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No sports

No sports

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Der nun auch noch. Wer will das Alles lesen, für wen ist es gedacht? Wie die Überschrift schon sagt: nicht für den Sportler, der ständig nach besseren Leistungen strebt; nicht für die ungestüme Jugend, die ihre Grenzen austesten will; und nicht für den, der sich ständig und immer mit anderen vergleicht und frustriert ist, wenn er nicht wenigstens zu den Besseren gehört. Gedacht ist es für den, der schon älter ist, von Null beginnt und einfach nur ins Laufen kommen will. Was dann später noch daraus wird, ist offen.

Also zunächst der Rückblick. Was bisher geschah.

Wer über 30 Jahre auf seinem Bürodrehstuhl gesessen und jegliche körperliche Aktivität eher gemieden hat, braucht viel Glück, wenn er noch einen passablen Gesundheitszustand haben will. Häufig wird es so aussehen wie bei mir. Der Atem wird recht kurz, auch wenn man auch nur eine Treppe steigen will. Das Körpergewicht überschreitet die Marke von 30 beim BMI, die Waage zeigt drei Stellen vor dem Komma. Der Kleiderschrank füllt sich mit Anzügen, die zu eng geworden sind. Nicht immer passt die Größe XL. Der hohe Blutdruck liegt in einem Bereich, der von Fachleuten als eindeutig behandlungsbedürftig angesehen wird. Unvermittelt fängt das Herz auch beim Sitzen auf dem Bürostuhl an zu rasen. Am Stuhl kann es nicht liegen, auf dem sitze ich seit Anbeginn (Alu chair nach Charles Eames, schade, dass man den Bezug nicht wechseln kann). Wenn man sich morgens die Socken anziehen will, bemerkt man, dass man nicht mehr auf einem Bein stehen kann. Und die Schuhsenkel schnürrt man schon lange nicht mehr beim Bücken, sondern setzt sich besser hin.

Das Herzrasen führt dann doch zu Bedenken, und ich vereinbare einen Termin beim Facharzt. Sportsachen bitte mitbringen und das Handtuch nicht vergessen. Was wird der Arzt sagen? Wahrscheinlich: Guter Mann, nehmen Sie ab und bewegen Sie sich mehr. Regelmäßiger Sport ist gut. Und fürs erste nehmen Sie einmal diese Tabletten, haben kaum Nebenwirkungen. Kommen Sie in einem Monat wieder, führen Sie Tagebuch für den Blutdruck. Dann werden wir sehen.

Da hätten Arzt und Pharmaindustrie einen neuen Dauerkunden, wahrscheinlich bis zum Lebensende. Was tut der Mann, wenn er Angst hat? Ich kneife. Der Arzttermin wird abgesagt. Aber ein Buch angeschafft, über das Laufen, von einem Steffny (nie gehört), und einige hundert Seiten dick. Da steht sehr viel drin. Nach dem ersten Durchlesen schwirrt mir der Kopf. Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, Glykogenspeicher, Regeneration und Superkompensation, Herzfrequenz, Periodisierung des Trainings, und endlos viele Trainingspläne, ein ganzes Kapitel allein über Marathon.

Welcher normale Mensch will überhaupt Marathon laufen? Und das in unter drei Stunden? Schade um das Papier. Aber es gibt ja auch einen Plan für den absoluten Anfänger. Und bei Steffny kann ich ohne schlechtes Gewissen mit dem Aufbautraining aufhören, wenn ich das geworden bin, was er Gesundheits-, Fittness- oder Genussläufer nennt. Dann muss man später drei Mal in der Woche laufen, einmal lang und zweimal kürzer, und insgesamt so um die 25 bis 30 km zurücklegen. Das hört sich doch noch halbwegs vernünftig an und müsste selbst für mich machbar sein.

Wenn man kopflastig ist, reicht ein einziges Buch nicht. Da kommt es mir zupass, dass es sehr viele Bücher zu dem Thema gibt, und sehr viele Internet-Seiten. Die wollen alle erst einmal gelesen sein, bevor man den ersten Schritt macht. Das Lesen geht wider Erwarten recht schnell, weil sich herausstellt, dass jedenfalls auf den Anfänger bezogen im Wesentlichen überall das Gleiche steht. Die vielen Trainingspläne für den absoluten Anfänger sind teils sehr fein ausgearbeitet und unterscheiden sich tatsächlich noch in Details. Ich komme jedoch zu dem Ergebnis: hier ist ein Plan so gut oder schlecht wie der andere. Es ist egal, welchen Plan ich nehme. Wichtig ist nur, dass ein Plan dann durchgehalten wird.

Also der erste Plan: 30 Minuten laufen ohne Unterbrechung. Vorsichtshalber wähle ich den Plan über 10 Wochen, ich will nichts falsch machen und keine Scherereien mit Gelenken oder Bändern, deren Namen ich bis dahin kaum kannte.

Es ist Ende Juli, und es ist warm. Im Keller liegen noch ungebrauchte Sportschuhe von Nike, die ich mit einem großen Vorsatz schon einmal vor über zehn Jahren im Angebot erstanden habe. Ein T-Shirt habe ich auch noch, eine kurze Hose (XL) gibt es gerade (Zufall oder Fügung) bei Lidl für 5 EUR, sieht nicht sonderlich modisch aus. Eigentlich nicht meine Linie.

Mein Plan sieht vor, dass ich zwei Minuten laufe, dann zwei Minuten gehe, und das fünf Mal im Wechsel. Um die Minuten zu erfassen, lade ich auf dem Smartphone einen Timer von Runtastic. Also einstellen: zwei Minuten Workout, zwei Minuten Erholung, fünf Sets. Dann fahre ich 700 Meter mit dem Auto zum Waldrand – in erster Linie, damit mich niemand in diesem Aufzug sieht. Mit dem Smartphone in der Hand wird auf Starten gedrückt. Eine Stimme zählt: .. drei, zwei, eins, Workout! Ich setze mich in Bewegung, die ersten Schritte.

Geht doch. Geht doch eigentlich ganz leicht. Ich schaue auf das Smartphone in der Hand. Schon zehn Sekunden geschafft.

Oh, jetzt wird es doch etwas schwerer. Anfänger laufen bekanntlich immer zu schnell, also werde ich etwas langsamer. Das mit dem Atmen geht nicht mehr so gut, und das Herz wummert ganz schön. Ein Blick auf das Smartphone. Es sind erst 26 Sekunden geschafft.

Das wird ja denn doch mit einem Mal sehr schwer. Boh, eh. Wieviel Sekunden? 53? Die zwei Minuten halte ich nie durch. Täusche ich mich, oder geht das hier ganz schön steil hoch?

Drei Mal in der Woche laufen? 25 Kilometer? Träum weiter, das geht niemals, never ever.

Erstmal bis zu dem Baum da vorne an der Ecke. Oder gehe ich erst einmal ein Stück? Nein, so schnell gebe ich nicht auf, es werden die zwei Minuten gelaufen, oder was man so laufen nennt, und dann erst gegangen. Durchhalten.

Hoffentlich wird mir nicht gleich schwarz vor Augen. Was passiert eigentlich, wenn ich umkippe? Noch ein Stückchen, gleich. Und dann die Stimme aus dem Smartphone (Vanessa, weiblich): .. drei, zwei, eins .. Erholung.

Wow, da liegt ja noch einiges vor mir. Im Gegensatz zu den zwei Minuten Laufen sind die zwei Minuten Erholung erstaunlich schnell vergangen. .. drei, zwei, eins .. Workout. Ich trabe wieder an, diesmal gleich langsamer als beim ersten Mal, zwei Minuten laufen sind ja sehr lang. Ich versuche jetzt einfach, an nichts zu denken, und nur durchzuhalten. Die Schuhe sind trotzdem sehr schwer, das Hemd klebt auf dem Rücken, und in meinem Kopf scheint etwas zu pulsieren. Irgendwie kann ich der Sache nur noch sehr wenig abgewinnen. Gut, dass die Hose nur 5 EUR gekostet hat.

Dann sind die 20 Minuten vorbei. Schwer atmend gehe ich zum Auto. Das kann ja heiter werden. Soll ich diesen ersten Lauf jetzt als Erfolg oder Desaster verbuchen? Wie konnte ich nur so auf den Hund kommen. Positiv ist dann: ich erhole mich sehr schnell. Nach einer weiteren halben Stunde zu Hause merke ich nichts mehr. Ich bin geradezu aufgekratzt. War doch gar nicht schlimm.

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Bitte mehr davon! Danke fürs Teilen, mir ging es bei den ersten Versuchen im Herbst nicht anders, inzwischen schaff ich 10 km am Stück und es ist herrlich!

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Es freut mich, wenn jemand den Text lesen mag. Daher die Fortsetzung.

Ein Tag nach dem ersten Lauf: ich spüre nichts. Kein Muskelkater, kein Ziehen, kein Zwicken, es geht mir prima. Da lese ich noch schnell nach, was im Körper beim Laufen geschehen ist.
Die Muskeln werden von einem Phosphat (ATP) angetrieben, das überall im Körper verwendet wird. Es wird geschätzt, dass jeder an einem Tag mehr als die Hälfte seines Körpergewichts an ATP verbraucht. Wie bitte? Das kann doch nicht sein. Ach so, nur rechnerisch und theoretisch. Es wird permanent ATP auf- und abgebaut. Tatsächlich steht ATP den Muskeln nur für einige Sekunden als Vorrat zur Verfügung. Wie wahr, das trifft bei mir genau zu. Und wo kommt es dann neu her? Es wird überwiegend in den Mitochondrien der Zellen durch Verbrennung von Kohlenhydraten und Fetten gebildet. Dazu braucht es Sauerstoff.

Das Problem ist dann: wenn man läuft, braucht man viel Energie, also viel Sauerstoff. Die Lunge muss den Sauerstoff heranschaffen, das Blut ihn aufnehmen, das Herz das Blut zu den Muskeln pumpen, die Zellen damit ATP bilden. Das scheint sehr kompliziert zu sein, daran sind über 100 Enzyme als Biokatalysatoren beteiligt, schon deren Namen kennt kaum einer.
Nach einigen Stunden stöbern in diversen Quellen fasse ich es für mich kurz zusammen: Es ist alles sehr kompliziert und mir fehlt es als Untrainierten so ziemlich an Allem. Die Lunge ist zu klein, sie hat zu wenig Lungenbläschen und damit Oberfläche, ich atme nicht tief genug (auch dafür braucht man mehr Muskeln), das Blut müsste mehr rote Blutkörperchen haben, das Herz ein größeres Volumen, die Muskeln mehr Blutgefässe zur Versorgung und die Zellen mehr Enzyme. Ein paar Beinmuskeln mehr wären auch ganz gut, das scheint aber nicht das Hauptproblem zu sein.
Wenn ich den Büchern trauen darf: es gibt Hoffnung, jeder kann laufen, man muss es nur häufig genug tun. Dass ich nach Luft schnappe und mein Herz wie rasend schlägt und ich trotzdem nicht vorankomme, ist offenbar normal und kein Grund zur Panik. Aber ich hätte doch einmal vorher zum Arzt gehen sollen. Meine Gesundheit sehe ich trotzdem nicht in Gefahr. Da gibt es auch keine Ausrede, morgen nicht zu laufen.
Der zweite Lauf fühlt sich dann weder besser noch kürzer an als der erste. Ich versuche bewusst, etwas langsamer und gleichmäßiger zu laufen. Den Angaben meines Timers folge ich sekundengenau: zwei Minuten laufen, zwei Minuten gehen. Es wird keine Sekunde abgekürzt, keine Sekunde zu spät wieder losgetrabt. Ich weiss, dass es nicht auf eine Sekunde ankommt, aber so kann ich leichter Disziplin halten. Es erweist sich nur als sehr unpraktisch, das Smartphone ständig in der schweißnassen Hand zu halten, die Tasche in meiner Discounter-Hose ist zu klein und außerdem könnte es herausfallen. Ich werde mir noch einen Gürtel oder sowas im Internet bestellen müssen.
Am folgenden Tag messe ich einmal meine Laufstrecke am PC. Wie viele Kilometer mögen es gewesen sein? Ich bin dann doch leicht enttäuscht, als ich die Gesamtstrecke mit knapp 2.600 m ermittele. Das ist ja noch nicht sooo viel. Sollte ich vielleicht einmal die Geschwindigkeit messen oder ausrechnen? Besser nicht, da wäre ich möglicherweise frustriert. Ich folge stur einer Auffassung in meiner Literatur, die da sagt: es kommt nicht auf die Geschwindigkeit an, erst einmal nur laufen und die Laufzeiten bzw. Laufstrecken verlängern. Vergleiche mit anderen bringen nichts, jeder fängt mit einem anderen Tempo an und steigert sich verschieden schnell. Diese Meinung kommt mir sehr entgegen.
Die erste Woche ist nach dem dritten Lauf schneller vergangen als ich gedacht habe. Beschwerden fühle ich nicht, ich habe allerdings etwas mehr als ein Kilogramm abgenommen. Natürlich nicht nur durch das Laufen.
Denn schon nach dem ersten Lauf hatte ich das Gefühl: das Gewicht muss runter. Laufen ist ja so schon schwierig, und mit dem überflüssigen Gewicht erst recht. Jedes Kilo zählt. Nichts mehr mit Wein, Brot und Käse abends. Zwei belegte Brote, eine Tomate, eine Möhre, und wenn der ganz große Hunger kommt, höchstens eine Tasse Kakao, mit Magermilch. Und wenn der Magen dann immer noch knurrt, einen Fencheltee.
Ich fühle mich trotzdem gut, im Grunde besser als die Woche zuvor. Kein Schwindel, keine Schwäche, keinen Heißhunger. Das „weniger essen“ fällt mir nicht schwer. Ich möchte sogar behaupten: ich habe noch nie eine Woche Diät (besser: kontrolliertes Essen) gehabt, die mir so leicht fiel. Das kann jetzt meinetwegen so weiter gehen, auch wenn ich beim Laufen noch jede Sekunde zähle und sehnsüchtig auf Vanessas Anweisung „Erholung“ warte.
Die zweite Laufwoche steht eine Steigerung an. Ich werde drei Minuten laufen und zwei Minuten gehen und das wiederholen. Die Steigerung soll zwar nach meinen vielen Büchern nicht mehr als 10 Prozent in der Wochenleistung ausmachen, aber das gilt wohl nicht ganz am Anfang. Aber immerhin: drei Minuten laufen sind im Vergleich zu zwei Minuten laufen glatte 50 Prozent mehr, also doch eigentlich eine ganz ordentliche Steigerung.
Es ist seltsam: ich bin jetzt erst dreimal gelaufen, habe mir aber schon den Punkt auf der – immer gleichen – Strecke gemerkt, wo zwei Minuten Lauf vorbei sind. An genau diesem Punkt zweifele ich plötzlich, ob ich überhaupt schon drei Minuten durchhalten kann und die weitere Minute kommt mir sehr lang vor. Mir wird das erste Mal bewusst, dass das Laufen auch eine Kopfsache ist, bei einigen vielleicht weniger, bei mir (leider) eher mehr. Herzfrequenz, Zwerchfellatmung und Tempo hin oder her: Ohne den Kopf geht nichts. Vor allem: ich muss laufen wollen, sonst kann ich nicht laufen. Ich halte daher die 3-Minuten-Ansage des Timers wieder sekundengenau ein. Was soll man sagen: es geht ohne weiteres. Ich helfe aber dem Kopf etwas und variiere meine Laufstrecke. In meinem Waldabschnitt gibt es viele kürzere Wege und man kann gut kreuz und quer laufen. Das mache ich ab jetzt und es hat die Folge, dass ich anhand der Wegstrecke nicht mehr weiß, wie lange ich schon gelaufen bin. Ich warte jetzt nur noch die Ansage ab.
Die zweite Woche endet wie die erste: ich habe keine Beschwerden, ein weiteres Kilo abgenommen und das Laufen fällt zwar – weiß Gott – noch nicht leicht, erscheint mir aber trotzdem nicht mehr ganz so schwer die erste Woche. Irgendwie hat sich auch schon ein Rhythmus ergeben. Ich laufe Montag, Mittwoch und Freitag, jeweils gleich nach der Arbeit, und es fällt mir auch nicht schwer, mich aufzuraffen. Man darf sich nur nicht vorher hinsetzen…
Die dritte Woche stehen vier Minuten laufen und zwei Minuten gehen auf dem Programm, aber nur noch vier Mal im Wechsel. Vier Minuten sind doppelt so viel wie zwei Minuten, und ich habe die ersten Erfolgserlebnisse: Ich finde es schon nicht mehr sonderlich schwer und anstrengend, zwei Minuten zu laufen und empfinde das als deutlichen Fortschritt. Es beflügelt geradezu ein bisschen. Ja ja, ich weiß auch, vier Minuten sind nicht die Welt, aber immerhin: es geht voran. Das mit dem Training scheint zu funktionieren.
Auch die vierte Woche vergeht läuferisch wie im Fluge, es werden jetzt fünf Minuten gelaufen und zwei gegangen, dreimal im Wechsel. Dann ist ein Monat um.
Die Gewichtsbilanz kann sich sehen lassen: die Waage zeigt an, dass mehr als fünf Kilogramm auf der Strecke geblieben sind. Was das Laufen angeht, habe ich mich an eine gewisse Anstrengung gewöhnt und finde sie jetzt normal. Fünf Minuten laufen sind jedoch nicht sehr viel, und ich werde etwas unruhig und auch ungeduldig. Auf der einen Seite mache ich Fortschritte und nichts schmerzt oder zieht, auf der anderen Seite geht mir das nicht schnell genug. Immer nur eine Minute mehr, da bin ich ja Ende des Jahres noch nicht fertig. Ich beschließe daher, meinen anfänglichen Plan etwas zu beschleunigen. Ich hätte noch sechs Wochen Zeit bis zum Ziel „30 Minuten am Stück laufen“ und streiche die nun auf dem Papier zu vier Wochen zusammen.

