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Sorry, are you in the queue?

Sorry, are you in the queue?

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Sorry, are you in the queue?
Mann, was will der schon wieder und wieso diese Frage…
Aber mein letzter Marathonstart hat mit eben dieser Frage begonnen.
Die Vorbereitung dazu war mehr als nur bescheiden (immer wieder durch Steine hervorgerufene Gallenkolliken), Laufabbrüche, Krankenhausaufenthalte, Untersuchungen usw. Also Termin für die OP abgemacht. Leider war meine Gallenblase mit dem OP-Termin nicht einverstanden und hat sich dazu entschlossen, sich an einem Freitag zwischen 22:00 und Mitternacht in einer Notfall-OP von mir zu trennen. Nicht ohne mir 18 Std lang die Hölle heiß zu machen und zu guter Letzt die Temperatur auf 39° zu jagen.
Nachdem der Flug, Hotel, Start usw. alles bereits bezahlt war, also schlechtest vorbereitet nach Dublin, um wenigstens an den Start zu gehen, damit ich doch noch ein bisschen was für mein Geld bekomme und ein paar Tage Urlaub mitnehmen kann.
Die Messe war wie üblich vom Feinsten. Einzig bei der Anprobe eines neuen Trisuits habe ich und eine Läuferin neben mir (die eine lange Laufhose) anprobierte fürs Schmunzeln gesorgt, da wir in Ermangelung einer Umkleidekabine nur durch eine paar Lauf-Utensilien voneinander und nach außen hin noch weniger vor den Blicken anderer abgeschirmt waren.
Fürs Rennen waren Regen und Wind bis 45mph vorausgesagt. Der Regen war nicht so schlimm, aber der böige Wind sollte es ganz schön in sich haben.
Nach dem Frühstück (nur Toastbrot mit gesalzener Butter und Honig sowie Kaffee) ging es ins Startareal. Da standen jede Menge Toiletten und auch einige Läufer/innen davor. Wie ich später feststellte, warteten die meisten jedoch nur darauf ihren Kleiderbeutel abzugeben.
Danach wurde nach Startblöcken getrennt weitergegangen. Dabei kam ich an den nächsten Toiletten vorbei (da stand schon eine sehr lange Schlange (sehr diszipliniert) in Doppelreihe.
Natürlich waren auch einige „Lauf-Touristen“ die in irgendwelche Hauseinfahrten oder an die alten historischen Mauern urinierten. Aber zum Glück war meine Blase ruhig.
Voller Freude kam ich endlich zum Eingang meines Startblocks, wieder einige Toiletten mit einer ewiglangen Schlange und „TATA“ meine Blase meldete sich nun doch. Also stellte ich mich, wie es sich gehört nett lächelnd und höflich in die Schlange, die hinter mir immer länger wurde. So vergingen die Minuten und durch die Lautsprecher wurde die Hymne geträllert, die Rollstuhlfahrer und körperlich eingeschränkten Läufer starteten. Wir bewegten uns immer noch langsam Richtung Toilette. Die Eliteläufer wurden vom Band gelassen und die erste Welle startete (ich sollte in der 2ten..), ich hatte die Toilette immer noch nicht erreicht. Endlich, die nächste Tür die sich öffnet, ist meine. Ich nur noch Regenschutz hoch, Hose fast schon runter …….
Endlich wieder eine leere Blase, was für eine Wohltat. Schnell die Hose wieder rauf und raus. Kaum war die Türe auf, kam mir schon eine höflich lächelnde Dame entgegen, der es wie mir kurz davor ging.
Also endlich fertig, schnell rein irgendwo ganz hinten, bevor sich die 2te Welle in Richtung Startlinie in Bewegung setzte. Hatte mit meiner Frau ausgemacht, dass ich irgendwo zwischen den 4:00 und 4:10 Pacer sein werde. Habe diese Ballons aber nur aus weiter Ferne gesehen, da ich wie es sich gehört, mal wieder in der Schlange ganz hinten war.
So wurde langsam auf die Ziellinie zugewandert und kurz vor der Linie konnte ich tatsächlich zu joggen anfangen. Meine Frau machte sich bereits Sorgen, nachdem sie mich nicht wie zuvor ausgemacht finden konnte und ich erst viel später aufgetaucht bin.
Der Lauf selber ist schnell erzählt, ich bin einfach losgelaufen mit dem Gedanken 2 oder 3 Gehpausen einzulegen und wenn es nicht geht einfach aussteigen.
Für die ersten 10 km brauchte ich knapp 60 min., für den HM 2:05:21, die 30km waren nach 3:00:36 überquert immer noch ohne Gehpause. Immerhin der längste Lauf, danach habe ich mich von Meile zu Meile motiviert teilweise mit Sprüchen wie: wenn der oder die so noch laufen,dann kannst du es auch noch. Deine Füße laufen doch, also denk nicht ans Gehen.
Die Schritte wurden zwar immer kleiner, aber ich kam laufend zum Heartbreak Hill. Also weitergejoggelt und ich kam tatsächlich laufend oben an. Jetzt sollte die restliche Strecke eigentlich nur noch gerade sein oder abwärts gehen. Also einfach nicht denken und weiterlaufen. Irgendwann kam das Schild 24 Mile, da habe ich nur noch meine Hausrunde im Kopf gehabt und gedacht, das sind weniger als 5km, jetzt kämen die Bäume hier und dies usw. Das Schild mit Mile 25 habe ich nicht gesehen und bin fast verzweifelt. Irgendwann hörte ich wieder laute Musik und einen Sprecher. Mein erster Gedanke war, das muss das Ziel sein, es war aber nur ein Hotspot bei der RDS. Immer wieder versuchte ich mich, durch abklatschen mit den Zusehern am Straßenrand abzulenken. Mir kam sogar das Forum in den Sinn, wo gefragt wurde: was denkt man bei km 40. Meine Gedanken dazu sind leider nicht jugendfrei.
Jedenfalls wollte ich so knapp vor dem Ziel keinesfalls mehr eine Gehpause einlegen. Ab und zu überholte ich noch Mitstreiter wurde aber auch sehr viel überholt. Immer wieder wurde ich mit meinem Namen angefeuert und mir wurde gesagt, dass ich gut aussehe obwohl ich mich Scheiße fühlte.
Irgendwann sah ich ein Schild 800 Meter zum Ziel, ich hätte heulen können, weil es immer noch so weit weg aussah. Ein Zuschauerin hielt ein Schild hoch mit dem übersetzten Zitat: * Stellt euch nicht so an, mir brennen schon die Hände und Füße vom rumstehen und dieses Scheißschild für euch hoch zuhalten.*
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und passierte die 400Meter Markierung. Irgendwie kam wieder das Leben und Lächeln in meinen Körper zurück und ich konnte tatsächlich nach Sub 4:23 laufend, naja joggelnd die Ziellinie ohne Gehpause überqueren. Im Ziel die Finisher- Medaillie abgeholt, das Finisherpaket und Shirt in Empfang genommen. Einen Schokoriegel sehr langsam gegessen und Richtung Hotel. Ja, theoretisch hätte ich nur durch die Absperrung müssen und keine 100Meter weiter wäre ich im warmen Zimmer mit heißem Wasser gewesen. Am Morgen war da noch ein Durchgang, jetzt alles dicht.
Also musste ich nach links, 200 Meter weg vom warmen Hotel, der Wind war jetzt noch unangenehmer als zuvor beim Laufen und beim Ausgang nach vorne ging wieder einmal nichts mehr, denn ich war wieder einmal in der Q.
Zum Glück drängelten sich nach etlichen Minuten (ca. 15) in der Kälte stehend ein paar „rude People“ durch und ich habe auch auf meine gute Kinderstube gepfiffen und bin ihnen einfach nach.
Trotz heißem Bad habe ich mir eine dicke Erkältung eingefangen, aber ansonsten nichts. Kein Muskelkater oder sonstiges.
Auch wenn es mein bisher, am schlechtesten vorbereiteter und langsamster Marathon war, schön war es trotzdem.
Am Abend gab es ein spitzen Essen und gutes Guinness.
LG Raffi
Ich weiß, dass die Stimmen in meinem Kopf nicht real sind, aber sie haben so wahnsinnig gute Ideen
Ein bisschen TRI schadet nie.
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So kurz nach einer Not-OP mal eben einen Marathon laufen - und das noch in einer sehr passablen Zeit (auch wenn's Persönliche Schlechtzeit für dich war). Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du so'n bisschen bekloppt bist? :zwinker5:

