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Jack Daniels ATL/CTL

Jack Daniels ATL/CTL

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Hallo zusammen,

ich beschäftige mich gerade ein bisschen mit Jack Daniels und RUNALYZE. Ich habe dabei etwas Probleme mit den Begrifflichkeit. was ATL/CTL etc. ist, glaube ich einigermaßen verstanden zu haben. Wenn ATL die aktuelle Trainingsbelastung der letzten (7) Tage ist, wieso wird dieser Wert dann bei RUNALYZE mit "Müdigkeit" betitelt. Dieser Zusammenhang ist mir nicht klar.

Vielleicht kann jemand Licht ins Dunkel bringen :zwinker2: Danke vorab!

Gruß
Walter

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Die Abkürzungen ATL, CTL, TSB, etc. wurden ursprünglich von Hunter Allan und Andrew Coggan für das Radtraining mit Leistungsmesser entwickelt. Inzwischen haben diese Begriffe auch Einzug in den Triathlonsport und wenn ich dich richtig verstehe, auch in den Laufsport erhalten. Das ganze Thema hört sich etwas kompliziert an, hat aber das sinnvolle Ziel, rechnerisch logische Kennziffern für softwareunterstütztes Training zu schaffen.

Die ATL ist die "Akute (also kurzfristige) Trainingsbelastung" (Acute Training Load) über einen Zeitraum von 7 Tagen (Wird auch als Maß an „Erschöpfung“ betrachtet.)
Die CTL ist die "Chronische (also langfristige) Trainingsbelastung (Chronic Training Load) über einen Zeitraum von 42 Tagen. (Wird auch vereinfachend als "Maß an Fitness“ betrachtet.)

Fakt ist, dass deine Trainingsbelastung zweierlei Effekte hat:
1. Sie setzt deinem Körper Reize, die im positiven Falle, Dank Superkompensation mittel- bis langfristig in erhöhter Fitness und Leistungfähigkeit resultieren sollten.
2. Sie führt zu einem gewissen Grad auch zu einer unmittelbaren Erschöpfung.

Eine persönliche Weiterentwicklung als Sportler ist nur durch eine langfristige, schrittweise Erhöhung der Trainingsbelastung sinnvoll möglich. Daher sollte die ATL (außer vereinzelt z. B. im Trainingslager) die CTL nicht zu extrem übersteigen. Diese Überlegung führt zu dem Begriff der Trainingsstressbilanz.
TSB = Trainingsstressbilanz (Training Stress Bilance)
TSB = CTL - ATL
Sie zeigt die Differenz zwischen ATL und CTL. Die Stressbilanz erlaubt Abschätzungen, ob das Training die persönlich richtige Belastung (Umfänge, Intensitäten) enthält und ob somit die Ziele der aktuellen Trainingsphasen eingehalten werden können. In der Grundlagenphase und in harten Aufbauphasen ist die TSB meist negativ. Direkt vor wichtigen Wettkämpfen ist sie aufgrund des Taperings deutlich positv.

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Super Erklärung, danke. Wieder was gelernt....

Grüße,
3fach
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Some say there's no magic formula. I say there is. It's just that the magic is different for everyone. Keith Dowling

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Danke für die Erklärung ... auch wenn es bei Runalyze ja eigentlich in der Soforthilfe (Corsor über den POI fahren) steht. Noch mal eine Zwischenfrage: wie aussagekräftig werden kurz- lang- und mittelfristig diese Werte ohne die Pulswerte zum Lauf und ohne genaue Analyse der Läufe mit Uhr? Also wenn ich mich bewusst dazu entscheide, die Uhr daheim zu lassen und nur Gesamtstzrecke und Zeit in ein neues Protokollblatt eintrage? Aber das ist vielleicht auch eher eine Frage für den Runalyze-Faden?
Steif
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Hallo Steif, ich versuch's nochmal relativ "wissenschaftlich"... Etwas kompliziert, aber auch nicht ganz uninteressant...

