Nach dem harten 10er vor 3 Tagen frage ich mich, welcher Idiot mir heute schon wieder einen 18 km Endurance Run in den Plan geschrieben hat.
Eigentlich fühlt sich ja alles ganz gut an, aber gleich 18 km ? Wir werden sehen ...
Weil es heute nochmal heiß werden soll, stehe ich wieder früh auf. Allerdings reicht es mittlerweile, um 7:00 Uhr auf der Piste zu sein, die Tage sind doch schon um einiges kürzer geworden. Die Sonne ist noch nicht ganz da und so hat es sehr trockene 12°C ohne jeden Wind. Auf dem ersten Kilometer etwas kühl bei kurz/kurzem Outfit, aber so soll es ja sein - beim Einlaufen gerne mal etwas chillig. Danach ist das Wetter nur noch traumhaft!
Ich kann mich immer noch über den Plan echauffieren, aber was hilft's. Ich laufe einfach mal los und will unterwegs entscheiden. Wenn das heute eine Qual wird, kann ich immer noch vorzeitig umkehren. KM 6 mache ich zum point of no return. Bis dahin sollte ich klarsehen. Beginnen will ich mit gemütlichen 7:30/km und alle 3 km um 10s/km steigern. Macht 7:00 bis KM 12. Und dann will ich 6 km in 6:30 versuchen - ein deutlicher Sprung, aber weit weg vom Schwellentempo, das heute definitiv nicht angesagt ist.
Die ersten Schritte sind immer noch etwas steif, wenn auch wesentlich besser als beim vorgestrigen ersten Erholungslauf. Das nächste was mir auffällt ist, dass ich viel zu schnell bin. Eigentlich ein gutes Zeichen. Am Ende des ersten KM lege ich einen regelrechten Bummeltrab ein, um erstmal runterzukommen. KM 2 und 3 gelingen mir auch nicht langsamer, insgesamt werden es 7:10/km für diesen ersten Abschnitt.
Jetzt will ich aber nicht einfach stur steigern, sondern will zurück in Richtung der ursprünglich geplanten 7:20. Das gelingt etwas besser, aber nicht ganz. Den rechten Oberschenkel spüre ich noch ganz leicht, aber es wird immer besser. So etwa bei KM 4 bs 5 reift die Entscheidung - alles gut, ich werde das heute durchziehen. KM 4-6 gehen in 7:13 weg.
Dann geht es minimal bergauf, kein Problem. Die nun geplanten 7:10 treffe ich mit 7:07 nun sehr gut. Und dann ist schon die Wende da. Die folgenden 3 km in 7:00 sind immer noch völlig easy, 6:53. Ich kann es nicht glauben, aber bis zu diesem Zeitpunkt musste ich mich auf jedem einzelnen Kilometer bremsen. Ließ ich mal die Gedanken schweifen, wurde ich schneller anstatt wie sonst so oft langsamer.
Zeit, die Handbremse zu lösen, für 6:30/km werden alle Systeme zur Ordnung gerufen und es geht munter weiter - das Bremsen, meine ich, weil die Pace sehr bald Richtung 6:20, 6:15 tendiert, was ich mir heute aber definitiv nicht antun will. Tatsächlich habe ich keinerlei Mühe, die 6:30 einzuhalten, KM 13-15 sind für entspannte 6:26 gut. Der Puls ist mit gut 87% nun natürlich schon recht hoch, aber ich spüre keinerlei Anzeichen von Müdigkeit, die Beinchens schnurren wie ein gut geöltes Uhrwerk.
