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Poesiealbum

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1
Hallo zusammen,

heute ging mir den ganzen Tag ein Kästner-Gedicht nicht aus dem Sinn. Und beim Laufen kam mir dann endlich DIE Idee für ein schönes Offtopic-Thema!!!
Vielleicht gibt`s noch mehr Lyrik-Fans hier???
Ich fände es spannend, Eure Favoriten zu lesen!!!

Und nun eröffne ich feierlich diesen Thread mit :

ERICH KÄSTNER Sogenannte Klassefrauen

Sind sie nicht pfui teuflich anzuschauen!
Plötzlich färben sich die "Klassefrauen",
weil es Mode ist, die Nägel rot!
Wenn es Mode wird, sie abzukauen
oder mit dem Hammer blauzuhauen,
tun sie`s auch. Und freuen sich halbtot.
Wenn es Mode wird, die Brust zu färben
oder, falls man die nicht hat, den Bauch...
Wenn es Mode wird, als Kind zu sterben
oder sich die Hände gelbzugerben,
bis sie Handschuhn ähneln, tun sie`s auch.

Wenn es Mode wird, sich schwarzzuschmieren...
Wenn verrückte Gänse in Paris
sich die Haut wie Chinakrepp plissieren...
Wenn es Mode wird, auf allen Vieren
durch die Stadt zu kriechen, machen sie`s.

Wenn es gälte, Volapük zu lernen
und die Nasenlöcher zuzunähn
und die Schädeldecke zu entfernen
und das Bein zu heben an Laternen -
morgen könnten wir`s bei ihnen sehn.

Denn sie fliegen wie mit Engelsflügeln
immer auf den ersten besten Mist.
Selbst das Schienbein würden sie sich bügeln!
Und sie sind auf keine Art zu zügeln,
wenn sie hören, daß was Mode ist.

Wenn`s doch Mode würde, zu verblöden!
Denn in dieser Hinsicht sind sie groß.
Wenn`s doch Mode würde, diesen Kröten
jede Öffnung einzeln zuzulöten!
Denn dann wären wir sie endlich los.

...................................................................... .................
Greetz




KYLIE

...reach out and touch faith....

Poesiealbum

2
Ein Kleiderschrank geht durch die Nacht
voll mit nassen Hemden.
Den habe ich mir ausgedacht,
um Euch zu befremden.

Kleiner Scherz (nicht von mir). Aber mein eigentlicher Favorit ist der Totentanz von Goethe:

Der Türmer, der schaut zu Mitten der Nacht
Hinab auf die Gräber in Lage;
Der Mond, der hat alles ins Helle gebracht;
Der Kirchhof, er liegt wie am Tage.
Da regt sich ein Grab und ein anderes dann:
Sie kommen hervor, ein Weib da, ein Mann,
In weißen und schleppenden Hemden.

Das reckt nun, es will sich ergetzen sogleich,
Die Knöchel zur Runde, zum Kranze,
So arm und so jung, und so alt und so reich;
Doch hindern die Schleppen am Tanze.
Und weil hier die Scham nun nicht weiter gebeut,
Sie schütteln sich alle, da liegen zerstreut
Die Hemdelein über den Hügeln.

Nun hebt sich der Schenkel, nun wackelt das Bein,
Gebärden da gibt es vertrackte;
Dann klippert`s und klappert`s mitunter hinein,
Als schlüg man die Hölzlein im Takte.
Das kommt nun dem Türmer so lächerlich vor;
Da raunt ihm der Schalk, der Versucher, ins Ohr:
Geh! hole dir einen der Laken.

Getan wie gedacht! und er flüchtet sich schnell
Nun hinter geheiligte Türen.
Der Mond, und noch immer er scheinet so hell
Zum Tanz, den sie schauderlich führen.
Doch endlich verlieret sich dieser und der,
Schleicht eins nach dem andern gekleidet einher,
Und husch, ist es unter dem Rasen.

Nur einer, der trippelt und stolpert zuletzt
Und tappet und grapst an den Grüften;
Doch hat kein Geselle so schwer ihn verletzt,
Er wittert das Tuch in den Lüften.
Er rüttelt die Turmtür, sie schlägt ihn zurück,
Geziert und gesegnet, dem Türmer zum Glück,
Sie blinkt von metallenen Kreuzen.

Das Hemd muß er haben, da rastet er nicht,
Da gilt auch kein langes Besinnen,
Den gotischen Zierat ergreift nun der Wicht
Und klettert von Zinne zu Zinnen.
Nun ist`s um den armen, den Türmer getan!
Es ruckt sich von Schnörkel zu Schnörkel hinan,
Langbeinigen Spinnen vergleichbar.

Der Türmer erbleichet, der Türmer erbebt,
Gern gäb er ihn wieder, den Laken.
Da häkelt - jetzt hat er am längsten gelebt -
Den Zipfel ein eiserner Zacken.
Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins,
Die Glocke, sie donnert ein mächtiges Eins,
Und unten zerschellt das Gerippe.


Allein die Zeile "Langbeinigen Spinnen vergleichbar". So kann nur ein Genius dichten.



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3
Die Made von Heinz Erhard

Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte,
den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
einer Ameise als Speise.
Eines Morgens sprach die Made:
"Liebes Kind, ich sehe grade,
drüben gibt es frischen Kohl,
den ich hol. So leb den wohl!
Halt, noch eins! Denk, was geschah,
geh nicht aus, denk an Papa!"
Also sprach sie und entwich. -
Made junior aber schlich
hintendrein; und das War schlecht!
Denn schon kam ein bunter Specht
und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. Schade!
Hinter eines Baumes Rinde
ruft die Made nach dem Kinde ...

:hallo: aus Duisburg

Olli

"Fisch schwimmt - Vogel fliegt - Mensch läuft." - Emil Zatopek

Bunerts Lichterlauf 50:05

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4
Die Ballade vom DFÜ-Anfänger


============================

Ein Mensch beschloß, noch früh im Bett,
das Mitmachen beim FIDO-NET!
Er ging zu dem Experten, der,
mehr DFÜ Kenntnis als er,
ihm doch behilflich solle sein
und richten ihm die Sache ein.

Dieser, ein respektabler Mann,
schaut ernst und lang den Menschen an.
"Es wird," sagt er, "wohl einfach gehn,
laß mich zuerst dein Modem sehn".
"Modem?!?" der Mensch war recht verstört,
davon hatte er noch nie gehört!

"Das Modem", der Experte klärt,
"nunmal zur DFÜ gehört!
Es nimmt den Stream just von COM Zwo
und leitet diesen sowiso
durch den Convert nach ATX
mit soundsoviel Baud wie nix...

XON/XOFF und das solang ...!"
Dem Menschen wird es Angst und Bang!
Unsicher überlegt er nun
was er noch alles hat zu tun
bis er das FIDO kann betreten.
Ihm scheint, es hilft jetzt nur noch beten.

Doch der Experte lächelt mild.
"Es ist doch alles halb so wild!
Ich teste dir das fertig `raus.
Mit Plug and Play kennst du dich aus!"
Der Mensch voll Hochachtung er schaut,
wie der Experte das so baut.