ATL und CTL ergeben sich für den jeweiligen Zeitraum (7 bzw. 42 Tage) über den rollenden Durchsschnitt des sogenannten Trainings Stress Score (TSS).

Der TSS berücksichtigt sowohl die Intensität als auch die Dauer jedes einzelnen Trainings. Auf diese Art soll die Gesamttrainingsbelastung und der physiologische Stress des Einzeltrainings abgebildet werden. Die Intensität definiert sich im Verhältnis der im aktuellen Training erbrachten Leistung oder Pace zur maximal möglichen Stundenleistung auf dem Rad bzw. zur maximal über eine Stunde möglichen Pace beim Laufen oder Schwimmen. Das macht natürlich Sinn, da ein und die selbe Laufpace für den einen entspannend und für den anderen "mörderisch" sein kann. Die beste Trainingssoftware kann in dieser Sache nicht sinnvoll funktionieren, wenn nicht die persönliche Leistungsfähigkeit über die Stunde definiert ist.

(Diese Stunden-Maximalleistung bzw. -Pace sollte bei korrekter Auslastung an der Laktatschwelle liegen. Das hat nichts mit einer imaginären "4 mmol/l-Laktat-Grenze" zu tun. Vielmehr ist das der Bereich bei dem sich Laktatproduktion und Laktatabbau gerade noch die Waage halten. An der Laktatschwelle kann ein Sportler daher längere Zeit (theoretisch 1 Stunde) mit konstanter Leistung unterwegs sein, ohne dass es zu einer Übersäuerung der Muskulatur kommt. Oberhalb der ANS wird mehr Laktat gebildet als abgebaut, wodurch die Laktatkonzentration stetig steigt und früher oder später einen Leistungsabbruch oder Leistungsrückgang erzwungen wird.)

Nun ist es so, dass die TSS das Thema Intensität aus gutem Grunde überproportional abbildet. Variables Training mit Leistungsspitzen belastet den Körper weit mehr als gleichmäßiges Training bei gleicher Durchschnittsgeschwindigket oder Durchschnittsleistung.
Darüber hinaus spielt beim Läufer neben Schwankungen bei der Laufgeschwindigkeit auch noch die Topografie eine Rolle. Schließlich können wir in der Steigung nicht genauso schnell laufen wie auf der Ebene oder bergab. Beim Radfahren ist das, wenn man einen Leistungsmesser hat, alles etwas unkomplizierter.

Also, du siehst schon, es macht in diesem Zusammenhang wenig Sinn die Uhr zuhause zu lassen und sich erst am Ende des Trainings auf Durchschnittswerte zu verlassen. Du brauchst GPS, Geschwindikeitsdaten und Höhenmeter. Ich weiß nicht mit welcher Trainingssoftware du umgehst. Aber um sauber zu arbeiten braucht diese ein differenziertes Datenmaterial.

Hier ein paar schöne Links zum Thema:
Training Stress Scores Explained – TrainingPeaks Help Center
Running Training Stress Score (rTSS*) Explained | TrainingPeaks

Persönliches Fazit: Ich finde das Thema "TSS, IF, CTL, ATL, TSB" sehr interessant. Man kann dadurch eventuell einiges über sich selber und sein Training lernen. Beim Radfahren ist das Thema dank Leistungsmesser weniger kompliziert als beim Laufen. Gute Trainingssoftware hilft weiter. Allerdings bleibt am Ende immer noch die Notwendigkeit errechnete Zahlen dem persönlichen Körpergefühl gegenüber zu stellen. Manche erfahrene Sportler würden wohl sagen, dass sie sich auch ohne diesen ganzen Zahlen auf ihr Körpergefühl verlassen können. Ich mag gerne beides. :)

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Steif hat geschrieben: ... Noch mal eine Zwischenfrage: wie aussagekräftig werden kurz- lang- und mittelfristig diese Werte ohne die Pulswerte zum Lauf und ohne genaue Analyse der Läufe mit Uhr? ...
Nachtrag: Hast du den Puls bewusst ins Thema gebracht, Steif? Oben habe ich beschrieben, dass sich die TSS (Rad), rTSS (Run) uns sTSS (Swim) an Leistung und Pace festmacht. Allerdings gibt es auch einen Notbehelf über den Puls. Das ist aber eher eine "Krücke" in dieser Angelegenheit. Keine Ahnung ob deine Software diese Krücke verwendet...