KM 16 hat den Maulwurfshügel und da ist meine Taktik ja meistens, auf den ersten relativ flachen 700m etwas Zeit rauszuholen, die ich am Steilstück dann zubuttern kann. So auch heute. Für 300m geht es Richtung 6:20/km. Aber jetzt spüre ich ganz deutlich, wie die Beine fast augenblicklich leicht flau werden. Ein Blick auf den Puls: 90%. Aha, da sitzt heute die Laktatschwelle. Ich nehme etwas Gas weg und den Beinen geht es augenblicklich besser. Trotzdem schaffe ich die ersten 800m mit dem sanften Anstieg in 6:28/km. Nur auf dem Steilstück gebe ich etwas nach. Kein Problem, es folgen ja noch 200m flach und beginnend bergab. Aber der KM-Piepser erwischt mich vorzeitig (hatte wohl 50m zu spät gewendet), so dass KM 16 der einzige bleibt, wo ich den Plan um 4s verfehle. Aber wen interessiert das? Bergab ist das schnell wieder aufgeholt und vergessen.
Gegen Ende von KM 17 spüre ich zum ersten Mal (!), dass sich die Beine so anfühlen, wie Sonntag vielleicht bei KM 4 oder 5 - nennen wir's unlustig. Das Tempo schaffe ich aber immer noch locker, auch auf KM 18 - mittlerweile beträgt bei mir die Distanz zwischen "fängt an, sich doof anzufühlen" und wirklich langsamer werden nun doch schon einige KM. Auf dem letzten KM 18 mache ich nur noch so viel Druck wie nötig, auf eine erneute Judorolle habe ich heute keinen Bock. Ist ja auch langweilig ohne Publikum und ohne zwei Jungs, die ich vor lauter Übermut noch ins Ziel tragen könnte.
Da der Puls jetzt aber doch nochmal auf 92% hochgegangen war, hänge ich noch einen 19. KM zum Austraben dran. Erst da jammern meine Beine vernehmlich. Und endlich kommt auch er angehumpelt, mit eingekniffenem Schwanz, von ganz weit hinten - Horst, der Schweinehund von der jämmerlichen Gestalt. Heute hat er wirklich alles verpasst und ich hatte einfach nur ganz viel Spaß bei diesem durch und durch gelungenen Läufchen.
Insgesamt 19,0 km mit 40 Hm, davon 18,0 km in 6:52/km mit Puls 149/180 = 82,7 %. Die letzten 6 schnellen KM gingen in 6:27 über die Theke, bei einem mittleren Puls von 160/180 = 88,9%
Nach der Erfahrung auf KM 16 (Achtung, nur eine Momentaufnahme) verorte ich meine individuelle anaerobe Schwelle derzeit bei 89 bis 90. Darüber wird in Laktat gebadet, darunter wird's wieder weggeschafft. Also muss ich aufpassen, bei längeren Läufen von den 90% wegzubleiben, außer der Plan fordert solchen Schweinskram explizt. (Progression Long Run). Passt aber ganz ordentlich. Auch die letzten 6 KM mit Puls 89%, die sich recht o.k. anfühlten, passen genau in dieses Bild.
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KM [/td]
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Plan-Pace [/td]
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Ist-Pace [/td]
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HF/180 bpm [/td]
[td]
Bemerkungen [/td]
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[td] 1-3 [/td]
[td] 7:30 [/td]
[td] 7:10 [/td]
[td] 76,3 % [/td]
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[td] 4-6 [/td]
[td] 7:20 [/td]
[td] 7:13 [/td]
[td] 79,8 % [/td]
[td] [/td]
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[tr]
[td] 7-9 [/td]
[td] 7:10 [/td]
[td] 7:07 [/td]
[td] 80,2 % [/td]
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[tr]
[td] 10-12 [/td]
[td] 7:00 [/td]
[td] 6:53 [/td]
[td] 82,4 % [/td]
[td] [/td]
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[tr]
[td] 13-15 [/td]
[td] 6:30 [/td]
[td] 6:26 [/td]
[td] 87,6 % [/td]
[td] [/td]
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[tr]
[td] 16-18 [/td]
[td] 6:30 [/td]
[td] 6:28 [/td]
[td] 89,8 % [/td]
[td] [/td]
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[tr]
[td] 19 [/td]
[td] --- [/td]
[td] 8:38 [/td]
[td] 82,7 % [/td]
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