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Übertraining. Eine Erfahrung

Übertraining. Eine Erfahrung

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Hallo, ich möchte mich kurz vorstellen: Weiblich, 47, laufe seit vier Jahren einigermaßen ambitioniert alles zwischen 400m und HM.
Meine Bestzeiten vor einem bis zwei Jahren sind über 5km sind 21:09min, über 10km 43.52min und ich bin auch schon bei der Senioren-DM über 400m gestartet. Ich laufe also lieber schnell als lang und hatte das Gefühl, durchaus noch Luft nach oben zu haben.

Jetzt aber geht nichts mehr. Übertraining.
Ich will erzählen, wie es dazu kam, erstens, weil ich es mal loswerden will und zweitens, weil es im Internet wenig wirkliche Erfahrungsberichte gibt.

Bis Herbst 2015 lief ich etwa 25 km/Woche, machte ein bisschen Tempotraining, trainierte immer allein und nach Gefühl. Als Jugendliche war ich über im Sprint und bis 400m-800m ganz gut und hatte Crosslauf-Erfahrungen. Ich meinte, mein Training so weit im Griff zu haben, wollte aber besser werden.
Im Herbst 2015 habe ich, um Gleichgesinnte im Senioren-Bahnwettkampfbereich zu finden, den Verein gewechselt und bin ziemlich holterdipolter in ziemlich hartes Tempotraining eingestiegen (z.B. Einlaufen, Sprintübungen, 6x150 Steigerungen, danach 10x200m in 40s). Danach (schon währenddessen) ging es mir dreckig, aber ich ließ mir nichts anmerken, denn ich war ja neu und wollte nicht als Schlappschwanz dastehen. Die mittelfristige Folge des Trainings war eine Achillodynie.

Da ich eine komplette Trainingspause vermeiden wollte, ging ich ins Fitnessstudio und trainierte auf dem Fahrrad (mehrmals über 1h bei 140 Watt). Als meine Achillessehne wieder belastbar war, ging ich aufs Laufband und stellte fest, dass ich die gewohnten Schnitte überhaupt nicht mehr laufen konnte. Ich schob es aufs Laufband (ungewohnt) und auf die Laufpause.
Aber ich konnte auch draußen und nach drei Wochen Gewöhnung nicht mehr meine Schnitte laufen. Ich schob es auf Grundlagenmangel.
Gleichzeitig ging ich wieder auf die Bahn (Halle) und absolvierte dort so Trainings wie: 800 - 400- 800 - 400- 800 (800 in 3:10) oder 5 x 600 (600 in 2:25) oder 10 x 200 (200 in 38). Diese Trainings bescherten mir unsägliche Muskelkater; außerdem hatte ich immer das Gefühl, mit angezogener Handbremse zu laufen. Irgendwas in mir konnte nicht schnell laufen. Ich konnte zwar die Menge durchhalten, aber bei weitem nicht das Tempo, das ich glaubte, laufen zu können. Gleichzeitig bekam ich Angst vor den Läufen: Erstens, weil ich schiss hatte, mich zu blamieren, zweitens einfach vor der Anstrengung. Ich spürte eine innere Blockade, einen Widerstand, fast einen Schnelllaufekel (ich liebe Tempoläufe eigentlich!).