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Steif hat geschrieben:wie aussagekräftig werden kurz- lang- und mittelfristig diese Werte ohne die Pulswerte zum Lauf und ohne genaue Analyse der Läufe mit Uhr?
Das kann meiner Meinung nach 0 aussagekräftig sein, da du ja wenigstens einen Parameter benötigst, der Aussage über die Intensität gibt. Woher soll den Runalyze wissen, wie sehr du sich angestrengt hast? Für mich ist ein Tempolauf in 5:00 sehr schnell, für dich vielleicht in lockerer Dauerlauf. Dementsprechend die Belastung.

Zu bedenken sind zum Thema Puls wie immer folgende Dinge:

Einflussfaktoren wie Befinden, Wetter, etc.
Analyse von Ein/Auslaufen, Intervallen, etc.

Ich bin auch gerade dabei zu lernen die Werte nicht einfach nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern sie aktiv zu analysieren und diverse Einflussfaktoren zu berücksichtigen.

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MartinB. hat geschrieben: Also, du siehst schon, es macht in diesem Zusammenhang wenig Sinn die Uhr zuhause zu lassen und sich erst am Ende des Trainings auf Durchschnittswerte zu verlassen. Du brauchst GPS, Geschwindikeitsdaten und Höhenmeter. Ich weiß nicht mit welcher Trainingssoftware du umgehst. Aber um sauber zu arbeiten braucht diese ein differenziertes Datenmaterial.

Persönliches Fazit: Ich finde das Thema "TSS, IF, CTL, ATL, TSB" sehr interessant. Man kann dadurch eventuell einiges über sich selber und sein Training lernen. Beim Radfahren ist das Thema dank Leistungsmesser weniger kompliziert als beim Laufen. Gute Trainingssoftware hilft weiter. Allerdings bleibt am Ende immer noch die Notwendigkeit errechnete Zahlen dem persönlichen Körpergefühl gegenüber zu stellen. Manche erfahrene Sportler würden wohl sagen, dass sie sich auch ohne diesen ganzen Zahlen auf ihr Körpergefühl verlassen können. Ich mag gerne beides. :)
Hallo Martin, Vielen Dank für Deine erneuten umfangreichen Ausführungen! :daumen: So in etwa hatte ich mir das nach dem Lesen dieser Seite auch schon gedacht. Bei Runalyze, das ich benutze, wird TRIMP errechnet, was wohl mit TSS gleichzusetzen ist, allerdings tatsächlich aus einem Puls(bereich?), Länge, Dauer, Hm ermittelt wird. Wie mein Runalyze jetzt für das Training am Sonntag ohne Pulsgurt einen Puls-Wert gefunden hat, wird mir auch klar. Oben rechts kann man auf einem Trainingsblatt (Eingabemaske für eine Einheit) auswählen, welche Art Lauf man gelaufen ist. Entweder es gibt für meine Auswahl "Dauerlauf" einen errechneten Durchschnittswert aus früheren Trainings oder der Bereich ist aus meinem Maximalpuls abgeleitet errechnet.
MartinB. hat geschrieben: Nachtrag: Hast du den Puls bewusst ins Thema gebracht, Steif? Oben habe ich beschrieben, dass sich die TSS (Rad), rTSS (Run) uns sTSS (Swim) an Leistung und Pace festmacht. Allerdings gibt es auch einen Notbehelf über den Puls. Das ist aber eher eine "Krücke" in dieser Angelegenheit. Keine Ahnung ob deine Software diese Krücke verwendet...
... und diese Krücke heißt TRIMP - vgl. diesem Link
Steif
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Steif hat geschrieben:Hallo Martin, ...