Zum Schluß sagt der Experte nun:
"Bin fertig!" und "Nichts mehr zu tun,
als die Verkablung just zu legen."
Das muß der Mensch nun selbst vermögen!
Und wenn dann alles fertig sei,
so sei für ihn das FIDO frei!

"Na bitte!" denkt der Mensch gespannt
und ist sofort nach Haus gerannt.
Die Kabel hat er schnellstens gar
verlegt wie es die Vorschrift war.
Ein Schalterklick, der Rechner läuft
Angstschweiß in die Augen träuft.

Das Modem angemeldet wird,
es blinken Lämpchen, meist zu viert,
die Platte saust und mit Tata
ist auch die erste Anwahl da!
In einem Fenster zeigt er nun
was jetzt der Rechner hat zu tun:

"Anrufe nun bei deinem Point!"
"Init des Modems nicht versäumt!"
"Nun wähle ich ... erster Versuch ...!"
Doch in dem Kasten steckt ein Fluch!
Nach viel Biep Biep und Klappklappklapp
das Modem bricht die Anwahl ab!

Der Mensch ihm graust, er ist verwaist
denn der Experte ist verreist
Er fragte Nachbarn dann und so...
Die lächeln leider schadenfroh,
denn auch sie haben oft gesucht
und die Experten sehr verflucht!

Dann jedoch die Erleuchtung kam!
der Mensch erinnert sich voll Scham
an die verschied`nen Wahlverfahren
der Telekom, und noch nach Jahren
erforsche was hier gültig ist.
Tja, der Experte baute Mist!

Nun klappt das NetCall! Siehe da!
Die Daten kamen mit Trara
und wurden auf der Platte dann
geunzippt, daß man staunen kann.
Man kann nun lesen was andere zwickt
und hat dann sofort eine Mail geschickt.

Die Frage dort, der Mensch erkennt,
dem Frager auf den Nägeln brennt.
Ein Replay war nun schnell geschrieben,
das Senden leider ausgeblieben!
Die Antwort des Experten war:
"Ein FIFO-Chip wär nötig da!"

Der Mensch sieht das Problem ganz schnell,
kauft noch `ne Schnittstelle, seriell,
mit FIFO-Chip und Jumper `drauf
und motzt seinen Computer auf.
Der Verkäufer den Rechner verächtlich taxiert:
"Mit dem hat der alte Fritz wohl die Christen verführt!"

Nun wird der Mensch etwas ärgerlich doch
und denkt in die Richtung von Soundso-Loch.
Der Rechner ist doch sein bestes Stück,
schenkt erst seit zwei Jahren reines Glück!
"Und außerdem", anknurrt der Mensch diesen Wicht,
"geht die neue Schnittstelle ebenfalls nicht!"

Man hat es nicht leicht, wenn man kein Genie
als normaler Mensch mit dem DFÜ.
Fragt man andre, so hört man nur: "Kein Problem!
Wer das nicht kann, sollte sich wirklich was schäm`!"
Doch der Mensch, er vermutet, trotz aller Mahnung,
daß die anderen haben auch keine Ahnung!
====

Inzwischen geht`s doch! Der Mensch erkennts heiter.
Kommt er nun doch auch im FIDO-NET weiter.
Er grüßt Euch mit: "Guten Tag liebe Leute,
ich stoße erstmalig zu Euch heute.
Daß Ihr freundlich mich aufnehmt ich hoffe sehr,
damit ich bald bin kein Anfänger mehr!"

[ Dieser Beitrag wurde von Laufhasie am 21.09.2004 editiert. ]

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5
prima Idee Kylie,... da muss ich doch gleich meinen verehrten Ringelnatz anbringen, und an dieses "Gedicht" muss ich doch wirklich jedes Mal denken, wenn die Waschmaschiene mal wieder einen Laufsocken "gefressen" hat - mir passiert das übrigens ständig - Euch auch? (oder muss ich zum Thema Laufsocken-Verlust einen eigenen Schrätt eröffnen, weil ich sonst verwässere...???)

Fand meinen Handschuh wieder

Als ich den einen verlor,
Da warf in den anderen ins Feuer
Und kam mir wie ein Verarmter vor.
Schweinslederne sind so teuer.

Als ich den ersten wiederfand:
Shake hands, du ledernes Luder!
Dein eingeäscherter Bruder
Und du und ich -:Im Dreierverband
Da waren wir reich und mächtig.
Jetzt sind wir niederträchtig.

(Joachim Ringelnatz)

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6
Der Handstand auf der Lorelei (nach einer wahren Begebenheit)
Erich Kästner

Die Lorelei, bekannt als Fee und Felsen,
ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen
wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen
von blonden Haaren schwärmend, untergingen.

Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.
Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.
Die Zeit vergeht, man stirbt nicht mehr beim Schiffen,
nur weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

Nichtsdestotrotz geschieht auch heutzutage
so manches, was der Steinzeit ähnlich sieht.
So alt ist keine deutsche Heldensage,
dass sie nicht doch noch Helden nach sich zieht.

Erst neulich machte auf der Lorelei
hoch überm Rhein ein Turner einen Handstand!
Von allen Dampfern tönte Angstgeschrei
als er kopfüber oben auf der Wand stand.

Er stand, als ob er auf dem Barren stünde,
mit hohlem Kreuz. Und lustbetonten Zügen.
Man fragte nicht: Was hatte er für Gründe?
Er war ein Held, das sollte wohl genügen.

Er stand, verkehrt, im Abendsonnenscheine,
da trübte Wehmut seinen Turnerblick.
Er dachte an die Lorelei von Heine.
Und stürzte ab. Und brach sich das Genick.

Er starb als Held. Man muss ihn nicht beweinen.
Sein Handstand war vom Schicksal überstrahlt.
Ein Augenblick mit zwei gehob`nen Beinen,
ist nicht zu teuer mit dem Tod bezahlt.

PS: eins wäre allerdings noch nachzutragen.
Der Turner hinterließ uns Frau und Kind.
Hinwiederum man soll sie nicht beklagen,
weil im Bezirk der Helden und der Sagen
die Überlebenden nicht wichtig sind.

Madness takes its toll. Please have exact change.

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7
Verfall

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rost`gen Gittern,

Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.

(Georg Trakl, 1887 - 1914)

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8
Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf` um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse



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9
Altirischer Segenswunsch

Nicht, daß von jedem Leid verschont Du mögest bleiben,
noch, daß dein künft`ger Weg stets Rosen für Dich trage
und keine bittere Träne über Deine Wangen komme
dies alles, nein, das wünsche ich Dir nicht!

