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HRmax gesunken wegen Marathontraining?

HRmax gesunken wegen Marathontraining?

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Wie ist eure Erfahrung? ...oder hat jemand eine wissenschaftliche/medizinische Erklärung?

Mir fällt auf, dass ich seit ich (Mitte Januar16) nach den R'sW-Trainingsplan "Marathon unter 3:00h" trainiere, mein Maximalpuls nicht mehr annähernd erreiche (also wenn man es z.B. bei Intervallen drauf anlegt).
Ich hatte im Nov'15 bei einem sportwissenschaftlichen Test eine HRmax von 186/min (auf dem Laufband/Laktatstufentest).
Seit einigen Wochen hat sich mein Trainingsumfang deutlich erhöht (von ca. 35-45 km/Woche auf 95 km/Woche).
Klar, mein Herzmuskel hat sich durch das Training bestimmt vergrößert. Ich merke es am Ruhepuls von nun ca. 39-43/min.
Letzt bei den Intervallen, als ich beim letzten noch mal alles rausgehauen habe zeigte die Polar einen maximalen Puls von 169/min.

Ist es so, dass sich die HRmax sinkt? Oder bremst mein innerer Schweinehund bei 92% so stark?
Falls ja, müsste ich meine Laufgeschwindigkeiten an die aktuelle HRmax anpassen?

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krukl hat geschrieben: Ist es so, dass sich die HRmax sinkt?
Nein.
Zumindest nicht durch ein paar Wochen verschärftes Training.
Profis sind berechenbar, die Amateure sind wirklich gefährlich. E.A. Murphy

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Dann dürften derzeit eben eher deine Beine oder dein Magen dein Limit sein. Du kannst dich eben nicht mehr so ausbelasten, dass es reicht um an deine alten Werte zu kommen. Einfach mal im Sommer bei Hitze ausprobieren.

Ich kam letztes Jahr auch nicht mehr auf meine Werte von 2014. Jetzt nach 2,5 Monaten nichts tun konnte ich sie wieder erreichen. Nach 2 Wochen Training komme ich schon wieder nicht mehr zu so einem hohen Puls. Ansonsten käme mir das Essen hoch. Somit hat sich bei mir eben das Limit von Pumpe zu Magen geändert. Optimal ist eben wenn bei den Beinen nichts mehr geht, die Pumpe auf Hochtouren läuft und das Essen fast im Hals hast.

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Hallo krukl,

die maximale Herzfrequenz (Hfmax) ist ein individueller Parameter des Herz-Kreislaufsystems, der (fast) nicht vom Trainingszustand oder der Trainingsintensität abhängt. Typischerweise sinkt die Hfmax mit wachsendem Alter mit einer durchschnittlichen Rate von 1 bpm pro Lebensjahr. Doch diese Tendenz ist nicht unbedingt zwingend. Untersuchungen haben gezeigt, dass intensives Ausdauertraining dieses äußert langsame Sinken der Hfmax stoppen kann - deshalb das "fast" in meinem ersten Satz in Klammern.

Deine Beobachtung hat also nichts mit einem Sinken von Hfmax zu tun, dafür aber mit dem Sinken eines weiteren Parameters, der Ruheherzfrequenz bzw. dem Ruhepuls. Wie du an dir selbst beobachten konntest, sinkt der Ruhepuls mit wachsender Trainingsintensität und Trainingsumfängen. Das liegt in aller Regel an einer Vergrößerung des Schlagvolumens des Herzens, das seinerseits zum Teil durch eine Herzvergrößerung aber auch durch eine Stärkung des Herzmuskels bedingt ist. Diese Enwicklung ist gutartig und völlig normal und natürlich reversibel. Will heißen: Bei nachlassendem Training verringert sich das Pumpvolumen wieder. Probleme gibt es nur, wenn Leistungs-/Spitzensportler mit stark vergrößertem "Sportlerherz" abrupt und dauerhaft - etwa wegen schwerwiegender Verletzung - ihr Training beenden müssen.

Was du beobachtest ist eine völlig natürliche Erscheinung: Das sich das Schlagvolumen vergrößert hat benötigt dein Herz bei einer bestimmten Laufleistung nun weniger Schläge, um dieselbe Menge Blut durchs Gewebe zu pumpen. Außerdem verbessert das Training auch alle anderen Parameter, die an der Erbringung von Laufleistung beteiligt sind. Zum Beispiel die Sauerstoffkonzentration im Blut, die Übergabe von Sauerstoff und Nährstoffen an die Muskelzellen, etc. Dadurch wird letztlich ein geringeres Blutvolumen zur Versorgung bei einem bestimmten Tempo benötigt als vorher. Beide Effekte, effizienterer Transport von Sauerstoff und Erhöhung des Schlagvolumens, ergänzen sich und senken die Herzfrequenz auch bei scharfem Tempo.

Dieser Effekt ist für Läufer, die nach Trainingsplänen mit Trainingssteuerung über Herzfrequenzbereiche trainieren wichtig. Insbesondere für solche wie dich, die bereits einigermaßen "hochausdauertrainiert" daherkommen. Es klingt paradox ist aber korrekt: Je besser einer ausdauertrainiert ist, umso weiter muss er seine Herzfrequenzbereiche nach unten (!) korrigieren, will er sich nicht auf Dauer überlasten. Nach der vorherigen Erklärung ist diese Tatsache sicher leicht zu verstehen: Das vergrößerte Herz ist leistungsfähiger und muss nun nicht mehr so schnell schlagen, um eine angepeilte Leistung zu erbringen.

Über diese Zusammenhänge hat sich eine gewisser Herr Karvonen bereits Gedanken gemacht und die Korrektur der Herzfrequenzbereiche rechnerisch erfasst in der so genannten "Karvonenformel". Achtung!!!! Das hat nichts zu tun mit der unsinnigen Formel zur Berechnung der maximalen Herzfrequenz. Die ist und bleibt Unsinn. Die Karvonenformel legt in Abhängigkeit vom gemessenen Ruhepuls und der ermittelten Hfmax die Herzfrequenzbereiche fest. Von Zeit zu Zeit, wenn sich der Ruhepuls verändert, sollte man mit Karvonen nachrechnen.

Finden kannst du diese Dinge durch Suchmaschinen oder auch erläutert auf unsererLaufseite. Im Menü "Themen für alle Läufer" anklicken, dort "Laufen mit Pulsmesser".

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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U_d_o hat geschrieben: Es klingt paradox ist aber korrekt: Je besser einer ausdauertrainiert ist, umso weiter muss er seine Herzfrequenzbereiche nach unten (!) korrigieren, will er sich nicht auf Dauer überlasten.
Danke Udo, das ist eine sehr interessante Information!
10 km: 38:00 | HM: 1:26:16 | M: 3:02:41
Runalyze Powered Athlete | Instagram

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Danke Udo, für deine ausführliche Erklärung.
Es ist auch nicht so, dass ich mir Sorgen machen würde, ich bin nur etwas Zahlen-affin und verstehe auch gerne auch die Hintergründe von den Dingen, die ich mache.
Danke auch für den Hinweis auf eure Seite. Werde ich mir mal in Ruhe anschauen.
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