... und diese Krücke heißt TRIMP - vgl. diesem Link
Ja, TRIMP ist sehr bekannt. Das wurde von Dr. Eric Banister bereits in den 1970er Jahren entwickelt. In Anlehnung dazu schuf Dr. Andrew Coggan 2003 sein leistungsbasiertes System für Radsportler, dem wiederum die pace-basierte Ableitung für den Lauf- und Schwimmsport folgte. Die Kennziffern sind nicht identisch, haben aber gemeinsam, dass sie Trainingsumfang UND Trainingsintensität in die Rechnung einfließen lassen.

TRIMP errechnet sich Puls-basiert. Die Schwächen im Umgang mit dem Puls sind bekannt. Er reagiert verzögert und unterliegt manchen Fremdeinflüssen (Hitze, Dehydration, etc.) Aber er macht gerade für Läufer in der Berechnung auch manches leichter.

Für TRIMP kursieren unterschiedliche Formeln. Vereinfacht kann jedoch gesagt werden es errechnet sich folgendermaßen:
TRIMP = Trainingsdauer x (Trainingspuls - Ruhepuls) / (Maximalpuls - Ruhepuls) x einem intensitätsbasierten Gewichtungsfaktor

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Die Runalize-Formel lautet offenbar folgendermaßen:
TRIMP = min * (HFperRest * a * exp(b * HFperRest)) * (rpe / 10)

Teil der Formel sind:
- min: Trainingsdauer in Minuten
- HFperRest: Herzfrequenz in Prozent Reserve ((Durchschnittspuls - Ruhepuls) / (Maximalpuls - Ruhepuls))
- rpe: Der RPE-Faktor des Trainingstyps oder der Sportart (z.B. 1 für Gymnastik, 5 für Schwimmen, 10 für Trainingstyp "Wettkampf")
- a, b: Faktoren (für Männer: a = 0.64, b = 1.92 - für Frauen: a = 0.86, b = 1.67)

Das kann man hier nachlesen: TRIMP-Berechnung - Runalyze
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Aber das führt vielleicht langsam zu weit... Deine Überlegung wie Runalyze ohne Pulsgurtaufzeichnungen einen vermuteten Pulsbereich zur Trimpberechnung ausgemacht hat, halte ich für schlau... :nick:

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MartinB. hat geschrieben:Deine Überlegung wie Runalyze ohne Pulsgurtaufzeichnungen einen vermuteten Pulsbereich zur Trimpberechnung ausgemacht hat, halte ich für schlau... :nick:
Das hat mir jetzt gerade keine Ruhe gelassen und ich habe es mir nochmal angesehen. Ich benutze Runalyze nur zu hause, also nicht im Netz, konnte das daher nicht auf Arbeit überprüfen.
Die Tabelle mit den Faktoren für die verschiedenen Lauftrainingsarten habe ich bei Runalyze nun gefunden. Ich hatte mich ohnhin geärgert, dass die nicht editierbar schien, da ich gerne z.B. meinen geliebten Crescendo-Lauf gerne mit dabei hätte. Einiges klärt sich mitunter von alleine. In der Konfiguration findet man auch die Tabelle für die verschiedenen Sportarten und auch dort kann man Faktoren einstellen und welche Werte zur Berechnung herangezogen werden sollen. Fehlen Werte - wie in meinem Fall die Pulswerte - rechnet Runalyze trotzdem lustig los. Nur, was die Werte dann aussagen, kann man sich in etwa ausrechnen.

Danke nochmal für Deine Erklär-Geduld! :daumen: :hallo:
Steif
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