Herzlichen Glückwunsch, lieber Raffi! Jetzt pfleg dich aber mal ein bisschen - und deine Frau auch, sie hat's mehr als verdient, so wie sie dich unterstützt! :nick: :daumen:

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kobold hat geschrieben:So kurz nach einer Not-OP mal eben einen Marathon laufen - und das noch in einer sehr passablen Zeit (auch wenn's Persönliche Schlechtzeit für dich war). Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du so'n bisschen bekloppt bist? :zwinker5:

Herzlichen Glückwunsch, lieber Raffi! Jetzt pfleg dich aber mal ein bisschen - und deine Frau auch, sie hat's mehr als verdient, so wie sie dich unterstützt! :nick: :daumen:
Danke, danke. Das werden wir auch machen.
(Anne, du sprichst mir aus der Seele. Aber wer hört schon auf seine bessere Hälfte, v.a. wenn man so ein Sturkopf ist wie HP. Und ein bisschen bekloppt ist auch ganz liebenswert :zwinker4: und er hat sich durch ausgiebige Shoppingtouren, die uns beide Spaß gemacht haben, dafür bedankt).

@Georg: Danke dir auch. Es geht mir schon ausgezeichnet.
LG Raffi.
Ich weiß, dass die Stimmen in meinem Kopf nicht real sind, aber sie haben so wahnsinnig gute Ideen
Ein bisschen TRI schadet nie.
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Danke. Schön, dass er dir gefallen hat.
Gruß Raffi.
Ich weiß, dass die Stimmen in meinem Kopf nicht real sind, aber sie haben so wahnsinnig gute Ideen
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