Von solchen und ähnlichen Aktionen wird in meinen Büchern abgeraten, möglicherweise zu Recht. Ich nehme die Verantwortung trotzdem auf mich und rechtfertige dies damit, dass ich vorsichtshalber so ziemlich den längsten Trainingsplan ausgewählt hatte, den ich finden konnte. Ich hätte ja auch gleich einen Plan nehmen können, der „nur“ acht Wochen vorsieht. Ich muss jetzt nur noch den Übergang zwischen den Plänen etwas gleitend gestalten. Ich belasse es bei drei Läufen in der Woche mit jeweils einem Ruhetag, nehme aber jetzt in jeder dritten Einheit (und nicht mehr in jeder vierten) eine Steigerung vor und plane auch einige 2-Minuten-Sprünge ein. Ich nehme mir aber vor, genau auf etwaige, auch kleinste Beschwerden zu achten und vor allem am Tempo nicht zu schrauben.
Das Tempo wird unbewusst nämlich zu einem ständigen Thema. Subjektiv habe ich den Eindruck, ich schleiche wie eine Schnecke. Wenn ich Spaziergänger oder Eltern mit ihrem Kinderwagen „überhole“, dauert das eine gefühlte Ewigkeit, und wie viele andere Laufeinsteiger stelle ich mir die Frage: Laufe ich überhaupt? Es reizt daher, die Geschwindigkeit zu messen, was ich bisher nicht getan habe. Ich laufe immer noch nur mit dem Timer, der mir allein angibt, wie viele Minuten ich gelaufen bin. Wie schnell bin ich also? Und dann die nächste Frage: wie schnell sind andere im Vergleich? Seitenlang kann man in Läufer-Foren über das Thema der Anfängergeschwindigkeit lesen. Ja nicht zu schnell; und um Himmels willen auch nicht so langsam, dass man schlurft und sich den Laufstil versaut.
Beim Laufen hat man viel Zeit zu überlegen, und ich drehe die Frage mehrmals im Kopf. Dann entscheide ich mich: ich messe keine Geschwindigkeit, bevor ich nicht 30 Minuten ohne Unterbrechung laufen kann. Wie schnell ich die nächsten vier Wochen laufe, ist Wurst, daran hängt nichts.
Die nächsten Wochen laufen schon fast routiniert ab. Dreimal die Woche geht es los, der Timer wird programmiert, die Zeiten werden exakt abgelaufen, jetzt nach dem neuen, etwas beschleunigten Plan. Auch dies geht gut. Keine Beschwerden, und der Gewichtsverlust bleibt bei etwa einem Kilogramm die Woche. Das mit dem Gewicht ist ein Kinderspiel, das längere Laufen nicht immer. Häufig muss ich mich zwingen, nicht einfach stehen zu bleiben, sondern immer weiter zu laufen. Am Ende der achten Woche bin ich mit meinem Plan nicht ganz durch, ich habe irgendwo gepfuscht und Zahlen vertauscht, in der letzten Einheit der achten Woche sind erst zweimal 15 Minuten mit einer Gehpause von einer Minute dran. Naja, das Ziel ist fast erreicht.
In der neunten Woche im September dann der große Moment: es stehen das erste Mal 30 Minuten an, ohne jegliche Pause. Ich kann mich nicht erinnern, in meinem Leben überhaupt jemals 30 Minuten am Stück gelaufen zu sein. Die längste Strecke war ein 5.000-Meter-Lauf bei der Bundeswehr, und für den brauchte ich, obwohl immer unsportlich mit einem knappen ausreichend in der Schule, als 20-Jähriger etwa 23 Minuten. Mit ein wenig Bangen starte ich also zu dieser Premiere, und es ist für mich tatsächlich nicht ganz leicht. Aber es geht. Der erste Schritt zum Läufer ist getan.

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Das sollte man oben festpinnen und jedem Ehrgeizling vor die Nase halten, der hier rngeschneit kommt und von Untrainiert auf Marathon in 4 Wochen will... leicht überspitzt formuliert.

Freddy, ich finde mich in so vielen Gedanken wieder, das macht Spaß, zu lesen! Wie weit und lange schaffst Du inzwischen?

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Der Bericht geht in die zweite Verlängerung, vielleicht in Kürze mehr.

30 Minuten laufen. An einem Stück. Ohne Unterbrechung. Ich kann es selbst kaum fassen. Nicht, dass ich geradezu weinen möchte vor Glück, aber ein wenig emotional berührt bin ich schon. Wer hätte das gedacht, vor allem vor zwei Monaten. Ich sitze vor meinem abgearbeiteten Trainingsplan. Säuberlich habe ich für jede Einheit den Tag notiert und ihn abgehakt, 25 Häkchen. Das ist eine meiner schlechteren Eigenschaften, das Abhaken. Es zeigt die Tendenz, etwas erledigen zu wollen, es hinter sich zu bringen. Das ist falsch, man soll eher im Jetzt leben. Ich beschließe, diese und nächste Woche keinen besonderen Plan zu machen, sondern einfach immer nur 30 Minuten zu laufen. Nicht schneller oder weiter laufen, sondern einfach nur laufen.

30 Minuten laufen zu können, ist toll, aber ich überlege natürlich, wie es weiter gehen soll. Wenn man immer nur 30 Minuten läuft, selbst wenn man es dreimal die Woche macht, wird es langweilig. Und vor allem stellen dann diese 30 Minuten eine Leistungsgrenze dar, die womöglich dann von Mal zu Mal immer schwerer erreicht wird. Das Laufen kann dann anstrengend werden. Jedes Mal muss man kämpfen, um überhaupt die 30 Minuten zu schaffen. Meinen Büchern kann ich entnehmen, dass es trotzdem ganz einfach ist, später auch 30 Minuten zu laufen – wenn man sich die Fähigkeit erarbeitet, auch 60 Minuten laufen zu können. Klar, wer Marathon in Bestzeit läuft, für den sind 10 km keine ernsthafte Anstrengung mehr. Die vielen Ratgeber nennen daher als nächstes Ziel auch: man sollte 60 Minuten ohne Unterbrechung laufen können.

Also suche ich nach dem nächsten Plan. Vorher stehen noch zwei Dinge an: ich möchte mir die ersten Laufschuhe kaufen und das erste Mal meine Geschwindigkeit messen. Und wo ich schon bei der Ausrüstung bin: es ist zwar erst September, aber der nächste Winter kommt bestimmt. Bis jetzt habe ich nur ein altes T-Shirt aus Baumwolle gehabt (von dem meine Kinder sagen, es sei herrlich Retro und ich solle es bei ebay versteigern). Eine lange Hose wäre jetzt ganz gut, dann bin ich vorbereitet. Bis jetzt hatte ich mit dem Wetter Glück, aber eine Regenjacke wäre auch schön. Und etwas Warmes für den Oberkörper. Und ein paar Shirts. Und eine Mütze. Und ein paar Handschuhe, vorsorglich.

Begonnen wird mit den Laufschuhen, alle Läufer kennen ja das procedere im Fachgeschäft. Ich habe Mühe, mich auf dem ungewohnten Laufband zu halten, und ernte für meine mitgebrachten alten Nike-Schuhe (das sind ja gar keine Laufschuhe) mitleidige Blicke. Okay, im Großen und Ganzen laufe ich geradeaus, bin Neutral-Läufer und das rechte Bein rotiert ein wenig nach aussen. Hauptproblem sind die beiden unterschiedlich großen Füsse, da liegt mehr als eine Nummer dazwischen. Mir wird ein Allerwelts-Durchschnitts-Allwetter-FürjedenUntergrund-Schuh von Saucony empfohlen, bei dem mich nur die blitzblaue Farbe und der mir völlig unbekannte sowie unaussprechliche Firmenname etwas stören. In meiner Kindheit waren Sportschuhe von Adidas oder Puma und waren schwarz oder weiss. Ist lange her.

Die übrige Ausrüstung erstehe ich online, alles Angebote oder Auslaufmodelle, dafür mir vertraute Marken. Ich bestelle alles vorausschauend eine Nummer kleiner, allenfalls noch Größe L, ich habe ja noch bis zum Winter etwas vor. Die Anprobe zeigt dann doch: ich habe entweder noch viel vor oder aber die Sportartikelhersteller verwenden andere Größen als P & C. Man wird sehen, ich behalte sie trotzdem, das motiviert.

Nachdem ich mit den neuen Schuhen – fühlen sich prima an, aber der kleinere Fuss rutscht etwas seitlich hin und her – zweimal geübt habe, steht die erste Zeitmessung an. Ich lade die bekannte Runtastic-App und habe Schwierigkeiten, mit ihr umzugehen. Das ist heute übrigens immer noch so. Nach Fehlmessungen, Abbrüchen, Werbung und falscher Bedienung kommt dann die erste Messung. Wie weit komme ich in 30 Minuten und wie schnell bin ich? Es ist meine 10. Laufwoche; die App misst 4,52 km in 31 Minuten und 26 Sekunden, die pace ist 6:57. Angefühlt hatte es sich schneller, aber ich bin trotzdem nicht unzufrieden.

Nun bin ich bereit für den nächsten Trainingsplan, Ziel: 60 Minuten laufen, Tempo ist nicht mehr ganz unwichtig, aber immer noch zweitrangig. Laufen ist ein Ausdauersport, und dieses Wort enthält zwar das Wort Ausdauer, aber nichts mit Geschwindigkeit.

Der Plan für die nächsten zehn Wochen ist im Grunde Standard und startet im Oktober. Ein kurzer Lauf, diesen etwas schneller, ein mittlerer, dieser mit Elementen wie Intervallen, Steigerungsläufen usw. und ein langer, langsamer Lauf, den ich jetzt auf das Wochenende verschiebe. Es beginnt schon ein wenig das Trainingseinerlei, ich bin dennoch ernsthaft dabei. Keine Trainingseinheit fällt aus, sie wird höchstens ein Tag verschoben. Kein Lauf unter 5.000 m. Mittlerweile fühle ich mich manchmal schon wie ein Sportler. Als ich an einem kühleren Tag mit wenig Nieselregen in meinem Wald starte, stehen eingemummelte Spaziergänger im Gespräch unter Regenschirmen am Rand und sehen mir nach. Als ich sie sagen höre: „Ja, so sind die Sportler, denen macht das nichts aus, aber Spaß macht es nicht“ empfinde ich das beinahe als Ritterschlag. Und Spaß hat es natürlich gemacht, schon wegen deren Bemerkung.

Die schnelleren Läufe verlege ich auf die Straße, durch ein Gewerbegebiet um die Ecke. Es stört mich auch nicht mehr, von meiner Haustür zu starten. Die Strecke ist durchgehend asphaltiert bzw. gepflastert, es gibt keine Straßenkreuzungen, sie ist durchgehend beleuchtet. Man kann sie daher auch gut abends laufen. Es zeigt sich, dass ich hier nach und nach schneller werde, das hat auch etwas mit dem sehr ebenen Untergrund und der geringen Steigung (35 Höhenmeter) zu tun; nach zwei Monaten schaffe ich hier 5.150 m in 28 Minuten 47 Sekunden (pace 5:35), das ist ein deutlicher Fortschritt.

Den zweiten kürzeren Lauf bleibe ich in meinem Wald, weil ich hier viele verschiedene Untergründe habe. Es gibt asphaltierte Abschnitte, bloße befestigte Wege, Sandwege, Wege mit Wurzeln, einige kleine Hügel. Da kann ich sehr variabel laufen, und nutze das auch bewusst aus. Die Strecke beläuft sich meist auf 6 bis 7 km, ich bin dann aber deutlich langsamer, die pace liegt über 6:15 im Schnitt, da sind die Laufübungen aber mit drin.

Den langen Lauf am Wochenende steigere ich zunächst allmählich auf einer glatten Strecke durch den Wald, die aber fast 200 m Höhenunterschied hat. Nach sechs Wochen laufe ich das erste Mal 60 Minuten am Stück, und schaffe 8,8 km bei einer pace von 6:49. Als acht Wochen herum sind, versuche ich das erste Mal, 10 km in einer Stunde zu laufen. Das verpasse ich dann, ich messe für 10,02 km 1 Stunde und 22 Sekunden (pace 6:01). Ich hatte am Ende noch Kraft, bin den Lauf aber wohl ein wenig zu langsam angegangen. Nach einem weiteren fehlgeschlagenen Versuch in der folgenden Woche erreiche ich dann in Woche 10 des zweiten Trainingsabschnitts im Dezember das erste Mal 10,01 km in 58 Minuten 48 Sekunden (pace 5:52) und bin etwas stolz. Auch der zweite Trainingsabschnitt hat aus meiner Sicht gut funktioniert. Ich kann an dessen Ende eine Stunde laufen (sogar etwas länger) und ich bin deutlich schneller geworden.

Und nebenbei: die etwas eng gekaufte Winterkleidung passt jetzt gut, es sind an die 20 Kilogramm weg. Nur richtig Winter war es noch nicht.

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20 Wochen Laufen liegen hinter mir, und bevor es zum aktuellen Stand geht, sind noch ein paar Kleinigkeiten nachzutragen.

Zur Gesundheit: Die positive Gewichtsentwicklung hat auch Folgen für den Blutdruck. Der Ruhepuls ist um fast zehn Schläge gesunken, und der Blutdruck liegt mustergültig bei 120:80. Man kann lesen, das jedes Kilogramm Übergewicht den Blutdruck um 1 bis 2 mm Hg nach oben treibt und Ausdauersport ihn um 10 bis 15 mm Hg senken kann; bei mir würde das ziemlich genau passen. Beim Laufen verspürte ich bei Belastungen an Steigungen aber nach drei Monaten ein pulsierendes Rauschen im Ohr. Ich dachte, gleich platzt vielleicht ein Gefäß, aber der Grund ist eher ein Blutdruckabfall. Das kommt jetzt aber nur noch selten vor und ich hoffe, das regelt sich irgendwie weg.