Ich schob alles auf Grundlagenmangel und wollte länger laufen. Und langsamer. Auch die langen Sachen laufe ich ja nie wirklich langsam (immer um 5:00) und beschloss, mal 5:20 zu laufen. Das ging ganz gut, machte auch halbwegs Spaß. Aber gleichzeitig spürte ich, dass ich nicht langsam lief, weil ich es wollte, sondern weil ich nicht schneller konnte. Dabei hatte ich aber gleichzeitig das Gefühl, schneller zu sein: Wenn ich 5:20 lief, kam es mir vor, ich liefe 5:00, lief ich 4:40, kam es mir vor, ich liefe 4:20. Mein Zeitgefühl (ich laufe nur nach Gefühl und kann immer genau ein bestimmtes Tempo laufen. Ich schaue beim Laufen auch nie auf die Uhr, erst hinterher.) Mein verschwundenes Laufgefühl beunruhigte mich: Ich lag immer komplett falsch. Ich bekam dann auch Angst vor den längeren Strecken; vor der Anstrengung, vor blöden Streckenabschnitten, die ich dann mied. Ich kürzte oft ab oder schaffte meinen Plan nicht.
Ich schob es immer noch auf Grundlagenmangel. Warum ich das glaubte, liegt daran, dass ich nicht so viel trainiere, wie man meinen könnte. Ich laufe nie mehr als 25km/Woche. Meine guten Zeiten erreichte ich mit einem Training von ca. 20 km/Woche. Wie gesagt, ich laufe eher intensiv als extensiv und trainiere nur 3x die Woche.

Meine Periode blieb aus. Ich schob es aufs Alter. Wegen meines Leistungsrückgangs sprach ich mit dem neuen Trainer. Er kennt mich nicht gut; er schob ihn (10km in "nur" 46:47) aufs Alter und auf Vitamin-D-Mangel. Ich sprach mit meiner Schwester, einer erfahrenen und sehr guten Läuferin (Teilnahme an Berglauf-EM). Auch sie konnte sich den Leistungsrückgang bei meinem Training, das eigentlich sehr abwechslungsreich ist - ich laufe immer andere Distanzen, immer andere Strecken, mit verschiedenen Schuhen, ich baue Tempowechsle ein etc. - nicht erklären. Nicht mit der Alterstheorie. Anhand von Altersumrechentabellen kann man ja feststellen, wie viel man sich pro Jahr verschlechtert - sicher nicht 3 min über 10km bei eher mehr Training. Übertraining hielt sie für ausgeschlossen (sie weiß ja, was man so laufen kann).
Sonst konnte ich mit keinem reden. Für Nichtläufer bin ich eh "irre" schnell und sowieso wahnsinnig, auch für viele Läufer bin ich "schnell genug". Andere sagten, das ist halt mal ein Formtief. Die im Verein kannten mich nicht gut genug.

In diesem Jahr bin ich 3 mal die10km im Wettkampf gelaufen und hab mich bei jedem Lauf verschlechtert. Während des Laufens hatte ich oft so eine innere Hemmung, wie als würde jemand auf die Bremse latschen, während ich aufs Gaspedal trete und trete und trete. Auch hatte ich immer das Gefühl, gleich aufgeben zu müssen. Die Läufe erschöpften mich komplett und machten mir überhaupt keinen Spaß. Auch das Training strengte mich immer mehr an. Das Bahntraining schwänzte ich zunehmend (Ausreden gibt's mit 3 Kindern und Beruf genug); ich hatte einen richtigen Horror davor.

Dann fuhr ich Anfang April beruflich nach Italien - natürlich mit Laufsachen. Ich freute mich schon, auch aufs Laufen in Italien, denn ich laufe bei beruflichen Reisen immer. Aber auch in Italien lief ich nur schwerfällig und lahm. Nach einer Abendveranstaltung konnte ich eines Morgens nicht mehr aufstehen. Hexenschuss.
Mit Medikamenten bekam ich die Reise herum. Der Arzt, der mich kaum anguckte, sagte, ISG-Blockade und verschrieb mir Manuelle Therapie.
Mein Blut habe ich schon im Herbst mal untersuchen lassen; ich bin pumperlgesund, nicht mal Vitamin-D-Mangel. Weil ich gelesen habe, dass man bei Hexenschuss sobald wie möglich zu seinen normalen Bewegungen zurückkehren soll, ging ich Laufen. Es war - für den Rücken - gar nicht mal schlecht: Aber nicht für den Rest. Völlige Erschöpfung. Nach 1km war ich fix und alle, quälte mich aber noch durch 5km. Der Blick auf die Uhr bestätigte die Katastrophe. Ich war noch langsamer geworden und mein Gefühl lag noch mehr daneben.
Da guckte ich im Internet doch mal wegen Übertraining.