Mein Wunsch für Dich ist vielmehr dieser:
Daß dankbar Du und allezeit bewahrst in Deinem Herzen
die kostbare Erinnerung der guten Ding` in Deinem Leben;

Daß mutig Du stehst in Deiner Prüfung,
wenn hart das Kreuz auf Deinen Schultern liegt
und wenn der Gipfel, den es zu ersteigen gilt,
ja selbst das Licht der Hoffnung zu entschwinden droht;

Daß jede Gottesgabe in Dir wachse
und mit den Jahren sie Dir helfe,
die Herzen froh zu machen, die Du liebst;

Daß immer einen wahren Freund Du hast,
der Freundschaft wert, der Dir Vertrauen gibt,
wenn Dir`s an Licht gebricht und Kraft;
Daß Du dank ihm den Stürmen standhältst
und so die Höhen doch erreichst.


Lieben Gruß von
flinki
Bild

jetzt erst recht!!

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10
Ich wünsche dir fürs neue Jahr…

Ich wünsche dir fürs neue Jahr
das große Glück in kleinen Dosen.
Das alte läßt sich ohnehin
nicht über Nacht verstoßen.

Was du in ihm begonnen hast
mit Mut und rechter Müh’,
das bleibt dir auch noch Glück und Last
in neuer Szenerie.

Erwarte nicht vom ersten Tag
des neuen Jahres gleich zuviel!
Du weißt nicht, wie er’s treiben mag,
es bleibt beim alten Spiel.

Ob gute Zeit, ob schlechte Zeit,
wie sie von Gott gegeben,
so nimm sie an und steh bereit
und mach daraus dein Leben !

Elli Michler
Aus: Dir zugedacht, © Don Bosco Verlag, München 2004



Schicksalsspruch
Unhemmbar rinnt und reißt der Strom der Zeit,
in dem wir gleich verstreuten Blumen schwimmen,
unhemmbar braust und fegt der Sturm der Zeit,
wir riefen kaum, verweht sind unsre Stimmen.
Ein kurzer Augenaufschlag ist der Mensch,
den ewige Kraft auf ihre Werke tut;
ein Blinzeln – der Geschlechter lange Reihn,
ein Blick – des Erdballs Werden und Verglut.

Christian Morgenstern


Sehr schön finde ich auch Fischesnachtgesang der sich hier leider nicht ohne weiteres wiedergeben läßt, aber
http://www.oppisworld.de/poesie/morgenst/galgen.htm

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11
Gekränkte Unschuld

Ein Rad gebrochen! - Da liegt das Heu ...
Da liegt der Wagen ... und nebenbei
Ein blasses, schmächtiges Dirnchen steht,
Das heulend die Zipfel der Schürze dreht.

»Was willst` denn?« Ich streichle ihm sanft das Gesicht,
Da zeigt`s auf den riesigen Wagen und spricht,
Das zitternde Stimmchen von Schluchzen zerrissen:
»Sie sagen, ich hätte ihn umgeschmissen.«


Jeder wird des Weges geführt, den er wählt

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12
BERTOLD BRECHT Der Liebende nicht geladen

Gläser heut ungespült
Linnen heut glatt
Lächeln heut ungefühlt
Lippe heut satt.

Von den Schuhen: die großen
Auf dem Stuhl: ein Buch
Wollene Hosen.
Man erwartet keinen Besuch.


KYLIE

...gestern Nacht ist meine Freundin explodiert - ich habe nicht damit gerechnet - darum bin ich blutverschmiert....wer konnte ahnen, dass sie so reagiert - gestern Nacht ist meine Freundin explodiert...

[ Dieser Beitrag wurde von Kylie am 22.09.2004 editiert. ]

[ Dieser Beitrag wurde von Kylie am 22.09.2004 editiert. ]

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13
Tach auch,
mir fiel ein kleines Liebesgedicht ein, dass für mich einmal sehr aktuell war


Das Lieben

Das Lieben ist schön
Schöner als das Singen
Das Lieben hat zwei Personen
Das ist beim Lieben der Kummer

( HEINAR KIPPHARDT )


Ich wünsch Euch einen schönen (Arbeits) Tag

Ulli
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14
...in allen 4 Ecken soll Liebe drin stecken.... :) )

Ich hab`s ja nicht so mit Lyrik, aber ich hab`s mit dem ollen Nietzsche:

Ja, ich weiß, woher ich stamme
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse:
Flamme bin ich sicherlich!
(Ecce homo)

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15
An den Mistral

Ein Tanzlied

Mistral-Wind, du Wolken-Jäger,
Trübsal-Mörder, Himmels-Feger,
Brausender, wie lieb ich dich!
Sind wir zwei nicht Eines Schoßes
Erstlingsgabe, Eines Loses
Vorbestimmte ewiglich?

Hier auf glatten Felsenwegen
Lauf ich tanzend dir entgegen,
Tanzend, wie du pfeifst und singst:
Der du ohne Schiff und Ruder
Als der Freiheit freister Bruder
Über wilde Meere springst.

Kaum erwacht, hört ich dein Rufen,
Stürmte zu den Felsenstufen,
Hin zur gelben Wand am Meer.
Heil! da kamst du schon gleich hellen
Diamantnen Stromesschnellen
Sieghaft von den Bergen her.

Auf den ebnen Himmels-Tennen
Sah ich deine Rosse rennen,
Sah den Wagen, der dich trägt,
Sah die Hand dir selber zücken,
Wenn sie auf der Rosse Rücken
Blitzesgleich die Geißel schlägt, -

Sah dich aus dem Wagen springen,
Schneller dich hinabzuschwingen,
Sah dich wie zum Pfeil verkürzt
Senkrecht in die Tiefe stoßen, -
Wie ein Goldstrahl durch die Rosen
Erster Morgenröten stürzt.

Tanze nun auf tausend Rücken,
Wellen-Rücken, Wellen-Tücken -
Heil, wer neue Tänze schafft!
Tanzen wir in tausend Weisen.
Frei - sei unsre Kunst geheißen,
Fröhlich - unsre Wissenschaft!


Raffen wir von jeder Blume
Eine Blüte uns zum Ruhme
Und zwei Blätter noch zum Kranz!
Tanzen wir gleich Troubadouren
Zwischen Heiligen und Huren,
Zwischen Gott und Welt den Tanz!

Wer nicht tanzen kann mit Winden,
Wer sich wickeln muß mit Binden,
Angebunden, Krüppel-Greis,
Wer da gleicht den Heuchel-Hänsen,
Ehren-Tölpeln, Tugend-Gänsen,
Fort aus unsrem Paradeis!

Wirbeln wir den Staub der Straßen
Allen Kranken in die Nasen,
Scheuchen wir die Kranken-Brut!
Lösen wir die ganze Küste
Von dem Odem dürrer Brüste,
Von den Augen ohne Mut!

Jagen wir die Himmels-Trüber,
Welten-Schwärzer, Wolken-Schieber,
Hellen wir das Himmelreich!
Brausen wir ... o aller freien
Geister Geist, mit dir zu zweien
Braust mein Glück dem Sturme gleich. -

- Und daß ewig das Gedächtnis
Solchen Glücks, nimm sein Vermächtnis,
Nimm den Kranz hier mit hinauf!
Wirf ihn höher, ferner, weiter,
Stürm empor die Himmelsleiter,
Häng ihn - an den Sternen auf



immer noch die Schande der Zunft!