Einmal hatte ich Beschwerden im Knie, nachdem ich leichtfertig ein Gefälle im Eiltempo abgelaufen war, um die Zeit wieder einzuholen, die ich bei Steigung verloren hatte. Da hatte ich Glück, am nächsten Tag war es weg.
Ansonsten hatte ich am Anfang häufig ein Ziehen an der Hüfte/Leiste, die Hüftbeuger sind wohl zu kurz. Ich habe zusätzlich Gymnastik gemacht, und da war es schnell weg. Mit der Gymnastik stehe ich aber noch auf Kriegsfuß, weil es mir bis jetzt nicht gelungen ist, dafür eine Routine zu entwickeln. Ich vernachlässige sie daher sträflich.

Mittlerweile habe ich ein zweites Paar Laufschuhe zum Wechseln, diesmal von Adidas. Sie rollen etwas steifer ab, die Sprengung ist 2 mm geringer und sie sind deutlich schmaler. Wenn ich meine Füsse betrachte, denke ich zwar an Ente, aber der schmale Schnitt ist für meinen kleineren Fuß günstiger. Der Schuh sitzt besser und wenn der größere Fuß damit auch zurechtkommt, ist ja alles gut.

Die langen Läufe am Wochenende begleite ich meist meine Ehefrau, die schon vor zwei Jahren mit dem Laufen begonnen hatte und mir manchmal immer noch davonläuft, aber ich komme immer näher dran.

Das waren jetzt 10 Wochen, um 30 Minuten zu laufen, und 10 Wochen, um 60 Minuten bzw. 10 km zu laufen. Jetzt schließen sich 10 Wochen an, um etwas schneller oder schöner zu laufen. Um hier motiviert zu sein, habe ich mich (mit bisher knapp 1.500 anderen) für einen offiziell vermessenen Stadtlauf kurz vor Ostern angemeldet, es soll mein erster Lauf über 10 km werden. Für jemanden, der eigentlich keinen Sport treiben will, ist das schon verwegen.

Damit kommt wieder das Thema Geschwindigkeit auf, und ich folge jetzt einem Plan für 10 km unter 55 Minuten. Mein langer Lauf liegt jetzt bei 14 km, aber länger als 90 Minuten will ich zurzeit nicht laufen.

Einmal in der Woche versuche ich, über Steigerungsläufe und Intervalle die Geschwindigkeit zu steigern. Meine bisherige Erfahrung kann ich auf den Punkt bringen: das ist eine ganz andere Nummer. Und für mich ziemlich frustrierend.
Wenn ich mich so etwa 10 Minuten warmgelaufen habe, versuche ich Intervalle von ca. 200 bis 300 m schnell zu laufen. Ab dann wird alles schwierig. Ich muss mich schon dazu zwingen, überhaupt das Tempo zu steigern, es kommt mir vor, als ob die Beine gar nicht mitmachen wollten. Die Geschwindigkeitssteigerung fällt dann auch nur mäßig aus. Die Atmung wird immer schneller, und wenn sie gar zu heftig wird, zähle ich noch 20 weitere Schritte, um dann in den Trab zu fallen. Das kann ich dann drei- oder viermal wiederholen und bin so gut wie tot. Von dieser Anstrengung erhole ich mich kaum und schleppe mich dann noch drei oder vier Kilometer nach Hause.

Wenn ich später das Durchschnittstempo betrachte, stelle ich fest: ich gewinne auf den kurzen Strecken kaum Zeit, verliere aber so viel Kraft, dass ich auf den längeren Strecken sehr langsam werde und insgesamt viel langsamer bin als wenn ich nicht beschleunigt hätte. Mit anderen Worten: ich kann inzwischen zwar 5.000 m mit einer Pace knapp unter 5:30 laufen, ja erreiche diese Geschwindigkeit auch noch im 10. Kilometer eines 10.000-Meter-Laufes, wenn ich noch einmal etwas Gas gebe. Wenn ich aber Abschnitte mit knapp unter 5:00 laufe, was ja auch noch kein Sprint ist, erreiche ich im Schnitt der Gesamtstrecke nur noch 6:15.

So steht es gerade, aber ich habe bis zu meinem Rennen ja noch gute 5 Wochen. Man muss eben auch sehen, dass es im Alter mit der Schnellkraft nicht mehr so einfach ist. Soweit man überhaupt noch Geschwindigkeit trainieren kann, dauert es wahrscheinlich lange und so ganz große Sprünge sind nicht mehr drin. Ich stelle mir vor, dass ich die 10.000 m unter 55 Minuten laufen können müsste, und dann im Laufe dieses Jahres auch noch in Richtung 50 Minuten marschieren kann. Dann ist wohl erst einmal Schluss.

Steigern könnte ich dann nur noch die Laufstrecke. Ich habe jetzt noch einmal das Kapitel Marathon durchgelesen, aber das sehe ich für mich nach wie vor nicht. Vier oder fünf Läufe die Woche, Wochenleistungen von 70 oder 80 km – da zieht mich nichts hin. Aber wer weiß. Vielleicht ist das Kapitel bei Steffny eines fernen Tages doch nicht so ganz unnütz.

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ich habe gerade alles gelesen, was Du geschrieben hast. Es war dabei extrem hilfreich, dass Du wirklich kurzweilig schreibst :)
Es ist wirklich beeindruckend, wie konsequent Du am Ball geblieben bist bisher.
Mir gefällt auch Deine Klarsichtigkeit, was das Thema angeht!

Und wenn ich mir dann das hier ansehe:
Eine Stimme zählt: .. drei, zwei, eins, Workout! Ich setze mich in Bewegung, die ersten Schritte.
Geht doch. Geht doch eigentlich ganz leicht. Ich schaue auf das Smartphone in der Hand. Schon zehn Sekunden geschafft.
Oh, jetzt wird es doch etwas schwerer. Anfänger laufen bekanntlich immer zu schnell, also werde ich etwas langsamer. Das mit dem Atmen geht nicht mehr so gut, und das Herz wummert ganz schön. Ein Blick auf das Smartphone. Es sind erst 26 Sekunden geschafft.
Das wird ja denn doch mit einem Mal sehr schwer. Boh, eh. Wieviel Sekunden? 53? Die zwei Minuten halte ich nie durch. Täusche ich mich, oder geht das hier ganz schön steil hoch?
Drei Mal in der Woche laufen? 25 Kilometer? Träum weiter, das geht niemals, never ever.
ich kann inzwischen zwar 5.000 m mit einer Pace knapp unter 5:30 laufen, ja erreiche diese Geschwindigkeit auch noch im 10. Kilometer eines 10.000-Meter-Laufes, wenn ich noch einmal etwas Gas gebe.


Dann kann ich nur sagen: :daumen: Geiler Typ!

Im Anfängerforum war vor einigen Monaten eine Dame, die auch gut losgelegt hat (Aber letztendlich nicht so konsequent dabei geblieben ist), die hatte einen schönen Satz geschrieben:

"Ich laufe nicht um abzunehmen, sondern ich nehme ab um laufen zu können"

Da steckt eine Menge drin. Ich wünsche Dir, dass Du gesund bleibst, Deine Ziele weiter so realistisch steckst und sie natürlich auch erreichst und vor Allem: Dass Du richtig viel Freude am Laufen finden und behalten wirst!

PS: Wie alt bist Du nun genau?
Tonic ohne Alkohol ist Ginlos...
Mein Blog: GinFit.de
Gabelstapler Glukose // Wie man NICHT auf Sub3 trainiert // GeckoanalysisDie bekanntesten FORENBANANEN // Guter Laufstil vs. schlechter Laufstil
Ewige Bestenliste Saison 2016/2017 : 5km: 19:24 ---- 10km: 40:20 --- HM: 1:29:02 --- M: 3:25:52
Ziele 2019: Zunehmend abnehmen...

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Oh, ich hatte nicht erwartet, dass es ein Geheimnis ist, ich wollte es nur aus Interesse wissen, um besser einschätzen zu können, was Du da so treibst :)

Mit 57 and no sports von 0 auf Laufen ist wirklich eine dolle Leistung!
Tonic ohne Alkohol ist Ginlos...
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Ewige Bestenliste Saison 2016/2017 : 5km: 19:24 ---- 10km: 40:20 --- HM: 1:29:02 --- M: 3:25:52
Ziele 2019: Zunehmend abnehmen...

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FreddyT hat geschrieben:Ist kein Geheimnis: 57.
Wow, hätte ich nicht gedacht. Das setzt Deine Fortschritte nochmal in ein anderes Licht. :respekt:
Mir gefällt auch Deine Klarsichtigkeit, was das Thema angeht!
+1
Altersweisheit? :hihi:


Deine Schreibe gefällt mir, weiter so, und bleib dran :daumen:
Start: 08/2015. 10 km: 46:59,8 min (03/2016) HM: 1:44:40 (06/2016)

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Herzlichen Dank für diesen Thread! Deine Artikel sind wirklich genial geschrieben und als jemand, der auch letzten September angefangen hat, kann ich vieles so richtig schön nacherleben.
Angefangen: 17.9.2015, PB 5km: 19:06 (8.1.2017), 10 km: 39:39 (05.02.2017), HM: 1:26:54 (07.10.2018), M: 3:27:35 (30.4.2017) https://runalyze.com/shared/Jde/

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gecko63 hat geschrieben: Mit 57 and no sports von 0 auf Laufen ist wirklich eine dolle Leistung!
+1

(Und dann besteht für mich ja noch Hoffung, ich bin ja "erst" 42)

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Ich aber. Bin sogar Hamburger in der dritten Generation und eines weiß ich gaaaanz sicher: Klarsicht ist zumindest keine hervorstechende Eigenschaft von mir :D
Tonic ohne Alkohol ist Ginlos...
Mein Blog: GinFit.de
Gabelstapler Glukose // Wie man NICHT auf Sub3 trainiert // GeckoanalysisDie bekanntesten FORENBANANEN // Guter Laufstil vs. schlechter Laufstil
Ewige Bestenliste Saison 2016/2017 : 5km: 19:24 ---- 10km: 40:20 --- HM: 1:29:02 --- M: 3:25:52
Ziele 2019: Zunehmend abnehmen...

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Kann mich nur meinen Vorschreibern anschließen. Kam beim Lesen mehrmals ins Schmunzeln, weil ich mich und meine Anfänge beim Laufen (ich damals 53 Jahre alt) darin wiedergefunden habe. Werde auf alle Fälle auch in Zukunft hier weiter mitlesen.

Gruß Frank

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gecko63 hat geschrieben:Bin sogar Hamburger in der dritten Generation und eines weiß ich gaaaanz sicher: Klarsicht ist zumindest keine hervorstechende Eigenschaft von mir :D
Mensch, du bringst mich ins Grübeln. Bin zwar in Ahrensburg aufgewachsen, aber in Hamburg geboren. Meine Mutter auch, also bin ich ja geborener Hamburger in mindestens zweiter Generation. Aber als solcher kann ich Klarsicht leider auch nicht bieten, nur Weitsicht - d.h. eigentlich ist es eher Altersweitsichtigkeit. :D

LG Christoph

mein Blog: Die Rennkartoffel will's nochmal wissen.

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Hallo FreddyT :)

Vielen Dank für Deine Geschichte, hat echt Spaß gemacht sie zu lesen!
Ich kann mich auch noch gut erinnern, wie laaaang wenige Minuten am Anfang sein können - und dann schafft man es doch :D
Ich freue mich auf weitere so kurzweilige Beiträge!
Liebe Grüße,
HappySue
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Ich habe jetzt kurz überlegt, mein altes und erstes Laufshirt als Foto/Avatar einzusetzen, und dabei habe ich es das erste Mal richtig angesehen. Es ist von Nike, mindestens zwanzig Jahre alt und trägt den fetten Aufdruck CHALLENGE, wie konnte ich das nur übersehen. Schade, dass ich dieses Detail nicht noch nachträglich in den obigen Bericht einfügen kann, aber vielleicht hätte es mir auch keiner geglaubt. Es passt einfach zu gut. Und den einen oder anderen Fehler hätte man beim Einfügen auch noch korrigieren können, ich bräuchte einen Lektor.

Was die Herausforderung betrifft, rücken jetzt zwei Dinge in den Vordergrund. Ein Schwerpunkt ist das Tempo, der andere der Übergang in die Normalität.

Je mehr ich mich mit dem Tempo beschäftige, desto mehr komme ich zu dem Eindruck, dass ich die Sportart gewechselt habe. Wahrscheinlich ist es tatsächlich so.

Wenn man das Laufen mit dem Springen vergleicht, wird es sogar ganz offensichtlich. Man kann Weitspringer werden oder Hochspringer. Dann trainiert man entweder immer weiter zu springen oder eben immer höher. Die Sportart Weit-und-hoch- zugleich-springen gibt es nicht.
Beim Laufen kann man sagen: entweder sprintet man oder man läuft besonders lange. Aber aus irgendeinem Grund gibt es hier die Verknüpfung: man läuft weit und dazu noch besonders schnell. Weil hier quasi zwei Sportarten gleichzeitig betrieben werden, ist es besonders schwierig.

Um beim Tempo noch etwas herauszuholen, könnte ich eine vierte Trainingseinheit in der Woche einführen, aber das ist mir zu viel. Ich versuche einfach, meine kurzen Intervalle weiter zu laufen, auch wenn es mir das nachfolgende Laufen fast zerschießt, weil die Erholung zu lange dauert. Wenn ich nur ein paar Steigerungsläufe, also Sprintversuche über 100 m, mache, fühlt es sich besser an, da bin ich nach einigen Minuten fast wieder der Alte (bin ich sowieso), aber wahrscheinlich ist der Trainingseffekt hier geringer. Vielleicht sollte ich die Intervalle auch einfach an den Schluss setzen. Oder sie deutlich langsamer laufen, aber dann bringen sie wohl auch nichts. Ich probiere es weiter aus.

Um das für mich jeweils gerade optimale Trainingstempo zu finden, muss ich aber noch das Problem der Feinsteuerung lösen. Ich laufe ohne Frequenzmessung und lasse mich beim Laufen auch nicht von meiner App vollquatschen. Jeden Kilometer gibt es ein Ping und das ist es. Erst nach Abschluss des Laufes schaue ich mir an, wie schnell ich war, und wie die Geschwindigkeit je gelaufenen Kilometer ausschaut. Dabei strebe ich an, bei dem langen Lauf möglichst konstant zu laufen. Wenn ich mit meiner Frau laufe, die ja schon etwas mehr Erfahrung hat, geht das gut. Sie läuft aus meiner Sicht tapp tapp tapp tapp wie mit einem eingebauten Metronom.

Weil ich ohne die ganze Technik auskommen möchte, muss ich noch mein Körpergefühl besser entwickeln. Das ist nicht ganz einfach, weil sich für mich noch jeder Lauf anders anfühlt, je nachdem, wie man gerade drauf ist. Ich hoffe allerdings, dass es die Erfahrung mit der Zeit bringen wird.

Eine mögliche vierte Trainingseinheit ist das Stichwort für das andere Problem. Bisher war es eine schöne Motivation, dass sich von Woche zu Woche sichtbare Fortschritte einstellten. Das ganze Training ist ja zunächst progressiv angelegt, also immer eine Steigerung im Trainingsreiz vornehmen, der eine Steigerung der Leistungsfähigkeit folgte. Jetzt laufe ich so um die 25 km in der Woche, habe ein gewisses Plateau erreicht und es kommt, wie es kommen muss: ich habe nicht das Gefühl, dass es weiter vorangeht, eher ein bisschen zurück. Ich vermute, der Eindruck trügt ein wenig, und es werden in den folgenden Wochen und Monaten noch Steigerungen drin sein. Aber eben nicht mehr große und die kleineren Steigerungen brauchen längere Zeit.

