten. Auch die Seilsicherung konnte mich nicht vom Gegenteil überzeugen.
Zurück am Pass setzten wir unseren Weg fort, es ging "nur" noch bergab, und zwar sehr steil. Unser Ziel war Fusio, ein Bergdorf in der Nähe eines Stausees. Und wir liefen und liefen und liefen. Meine Knie und Oberschenkel fingen an zu schmerzen und die Schritte waren sehr mühsam.
Schließlich erreichten wir abens um halb sechs doch Fusio, wo wir bereits in einem Massenlager vorgebucht haben. Ich wollte nur noch liegen, essen und schlafen. Wir hatten Glück. Das Massenlager (10 Plätze) war sehr sauber und ordenlich, bis auf uns leer, es gab ein richtiges Bad und nach einer heißen Dusche, einem Berg Nudeln und einem halben Liter Rotwein sah die Welt schon wieder besser aus. Ich habe später geschlafen wie ein Stein. Das böse Erwachen dann am nächsten Morgen: der Schlafraum war im Obergeschoss und ich kam kaum die Treppe runter...Muskelkater, und wir hatten noch eine Tageswanderung vor uns.
Nach einem guten Frühstück ging es also wieder weiter. Wir wollten über den Passo Campolungo (ups, hoffentlich hieß der auch so) nach Rodi und von dort mit dem Bus zurück nach Airolo. Vorher hatten wir noch eine weitere Hütte geplant, aber in Anbetracht meiner mangelnden Klettereignung doch davon Abstand genommen. Und es ging wieder rauf, immer nur rauf, stundenlang in ziemlicher Hitze. Aber es lohnte sich, die Landschaft machte jede Anstrengung wett.
Gegen Mittag erreichten wir den Pass und es ging wiederum nur bergab. Meine Oberschenkel wollten sich gerne von mir verabschieden, aber es ging irgendwie doch. Der Weg wurde nach einer weiteren Stunde etwas weniger Steil und führte irgendwann zu einem wunderschönen Bergsee. Man sah ihn schon lange von oben und kam ihm auf einem wunderschönen Pfad langsam näher. Und dann kamen wir zu einer bewirtschafteten Hütte, an der es eine Kabinenbahn nach Rodi gab. Und sie fuhr sogar! Wir mußten nicht lange diskutieren, sondern waren froh, unsere Knie nun schonen zu können und fuhren in 10 Minuten runter. In Rodi trafen wir zwei nette Schweizerinnen die uns in ihrem Auto mitnahmen nach Airolo.
Wanderschuhe aus, frische Sachen an, essen+ trinken und ab an den Lago Maggiore.
Meinen Rücken und mein rechtes Bein (Ischiasschmerzen, eigentlich zu Hause immer halb taub und schmerzhaft vom sitzen) habe ich nicht einmal gespürt. Rucksack zu tragen war problemlos. Ich war müde und kaputt, aber glücklich.
Aber: ich hatte die nächsten Tage den Muskelkater meines Lebens. Noch nie, auch nicht nach einem Marathon, mußte ich Treppen seitlich oder rückwärts gehen. Ich lief, als hätte ich versteifte Knie und war komplett instabil.
Also hab ich Laufschuhe und Rennrad stehen gelassen und hab mich am Lago Maggiore faul in die Sonne gelegt, bin - sehr langsam - bummeln gegangen, Gelati gegessen und es mir gutgehen lassen. Am zweiten Tag bin ich 40 min Rennrad "gerollt" und das wars....!
Die Ruhe hat mir aber gut getan und ich konnte mich richtig entspannen. Mein Freund hat dann allein einige Rennradtouren unternommen. Er ist sehr viel fitter als ich und erfahrener Bergsteiger.

Jetzt wieder zurück bin ich einmal kurz gelaufen, 50 km Rennrad gefahren und so langsam verabschiedet sich der Muskelkater. Aber Reste sind noch da!
Das nächste Mal heb ich einige Wochen vorher mal mein Gesäß vom Sofa und fange schon vorher an zu wandern. Das bissel Joggen reißt es einfach nicht raus.

Nun, so lang wie der Muskelkater, war jetzt auch dieser Bericht ;) Ich hoffe, er hat trotzdem einige interessiert!