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@Lutz - kannste Dir nicht langsam mal wieder was anziehen? Das war jetzt schon das zweite Mal für diese Woche, dass mein Chef plötzlich hinter mir stand während auf meinem Monitor Dein nackiger Popo leuchtete.... :) )

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17
Original von Greenhörnchen:
@Lutz - kannste Dir nicht langsam mal wieder was anziehen? Das war jetzt schon das zweite Mal für diese Woche, dass mein Chef plötzlich hinter mir stand während auf meinem Monitor Dein nackiger Popo leuchtete.... :) )

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Ja doch, ich such mir dann mal was
:shock2:

immer noch die Schande der Zunft!

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18
Wird langsam Zeit für was ganz anderes ... :D

Kennt jemand von Euch Dada? [f1](Zugegeben - eine blöde Frage ... irgendjemand hier wird`s schon kennen ...)[/f1]

Hier auf jeden Fall mal ein Dada-Gedicht von Hans Arp (1887-1966):

er kommt abhanden mit der hand
er kommt abfußen mit dem fuß
und trägt in seinem taschenfleisch
den aufgerollten redefluß

in acht und bann und neun und zehn
so übermannt und überfraut
daß keiner je sich je und je
und an der tafel nacktes kaut

sonst triptycht das grammatikkreuz
staniolverpackt als schwarzer spaß
als einzahl mehrzahl rübezahl
als faselhans im faselfaß


Wer das jetzt verwirrend findet, sollte sich mal "Die Karawane" von Hugo Ball anschauen ...

Gruß :hallo:

Bernd

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19
:hallo: Kylie, schöne Idee.
Dann will ich mal auch meinen Senf dazugeben, ist vielleicht schon etwas abgegriffen, das Gedicht, aber ich find es doch soooo schön:

Ich wünsche dir Zeit

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.
Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben:
Ich wünsche dir Zeit, dich zu freun und zu lachen,
und wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.

Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und dein Denken,
nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche dir Zeit – nicht zum Hasten und Rennen,
sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.

Ich wünsche dir Zeit – nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben
als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertraun,
anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schaun.

Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen,
und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.
Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.
Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,
jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.
Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.
Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben !

Elli Michler
Aus: Dir zugedacht, © Don Bosco Verlag, München 2004

:hallo: In diesem Sinne liebe Grüße, Kathrin

Kreativität ist: erfinden, probieren, wachsen, Risikos eingehen, Regeln brechen, Fehler machen und Spaß haben.

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Passend zur Jahreszeit: Herbsttag von Rainer Maria Rilke

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

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21
Etwas zum Nachdenken.

Versäumte Gelegenheiten (Eugen Roth)

Ein Mensch, der von der Welt bekäme,
Was er ersehnt - wenn er`s nur nähme,
Bedenkt die Kosten und sagt nein.
Frau Welt packt also wieder ein.
Der Mensch - nie kriegt er`s mehr so billig! -
Nachträglich wär er zahlungswillig.
Frau Welt, noch immer bei Humor,
Legt ihm sogleich was andres vor:
Der Preis ist freilich arg gestiegen;
Der Mensch besinnt sich und läßt`s liegen.
Das alte Spiel von Wahl und Qual
Spielt er ein drittes, viertes Mal.
Dann endlich ist er alt und weise
Und böte gerne höchste Preise.
Jedoch, sein Anspruch ist vertan,
Frau Welt, sie bietet nichts mehr an
Und wenn, dann lauter dumme Sachen,
Die nur der Jugend Freude machen,
Wie Liebe und dergleichen Plunder,
Statt Seelenfrieden mit Burgunder . . .


Grüße Marc :hallo:

Ich bin ein JTL

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22
Mal was Lustiges:

ottos mops von ernst jandl

ottops mops trotzt
otto: fort mops fort
ottos mops hopst fort
otto: soso

otto holt koks
otto holt obst
otto horcht
otto: mops mops
otto hofft

ottos mops klopft
otto: komm mops komm
ottos mops kommt
ottos mops kotzt
otto: ogottogott

Staffel-Halbmarathon am 12.09. - ich hab überlebt in 25 Minuten!!!

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23
Hallo Kylie,

schönes Thema: Danke dafür.

Hier nun mein Senf:

Es gibt ja eine klassische Liebesgeschichte über ein Paar namens Hero und Leander. Doch die Geschichte ist … FALSCH und bedarf einer Korrektur.


Hero und Leander

Die Hero und auch der Leander
Die hatten .. gar nichts … miteinander!
Das lag hauptsächlich an der Länge
Und Breite jener Meeresenge,
Die man – hat man nicht gepennt –
Als „Helespond“ von früher kennt.

Nun war Leander ja schon immer
Bekannt als Sportler, nämlich Schwimmer.
Weshalb er eines Mittwochs rief:
„Ich schwimme zu ihr, ist´s auch tief.
Ist auch die Strecke nass und lang,
Was macht das schon. Ich bin nicht bang.
Ich arbeite bis Freitag bloß
Und schwimme gleich nach Dienstschluß los.“

Darauf schreibt er ´ne Ansichtskarte:
„Ich komme Samstag, ganz früh, warte!
Und weil Du, liebe Hero, faktisch
Direkt am Ufer wohnst, was praktisch,
So zünde eine Kerze an
Und stelle Sie ins Fenster dann,
Auf dass sie leuchte und mich leite
Hin zu Dir, zur anderen Seite.
Ich geb´ Dir ´n Vorschusskuss … hier hast´n …“
Und warf die Karte in den Kasten

Und Freitag Nacht, wie vorgesehn,
Springt er, die Uhr ist kurz nach zehn,
Bekleidet nur mit einer Hose,
Im Munde eine rote Rose,
Und mit Salatöl eingerieben,
Hinein ins Meer, mit Ziel: Nach Drüben“

2. Teil

Das Meer ist hoch, die Winde weh´n
Die Nacht ist schwarz, er kann nichts sehn.
Den Mond und auch die Sterne nicht,
Und auch nicht seiner Liebsten Licht.
So sehr er die Pupille weitet;
Wo ist die Kerze die ihn leitet?
So rudert er mit ganzer Kraft
Durch kalte Nass, ist bald geschafft.
„Verzeihung, wo geht´s hier zum Ufer …“
Brüllt er, doch niemand hört den Rufer.

Und dann verliert im Meergetose
Er erst die Hoffnung, dann die Hose … nein, die Rose
Er murmelt ein paar Mal: „Junge, Junge“
Dann dringt ihm Wasser in die Lunge
Er nimmt noch fünf, sechs Schluck, dann sinkt er
Hinab zum Grund und dort ertrinkt er.

So endete das Sein für ihn,
Durch eine Kerze die nicht schien

3. Teil

Jetzt fragt Ihr Euch wohl unterdessen
Warum hat sie das Licht vergessen.
Weil sie, wie so das Schicksal spielt,
´Ne Einladung von mir erhielt.
Drum ist sie halt hierher gehetzt
Und hat Leander bös´ versetzt.
Danach war´s dann zu spät zum Leuchten.
Da lag er schon im Grab, dem Feuchten.