Dadurch entsteht ein kleiner Motivationsknick und ich muss lernen, damit umzugehen. Ich versuche das Problem damit etwas zu entschärfen, dass ich mich mehr auf die Ausführung des Laufens konzentriere, da habe ich ja auch noch viel zu tun. Ich verlängere daher die Übungen im kleinen Lauf-ABC und stelle fest: es wirkt. Jedenfalls spüre ich am nächsten Tag Muskeln oder leicht die vorderen Schienenbeine, die mir vorher beim Laufen nicht aufgefallen sind. Leider kann ich mich selbst ja nicht sehen, aber ich merke ganz deutlich, dass es z.B. mit dem Anheben der Knie noch nicht weit bestellt ist. Und den Oberkörper könnte man auch gerader halten, vom Becken will ich gar nicht erst reden. Es wäre jetzt aber deutlich besser, ein Kundiger würde mir einmal zusehen und mir helfen, Ausführungsfehler zu vermeiden.

Im Januar war es hier auch einige Tage kalt und verschneit. Auf Schnee kann ich gut laufen, allerdings merke ich nach den Läufen deutlich mein Fußgelenk. Ich vermute, dass ich unbewusst anders aufsetze und dieses eine ungewohnte Belastung ist. Also mache ich bei 10 Kilometern Schluss. Zwei Läufe habe ich dann tatsächlich sausen lassen, weil der Schnee zu Eis verdichtet war und ich beim besten Willen kaum auf dem Untergrund gehen konnte. Im ganzen Januar sind so nur 93 km zustande gekommen, das laufen andere locker in einer Woche. Aber mein anfängliches Ziel, so um die 25 km in der Woche, ist damit im Grunde erfüllt.
Wegen der Kälte und der passenden Kleidung hatte ich mir wohl unnötig Sorgen gemacht. Am zweiten Weihnachtsfeiertag konnte ich bei plus 14 Grad noch in Hemd und in kurzer Hose laufen, vorbei an den Spaziergängern mit Schal und Mütze – die waren wirklich übertrieben warm angezogen. Der erste Lauf bei leichten Minusgraden war dann nicht ganz angenehm, es stach denn doch etwas in den Bronchien und anschließend kam ein leichter Reizhusten. Ich habe mir ein sehr hoch geschlossenes Hemd mit kleinem Stehrand und langem Arm zugelegt. Das war mir dann bei meinem kältesten Lauf mit minus 5 Grad wieder beinahe zu warm. Wie man’s macht, ist es falsch.
Seltsam finde ich auch, dass beim Laufen in der Kälte meine rechte Hand warm bleibt, die linke aber fast erfriert und taub wird. Naja, man kann auch mit einem Handschuh laufen, was ich sogar muss, weil ich den anderen schon unterwegs verloren habe.

P.S. Die warme Hand ist nicht die mit dem Handschuh.

20
Und die allseits beliebte Frage ist hier im Forum wieder mal angebracht:

Läufts Du schon oder Joggst Du noch? :D

Ne mal im Ernst, wenn Du die beiden Extreme vergleichst, hast Du natürlich Recht:

Worin unterscheidet sich aerobe und anaerobe Ausdauer? (Training, anaerob, aerob)

Es geht also darum, Deinen Körper dazu zu bewegen sich möglichst Aerob zu versorgen beim Laufen. Diese Schwelle kann man halt gezielt trainieren und dementsprechend längere Strecken immer schneller zurücklegen.
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Ich nochmal.
Mein vorheriger Beitrag erinnerte mich an einen Artikel, den Jeb mal dazu geschrieben hat, den fand ich so herrlich sprechend:
http://forum.runnersworld.de/forum/gesu ... ost2064977
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Das Wochenende stand der lange Lauf an, ich bin mit meiner Frau gestartet, die dann nach vier Kilometern eine Abkürzung nahm. Der Ablauf bei den längeren Strecken sieht bei mir immer ähnlich aus. Der erste Kilometer recht schnell, der zweite noch schneller, der dritte dann ein kleiner Einbruch. Und dann entscheidet es sich, ob der Lauf mehr oder weniger in die Hose geht. Entweder finde ich das Tempo, das ich dann gleichmäßig die nächsten Kilometer durchhalte, oder ich gerate ins Trudeln mit starken Geschwindigkeitsschwankungen und komme dann irgendwann an.

Wenn ich mit meiner Frau laufe, stabilisiert sie mich bei den schwierigen Kilometern drei und vier und zieht mich auf das passende Tempo. Als Beispiel gebe ich einmal die Kilometer-Splits vom Wochenende an:
Km 1 5:50
Km2 5:25
Km3 5:55
Km4 5:52 (Tschüss)
Km5 5:40
Km6 6:01
Km7 5:52
Km8 6:34 (65 Höhenmeter)
Km9 5:51 (langsam bergab und Erholung)
Km10 5:26 (kleiner Spurt) Pace Durschnitt 5:53
Anschließend noch weitere 3,6 km, die aber etwas langsamer (Durchschnitt über alles 6:05). Von meinem Ziel 55 Minuten bin ich noch arg weit weg, dafür bin ich aber auch nicht am Anschlag gelaufen.

Nun habe ich mit diesem Lauf wieder etwas gemacht, was ich eigentlich nicht wollte und nach meinem Trainingsplan auch nicht sollte. Ich hätte etwa 15 km locker bei 6:30 laufen sollen, konnte aber der Versuchung nicht widerstehen, wenigstens die 10 km unter einer Stunde zu laufen. Daher war es eben auch kein ganz lockerer Lauf für mich. Der lockere Lauf fehlt somit im Grunde in dieser Woche.

Ich fange mit meinem Trainingsplan offensichtlich an zu hudeln. Der Grund ist: ich habe ja nur drei Trainingseinheiten/Läufe in der Woche und will in diese Läufe alles Mögliche packen. Einen Tempodauerlauf über etwa 6 km, einen langen und lockeren Lauf über ca. 15 km, einen Probelauf für das geplante 10km-Rennen, eine Lauf mit meinen Mini-Intervallen, einmal etwas mehr Lauf-ABC, einmal Fahrtspiel und was mir sonst noch so einfällt. Meine drei Laufeinheiten verlieren dabei jegliche Kontur und der Trainingsplan zerfleddert.

Ich will mich also diese Woche wieder zusammen reißen und nur das machen, was auf dem Plan steht. Zu Beginn meiner Lauferei brauchte ich Disziplin, um mich aufzuraffen und weiter zu machen, jetzt brauche ich sie kurioserweise, um nicht zu viel zu machen. So ändern sich die Zeiten.

Mit der Gewichtsabnahme hat es jetzt vorläufig ein Ende. Meine Frau mäkelt sowieso schon etwas länger und malt das Gespenst der Magersucht an die Wand, das halte ich nicht für realistisch. Aber bei dem jetzigen BMI von genau 24 bin ich nach den gängigen Definitionen nicht mehr übergewichtig, wenn auch bei weitem nicht mager. Die Gewichtsabnahme hat nämlich offen gelegt, dass ich in den letzten Jahren reichlich Muskelmasse verloren habe, und so erscheinen Schulter oder Brust recht schmal. Im Kleiderschrank häufen sich jetzt nicht mehr die zu engen Anzüge, sondern die, in denen ich eher eingefallen aussehe, fast drei Konfektionsgrößen lassen sich schwer kaschieren. Ich warte auf den nächsten Sale in der Herrenkonfektionsabteilung.

Ich habe daher fest vor, ein wenig Muskelaufbau zu betreiben. Vor sehr vielen Jahren war ich einige (wenige) Male in einem Fitnessstudio, das gerade Werbewochen hatte, weshalb man etwas üben konnte, ohne gleich einen Vertrag über Jahre an der Hacke zu haben. Das hatte mir überhaupt nicht gefallen, und ich meine hier wirklich: überhaupt nicht. In keiner Beziehung. Weder gefielen mir die Atmosphäre noch die Geräte noch die Übungen noch die Trainer noch die Räumlichkeiten noch die Leute. Schon die Vorstellung, dort jede Woche mehrmals hinzugehen und dafür noch Geld zu bezahlen, schreckte mich total ab und löste bei mir tiefe Depressionen aus.

Ich versuche es nun mit einer verständlichen Anleitung „Kraftübungen ohne Geräte“ und einer Matte. Ich sehe aber schon jetzt: das wird schwer, sehr schwer. Laufen draußen macht ja Spaß, aber Liegestütze im Zimmer zehren schwer an meiner Motivation und dem Durchhaltewillen. Selbst dann, wenn ich dem Trend folge und sie englisch umbenenne. Irgendwie öde finde ich’s trotzdem.

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FreddyT hat geschrieben:Nun habe ich mit diesem Lauf wieder etwas gemacht, was ich eigentlich nicht wollte und nach meinem Trainingsplan auch nicht sollte. Ich hätte etwa 15 km locker bei 6:30 laufen sollen, konnte aber der Versuchung nicht widerstehen, wenigstens die 10 km unter einer Stunde zu laufen.
Wie sich die Bilder doch gleichen:
RunningPotatoe hat geschrieben:7,5 km liegen nun hinter mir und längst ist klar, dass wenn ich jetzt nicht einbreche - wie bisher immer, wenn ich den Abstieg betont schnell gelaufen war - ich eine neue 10k PTB erreichen könnte. Schei** auf den LaLa, 10k PTB klingt doch viel verlockender ! Also muss ich ...
:D :D :D

LG Christoph

mein Blog: Die Rennkartoffel will's nochmal wissen.

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Die Sache mit der Temposteigerung bis zu dem geplanten 10-km-Lauf in vier Wochen habe ich nicht annähernd im Griff. Irgendwie versuche ich, in einer Trainingseinheit abschnittsweise schneller zu laufen und bei der nachträglichen Kontrolle mit der Runtastic-App ergibt sich nur, dass ich auf der Gesamtstrecke langsamer geworden bin. Und wie viel schneller ich wie lange tatsächlich gelaufen bin, das lässt sich aus den Daten der App überhaupt nicht ablesen. Das ist unbefriedigend.

Ich habe daher einen weiteren kleinen Anlauf genommen, um etwas genauer festzustellen, wo ich stehe. Dazu bin ich zu einem stillgelegten Sportplatz gefahren, der eine Bahn hat. Keine Tartanbahn, noch nicht einmal rote Farbe. Eine alte befestigte Sandbahn, auf der hier und da schon etwas Grünes schimmert. Aber sie ist gleichmäßig flach.

Zunächst bin ich ein paar lockere Runden mit der App gelaufen und habe festgestellt, dass diese auf der Innenbahn eine Runde mit 370 m misst. Wenn ich in der Mitte laufe, misst sie fast genau 400 m. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, selbst wenn es vor Jahrzehnten war, einen Sportplatz mit einer 370-Meter-Bahn angelegt hat und nehme an, dass die App die beiden lang gezogenen Kurven falsch berechnet und etwas zu kurz erfasst.

Mit der Annahme, dass die Bahn tatsächlich 400 m auch innen misst, kann ich die Zeiten für jede Runde verhältnismäßig genau messen und dann die Geschwindigkeit errechnen. Die Uhr im Smartphone bzw. der App dürfte ja hinreichend genau sein, auf eine Sekunde mehr oder weniger kommt es bei mir auch nicht an.

Also der erste zügige, aber nicht gewollt schnelle Lauf, ergibt eine Rundenzeit von 2 min 6 Sek. Daraus errechnet sich eine Pace von 5:15, was ich erstaunlich schnell finde. Ich schöpfe Hoffnung. Wenn ich das auf 10 km durchhalten könnte, bliebe ich locker unter meinem Ziel von 55 Minuten.

Nun laufe ich jetzt einmal 5 Runden am Stück (2.000 m) mit kleinen Beschleunigungsstrecken. Also 400 m zügig, etwa 300 m beschleunigt, 400 m etwas langsamer, wieder etwa 300 m schneller, 400 m langsam, 200 m schneller. Dafür brauche ich 10 Min 51 Sek. insgesamt, und fühle mich schon ziemlich geschafft. In den Beschleunigungsphasen komme ich auf allenfalls 4:50. Die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 5:26. Naja, das würde ja theoretisch auch reichen, wenn man das 10 km durchhielte.

Wenn.... Ich halte aber nicht durch, und zwar nicht annähernd. Nach diesen 2.000 m muss ich sogar eine Gehpause einlegen. Die Atmung ist zwar ganz schnell wieder o.k, aber ich kann die Beine kaum noch heben. Ist sicher auch eine Frage des Kopfes, aber ich fühle mich sehr schwer an.

Ich drehe dann noch einmal drei Runden, ich denen ich zweimal zu beschleunigen versuche, aber das wird nicht mehr viel. Die Gesamtpace wird schlechter, sie liegt jetzt bei 5:38. Ich laufe jetzt noch ein paar Runden mit etwa 6:08 aus und beende den kleinen Ausflug.
Was ist positiv? Mein Tempo ist gar nicht so schlecht. Wenn ich die aktuelle Trainingszeit auf 10 km beim Intervallrechner RW eingebe, erhalte ich als empfohlene Laufzeiten für die Intervalle:
400 m in 2:08 min oder
2.000 m in 11:07 min
Ziemlich genau liege ich da auch, ich bin sogar einen Hauch schneller.

Negativ ist: ich müsste die 400 m Runden 6 bis 12 mal wiederholen. Oder die 2.000 m vier- oder fünfmal laufen können. Das schaffe ich nun gar nicht, davon bin ich Lichtjahre entfernt. Es fehlen eine ganze Menge Kraft und Ausdauer.
Jammern hilft bekanntlich nicht. Ich werde in den nächsten drei Wochen jeweils mindestens einmal auf die Bahn gehen und versuchen, mehr Runden zu schaffen. Einen anderen Weg sehe ich nicht. Ich bin aber sehr skeptisch, dass ich bis zum 20. März noch eine deutliche Verbesserung erreichen kann.

Alleine war ich auf der Bahn übrigens nicht; es gab noch eine junge Frau, die beim Laufen viel telefonierte, eine ältere Dame mit Nordic-Walking-Stöcken und einen Mann mit five-finger-shoes und individuellem Laufstil. Diese bunt gemischte Gruppe konnte ich kongenial um den Mann, der ständig mit seiner App kämpft und kopfrechnet, ergänzen. Man sollte mehr laufen. Mal sehen, wen ich das nächste Mal treffe.

26
Hallo Freddy,

der beträchtlichen Datenflut deines Beitrags stehe ich jetzt zwar etwas hilflos gegenüber, aber ich entnehme daraus mindestens mal ein zweifaches Unbehagen:
  • Du wähnst dich weit davon entfernt, dein Zieltempo über 10 km durchzuhalten. Nun, wenn das so ist, das ist das so - akzeptieren und dran arbeiten, die Diskrepanz zu verkleinern. (Wobei klar sein dürfte, dass du nicht im Training schon X-mal 10km in 5:30/km schaffen musst, um im Wettkampf die 55 min. gerade eben zu unterbieten.)
  • Du wunderst dich, dass das Beschleunigen auf Teilen der Strecke die mittlere Pace über die Gesamtstrecke nicht verbessert ? Glückwunsch - du hast gerade die uralte Läuferweisheit neu entdeckt, dass das optimale Wettkampftempo ein gleichmäßiges ist. Könntest du einzelne Passagen schneller laufen, ohne auf der restlichen Strecke überproportional einzubrechen, dann könntest du auch insgesamt gleichmäßig schneller laufen.
Das ist eben gerade das Fiese am zu schnellen Loslaufen - einmal in die Laktatsuppe tief eingetunkt, kommt man da kaum noch wieder raus. Zu schnell losgelaufen schafft zwar zunächst ein nettes Polster an Sekunden. Dieses wird aber anschließend mit einem Einbruch bezahlt, der immer mehr Sekunden kostet, als vorher angespart wurden.