Man findet ja zwei Sorten, das sympathische und das parasympathische. Ich wusste davon, hatte es aber aufgrund meines geringen Umfangs immer KOMPLETT ausgeschlossen. Aber ich las z.B. dass man haarsträubende Muskelkater haben kann, dass man nicht mehr schnell laufen kann, dass man dauernd müde ist, Sportunlust verspürt, häufig Verletzungen hat, dass der Ruhepuls superniedrig ist (bei mir 48) und dass man das leicht mit einem Trainingserfolg verwechselt und dass man ansonsten sowieso alles mit Trainingsmangel verwechselt, da wurde mir einiges klar.
Auf nur wenigen Seiten allerdings erfährt man, dass man in dieses parasympathische Übertraining auch schon mit geringeren Umfängen kommen kann. Oft erzählen Betroffene von 120km/Woche oder von vielen gelaufenen Marathons. Ich laufe keine 30km/Woche und bin nur einen HM gelaufen. Aber man kann offenbar auch damit in so einen Zustand kommen.

Das Übertraining ist ja eine Ausschlussdiagnose. Man muss praktisch alles andere NICHT haben, dann hat man es. Auch das führt dazu, dass man es schlecht erkennt. Und sicher werden jetzt auch noch einige denken: Lass dich mal ganz und gar durchchecken. Das werde ich auch noch tun, aber ich bin ziemlich sicher, dass nichts rauskommt, weil ich kerngesund bin.

Die Erklärung, dass es beim parasympathischen Übertraining zu einem Ungleichgewicht zwischen Sympathikus (er stachelt uns an) und Parasympathikus (er beruhigt uns) kommt, scheint mir die bestechendste, denn genau so fühle ich mich: Lahm gelegt und extrem beruhigt.
Wenn man es mal weiß, ist der Zustand nicht mal sooo unangenehm. Mich bringt nichts aus der Ruhe gerade - außer früh aufstehen, aber man könnte auch sagen, ich befinde mich in einer gewissen Apathie. Mir ist alles ziemlich wurscht, sogar der Sport. So weit muss man erst mal kommen!
Das Ganze hat Ähnlichkeit mit einer Depression (ich weiß, wovon ich spreche), nur fehlen die negativen Gedanken. Ich muss mich zu fast allen Aktivitäten furchtbar aufraffen, der Beruf geht grad noch so. Die Kinder auch. Aber dann geht es schon los: Haushalt, Hobby, alles nur durch schwerste Überwindung zu erledigen: Und dann auch nur mittelmäßig bis schlecht. Negative Gefühle wie das Gefühl von Wertlosigkeit und Selbsthass bleiben (noch) aus.
Es ist, als wäre man in Watte gepackt.

Im Nachhinein und durch Analyse meiner Laufuhrdaten und Aufzeichnungen habe ich festgestellt, dass ich auch eine Phase des sympathischen Übertrainings durchlaufen habe: Schlafstörungen, Nachtschweiß, schlechte Laune, Getriebenheit. Das ist jetzt seit drei Wochen umgeschlagen. Nach Ratschlag von Dr. Internet mache ich gerade überhaupt keinen Sport und lache mich tot über eine Sportlerin, die erzählt, sie konnte ihr Übertraining in den Griff kriegen, in dem sie nur noch 3xdie Woche trainierte und den Rest ihres Pensums kraulschwimmend erledigte. Ich jedenfalls kann keinen Schritt mehr machen und in so komisches kaltes Schwimmbadwasser könnte ich auch nicht steigen. Aber interessant: Es ist mir wirklich fast völlig egal.
Natürlich sinniere ich darüber, ob ich irgendwann mal wieder (schnell) laufen kann und bin traurig, wenn ich einen Läufer sehe, der läuft. Aber irgendwie kann ich mich nicht mal darüber richtig aufregen. Und das ist nicht meine Art.