(…. leicht abgewandelt ... von einer Schallplatte des Ausnahme-Pianisten Joja Wendt)

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24
Der Kampf gegen die Dummheit
ist ein gar sinnlos` Ding.

(Janosch)

Ciao
Peter

Marathon München 10.10. 10 Uhr, Startnummer 1057
Rottachsee-Lauf Petersthal 16.10. 14 Uhr, Startnummer ???

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25
Original von kataNa:

Es gibt ja eine klassische Liebesgeschichte über ein Paar namens Hero und Leander. Doch die Geschichte ist … FALSCH und bedarf einer Korrektur.

(…. leicht abgewandelt ... von einer Schallplatte des Ausnahme-Pianisten Joja Wendt)

... und ich finde, auch deine Quellenangabe bedarf der Korrektur:

Die Geschichte von Hero und Leander in der Form ist ganz klar von Heinz Erhardt (der mit der Made und und und....)

Poesiealbum

26
hab da ein recht passendes Gedicht von Eugen Roth für den (Lauf)Schuhkauf

Übereilte Anschaffung
Ein Mensch geht, leider ganz allein,
und kauft sich neues Schuhwerk ein.
Er tritt zu seinem spätern Schaden
gleich in den nächsten besten Laden,
wo ihm ein milder Überreder
die Machart anpreist und das Leder.
Und schwörend, daß der Schuh ihm passe,
schleppt er sofort ihn an die Kasse.
Leicht ist es Schuhe sich zu kaufen,
doch schwer, darin herumzulaufen

Eugen Roth

______________________________
Pfiat di :hallo: :hallo:

M@x

Schüttelreim

Gesucht sind keine Mauerpenner,
sondern echte Powermänner.

Poesiealbum

27
Nochmal Heinz Erhard zum Thema laufen. :) )

Die Nase, ob spitz ob platt,
zwei Flügel, Nasenflügel hat.
Doch hält sie nicht sehr viel vom fliegen,
nein, das Laufen scheint ihr mehr zu liegen.

Grüße Marc :hallo:

Ich bin ein JTL

Poesiealbum

28
Original von Ella:
Original von kataNa:

(…. leicht abgewandelt ... von einer Schallplatte des Ausnahme-Pianisten Joja Wendt)

... und ich finde, auch deine Quellenangabe bedarf der Korrektur:

Die Geschichte von Hero und Leander in der Form ist ganz klar von Heinz Erhardt (der mit der Made und und und....)

.... ich habe nur "meine" Quelle genannt. Joja W. verzichtet leider auf die Angabe, dass er das Gedicht von H.E. "geliehen" hat :-o

Gruß

kataNa - "Verwässerung Ende"-

Poesiealbum

29
Und wenn wir von Bildschirm, Tastatur und Maus die Nase gestrichen voll haben, gehen wir laufen.......

Zitat:

Welch ein Glück, dass es die einfachen Dinge immer noch gibt,
immer noch Felder, rauschende Bäume und den Mond am Himmel.

Karl Heinrich Waggerl

:hallo: Bogi

Poesiealbum

30
Hallo!
Original von Kylie:
ERICH KÄSTNER Sogenannte Klassefrauen
Da ist er ja sehr streng der Kästner. Menschenfreund und Sozialist, der Billy Bragg ist, sieht er die Schuld im System:

The busy girl buys beauty
The pretty girl buys style
And the simple girl buys
What she`s told to buy

(weiter hier, weil nicht so in diesen Thread passend)

Gruß,

Carsten

Poesiealbum

31
Der Lattenzaun (Christian Morgenstern):


Es war einmal ein Lattenzaun,
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.

Ein Architekt, der dieses sah,
stand eines Abends plötzlich da --

und nahm den Zwischenraum heraus
und baute draus ein großes Haus.

Der Zaun indessen stand ganz dumm,
mit Latten ohne was herum.

Ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.

Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri- od- Ameriko.

Bild
LG, Judith

Poesiealbum

32
:hallo: Hallo Kylie, Dein Thread rückt für mich die Fori-Welt wieder gerade...schöne Idee:rotate:

Auch das ist Kunst, ist Gottesgabe,
aus ein paar sonnenhellen Tagen,
sich soviel Licht ins Herz zu tragen,
dass wenn der Sommer längst verweht,
das Leuchten immer noch besteht.
(v.Goethe)

Gruß Betty
:hallo:

Poesiealbum

33
Schüttel dein Haar
Schüttel dein Haar für mich, Schönes Mädchen
Schüttel dein Haar, Schüttel dein Haupthaar
Schönes Mädchen

(Helge Schneider)

OK, war nicht so poetisch
aber irgendwie auch etwas DADA
und schrättverwässernd

Lutz :hallo:

immer noch die Schande der Zunft!

Poesiealbum

34
Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf - Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Rilke

Poesiealbum

35
Original von schneckerl:
Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf - Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Rilke
Oh Schneckerl, das ist so schön!!! Ich liebe Rilke...das wäre eines meiner nächsten gewesen! Und irgendwie zerreißt es einem das Herz, denn genauso ist es...eingesperrte Raubkatzen sind ein ganz schrecklich deprimierender Anblick.
Danke für dies schöne Gedicht!!!






Kylie

Breathe...EXCITER

Poesiealbum

36
Kylie, da würde ich schon ein paar hundert zusammenbringen :D :D
Meine aktuelle Entdeckung geht so:

Ein schönes Lied

Komm, sing uns mal ein schönes Lied,
komm, sing uns mal ein schönes Lied,
eines, wo man sich so richtig gut nach fühlt,
eins, das nicht in Schmutzgefühlen wühlt,
wohl makaber, aber unterkühlt,
vertraut, verspielt,
verspielt, vertraut
und nicht zu laut.

Nun gut: Hier ist ein schönes Lied,
eines, das euch in den Halsspeck geht.
Schließt die Augen halb, und dreht die Lampen klein,
schmaucht`s Pfeifchen und gießt Gin und Tonic ein.
Macht auf Tief sinn, decket Bein mit Bein,
zum Scherz und Schein
und Schein und Scherz,
massiert das Herz.

Im Busch, nah bei Quang Ngai, fand
ein gebranntes Kind die Hand
eines Generals mit Ringen, gold und schwer.
Die Steine biß es raus und kroch zum Meer.
Und für ein altes Boot gab es sie her.
`s war leck und leer
und leer und leck,
verkohlt das Deck.

Doch nichts verstopft ein Leck so gut
wie Asche und ein bißchen Blut.
Und niemand weiß so viel wie ein gebranntes Kind.
Als Segel hängt ein Khakihemd im Wind,
der auch nicht weiß, wo jene Blumen sind,
gepflückt geschwind,
geschwind gepflückt.
Im Traum entrückt,

da treibt das Kind zu jenem Land,
da riecht die Erde nie verbrannt,
und jeden Tag, da gibt es viele Hände Reis.
Haut und Haar und Wind und Wasser sind nicht heiß.
Auf Blumenbooten blähen Segel weiß,
weht lind und leis
und leis und lind
ein Lied im Wind.