LG Christoph

mein Blog: Die Rennkartoffel will's nochmal wissen.

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In der Trainingsroutine geschieht meist nichts Großartiges und es lohnt sich im Grunde nicht, jede Trainingseinheit und jeden Schritt bis zum Geht-nicht-mehr zu analysieren. Ich halte auch in anderen Bereichen nicht viel davon, tägliche Wasserstandsmeldungen zu fertigen. Das Abnehmen ist ein schönes Beispiel dafür: sich jeden Tag auf die Waage zu stellen und die Fortschritte im 100-Gramm-Bereich zu kommentieren, halte ich für sinnlos. Die wöchentliche Kontrolle reicht völlig und selbst die darf man nicht überinterpretieren.

Das Ergebnis einer wöchentlichen Kontrolle kann dann auch sein, dass sich nichts bewegt hat. Das kann man noch genauer erforschen und eine Lupe zu Hilfe zu nehmen oder mit dem Mikroskopieren anfangen. Wissenschaftlich kann das Alles sehr interessant sein, aber in der Praxis gilt eher: Wenn man nicht forschen, sondern etwas bewirken will, sollte das Karo nicht zu klein gewählt werden. Es zählt die große Linie.

Jetzt könnte ich eigentlich aufhören, aber der Vollständigkeit wegen will ich auch das Wenige nicht auslassen, auch ein Mini-Blog will ja fortgeführt werden.

Nun bin ich diese Woche wieder dreimal gelaufen, davon zwei Einheiten, um ein bisschen Tempo zugewinnen. Gesammelt habe ich in der Woche nur einige persönliche Erfahrungen, die mich aber wieder positiv stimmen, also kommt jetzt etwas Nabelschau. Die Erfahrungen, die für mich neu sind, sind dem geübten Läufer natürlich längst schon als Binsenwahrheiten bekannt. Allerdings hat die eigene Erfahrung für mich einen anderen Wert als die Erfahrung, die andere – schon – gesammelt haben. Denn nur die eigene Erfahrung führt bei mir zum richtigen Begreifen.

Eine Erfahrung bei den ersten Intervall-Versuchen war, dass ich anschließend stark in der Leistung abfalle und dann – zu – lange brauche, um mich zu erholen und das übliche Tempo zu erreichen. Andere mögen die Intensität und hartes Training loben, ich laufe jetzt im Intervall einfach mal langsamer.

Dabei stelle ich fest: es ist nicht nur so, dass ich mich schneller erhole, sondern ich habe das Gefühl, dass ich von Intervall zu Intervall noch etwas schneller werden kann. (Merke: wer niedrig einsteigt, kann sich leichter steigern.) Ich laufe so wieder drei Intervalle in 2.000 m nacheinander und kontrolliere danach die Zeiten. Ich werde tatsächlich in jedem der Intervalle etwas schneller, das dritte ist das schnellste.

Naja, das ist alleine wohl keine große Kunst. Es kommt aber etwas hinzu: das dritte Intervall laufe ich schneller als die Intervalle in der letzten Woche, an denen ich eher gescheitert bin, und zusätzlich: ich bin nicht völlig erledigt, ich könnte auch noch weiter laufen. Irgendwie scheint mein Körper das schnellere Laufen jetzt besser umgesetzt zu haben.

Ich habe für mich gelernt: man muss mit dem Tempo auch nicht übertreiben, ich hatte wohl nicht die richtige Geschwindigkeit für mich versucht. Wie heißt es beim Messerschleifen: zu scharf macht schartig. Und: wenn ich langsam anfange, habe ich die Option, mich noch zu steigern. Steige ich zu schnell ein, habe ich keine Option mehr, ich breche unweigerlich ein.

In mir keimt der weitere Gedanke auf, dass die langsamer gesteigerten Intervalle bei mir vielleicht auch ein neues Tempogefühl erzeugt haben. Das schnelle Laufen fühlte sich im dritten Intervall nämlich anders an, es kommt mir passender und nicht mehr so fremd vor. Wie soll man es in Worten beschreiben: letzte Woche war das Gefühl eher eckig, kantig, jetzt kam es mir durch die langsame Steigerung in drei Etappen eher runder, glatter vor. Ich habe eine weitere für mich neue und anderen wahrscheinlich altbekannte Erfahrung gemacht: durch das allmähliche Steigern des Tempos auf kürzeren Strecken gewinne ich ein anderes Körpergefühl. Aber hilft das?

In der folgenden Trainingseinheit will ich das natürlich gleich prüfen. Ich laufe meine kleine Runde (etwa 2 km warm laufen und dann 5 km Tempolauf auf flacher, ebener Strecke) und versuche beim Tempolauf das Laufgefühl des Intervalls zu übertragen. Ich horche also in mich hinein und finde es nicht leicht, ein höheres Tempo zu laufen und zu halten, insbesondere wenn man nichts misst. Ich versuche mich nur auf das Gefühl zu konzentrieren. Es ist anstrengend, aber ich habe nicht den Eindruck, dass ich gleich zusammenbreche. Während des Laufens versuche ich zu schätzen, wie schnell ich bin. Doch, recht flott (für meine Verhältnisse), fühlt sich beinahe an wie 5:30 min/km, vielleicht ein bisschen langsamer. An ein, zwei Stellen denke ich, dass es jetzt aber auch reicht, und ich schwächle, aber ich halte noch gut durch.

Nach dem Lauf dann eine kleine Überraschung für mich: Die 5.000 m bin ich mit einer Pace von 5:14 min/km gelaufen, so schnell wie noch nie, der langsamste Kilometer lag bei 5:24, der schnellste bei 4:53.

Ich halte es für ausgeschlossen, dass die wenigen Intervalle irgendwie meine Muskeln verstärkt oder wesentliche Änderungen in der körperlichen Leistungsfähigkeit bewirkt haben. Die Voraussetzungen für das etwas schnellere Laufen muss ich schon vorher gehabt haben. Die Intervalle haben möglicherweise aber dazu geführt, dass ich durch ein verändertes Tempogefühl mehr davon umsetzen konnte.

In der letzten Woche war ich insgesamt 2.000 m Intervalle auf der Bahn gelaufen mit 5:26, danach ziemlich platt. Ich hatte die Einschätzung, dass ich niemals 400m-Intervalle mit dem Tempo 5:15 sechs- bis zehnmal in Folge laufen kann. Das habe ich diese Woche widerlegt. Ich konnte 5.000 m praktisch durchgehend mit 5:14 auf der Straße laufen und es wäre noch etwas gegangen. Da muss aber die Tagesform noch eine Rolle spielen. Die müsste man jetzt in den Kühlschrank legen und aufbewahren können.

Das bessere Ergebnis beruht ansonsten auf nur zwei Faktoren: ich habe das Tempo der Intervalle etwas zurück genommen und ich habe versucht, ein Tempogefühl zu entwickeln. Mal schauen, ob das nächste Woche auch noch so ist.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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FreddyT hat geschrieben:In der Trainingsroutine geschieht meist nichts Großartiges und es lohnt sich im Grunde nicht, jede Trainingseinheit und jeden Schritt bis zum Geht-nicht-mehr zu analysieren. Ich halte auch in anderen Bereichen nicht viel davon, tägliche Wasserstandsmeldungen zu fertigen. Das Abnehmen ist ein schönes Beispiel dafür: sich jeden Tag auf die Waage zu stellen und die Fortschritte im 100-Gramm-Bereich zu kommentieren, halte ich für sinnlos. Die wöchentliche Kontrolle reicht völlig und selbst die darf man nicht überinterpretieren.
Das sehe ich für mich persönlich etwas anders (beim Abnehmen). Die Schwankungen im Wochenverlauf sind bei mir doch so groß, daß da der Trend leicht verloren gehen kann, wenn ich mich nur einmal die Woche messen würde und mir da vielleicht noch einen dummen Wochentag für aussuche. D.h. ich sehe nur über noch größere Zeiträume (Monat), wo der Hase hinläuft und das ist mir als Feedback zu wenig, kann aber natürlich auch verstehen, wenn das jemand anders sieht. Aus den täglichen Daten kann ich mir schön ein Wochenmittel ausrechnen, das da robuster ist und ich hab auch ein Gefühl für die Schwankungsbreite. Wenn man mal sein Zielgewicht und einen dazu passenden stabilen Ernährungsstil erreicht hat, kann man das sicherlich entspannter angehen. Und ich hab halt auch beruflich viel mit Daten zu tun, das färbt ab ;-) Bei den Trainingszeiten sehe ich das allerdings auch entspannter. Als Neuling in dem Sport bin ich eh noch in der Phase meine Ausdauer zu verbessern, Erfahrung zu sammeln und auch mit weniger kg meine Pace zu verbessern.

Schönes Wochenende,
Jens
Angefangen: 17.9.2015, PB 5km: 19:06 (8.1.2017), 10 km: 39:39 (05.02.2017), HM: 1:26:54 (07.10.2018), M: 3:27:35 (30.4.2017) https://runalyze.com/shared/Jde/

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So, jetzt habe ich noch eine Woche bis zum ersten 10-km-Stadtlauf, und da wollte ich mich noch einmal kurz melden. Ich bin noch dabei.

Die rechte Freude will aber nicht aufkommen. Letzte Woche konnte ich nur zweimal trainieren, die beiden letzten Wochenenden bin ich jeweils 15 km gelaufen, aber die Tempoeinheiten sitzen nicht richtig. Mit der Laufbahn habe ich mich auch nicht angefreundet, das Abspulen von Runden finde ich ziemlich demotivierend. Ich möchte schon aufhören bevor ich überhaupt begonnen habe. Obwohl ich nur dreimal in der Woche laufe, fühle ich mich schlapp und, was noch viel schlimmer ist, reichlich lustlos. Was soll das Ganze. Also noch ein ausgeprägtes mentales Tief, von dem man nicht weiß, wie lange es dauert. Das kann ja wieder einmal heiter werden.

Ich habe die Ausschreibung zu meinem Stadtlauf noch einmal richtig gelesen und dabei ein Detail entdeckt, das mir vorher entgangen war. Es finden gleichzeitig die Landesmeisterschaften im 10-km-Straßenlauf statt und das bedeutet, dass einige ziemlich schnell sein werden. Im letzten Jahr wurden auch schon mal Zeiten unter 30 Minuten gelaufen, allerdings von Afrikanern. Gut, die meisten werden ohnehin schneller sein als ich, aber die Spitzengruppe wird schon verdammt schnell sein. Dass gerade jemand wie ich, der das Motto No Sports hat, sich plötzlich in einer richtigen Sportveranstaltung wieder findet, ist überraschend. Ich weiß gar nicht, wie ich da hingekommen bin. Irgendwie hat sich das mit dem Laufen verselbständigt.

Jetzt mache ich mir auch Gedanken, wie ich es am besten vermeide, den richtigen Läufern zu sehr im Weg zu sein, und überlege, wie oft ich auf dem 5km-Rundenkurs wohl überholt werde. Mindestens einmal. Von wer weiß wieviel Läufern und Läuferinnen. Wir werden sehen, ob mich dies deprimiert oder anspornt. Ich kann mir das alles noch gar nicht richtig vorstellen.

Schon wegen der Lustlosigkeit bin ich gerade auch ein wenig weg von der Vorstellung, besonders schnell sein zu müssen. Hoffentlich sind das Wetter und die Stimmung gut. Es soll sogar Trommler geben. Wenn’s gut läuft, wäre es prima, wenn nicht, soll es wenigstens etwas Spaß machen. Ich bin gespannt.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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FreddyT hat geschrieben: Jetzt mache ich mir auch Gedanken, wie ich es am besten vermeide, den richtigen Läufern zu sehr im Weg zu sein, und überlege, wie oft ich auf dem 5km-Rundenkurs wohl überholt werde. Mindestens einmal. Von wer weiß wieviel Läufern und Läuferinnen. Wir werden sehen, ob mich dies deprimiert oder anspornt. Ich kann mir das alles noch gar nicht richtig vorstellen.
Ähhh... Solange Du Dich beim Start nicht ganz vorne einsortierst, wirst Du von der Spitzengruppe 100% sicher nicht überholt und auch sehr wahrscheinlich nicht überrundet.

Ganz einfache Rechnung: Du wirst mit Wettkampfadrenalin garantiert nicht deutlich langsamer als Deine Trainingsleistung sein, Du wirst also sehr sicher die ersten 5km in deutlich unter 30 Minuten schaffen und das erste Mal dort durchlaufen bevor die Spitzengruppe im Ziel ist.

Und wenn nicht: Die sind im Überholen erfahren, kommen von hinten mit einem Irrsinnstempo "angeflogen" und wissen, dass Du keinen Rückspiegel hast. Bevor Du kapiert hast, was los ist, sind die vorbei...

Klar, Du wirst von schnelleren Läufern überholt werden, die sich hinter Dir einsortiert haben. Und? Du wirst defintiv auch etliche langsamere Läufer überholen. Das gehört einfach dazu.
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

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Hehe, sehe ich genau so, bei nem 10er auf 5er Runden überrundet zu werden sollte schon etwas schwerer fallen. Und falls doch? Ich laufe ja ganz gerne längere Strecken und da werde ich auf so kleinen Runden oft von den flotten Flitzern überrundet. Mache es wie ich, genieße es! Ich empfinde es immer als Augenweide, diese in ihrem Laufstil zu bewundern, wie leichtfüßig sie nahezu über den Boden schweben. Da hört man kein Trappsen, fast nichts. Erst letzten Samstag, als mich der Sieger in seiner letzten Runde überrundete, fiel es mir sehr deutlich auf, wie hoch der die Fersen hinten bekam, noch sehr deutlich bis zum Gesäß. Und das nach 48 Kilometern! Ich lahme Sogge kann mir da nichts wirklich abschauen, aber es ist einfach nur schön.

Also, nimm den Lauf als das was es ist, einen Wettkampf. Geb dein Bestes und genieße den Lauf und das Drumherum!

Gruss Tommi
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Mein Tagebuch: forum/threads/96079-Die-dicken-Waden-der-dicken-Wade

"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener

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Zunächst einmal finde ich es toll, dass die dir über das Überrunden Gedenken machst und aktiv versuchst, keine Mitläufer aufzuhalten! :daumen:

Wie ruca aber schon geschrieben hat, ist die Gefahr bei einem 2-Runden Lauf überrundet zu werden im allgemeinen eher gering. Und falls doch, einfach ganz normal weiterlaufen und auf keinen Fall irgendwie "panisch" zu Seite springen oder so.

Ganz allgemein sollte man meiner Meinung:
  • einfach schön gleichmäßig sein Tempo zu laufen
  • soweit möglich eher am Rande der Strecke laufen
  • Spurenwechsel generell vermeiden, und wenn, dann stets vorher nach hinten schauen
  • vermeiden zusammen mit einer Gruppe gleich schneller Läufer nebeneinander zu laufen und die Strecke somit auf voller Breite "zu sperren".
Solange man sich einigermaßen an diese Grundsätze hält, sollten weder normales Überholen noch Überrundungen zu einem Problem werden.

