Avanti- hat geschrieben:Er will nicht verstehen, warum er es körperlich nicht mehr schafft. Er will nur wie jedes Jahr in diese Halle einlaufen. Irgend wann, gezeichnet von den zig KM die er bereits hinter sich hatte, sah er wahrscheinlich nur noch einen Ausweg. Dabei ging es ihm sicherlich nicht darum, vor jemand anderen ins Ziel zukommen.
Siehst Du nicht die Tragödie die dahinter steckt?
Eine Tragödie - ja, in gewisser Weise ist es genau das! Dieses Nicht-Loslassen-Können von Zielen, an denen das Herz sehr hängt, auch wenn die Ziele nicht mehr oder nur zu einem sehr (zu?) hohen Preis erreichbar sind, ist ja keinesfalls spezifisch für's Laufen, sondern betrifft alle anderen Lebensbereiche. Aber es ist eben auch bei einzelnen LäuferInnen zu beobachten. Während die meisten irgendwann entscheiden, nicht mehr bei Wettkämpfen zu starten, weil sie nicht mehr mithalten können, treffen andere diese Entscheidung nicht.
Konkret: Hier in der Region startet eine ältere Frau bei Volksläufen, die für die 10 km an einem guten Tag 85 Minuten, an einem schlechten auch mal fast 2 Stunden braucht; ein Mann, mit dem ich mal in einem Laufkurs war, ist unwesentlich schneller. Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll. Einerseits bin ich sicher, dass beide diese Wettkampfstarts momentan brauchen, um sich gut zu fühlen (von dem Mann weiß ich das auch aus Gesprächen). Andererseits sieht es wirklich so schlimm aus, wie die beiden verbissen ums Durchkommen kämpfen und dabei sichtbar (der Mann auch lt. Selbstbericht) Schmerzen haben, dass ich mir wünschen würde, sie würden einen Weg finden, von diesen Aktivitäten zu lassen und nur noch privat "aus Spaß an der Freud" und ohne Leistungsgedanken zu laufen.
Klar, über ein Zeitlimit ließe sich die Situation formal regeln, ebenso wie sich die Geschichte von Horst beim Frankfurt-Marathon formal regeln ließ. Aber was bleibt, sind Menschen, die eigentlich von ihnen nahestehenden Personen Unterstützung dabei bräuchten, das zu lassen, was ihnen vermutlich mehr schadet als nützt, und stattdessen andere Ziele zu entdecken.
Edit: So gesehen finde auch ich das Verhalten des Frankfurt-Marathon-Organisators fragwürdig. Weniger, weil er jemanden unterstützt, der einen Sportbetrug begangen und zugegeben hat. Sondern weil mir zweifelhaft erscheint, ob er zum Wohle des Betreffenden handelt. Klar, vielleicht genießt Horst diese Wertschätzung. Aber vielleicht wäre er sogar - jetzt oder mit einigem zeitlichem Abstand - froh, wenn ihm jemand die Entscheidung abnimmt, ob er sich den Marathon nochmal antut.