Und wird vielleicht ein starker Mann,
der, was er will, auch haben kann:
viele Kinder, dick, mit Händen und gesund,
ein Reisfeld, einen Büffel, einen Hund,
der jeden, der mit Feuer spielt, reißt und
bekannt und bunt,
bunt und bekannt
ist in dem Land.

So treibt das Boot, so träumt das Kind.
Was meint ihr, wann sie drüben sind?
Dann, wenn hinterm Mond ein Stern zerplatzt ist, dann,
wenn grüne Luft nichts weiter sein kann
als Regenbogenlicht, dann kommt es an
mit Maus und Mann
und Mann und Maus
das Boot zu Haus.

Nun, war das nicht ein schönes Lied,
nun, war das nicht ein schönes Lied?
Eines, wo man sich so richtig gut nach fühlt?
Eins, das nicht in Schmutzgefühlen wühlt?
Wohl makaber, aber unterkühlt,
vertraut, verspielt,
verspielt, vertraut
und nicht zu laut?

(F.J. Degenhardt)

Poesiealbum

37
Hi Jürgen,

auch das ist klasse. Jaja, der olle Degenhardt...ist das nicht so ein Liedermacher?
Aber wenn ich jetzt auf jedes Gedicht ne Danksagung folgen lasse, wird das auf die Dauer etwas viel des Guten. Es sind jetzt schon so viele unterschiedlich geniale Sachen vertreten.

Nun noch eins von

CHARLES BAUDELAIRE

Die Katze

In meinem Hirn, als sei`s ihr Zimmer,
Geht eine Katze, sanft und fein
Und stark und reizend, aus und ein.
Ihr Murren ist ganz leise immer,
So zart gedämpft, so zärtlich weich!
Doch ob die Stimme mild, ob strenge,
Stets hat sie reiche, tiefe Klänge:
Ihr Rätsel und ihr Reiz zugleich.

Die Stimme, die so perlend nieder
Bis in mein tiefstes Innre dringt,
Die mich wie reicher Reim durchklingt,
Beschwingt wie Liebestrank die Glieder.

Sie lullt mich ein, wenn Leiden droht,
Läßt alle Flammen höher schlagen,
Und um den längsten Satz zu sagen,
Ist ihr kein einzig Wörtchen not.

Nein, keinem Bogen könnt gelingen
Auf meinem Herzen solcher Strich
Und daß auf ihm so königlich
Die allervollsten Saiten singen,

Wie deiner Stimme, wunderbar
Geschöpf, seraphisch, auserlesen,
In dem, wie in der Engel Wesen,
Harmonisch alles ist und klar!

II

Aus ihrem braun und blonden Felle
Steigt ein Geruch, so süß, daß ich
Selbst duftete, als nachts ich strich
Ein Mal nur! seine weiche Welle.

Sie ist des Ortes guter Geist.
Sie richtet, treibt und bringt ins gleiche
Die Dinge all in ihrem Reiche.
Ob man sie Fee, ob Göttin heißt?

Und wenn ich weg die Augen drehe
Von ihr, die so magnetisch bannt,
Und, unterwürfg hergewandt,
Mir selber in die Seele sehe,

Erblick ich staunend und erregt
Wie Feuer lebender Opale
Die fahlen Sterne, wie Fanale,
Die mich beschauen unentwegt.






Kylie

Breathe...EXCITER

Poesiealbum

38
Oh Schneckerl, das ist so schön!!! Ich liebe Rilke...das wäre eines meiner nächsten gewesen! Und irgendwie zerreißt es einem das Herz, denn genauso ist es...eingesperrte Raubkatzen sind ein ganz schrecklich deprimierender Anblick.
Danke für dies schöne Gedicht!!!

Huhu Kylie :hallo:

...nix zu danken, sind ja schon viele tolle Gedichte hier versammelt, aber ich fand, dass Rilke noch gefehlt hat, von dem gibt es einige sehr schöne Sachen. "Der Panther" ist ja recht bekannt, aber ich bekomme jedesmal eine Gänsehaut, wenn ich`s lese ...

Ich war übrigens auch mal Buchhändlerin ;)

Birgit
Bild

Poesiealbum

39
Der Jahreszeit entsprechend ein bisschen Melancholie:

Kleines Herbstlied (K. Wecker)

Der Sommer geht vorbei,
und all seine Lieder
legen sich bis zum Mai
zum Sterben nieder.

Der Sommer geht vorüber,
mit ihm ein Fetzen Leben,
die Tage merklich trüber,
das Herz schlägt leicht daneben.

Der Sommer geht vorbei,
und mit ihm stirbt mein Sehnen,
die letzte Liebelei,
die Lügen und die Tränen.

Der Sommer geht dahin,
die Frage wird zur Qual:
Wer weiß, ob ich noch bin
beim nächsten Mal?

Der Sommer geht vorbei,
doch dieses Sterben
wird bald, wie nebenbei,
ein Blühen werden.


______________________________
Ausdauer ist die Fähigkeit, möglichst lange einer Belastung zu widerstehen, deren Dauer und Intensität letztlich zur Ermüdung und damit zur Leistungseinbuße führt!

Poesiealbum

40
Original von schneckerl:
Ich war übrigens auch mal Buchhändlerin ;)
Ach Birgit,
das hättste jetzt aber nicht schreiben dürfen :) ) Was könnte man jetzt den Srätt verwässern
:)
Gruß aus der Kinderbuchabteilung (und demnächst Fachbuch)


Kylie

Breathe...EXCITER

Poesiealbum

41
Lieber öfter mal Poesie statt Piercing.

Karl

Poesiealbum

42
Na, wer sagt´s denn, dass das Bildungsbürgertum ausgestorben ist. Da lacht doch das Germanistenherz - und in Berlin soll´n se sich mal umgucken....und erstmal in PISA!

Wie wär´s mit einer neuen Partei: Lyrik und Laufen - wir bewegen was!?!?!?

Lyrische Grüße a



Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs

Sonette find ich sowas von beschissen,
so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
dass wer Sonette schreibt. Dass wer den Mut

hat, heute noch so´n durmpfen Scheiß zu bauen;
allein der Fakt, dass so ein Typ das tut,
kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
Ich hab´da eine Sperre. Und die Wut

darüber, dass so´n abgefuckter Kacker
mich mittels seiner Wichserein blockiert,
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.

Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:
Ich find Sonette unheimlich beschissen.

aus: Robert Gernhardt: WÖRTERSEE



______________________________

Die Hummel wiegt 4,8 Gramm, sie hat eine Flügelfläche von 1,45cm2 bei einem Flächenwinkel von 6 Grad. Nach den Gesetzen der Aerodynamik kann die Hummel nicht fliegen.
Aber das weiß die Hummel nicht.

Poesiealbum

43
Nachtlied

Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen.

Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden.

Ein Ungestilltes, Unstillbares ist in mir; das will laut werden. Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe.