Grüße von Rebecca

Jeder wird des Weges geführt, den er wählt

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Hallo Rebecca,

das kommt mir sehr bekannt vor, Muskelkater in den Oberschenkeln vom vielen Bergabwandern, und die Lager auf der Hütte im Obergeschoss ... da bin ich die Treppe auch schon rückwärts runtergekrochen :D
Ich hoffe, Du konntest die Tour trotzdem genießen! Netter Bericht, schöne Gegend dort, ich bin mal von Airolo aus auf halber Höhe das Tal langgewandert, das ist auch klasse.

Grüße,
Julia

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Original von Rebecca:

Hallo, heute ist der 82. Tag meines Streaks und es werden nicht mehr als 83 Tage.
Wir fahren am Montag in Urlaub und machen eine mehrtägige Hüttentour. Zunächst waren nur Tagestouren geplant, da hätte ich einen kurzen Lauf irgendwie untergebracht um den Streak nicht zu unterbrechen. Aber wenn man tagelang nur mit Rucksack von Hütte zu Hütte wandert - weiß nicht, wie ich da laufen soll. Es würde schon an den zusätzlichen Laufklamotten scheitern. Rucksack ist schon schwer...dann noch laufschuhe etc...das klappt nicht.

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Manche von Euch haben meinen Bericht vorletzten Sonntag vielleicht gelesen, dass ich Urlaubsbedingt meinen Streak unterbrechen mußte. Nun will ich mal erzählen, wie es "gelaufen" ist.
Hall Rebecca,

dein Bericht hat mir gefallen, doch den ersten Absatz verstehe ich nicht ganz. Ich hatte noch niemals Schwierigkeiten Bergwandern und Laufen zu kombinieren und bin auch wenn ich nur wandere, wie als Halbinvalide in der letzten Woche bei gutem Wetter mit Laufausrüstung unterwegs:

http://www.querbeet-freizeit.de/Zugspitze/zugspitze.htm


Die Routenbeschreibung hat es hier:

http://f27.parsimony.net/forum67223/messages/3021.htm


Meinem lahmen Bein zuliebe war es diesmal eine Anderthalbtagestour mit zwei Begleitern angemessener Leistungsfähigkeit.

Grüsse von Karl

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Hallo Karl,
meine Laufsachen hatte ich auch dabei, aber eben nicht bei der Wanderung. Ich wußte vorher nicht, wie mein Rücken auf den Rucksack reagiert, hab alles auf das Nötigste beschränkt (wußte gar nicht, dass Frau mit so wenig zwei Tage lang auskommen kann...;) )

Danach war einfach jede Art von Sport unmöglich, da ich kaum gehen konnte. Und auch während der Wanderung, selbst wenn ich die Laufsachen mitgetragen hätte - schon am ersten Tag war da nix mehr drin.
Ich sitz halt den ganzen Tag bloss auf dem Hintern und das laufen ist eine ganz andere muskuläre Belastung.
Ich gehe nie spazieren, mache viel zu viel Wege mit dem Auto, lass meistens mein Rad faul im Keller stehen und alle 1-2 Wochen Rennrad fahren bringts dann auch nicht mehr. Meine Kondition hat übrigens gepasst, von daher hab ich es super durchgehalten. Es waren nur die Muskeln :nene:

Ich weiß jetzt einfach, dass ich es langsam angehen muss. Erst mal ein paar kürzere Touren und dann erst Ganztagestouren. Und vorher öfter mal auf den nahen Königsstuhl wandern.

Dass ich den Streak aufgeben mußte, tut mir nun nicht mehr weh. Vielleicht fange ich ja auch wieder an, irgendwann....

Grüße von Rebecca :hallo:

Jeder wird des Weges geführt, den er wählt

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@ Karl

....wunderschöne Bilder von Deiner Zugspitzwanderung/-besteigung. Das sieht einfach traumhaft aus!

Und macht Lust auf mehr. Ich werde sicher im nächsten Jahr wieder wandern gehn, wo auch immer. Und dann mit besserer Vorbereitung.

Weil: soooo einen Muskelkater, von dem noch heute Reste spürbar sind, das brauch ich nicht nochmal! :nene:

Grüßle von Rebecca

Jeder wird des Weges geführt, den er wählt
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