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FreddyT hat geschrieben:So, jetzt habe ich noch eine Woche bis zum ersten 10-km-Stadtlauf, und da wollte ich mich noch einmal kurz melden. Ich bin noch dabei.
Die rechte Freude will aber nicht aufkommen
...
Hoffentlich sind das Wetter und die Stimmung gut. Es soll sogar Trommler geben. Wenn’s gut läuft, wäre es prima, wenn nicht, soll es wenigstens etwas Spaß machen. Ich bin gespannt.
Hey FreddyT!
Die Freude kommt bestimmt, spätestens wenn Du an der Startlinie stehst und mit unzähligen gleichgesinnten auf den Startschuß wartest.

Der 10er, den ich jetzt gerade hatte, ist ein Rundkurs, der 3x gelaufen wird. Überrundet werden bleibt da für viele nicht aus, und ich finde es toll, so schnelle Läufer mal in "Aktion" zu sehen! Und da hatte ich dieses Jahr auch einen richtige nette Begegnung: Einer dieser Flitzer (ist ein Bekannter) feuerte mich ordentlich an, als er mich bei km 5 überrundete, das gab noch mal Auftrieb!

Es wird prima laufen & Du wirst schon Deinen Spaß haben :daumen: .

Ich bin schon gespannt auf Deinen Bericht :)
(wenn Du uns erzählst, wieviele Du "eingesammelt" hast...)
Liebe Grüße,
HappySue
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Hallo Freddy,

vielleicht kann ich zu deiner moralischen Erbauung eine Kleinigkeit beitragen. Habe in 5 Wochen meinen 10k Test-WK mit 2 Runden à 5 km und 50 Hm. Mir ist völlig klar, dass ich mein sub 60 Ziel da ganz bestimmt nicht erreichen werde. Ich erwarte irgendwas zwischen 1:03:00 und 1:05:00 - wegen der Hm. Gemessen an den letztjährigen Ergebnisssen würde ich damit unter den letzten 2 bis 6 Männern (von 192) landen und mehr Frauen werden sich auch nicht an meiner betörenden Rückansicht berauschen dürfen.

Wenn's ganz schlecht läuft, werde ich sogar letzter. Kann den Einfluss der Hm nicht einschätzen, die bremsen mich derzeit noch sehr stark aus. Sollte ich tatsächlich Letzter werden, tröste ich mich damit, dass ich dann mindestens einem Teilnehmer im Feld ein unerwartetes Glückserlebnis beschert habe, weil er endlich mal nicht Letzter wurde, sondern immerhin Vorletzter. :D

Die 4 Schnellsten waren unter 34 min., einer sogar unter 33 min. Kann also durchaus sein, dass mich einer kurz vorm Ziel noch überrundet. Ja und ? Dann schaue ich mal, ob ich mir was von seiner Lauftechnik abgucken kann und lasse mich bltzartig ins Ziel ziehen. Dass ich nach dem Zieleinlauf dann nochmal 5 km austrudele, werden die meisten Zuschauer kaum mitbekommen. Nur warum einer nach dem Austrudeln mehr Schaum vorm Maul hat als vorher, werden sie nicht verstehen. :D

Will sagen, du bist nicht allein mit deinen Sorgen. :nick:

Lass uns die Gemeinde rocken ! :headbang: :party4: :rock2:

LG Christoph

mein Blog: Die Rennkartoffel will's nochmal wissen.

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Noch 50 Stunden bis zu meinem ersten Wettkampf, und ich werde immer aufgeregter, was man schon daran sieht, dass ich noch ein paar Worte schreibe, das beruhigt. Es besteht ja kein Lesezwang.

In dieser Woche war ich lässig, am Dienstag noch einmal ein kleiner Tempolauf mit dem geplanten Wettkampftempo (5:20 min/km) über 5 km. Ein Schnürsenkel löste sich völlig, ich werde also Doppelknoten einsetzen. Am Donnerstag dann ein langsamer Entspannungslauf über 45 Minuten, Tempo egal.

Das geplante Tempo ist nicht sonderlich ambitioniert. Da ich 10 km mehrfach im Training in etwa 58 Minuten gelaufen bin, auch 15 km noch mit einer Pace von 6:12 min/km geschafft und auf 5 km auch schon einmal 5:14 min/km erreicht habe, ist das Zeitziel ganz klar: jedenfalls unter 55 Minuten. Bei einem Tempo von 5:20 min/km sind etwa 53 Minuten drin.

Natürlich habe ich auch überlegt, ob ich nicht 50 Minuten anvisieren sollte, schon wegen der Zahlenmagie. Steffny hält diese Zeit offenbar für keine große Kunst; er geht davon aus, dass ein Läufer, der bereits unter 60 Minuten laufen kann, sich gleich dieses Ziel setzen kann. Er nimmt aber auch an, dass man dann schon ein Jahr gelaufen sein sollte, ich bin acht Monate dabei. Außerdem sieht sein Trainingsplan dafür vier Trainingseinheiten in der Woche vor, ich schaffe nur drei, und wöchentliche Laufumfänge von 40 bis 50 km, ich komme zuletzt auf wenig mehr als 25 km. Meine bereits erreichten Geschwindigkeiten passen gut in seinen Plan für unter 50 min, die Umfänge meiner Läufe aber ganz und gar nicht. Beim Rennen ist alles möglich, beim ersten sowieso. Ich bin bis jetzt aber nur sehr kurze und sehr wenige Strecken unter 5:00 min/km gelaufen. Die Wahrscheinlichkeit ist somit groß, dass ich zwar in der ersten Hälfte des Rennens knapp unter 5:00 min/km laufen könnte, dann aber gnadenlos einbreche. Und das will ich mir beim ersten Mal eigentlich ersparen.

Wo ich gerade bei den Zahlen bin, ich habe nachgezählt:
Bis heute habe ich 101 Trainingseinheiten in meinem Laufbuch erfasst, es waren 35 Laufwochen. Mit dem Wettkampf komme ich auf den Schnitt von 2,9 Laufeinheiten in jeder Kalenderwoche. Ein paarmal im Winter habe ich geschludert, aber ich bin trotzdem stolz, dass ich keine Pause gemacht habe.

Die App hat fast genau 500 km aufgelistet, dazu kommen für die ersten 10 Wochen, in denen ich Strecken und Zeiten noch nicht gemessen hatte, weitere 665 Laufminuten. Bei einer angenommenen Pace von 7:30 bis 7:00 min/km sind das etwa 88 – 95 km. Mein gesamtes Läuferleben umfasst dann am Sonntag mithin runde 600 km. Ich stehe also noch ziemlich am Anfang und denke auch aus diesem Grunde, dass ich mich am Sonntag nicht übernehmen muss.

Zum Wettkampf jetzt noch etwas Lokalkolorit, dann kann ich den Bericht später schlanker fassen.
Der Veranstalter zählt den 26. Citylauf über 10 km durch die Innenstadt. Der Kurs beginnt vor der Goldenen Pforte des Rathauses, geht über die Wallstraße und dann in eine Einkaufsstraße auf der einen Seite hin und auf der anderen Seite wieder zurück. Die Schlaufe ist wohl notwendig, damit der Gesamtkurs später exakt auf den Meter genau festgelegt werden kann. Dann geht es am Zwinger vorbei, um den Landtag herum und runter zur Elbe; am Terrassenufer unter der Brühlschen Terrasse entlang, den Hasenberg hinauf an der neuen Synagoge vorbei und wieder zum Rathaus, das Ganze zweimal. Der Kurs ist flach, der Name Hasenberg kann in die Irre führen – die Betonung liegt hier eindeutig auf Hase und nicht auf Berg. Es sind allenfalls 5 bis 10 Höhenmeter oder so. Der Kurs hat aber viele Kurven und Ecken, da wird meine App alles Mögliche messen außer der tatsächlichen Länge der Strecke.

Auf der Meldeliste stehen aktuell für den 10-km-Lauf über 1.900 Namen, darunter die Vorjahressiegerin Anna Hahner und der Vorjahressieger Dickson Kurui aus Kenia, der so um die 29:30 Minuten lief. Für die Langstreckenläufer ist so ein 10-km-Rennen wohl eher Training und die Gelegenheit, noch ein kleines Preisgeld zu erlaufen, die Sieger bekommen 300 EUR, wer den Streckenrekord (28:15 min) knackt, noch einmal 300 EUR. Das erscheint mir nicht viel, ich kann in meinem Beruf mit nur durchschnittlichen Leistungen deutlich höhere Beträge verdienen.

Richtig sehen werde ich die Spitzenläufer allenfalls über Eck, denn sie liegen unaufholbar vor mir. Wenn mein Zeitplan aufgeht und ich in den ersten Minuten starte, werden sie mich aber, wie mancher schon richtig bemerkt hat, auch nicht auf dem Zwei-Runden-Kurs überholen können
.
Das Wetter wird wohl eher mäßig sein, den vor einigen Tagen noch angekündigten Eisregen wird es jedoch kaum geben. Temperaturen so zwischen 5 und 10 Plusgraden, Wolken, wenn man Pech hat, sind auch Schauer möglich. Der Veranstalter bietet ein Rahmenprogramm im Startzielbereich, Getränke, Obst und Samba-Trommler, ebenso steht die medizinische Erstversorgung bereit. Ich weiß nicht, ob mich das beunruhigen sollte. Wenn ich mich am Montag nicht mehr melde, musste ich sie in Anspruch nehmen.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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Hallo Freddy,

ich finde deinen Plan erfrischend realistisch und abgeklärt (wenn es dir denn gelingt, ihn gerade am Anfang einzuhalten). Wenn 5km in 5:20/km eine deiner leichteren Übungen ist, liegst du auf der sicheren Seite, wenn du damit die ersten 7 km konstant läufst. Dann reinhorchen, wie's um dich steht und dann ggfs. noch 'ne Schippe drauflegen. 53:00 solltest du ziemlich wahrscheinlich knacken können. Wieviele Hm sind eigentlich angesagt ? (So wie ich die Dresdner Innenstadt erinnere, vermute ich mal, nicht allzu viele.)

Ich drücke dir die Daumen und wünsche viel Erfolg ! :daumen:

LG Christoph

mein Blog: Die Rennkartoffel will's nochmal wissen.

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Mein erster Wettkampf ist Geschichte, große Rekorde gab es nicht, jedenfalls nicht von mir. Wider Erwarten wurde ich jedoch von der Spitzengruppe der Männer noch überrundet, und das kam so:

Der Sonntagmorgen ist kühl, etwa 6 Grad Celsius, die Wolken hängen tief und sind etwas dunkel. Regenwahrscheinlichkeit 50 Prozent. Leichter Wind kommt auf. Wer Dresdens Innenstadt kennt, weiß, dass dort die Bombardierung und der Sozialistische Aufbau große Freiflächen haben entstehen lassen, die Riesenkreuzung des Pirnaischen Platzes am Anfang der Wilsdruffer Straße ist ein Beispiel. Es zieht ganz schön, man kann auch sagen, der Wind pfeift. Gefühlt hat es ungefähr Null Grad.

Ich parke mit dem Auto in einer Tiefgarage wenige hundert Meter vom Startplatz entfernt und bin kleidungsmäßig für jede Wetterlage gewappnet. Bei 10 Grad trage ich im Regelfall weder Mütze noch Handschuhe, sondern eine kurze Hose. Bei diesem Wetter jetzt nehme ich die ¾-Hose und eine Kapuzenjacke mit Baumwollanteil aus dem Kofferraum, ich setzte darauf, dass es nicht regnet.

Eine halbe Stunde vor dem Start um 11:00 Uhr finde ich mich beim Startplatz ein. Es läuft noch der 5.000-m-Lauf, Anna Hahner, die später auch den 10.000-m-Lauf bei den Frauen gewinnen wird, hat ihn schon gewonnen, läuft sich aber im Pulk noch eine weitere Runde über 5.000 m warm und ich sehe sie über die Ziellinie schweben. Sie wird das Training dann nachmittags fortsetzen, der Marathon im April in Hannover steht ja noch an, und sie möchte gern nach Rio zu den Olympischen Spielen.

Warmlaufen über 5 km kommt für mich weniger in Betracht, dann würde ich den Hauptlauf gar nicht mehr durchhalten. Ich will mich höchstens 10 Minuten vorher etwas einlaufen und habe daher noch etwas Zeit.

Die Stimmung ist gut, viel Gedränge, Nationalflaggen flattern im Wind, die Straßen wurden schon am Abend vorher gesperrt, die Straßenbahn teilweise umgeleitet. Der Moderator begrüßt über den Lautsprecher jetzt fast jeden Finisher im Lauf mit seinem Vornamen, der auf den Startnummern steht. Das Wetter lässt insbesondere die Zuschauer frösteln, die wohl einen Glühweinstand vermissen. Ich umrunde das Areal und sehe Dutzende, die sich bereits einlaufen. Ich finde es erstaunlich, wie unterschiedlich die Läufer hier sind. Von der Großmutter mit Strickjacke über den kraftstrotzenden Mittzwanziger (schnittige Rennbrille), picklige Schüler oder übergewichtige Matronen – es ist alles vertreten, was laufen kann. Ich entschuldige mich, falls ich mit dieser Formulierung den Fahrer im Rennrollstuhl diskriminiert haben sollte, der später auch locker an mir vorbeiziehen wird.

Etwa 10 Minuten vor dem Start beginne ich mit dem Warmlaufen rund um die Kreuzkirche und versuche dabei, nach außen den Typ des lockeren Profis darzustellen. Nach einigen Minuten bin ich fast alleine und mir schwant, dass ich möglicherweise einen Fehler gemacht habe. Denn als ich mich ein, zwei Minuten vor 11:00 Uhr beim Start einfinde, steht dort in der Startgasse ein Pulk mit geschätzten 2.000 Läufern vor mir. Punkt 11:00 Uhr wird gestartet und ich warte und mir wird wieder kalt. Die Minuten vergehen, ich rücke nur langsam vor. Über 6 Minuten später bin ich dann dran, und das ganze Feld liegt praktisch vor mir.

Ich habe keine Pulsuhr und mein Smartphone läuft zwar mit, ist aber auf lautlos gestellt, ich wollte später nur sehen, wie der Lauf aussah. Mir fehlt jegliches Gefühl für Geschwindigkeit, ich weiß nur, jetzt muss ich aber ein wenig aufholen. Und das ist schwierig, weil es eng und gedrängt voll ist. Es beginnt ein mühsamer Zick-Zack-Lauf, der mich nervt, aber auch anstrengend ist, weil ich nicht gleichmäßig laufen kann und keinen Rhythmus finde. Gefühlt überhole ich die nächsten Kilometer hunderte von Mitläufern und ärgere mich über die schmale Laufbahn.
Auf der Strecke sind drei Trommlergruppen verteilt, die gut anfeuern. Ich bilde mir ein, dass ich jedes Mal beim Passieren wieder etwas Tempo aufnehmen kann und warte beinahe (sehn)süchtig auf die Klänge der nächsten Gruppe. An vielen Stellen stehen Zuschauer, die anfeuern oder Hände zum Abklatschen in die Laufbahn halten. Einer hält ein handgemaltes Schild hoch, das vorgibt, man bekäme Kraft, wenn man es berührt. Ein Vater hält sogar ein Kleinkind beinahe in die Laufgasse, was ich wenig passend finde, schließlich will es ja nicht segnen.
Ich bin ganz gut dabei, merke aber, dass es jetzt ständig schwieriger wird. Beim fünften Kilometer dann der Fahrradfahrer, der mit einer Trillerpfeife die Läuferspitze ankündigt und den Laufweg links freimacht. Die Spitzenläufer kann ich kaum sehen, sie scheinen auch den unfairen Vorteil zu haben, dass sie den Boden kaum berühren müssen, während meine Füsse langsam beginnen, am Boden zu kleben. Ich passiere das Ziel nach 5 km dann das erste Mal und eigentlich reicht es mir. Beim Durchlaufen versuche ich, die Zwischenzeit abzulesen. Leider weiß ich nicht mehr, was die Uhr bei meinem Start anzeigte.