Licht bin ich: ach, dass ich Nacht wäre! Aber diess ist meine Einsamkeit, dass ich von Licht umgürtet bin.

Ach, dass ich dunkel wäre und nächtig! Wie wollte ich an den Brüsten des Lichts saugen!

Und euch selber wollte ich noch segnen, ihr kleinen Funkelsterne und Leuchtwürmer droben! - und selig sein ob eurer Licht-Geschenke.

Aber ich lebe in meinem eignen Lichte, ich trinke die Flammen in mich zurück, die aus mir brechen.

Ich kenne das Glück des Nehmenden nicht; und oft träumte mir davon, dass Stehlen noch seliger sein müsse, als Nehmen.

Das ist meine Armuth, dass meine Hand niemals ausruht vom Schenken; das ist mein Neid, dass ich wartende Augen sehe und die erhellten Nächte der Sehnsucht.

Oh Unseligkeit aller Schenkenden! Oh Verfinsterung meiner Sonne! Oh Begierde nach Begehren! Oh Heisshunger in der Sättigung!

Sie nehmen von mir: aber rühre ich noch an ihre Seele? Eine Kluft ist zwischen Geben und Nehmen; und die kleinste Kluft ist am letzten zu überbrücken.

Ein Hunger wächst aus meiner Schönheit: wehethun möchte ich Denen, welchen ich leuchte, berauben möchte ich meine Beschenkten: - also hungere ich nach Bosheit.

Die Hand zurückziehend, wenn sich schon ihr die Hand entgegenstreckt; dem Wasserfälle gleich zögernd, der noch im Sturze zögert: - also hungere ich nach Bosheit.

Solche Rache sinnt meine Fülle aus; solche Tücke quillt aus meiner Einsamkeit.

Mein Glück im Schenken erstarb im Schenken, meine Tugend wurde ihrer selber müde an ihrem Überflusse!

Wer immer schenkt, dessen Gefahr ist, dass er die Scham verliere; wer immer austheilt, dessen Hand und Herz hat Schwielen vor lauter Austheilen.

Mein Auge quillt nicht mehr über vor der Scham der Bittenden; meine Hand wurde zu hart für das Zittern gefüllter Hände.

Wohin kam die Thräne meinem Auge und der Flaum meinem Herzen? Oh Einsamkeit aller Schenkenden! Oh Schweigsamkeit aller Leuchtenden!

Viel Sonnen kreisen im öden Räume: zu Allem, was dunkel ist, reden sie mit ihrem Lichte, - mir schweigen sie.

Oh diess ist die Feindschaft des Lichts gegen Leuchtendes, erbarmungslos wandelt es seine Bahnen.

Unbillig gegen Leuchtendes im tiefsten Herzen: kalt gegen Sonnen, - also wandelt jede Sonne.

Einem Sturme gleich fliegen die Sonnen ihre Bahnen, das ist ihr Wandeln. Ihrem unerbittlichen Willen folgen sie, das ist ihre Kälte.

Oh, ihr erst seid es, ihr Dunklen, ihr Nächtigen, die ihr Wärme schafft aus Leuchtendem! Oh, ihr erst trinkt euch Milch und Labsal aus des Lichtes Eutern!

Ach, Eis ist um mich, meine Hand verbrennt sich an Eisigem! Ach, Durst ist in mir, der schmachtet nach eurem Durste!

Nacht ist es: ach dass ich Licht sein muss! Und Durst nach Nächtigem! Und Einsamkeit!

Nacht ist es: nun bricht wie ein Born aus mir mein Verlangen, - nach Rede verlangt mich.

Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen.

Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden. -

Also sang Zarathustra.

(Nietzsche)

Poesiealbum

44
...und noch mal Ringelnatz, fast zum Thema.....

WETTLAUF

Publikum ungeduldig scharrt-
Scharren lassen - hier Start -
Taschentuch? keins -
Schweiss -
Heiss -
Zum Beweis
Des Nichtaufgeregtseins:
Billett Spucke kneten.
Achtung: eins!
Nicht mehr Zeit auszutreten -
Was? Rauchen verbeten?
Sie da, der Dritte, weiter zurücktreten -
Soo! - Endlich Musik -
Der bekannte
Augenblick,
Wo,
Wenn der Trikot
Nur nicht so spannte -
Schweinerei -
Wäre fatal -
Achtung: Zwei!
Teufel nochmal!
Heiliger Joseph, steh mir bei!
Achtung: Drei!
Tapelti, tapelti, tapelti
Mut!
Gut!
Kopf senken!
Arme vom Leib!
Frieda denken!
Herrliches Weib!
Schade, dass Mund stinkt!
Das war sie! - lacht - winkt -
Oh, oh! Oh, oh!
Mein Trikot!
Vorne gespalten.
Taschentuch vorhalten -
Jetzt Quark!
Nur Laufen!
10 000 Mark -
Wochenlang saufen -
Wenn`s glückt -
Schulden bezahlen -
Tante verrückt -
Meyers prahlen -
Sieger gratuliert -
Photographiert -
Händedruck -
Tun als ob schnuppe -
Wändeschmuck -
Lorbeersuppe -
Zeitungsreklame -
Filmaufnahme -
Frieda seidenes Kleid -
Otto platzt Neid -
Engelmann Wut -
Anton - Pump -
Aushalten! Mut
Weg da! Lump! -
Einer von beiden -
Weg abschneiden -
Puff!
Was bild`t sich -
Uff!
Gilt nich!
Feste druff.
Gar nicht kümmern!
Schädel zertrümmern!
Zuchthaus -
Flucht - Haus -
Schande -
Tante -
Sterben -
Beerben -
Unsinn! Was Quatsch! Quatsch!
Teufel! noch mal!
Laternenpfahl.
Mehr links, ach! ach!
Stopp! Frieda! Halt! Krach!
Kladderadatsch!
Knätsch daun! au! aus!
Ohhhhhh! - Publikum Applaus.

Poesiealbum

45
Jetzt hab ich nochmal was Sinniges für Kylies Poesiealbum ausgegraben ;)


Ballade vom Lauf der Welt
by Christoph Meckel

Rief der Page: Danke mir reichts, Dero Spucknapf zu leeren -
Rief der Clown: Wenns weiter nichts ist! Halt du mal so´n König bei Laune!!
Rief der König: Befehl ist Befehl, da gibts nichts zu rütteln! -
Rief Papagei: Ich versteh nicht, ich macht soviel Lärm hier -

Schrie der Clown: Ich geh stempeln, das Ganze ist witzlos -
Schrie der König: Das gibts nicht, du bist hier der Clown, damit basta -
Schrie Papagei: Ich bitt euch, wovon ist die Rede -
Schrie der Page: Halts Maul, sprich wenn du gefragt wirst -

Tobte Papagei: So sagt doch, wovon ist die Rede -
Tobte der König: Ich bin der Herr hier zum Teufel, ich warn euch -
Tobte der Clown: Hört hört, das wär ja noch schöner -
Tobte der Page: Und sowas ist König, ich bitt euch -

Drauf der König: Ich bin euch immer ein Vater gewesen -
Drauf der Page: Das stimmt, er hat uns geschunden, der Alte -
Drauf der Clown: Ich hab´s satt, Dero Rotznas zu kitzeln -
Drauf Papagei: Ich versteh nicht, ihr macht einen Lärm heut!