Ich komme auf etwa 27 Minuten, und das ist viel zu langsam. Denn wenn ich die zweite Runde genauso laufe oder gar noch etwas schwächer werde, kann ich sogar mein Ziel „unter 55 Minuten“ verfehlen. Ich muss zulegen, und das ist leichter gesagt als getan, denn die großen Reserven sind nicht mehr da. Ich müsste halt im Training länger laufen. Das Läuferfeld hat sich aber gut aufgelockert und ich habe Platz. Ich gerate unversehens in eine größere Lücke, und das stellt sich auch als ein Nachteil heraus. Ich laufe praktisch alleine, und niemand zieht oder motiviert mich. Auch in dieser Hinsicht wäre es besser gewesen, ich wäre weiter vorne in einer Gruppe gestartet, die leistungsstärker als ich ist.

Die Kilometer ziehen sich. Keine Ahnung, was andere so beim Laufen denken, ich denke jedenfalls so gut wie gar nichts mehr und bekomme einen Tunnelblick. Nicht nach rechts oder links schauen, nur wenig nach vorne, einfach nur weiter. Beim 8. Kilometer sehe ich dann den Notarzt am Rande, jemand liegt am Boden. Er trägt eine Sicherheitsweste und es wird wohl einen Streckenposten erwischt haben, der einfach zu lange mehr oder weniger regungslos in der Kälte stehen musste, da habe ich es als Läufer entschieden besser. Bei Kilometer 9 dann ein Läufer mit einem großen Ballon, auf dem die Zahl 60 steht, offenbar ein Pacemaker, den ich jetzt überhole. Ich rätsele ein wenig, wann er wohl gestartet ist. Für die Läufer mit dem 60-Minuten-Ziel wäre es unpassend, gleich in der ersten Reihe zu starten. Das hat der Schrittmacher vielleicht getan, weshalb er mir jetzt so verlassen vorkommt. Dann müsste ich jetzt bei etwas unter 54 Minuten Zielzeit liegen, denn das Ziel ist keinen Kilometer mehr entfernt. Ich versuche noch auf dem letzten halben Kilometer einen kleinen Spurt, aber da geht nicht mehr viel.

Jetzt bin ich über der Ziellinie und weiss nicht, wie schnell ich war. Die Runtastic-App nervt einmal mehr mit Werbung, und bis ich dann auf Stop gedrückt hatte, ist wieder Zeit vergangen. Ich schätze die Zeit auf etwa 53 Minuten 30 Sekunden.

Im Zielbereich herrscht eine gute Stimmung, viele fröhliche Gesichter, es wird aufgeregt geschwatzt. Ich fühle mich aber nicht sonderlich gut. Ich habe auch keinen Appetit auf das angebotene Obst und beim Gedanken an ein Getränk wird mir eher schlecht – ich bekäme in diesem Augenblick gar nichts runter, noch nicht einmal ein Wasser und erst recht nicht das angebotene alkoholfreie Bier. Ich gehe daher gleich langsam Richtung Auto, nicht mehr ganz so flott wie auf dem Hinweg. Es zieht ganz schön in den Waden, ein Knie sticht beim Durchstrecken etwas, ich bekomme kleine Hustenanfälle. Mag sein, dass ich mich nicht ganz verausgabt habe, die Gesundheitszone habe ich jedenfalls schon verlassen.

Sieger bei den Männern wurde ein Kenianer mit 30 Minuten 32 Sekunden, also fast eine Minute langsamer als der Vorjahressieger, der nur zweiter wurde. Bei den Frauen verbesserte sich Anna Hahner im Vergleich zum Vorjahr um einige Sekunden auf 33 Minuten 54 Sekunden. Und ich?

Etwa eine Stunde nach dem Zielschluss stehen die Ergebnisse online. 1.220 Männer haben gefinisht, nach der Nettozeit komme ich auf Platz 893; immerhin habe ich ein Viertel der Männer hinter mir gelassen. In der Altersklasse 55 belege ich den 45. von 77 Plätzen, mit etwas Wohlwollen ist das noch Mittelfeld. Und ich habe 53 Minuten und 4 Sekunden gebraucht.

Mit den Daten der Runtastic-App habe ich versucht, den Rennverlauf zu rekonstruieren. Die Daten dort passen aber nicht zu der offiziellen Zwischenzeit und der Endzeit. Die offizielle Zwischenzeit lag nicht, wie ich geschätzt hatte, bei 27 Minuten, sondern betrug 25:43 Minuten, die Pace lag daher um 5:09 min/km. Das wäre auf 5 km die bisher schnellste Zeit für mich. Die zweite Runde brauchte ich dann 27:21 Minuten, die Pace lag bei 5:28 min/km, also deutlich langsamer. Auch gut, da habe ich noch etwas vor, der nächste 10-km-Lauf in der Innenstadt ist hier Mitte Juni, da melde ich mich schon einmal an.

Kennt eigentlich noch jemand die Glossen von Ephraim Kishon und der besten Ehefrau von allen? Ich habe auch so eine Ehefrau zu Hause. Sie blickt nur auf mich und denkt etwas, was sie gnädig – manchmal – nicht ausspricht, wenn sie weiß, dass ich weiß, was sie gerade denkt. So ergibt sich die lautlose Vorhaltung: „Spinnst Du jetzt völlig? Du siehst ja völlig fertig aus, alleine die großen dunklen Ringe unter den Augen. Wenn Du glaubst, Du siehst so jünger oder besser aus, dann hast Du Dich aber schwer geschnitten. Wenn Du noch einmal so einen Unsinn machst, schließe ich Deine Laufschuhe weg.“ Ich sehe das etwas neutraler. Am Ende habe ich mich tatsächlich nicht frisch und jugendlich gefühlt, und das Treppensteigen heute ist etwas beschwerlicher als sonst. Aber toll war’s trotzdem.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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Danke für Deine tollen Berichte! Ich war bei solchen Großevents noch nicht dabei, aber finde es einfach schön, daß es mit dem Laufen eine Sportart gibt, wo Jedermann zusammen mit der Weltklasse an den Start gehen kann. Wo gibts das sonst schon im von Doping, Korruption und Milliarden an Steuergeldern für Fußball und Olympiade verseuchten Leistungssport.
Angefangen: 17.9.2015, PB 5km: 19:06 (8.1.2017), 10 km: 39:39 (05.02.2017), HM: 1:26:54 (07.10.2018), M: 3:27:35 (30.4.2017) https://runalyze.com/shared/Jde/

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Die Spitzenläufer kann ich kaum sehen, sie scheinen auch den unfairen Vorteil zu haben, dass sie den Boden kaum berühren müssen, während meine Füsse langsam beginnen, am Boden zu kleben.

:daumen:

Toller Bericht!

Herzlichen Glückwunsch zu der guten Zeit und viel Respekt dafür, dass Du ohne Pulsuhr und Ansangen vom Smartphone Dein Tempo so gut einschätzen konntest...
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

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@FreddyT

Glückwunsch, da haste mich Jungspund (52) ja klar abgehängt (58:12). Mittelfeld in der Alterklasse ist doch richtig gut. Scheiß' auf die 50 Minuten, man muss ja noch Luft nach oben für's nächste Mal lassen.

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Danke für die Blumen.

Eine kleine Erkältung nach dem Citylauf ist schon beinahe wieder weg, wahrscheinlich war sie schon im Anflug, als ich gestartet bin. Ich bin gestern deshalb nur langsam wieder eine Runde von gut 6 km gelaufen, in den Beinen oder Knien habe ich nichts mehr bemerkt.

Nach dem Lauf ist vor dem Lauf, und ich möchte jetzt die 50-Minuten-Grenze für die 10 km angehen. Vor einiger Zeit sah ich im Fernsehen einen kurzen Bericht über einen 70-jährigen Bischof in Süddeutschland, der jeden Morgen sein Tagewerk mit einem Dauerlauf begann. Bischöfe werden wohl erst sehr spät pensioniert. Während des Laufes wurde er von einem sportlich gekleideten, weitaus jüngeren Reporter interviewt. Während der Bischof die Ruhe selbst schien, bekam der junge Mann beim Fragen bereits leichte Atemschwierigkeiten. Es hieß später, der Bischof laufe eine 5-er Pace. Die will ich auch.

Es fehlt mir vielleicht an himmlischem Beistand, aber ich habe dafür noch knapp 12 Wochen bis zum nächsten Stadtlauf von Sport-Scheck am 12. Juni 2016, das wäre dann mein 12. Laufmonat. Die Stadtlauf-Serie des Sporthauses hat offensichtlich auch eine kommerzielle Komponente. Die recht hohen Gebühren werden mit dem obligatorischen Laufshirt begründet, das ich eigentlich gar nicht haben will. Nichts gegen ein Shirt, aber mir wäre es lieber, die Startgebühr würde halbiert. Und außerdem müsste mir BMW im Grunde etwas zahlen, damit ich mit dem Firmenlogo auf der Brust eine Stunde Werbung durch Dresden laufe. Dazu kommt noch der Einmal-Chip von Mika Timing für 3 EUR. Ein Dauer-Champion-Chip lohnt für mich nicht, denn ich plane aktuell nicht für weitere 10 Rennen; zudem kommt Mika ja auch nicht bei jedem Rennen zum Einsatz, der Chip könnte sich erst nach Jahren rentieren, wenn ich ihn nicht schon vorher verlegt habe.

Die ersten 5 km im letzten Lauf habe ich noch mit einer Pace von 5:09 min/km hinbekommen, da bin ich von unter 5:00 nicht schrecklich weit weg. Aber ich konnte im Forum lesen, dass der eine oder andere fast jahrelang an dieser Grenze laborierte, teils sogar erfolglos, also wird es auch nicht ganz einfach sein. Um das Tempo zu steigern, werde ich dem plausiblen Vorschlag folgen, zunächst einmal wieder einige Steigerungsläufe zu versuchen, dann auf kürzeren Strecken in Richtung des wohl sinnvollen anfänglichen Renntempos von 4:45 min/km zu kommen und schließlich auch längere Strecken von einem Kilometer in diesem Bereich zu laufen. Dazu plane ich eine intensive Einheit in der Woche.

Den Tempodauerlauf werde ich ebenfalls versuchen, nach und nach schneller zu laufen. Das wird eine zweite Einheit in der Woche mit um die 5 km, für die ich mir das erste Ziel setze, überhaupt eine Pace von 5:00 min/km zu erreichen.

Da ich beim Citylauf in der zweiten Runde sehr deutlich langsamer wurde, sehe ich das Hauptproblem bei meiner Ausdauer. Davon werde ich nur mehr bekommen, wenn ich mehr laufe und die Laufumfänge steigere. Mein „langer“ Lauf von zuletzt 15 km soll jede zweite Woche etwas verlängert werden (vielleicht um 500 m), bis ich bei 17-18 km bin. Zu mehr habe ich keine Lust.
Ja, und dann fehlt immer noch etwas im Wochenumfang, weshalb ich eine vierte Trainingseinheit plane, bei der auch so um die 6 km gelaufen werden sollen. Die vierte Einheit ist für mich beinahe wie eine Kröte, die ich schlucken muss. Aber ich werde mich damit trösten, dass es lockere Läufe mit Spaß werden sollen. Die Jahreszeit ist zudem für mich günstig. Die Tage werden wieder länger und wärmer, und da werde ich doch noch einen Abend finden, an dem ich zusätzlich die Schuhe schnüren kann. Eine halbe Stunde zu laufen ist zudem nicht der Super-Kraftakt. Die Wochenleistung soll dann insgesamt zwischen 30 und 35 km liegen. Man sieht, ich bin sparsam veranlagt und verfechte in allen Bereichen das Effizienz-Prinzip, mit möglichst wenig Einsatz möglichst weit zu kommen. Manche sagen auch faul dazu. Einfach immer volle Pulle laufen und siegen kann ja schließlich jeder.

Nach vier Wochen kann ich dann schon einmal schauen, was dieser Plan gebracht hat, wenn er überhaupt etwas bringt. Die Trainingspläne, die ich mir so angesehen habe, sind im Vergleich zu meinem obigen Plan sehr fein ausgearbeitet, etwa in der Art:
1.600 m Einlaufen, 4 Intervalle je 800 m mit 4:51 min/km, Trabpausen 400 m je 5:54 min/km, 1.400 m Auslaufen.

Ich möchte mich hier als Anfänger nicht lustig machen und blamieren, aber da könnte man meiner Meinung nach einen noch besseren Plan machen, z.B.

1.458 m Einlaufen, 4 Intervalle von 812 m mit 4:48, 4:52, 4:54 und 4:50 usw.

Was ich damit sagen will: in meinem Leistungsbereich denke ich nicht, dass ich es zu genau nehmen muss oder auch nur kann. Weder weiß ich, wie ich exakt eine Pace von 4:51 min/km laufen könnte noch kann ich sie überhaupt so genau auf kürzeren Strecken messen – Ausnahme: die von mir wenig geliebte Bahn. Mein Ideal ist: ich möchte mich in jeder Einheit in irgendeinem Bereich anstrengen und nicht nur so-la-la laufen, selbst wenn die Zeit nun gerade gut gewesen sein sollte. Für das Maß der Anstrengung gilt für mich aber, dass ich weder totale Erschöpfung noch das Umfallen anstrebe, das unterscheidet mich eindeutig von den richtigen Sportlern. Ich habe für mich aber schon den Anspruch, dass ich die Anstrengung jedes Mal deutlich spüren will. Die Werte in meinem Plan sind dabei lediglich Orientierungs- und Richtungswerte: ich werde mich bemühen, da irgendwie hinzukommen mit ein wenig Plus-Minus.

In Arbeitszeugnissen ist die Formulierung: „hat sich stets bemüht“ bekanntlich eine schlechte Note mit dem Inhalt „hat nie erreicht“, „konnte den Anforderungen nicht entsprechen“ oder gar „hat versagt“. Im Training sehe ich das ganz anders. Wenn man sich wirklich jede Einheit „nur“ bemüht, hätte man sich jede Einheit angestrengt und damit einen Trainingsreiz gesetzt, und das wäre schon eine ganze Menge.

Wie geht es dann weiter? Wenn’s gut geht und ich auch das nötige Glück habe, könnte ich die 50 Minuten im Juni schaffen. Falls ja, werde ich wahrscheinlich nicht mehr groß bewusst am Tempo schrauben, sondern eher versuchen, die Strecke zu verlängern. Dann käme es z.B. in Betracht, sich im Oktober hier beim Dresden-Marathon an einem Halbmarathon zu versuchen. Zielzeit wäre dann in etwa: 1 Stunde 50 Minuten. Falls nein, werde ich für die 50 Minuten auf 10 km wahrscheinlich dann im Oktober einen erneuten Anlauf starten.

Ziel 1 ist also: im Juni 10 km unter 50 Minuten und im Oktober womöglich ein Halbmarathon unter 1 Stunde 50 Minuten. Ziel 2 ist dann: erst im Oktober die 10 km unter 50 Minuten.

Ziel 3 habe ich nicht, kann sich aber auch ergeben: 50 Minuten für 10 km waren nicht drin, aber ich bin viel gelaufen. Ich berichte weiter.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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Hallo Freddy,

schöner Lauf und Bericht.
Ich bin in einer ähnlichen Situation, deshalb passt das ganz gut.
Dein Werdegang zeigt ja das du tolle Fortschritte gemacht hast.
Die 50min sind bei mir auch magisch und im Moment für mich nicht realistisch.
Was aber gut geht den HM im Training zwischen @5:30 und @5:20 zu laufen.
Damit will ich dir bloß sagen, falls du mit den 50min noch nicht klar kommst ändere dein Ziel auf den HM ab.
Manchmal geht eben nicht schneller sondern länger.