Und der Page: Mir reichts, schuld hat der da, er äfft uns -
Und der Clown: Ich sags ja, er macht uns konfus, das Miststück -
Und der König: So haut ihm den Kopf ab - und gehn wir dann essen -

Schrie Papagei: Was habt ihr, ihr schweigt ja so plötzlich!

Poesiealbum

46
Der alte Holländer

Er war Stammgast in so einer
Kneipe in Philly
uns schlug sich immer
3 rohe Eier in sein Bier;
71 war er,aber
noch voll bei Kräften,immer noch
auf Arbeit.
Und da saß ich
4 oder 5 Barhocker entfernt,
Anfang 20, voll
von Ängsten und Selbstmordgedanken
und entäuschter Liebe.
Na ja, aus Kummer
wie man weiß,
wird noch mehr Kummer,
es brennt,es brennt und brennt,
und dann wird es
etwas anderes.
Ich sage nichts,daß es
genauso gut ist,
aber auf jeden Fall
läßt es sich leichter
damit leben.

Nachts muß ich oft
an diesen Holländer
denken. Es ist inzwischen
fast ein ganzes Leben her,
aber ich sehe ihn immer noch vor
mir,wie er dasitzt-
mein Meister,
damals wie heute

aus:
Charles Bukowski:
Diesseits und jenseits vom Mittelstreifen
Gedichte 1972-77

immer noch die Schande der Zunft!

Poesiealbum

47
Schilddrüsenunterfunktion

Moin,

klasse thread, mein senf :D ist von Funny van Dannen - Schilddrüsenunterfunktion. kein gedicht, sondern ein "schoenes" lied... Wer sich für den künstler interessiert: in tauschbörsen "ärzte" als Suchbegriff eingeben, dann kommen auch seine lieder als treffer hoch.
Und falls hier jemand an der Krankheit leidet, sorry.
Aber nu:

Schilddrüsenunterfunktion

Ich saß´ oft in der Schule und fühlte mich völlig schlapp.
Und weil ich selbst nicht denken konnte, schrieb ich eben ab.
Ich war immer so antriebsschwach, als kleiner Junge schon.

Heute weiß ich endlich den Grund: Schilddrüsenunterfunktion. Schilddrüsenunterfunktion, Schilddrüsenunterfunktion.....

Wenn wir Fußball spielten, musste ich immer ins Tor.
Und meistens war es so, dass meine Mannschaft verlor.
Und soll ich euch mal was sagen, es war mir scheißegal,
denn bei Schilddrüsenunterfunktion ist das total normal.

Ich ging in den Musikverein, ich lernte Klarinette.
Doch nicht solange wie mein Lehrer das gern gesehen hätte.
Ich machte auch kein Abitur, ich war kein guter Sohn.
Jetzt wissen wir alle warum: Schilddrüsenunterfunktion

Refr: Schilddrüsenunterfunktion...

Dann kam die Zeit, da hat mich Jesus inspiriert,
Franz von Assisi hat mich zur Lyrik inspiriert.
Ich floh vor dem Alltag in die Welt der Religion.
Ich fühlte Gott in mir, doch es war Schilddrüsenunterfunktion!

Ich kam mit der ganzen Gesellschaft nicht klar,
ich fand sie ungerecht. Ich war für Sozialismus,
Anarchie fand ich auch nicht schlecht.
Ich hatte sogar Sympathien für Umsturz und Revolution.
Und was war es wirklich? Schilddrüsenunterfunktion!

Ich habe geheiratet, eine sensible Brünette mit einer tollen Aura,
sie hieß Ulrike-Anette.
Wir durchquerten das Universum mit Tarot und Meditation.
Ich hielt es für Liebe, doch es war Schilddrüsenunterfunktion.

Refr.: Schilddrüsenunterfunktion,...

Alles war so mühsam, ich fühlte mich oft so leer.
Nichts ging ohne Probleme, alles fiel mir so schwer.
Sogar der Sex, kaum war ich drin, da kam ich auch schon.
Jetzt weiß ich warum: Schilddrüsenunterfunktion!
Und immer die Unzufriedenheit, schlechte Laune, Schmerzen,
Magen, Rücken, Leistengegend, sogar am Herzen.
Ich dachte an Rinderwahnsinn, an Ganzjahresdepression.
Doch die Blutwerte zeigten: Schilddrüsenunterfunktion.
Jetzt hab´ ich Tabletten, die nehm´ ich morgens ein.
Bald werde ich so normal wie alle anderen sein.
Dann schreibe ich endlich einen Roman, den Titel hab´ ich schon, doch ich verrate ihn nicht:
(pfeifen) Refr.: Schilddrüsenunterfunktion,...

:bounce: :) ) :bounce:
____________________________________________________________
Gruss in die Nacht

... Ich mööt ze Foos noh Kölle jonn.

Poesiealbum

48
Was Übersetzung ausmacht....

ARTHUR RIMBAUD Empfindung

Durch blaue Sommerabende die Wege hin,
Gespickt von Ähren, will auf zartem Gras ich gehen;
Träumend, fühl ich es kühl meine Füße umziehn,
Badend im offnen Haar laß ich den Wind mir wehen.

Nichts will ich sprechen, bin nichts zu denken gesinnt,
Doch in der Seele steigt unendlich Liebesschauen;
Weit will ich gehn, sehr weit, wie ein Zigeunerkind,
durch die Natur, - so glücklich wie mit einer Frauen.

Aus dem Französischen von Walther Küchler

An blauen Abenden geh ich auf Pfaden,
die eng umsäumt von goldnen Saten sind,
in tiefem Traum. Mit leisen Wellen baden
das bloße Haupt mir Ernteduft und Wind.

Ich spreche nichts... Ich denke nichts... Ich träume nur.
Und eine Liebe ist in mir erwacht,
so grenzenlos... Ich wandle durch die Flur
so selig wie in einer Liebesnacht.


Aus dem Französischen von Stefan Zweig




Kylie

On the other side
I`ll see you again
On the other side
We`ll walk hand in hand

When I see you...

Lyrics by Silke Bischoff

Poesiealbum

49
Ich habe zwar kein Reim,aber eine Lebensweisheit :


Die Lösung:


Gelassenheit,Zuversicht und Humor
verwandeln große Sorgen in kleine,
kleine in winzige, und die
winzigen lösen sich
schießlich in Luft auf.


( Jochen Mariss)


:hallo: :hallo: :hallo: :hallo:

Susan

Poesiealbum

50
In Anbetracht einiger Threads der letzten Zeit noch ein Gedicht von Erich Kästner:

Reden ist Silber

Lernt, daß man still sein soll,
wenn man im Herzen Groll hat.
Man nimmt den Mund nicht voll,
wenn man die Schnauze voll hat.
Gesperrt

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