Viel Erfolg

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Die leichte Erkältung setzt sich in den Bronchien offenbar fest; da ich kein Fieber oder keine Schmerzen habe, laufe ich zwar, aber eher gemäßigtes Tempo, und auch aus meiner geplanten vierten Trainingseinheit in der Woche ist noch nichts geworden. Vielleicht war auch die ungewohnte Wärme (14 Grad) und die viele Sonne am Osterwochenende mit schuld daran, dass der Husten noch nicht weg ist. Er hört sich viel schlimmer und tiefer an. Ich war auch viel zu warm angezogen und verschwitzt. Langsam muss ich jetzt in den Sommermodus umschalten. Einen Zusammenhang zwischen Laufen und Erkältung sehe ich ansonsten nicht. Um mich herum sind viele ähnlich erkältet, die überhaupt nicht laufen.

Läuferisch ist daher so gut wie gar nichts geschehen über das ich berichten könnte. Da kann ich vielleicht einmal kurz mein Laufgebiet vorstellen. Beim Stichwort Dresden denken die meisten an die Elbe und deren Tal. Tatsächlich kann man sehr schön flach längs der Elbe laufen und viele An- und Ausblicke genießen; eine gute Gelegenheit wäre der Oberelbe-Marathon am 24. April, der im zweiten Abschnitt von Pillnitz bis in die Dresdner Innenstadt führt, mitten durch das ehemalige UNESCO-Weltkulturerbe. Diese Bezeichnung hatte das Elbtal dann verloren, als Dresden sich zum Bau der Waldschlösschenbrücke entschloss. An der Schönheit hat sich meiner Meinung nach auch durch diese Brücke im Grunde nichts geändert. Wer längs eines Flusses läuft, muss sich in aller Regel auch nicht mit Steigungen plagen.

Nachdem ich so noch ein wenig Werbung für den Oberelbe-Marathon gemacht habe, muss ich gestehen: Gerade dort laufe ich nun nicht. Ich meine damit: Weder laufe ich bei dieser Veranstaltung noch längs der Elbe. Den Oberelbe-Marathon hebe ich mir noch für später auf, selbst die Halbmarathon-Strecke wäre mir momentan noch zu lang.

Mein Gebiet ist die Dresdner Heide, die keine fünf Laufminuten von meiner Haustür entfernt beginnt. Es ist ein Landschaftsschutzgebiet im Norden von Dresden, mit einer Fläche von über 6.000 Hektar einer der größten Stadtwälder Deutschlands, mit etwa 8 km Strecke von einem Ende zum anderen. Es ist von vielen Wegen und Steigen durchzogen, so dass man fast beliebige Runden planen kann. Ich nutze breitere Wege, die meist asphaltiert oder befestigt sind, man könnte aber auch Trails laufen. Zwischen dem tiefsten und höchsten Punkt gibt es etwa 170 m Höhenunterschied und das scheint auf den ersten Blick nicht besonders viel. Allerdings handelt es sich um einen Ausläufer des Westlausitzer Hügel- und Berglandes und das Gebiet hat daher viele Schluchten und Täler mit teils happigen Steigungen, jedenfalls für mich. Ich kann zwar nicht 400 m in die Höhe laufen, aber auf kurzer Strecke mehrmals etwa 60 m auf und ab, und das kann ähnlich anstrengend sein. Für den Bergläufer ist das natürlich nichts, aber Strecken von z.B. 800 m und einer Steigung von bis zu 8 % liegen immer auf meiner Route und stellen ein Trainingselement dar, an dem sich meine Atmung doch sehr deutlich beschleunigt.

Solche Steigungen nutzen auch einige Biker, um ein wenig bergan fahren zu üben, die kommen dann in der Gegenrichtung mit einem Höllentempo wieder herunter und lassen sich den Spaß auch durch das Warnschild „Achtung Radfahrer: starkes Gefälle“ nicht verderben.

Anders als die Bezeichnung „Heide“ vermuten lässt, ist das Gebiet dicht bewaldet. Für den Läufer hat es den Vorteil, dass es relativ windgeschützt ist. Ein kleines Flüsschen schlängelt sich gurgelnd Richtung Elbe, und zusammen mit den Schluchten, Hängen und dichtem Baumbestand gibt es viele wild-romantische Ecken. Ab und an sieht man etwas scheues Rehwild in der Ferne, aber ehrlich gesagt nehmen die Wildschweinrotten überhand. Wenn so einige ausgewachsene Tiere den Weg kreuzen, wird mir doch etwas mulmig, denn gegen die hätte ich kaum eine Chance. Selbst weglaufen bringt nichts, weil die meist noch schneller rennen können.

In der Regel trifft man immer irgendwo auf andere Läufer oder Biker; am Wochenende kann es dann in der Mittags- oder Nachmittagszeit beinahe voll werden, weil das Gebiet auch von Wanderern, normalen Radfahrern oder im Randbereich auch von Spaziergängern genutzt wird. Beinahe voll heißt hier natürlich nicht: wie im Englischen Garten in München, sondern es gibt immer reichlich Platz und auch völlig einsame Ecken.

Das Gebiet ist so groß, dass ich es noch nicht annähernd erkundet habe. Wenn ich noch ein bisschen mehr Ausdauer und Kraft habe, werde ich es wagen, einmal quer bis zur Elbe zu laufen und dann wieder zurück, wobei ich auf dem Rückweg natürlich die ganzen Höhenmeter wieder erklimmen muss. Diesen Rückweg traue ich mir noch nicht ganz zu.

Am Wochenende soll es daher nur eine kleinere Runde geben, es stehen jetzt 15 bis 16 km auf dem Programm. Es soll spürbar wärmer werden, da freue ich mich jetzt schon. Die Wintersachen werde ich schon mal wegpacken in der Hoffnung, dass das Einmotten den Sommer herbei schwört. Meinetwegen kann es nun losgehen.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.

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Es ist noch nicht so recht losgegangen, weil meine Erkältung hartnäckiger ist als gedacht. Nichts Ernsthaftes, aber immer noch Husten und belegte Bronchien. Tempoeinheiten habe ich daher ausgelassen und die vierte Einheit in der Woche auch, weil es dann doch etwas zu gleichförmig würde. Den Rest hat mir ein Lauf bei 20 Plusgraden gegeben, was ich schrecklich warm fand und den ich beinahe abbrechen musste. Wenn es nächste Woche nicht besser wird, muss ich überlegen, ob auch das eher langsame Laufen möglicherweise kontraproduktiv ist und ich eine Woche ganz aussetzen sollte.

Da ich offenbar durch das Laufen nicht nur deutlich Gewicht verloren habe, sondern insgesamt etwas frischer erscheine, werde ich von einigen angesprochen, woran das denn liegt, und breitwillig gebe ich meine Erfahrung zum Besten und verleihe Literatur zum Thema Laufeinstieg. Ich habe mich dann entschlossen, einen Laufpartner zum Einstieg etwas zu coachen. Weder bin ich ein Lauf-Ass noch der große erfahrene Pädagoge, daher beschränke ich mich auf mentale Unterstützung. Das läuft darauf hinaus, dass ich zum regelmäßigen Trainingsantritt motiviere und mitlaufe, damit der Laufpartner nicht gar zu schnell aufgibt. In der Höhe immer zehn Zentimeter hinter ihm, damit ich kein zu schnelles Tempo vorgebe; nur wenn ich merke, dass das Tempo sinkt und gleichzeitig auch seine Atmung ruhiger wird, versuche ich unmerklich etwas anzuziehen – denn dann denke ich, da ist ja noch Luft.

Positiv ist, dass die Lauferei in dem Tempo von etwa 7:45 min/km praktisch keine Anstrengung mehr darstellt. Ich habe zwar keine Pulsuhr, aber ich vermute, man könnte bei mir beinahe keinen Anstieg der Herzfrequenz mehr messen. Negativ ist, dass ich bei der jetzt für mich eher geringen Geschwindigkeit nach 2 x 10 Minuten Laufen leichte Schmerzen in den Sprunggelenken bekomme und diese auch etwas anschwellen. Offenbar hebe ich die Füsse weniger an oder setze sie anders auf, wodurch eine andere Art der Belastung entsteht, die für mich ungewohnt ist und daher zu einer leichten Überlastung führt. Als guter Läufer müsste man das eigentlich auch ohne jede Beschwerden können; es scheint aber so, dass ich nur in einer sehr schmalen Bandbreite von Geschwindigkeiten trainiert bin und jede Abweichung nach oben oder unten Schwierigkeiten bereitet.

Bemerkenswert ist für mich aber ein weiterer Eindruck. Nachdem ich so 20 Minuten gelaufen bin und das als gemütliches Einlaufen für mein eigentliches Training betrachte, habe ich tatsächlich Probleme, wieder auf das höhere, für mich im Grunde normale Tempo zu kommen. Es kommt mir vor, als ob der Bewegungsablauf auf eine langsamere Geschwindigkeit umgeschaltet wurde und der Körper sich beinahe wehrt, wieder schneller zu laufen. Das gibt mir zu denken und spricht ein dagegen, bei meinem Ausbildungsstand überhaupt solche langsamen Laufeinheiten zu begleiten.

Am Wochenende habe ich meinen „langen“ Lauf auf jetzt 16,2 km (neuer persönlicher Rekord) ausgeweitet, mit dem Durchschnittstempo von 6:05 min/km bin ich ganz zufrieden. Beim Laufen habe ich sehr viel Zeit zum Überlegen, meiner Ansicht nach sogar zu viel Zeit, was könnte man da alles erledigen. Jedenfalls grüble ich ein wenig vor mich hin wegen des Problems des langsamen Tempos und lege mir eine Theorie zurecht, die ich bildhaft an die Datenverarbeitung anlehne. Die richtigen Informatiker mögen mir das nachsehen. Danach kann man das Laufen auch unter den Gesichtspunkten von Hard- und Software betrachten. Die körperliche Leistungsfähigkeit stellt die Hardware da, aber der Lauf muss auch durch Nervenimpulse gesteuert werden, die z.B. Schrittlänge, Kniehub oder Abdruck regeln. Das „Programm“ dafür stellt die Software dar.
Wenn ich schneller laufen will, muss ich die Hardware ertüchtigen, aber auch die Software umschreiben. Die Hardware verbessere ich in erster Linie durch viele lange Läufe, für die neue Software reicht es, wenn ich nur einige Male schneller laufe, z.B. im Intervalltraining. Im Rennen kommt es dann darauf an, dass ich die neue Software aufspiele und durchrattern lasse. Natürlich ist die Software nicht alles. Wenn ich das Programm „Marathon in 2:30:00“ bei mir einspielen könnte, würde meine Hardware natürlich komplett versagen. Und bei einem Intervalltraining kommt es nicht nur darauf an, den Bewegungsablauf zu speichern, sondern selbstverständlich wird dabei auch die Hardware verbessert. Aber die Programmierung wäre danach ein Teil des Trainings.

Das Modell ist mir eine Hilfe bei der Erklärung von einigen Feststellungen. Beispielsweise erklärt es mir, warum ich nach den langsamen Begleitläufen so schwer auf das normale Tempo komme. Das langsame Laufen führt zum Schreiben des Bewegungsprogramms „laufe mit 7:30 min/km“, das dann in den Speicher genommen wird und dort verharrt. Für mich als Einsteiger ist es schwierig, das Programm einfach auszuwechseln gegen das Programm „laufe mit 6:00 min/km“. Das Modell passt auch zu meiner Erfahrung, dass noch einigen wenigen Intervallläufen insgesamt ein höheres Tempo möglich wird. Es entspricht auch ein bisschen dem Konzept von Steffny, mit vielen langen und relativ langsamen Läufen zu trainieren und dann vor dem Rennen relativ wenige Tempoeinheiten zu schalten, in denen nur Teilabschnitte der späteren Rennstrecke im Renntempo gelaufen werden.

Da sieht man mal wieder, was dabei herauskommt, wenn man auf den längeren Strecken zu viel Zeit hat. Das alleine wäre schon ein Grund, einfach schneller zu laufen. Dann wäre ich eher zu Hause und könnte noch etwas Sinnvolles machen statt merkwürdige Theorien zu entwickeln.
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Andere können vielleicht große Dinge berichten, bei mir geht es gemächlich weiter. Die Bronchien sind auch nach vier Wochen nicht ganz frei, sehr hartnäckig diese Erkältung, es geht subjektiv aber etwas besser. So richtig mit Tempo komme ich noch nicht voran, ich werde mich da mehr zusammen reißen müssen.

Mein „langer“ Lauf von 14,85 km begann im leichten Nieselregen, der zunahm, so dass ich am Ende ziemlich nass war. Die Regenjacke nützte zum Schluss wenig, weil das Wasser vom Kragen aus hinein lief und nach und nach das Shirt völlig durchnässte. Eigentlich war ich pitschenass und das nasse Hemd rieb unangenehm auf der Haut. Solange man sich bewegt und kein Wind herrscht, geht das jedoch ganz gut.

Allmählich lerne ich auch mein Laufgebiet immer besser kennen, obwohl mein Orientierungssinn gegen Null läuft und ich in der Regel sehr lange brauche bzw. die Strecken mehrmals laufen muss, um mich ohne Plan zurecht zu finden. In der Heide haben die meisten Wege und Waldquartiere Namen und sind seit Jahrhunderten mit Waldzeichen versehen, die häufig ein bisschen an Runen erinnern. Die Quartiere tragen Namen wie Nesselgrube, Hundströge oder Das böse Loch, die Wege heißen Rumpelweg, Kannenhenkel, Todweg, Nachtflügel, Vogelzipfel oder Rennsteig. Gerade der letztere Name kommt in Deutschland für ältere Fernwege ungefähr zweihundertmal vor und ich könnte jetzt jede Woche die frohe Nachricht verkünden, dass ich den Rennsteig gelaufen bin, was bei den engagierten Läufern natürlich die unrichtige Vorstellung hervor riefe, ich hätte die berühmte Strecke des Rennsteiglaufs im Thüringer Wald bewältigt. Davon bin ich noch weit weg.

Mehr als zehn Kilometer im Tempo von etwas unter 6:00 min/km zu laufen, fällt mir körperlich nicht schwer, es kommt mir dann nach einer Stunde nur etwas langweilig vor. Mir geht irgendwann auch der Gesprächsstoff für meine Selbstgespräche aus, ich bin ohnehin nicht sehr unterhaltsam, und ich überlege, wie man hier noch etwas Abwechslung erzeugen kann. Das Stichwort dafür ist nahe liegend – Endbeschleunigung. Das habe ich nun einmal versucht und dafür etwas gemogelt. Ich lege die Strecke so, dass ich in der ersten Hälfte einige Höhenmeter erklimme und auf meinem Konto quasi anspare, um sie in der zweiten Hälfte zu verpulvern und für ein kleines Tempofeuerwerk auf leicht abschüssiger Strecke zu verwenden. Das ist zwar nicht ganz reell und grenzt an Selbstbetrug, ist aber vom Laufgefühl gegen Ende des Laufes super schön und macht Spaß, der soll ja auch nicht zu kurz kommen. Ich fühle mich dann nicht müde, sondern kann noch die letzten zwei Kilometer in Richtung 5:00 min/km ordentlich beschleunigen, das kommt mir dann beinahe wie fliegen vor und ist ein toller Abschluss.

Ja, ein richtiges hartes Training sieht anders aus. Falls ich jemals Marathon laufen wollte, müsste ich einige Gänge hochschalten. Ich werde daher beim nächsten Mal die Strecke so legen, dass es entweder zum Ende hin wirklich flach wird, damit ich versuchen kann, ehrlich zu beschleunigen, oder eine kleine Steigung ansteht, damit es wirklich anstrengend wird, das Tempo zu halten. Hoffentlich macht es auch annähernd so viel Spaß.
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