Jedenfalls würde ich gern auch eine dringende Warnung aussprechen: Wer ambitioniert trainiert und sich plötzlich dauerhaft (>2 Wochen lang) verschlechtert, der sollte IMMER an Übertraining denken, NIE an Faulheit, VIELLEICHT an Krankheit. Im Zweifel lieber nicht trainieren.
In sich reinhören. Unlust ernst nehmen. Nicht zu hart zu sich sein. Denn: Das sympathische Übertraining kriegt man noch geregelt, das parasympathische nicht mehr. Da kann man nur noch da sitzen und warten.

Andere Warnzeichen für Übertraining (in keiner Ordnung):
- die Genauigkeit der GPS-Uhr hinterfragen (weil die Zeiten nicht mehr stimmen).
- dauernd neue Schuhe kaufen, weil die aktuellen nichts taugen.
- dauernd im Internet nachlesen, wie man sich verbessern kann.
- sinnlos am Outfit herumdoktern.
- Trainings abbrechen, weil erschöpft.
- Trainings zwanghaft durchziehen, trotz erschöpft.
- Graus vor Strecken.
- Graus vorm schneller Laufen.
- Graus vor Steigungen.
- Graus vor Kälte.
- Graus vor Wärme.
- absurd schmerzhafte und langanhaltende Muskelkater.
- Verletzungen.
- Krankheiten.
- jeden Berg in der Trainingsstrecke genauestens verrechnen (weil man sich die Langsamkeit zu erklären versucht).
- zwanghaft Gegenwind einrechnen (Grund s.o.).
- sich Krankheiten und Mangelzustände einbilden (bis hin zu Krebs).
- Vermeidung von Zusatzanstrengungen (z.B. schweren Blumentopf heben, einen Berg mit dem Fahrrad raufsprinten).
- dauernd über den Sport und die nachlassende Leistung nachdenken.
- Strecken so wählen, dass Leistungsabfall nicht so auffällt.
- bleierne Müdigkeit am Morgen.
- nur auf den Abend warten, weil man da endlich schlafen gehen kann.
- nachts schweißgebadet aufwachen.
- Angst vor Training. Folge:Training geschickt vermeiden (so dass man es selber nicht merkt)
- komplette Erschöpfung, obwohl man nur mal kurz einkaufen war.
- die Weigerung zur Straßenbahn zu rennen, obwohl man sie gern erreichen würde. Egal, dann fährt sie halt weg.
- Strecken, die man sonst radelt, plötzlich mit der S-Bahn fahren.
- zu faul, mit den Kindern Tischtennis zu spielen (nach dem Ball bücken ist sooo anstrengend).
- zu faul zu kochen (Zwiebel schneiden ist sooo anstrengend).
- keine Kraft für Abendaktivitäten.
- Egalgefühl, auch im Beruf (alle halten einen für ultrarelaxed, auch schön, aber auf Dauer gefährlich).
- zu faul, ein Buch aus dem Regal zu holen, weil man dazu einen Stuhl holen müsste.
- mit Wehmut an mal schnell gelaufene Strecken denken und das Gefühl haben, das NIE mehr zu schaffen.
- unbestimmte Traurigkeit.
- denken, ein Arztbesuch könnte einem helfen.
- ständig überlegen, mit wem man mal drüber reden könnte und niemanden finden.
- sogar Yoga-Übungen, die gut für den Rücken wären, zu anstrengend finden.
- zwanghaft Laufzeitschriften lesen, weil man hofft, dass man darin die Lösung findet

Eure Miss-Twizzle. Es wäre interessant, über andere Erfahrungen mit Übertraining zu lesen.

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Vielen Dank für deinen Bericht und die Offenheit. Und natürlich gute Besserung. Inhaltlich kann ich mich leider/ zum Glück nicht weiter einbringen.

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Puhhh !!
Gute Besserung !!!
Könnte mir Vorstellen, dass hier die (Selbst-)Diagnose die halbe Miete zur Genesung ist !? Toi toi toi !!!
Alles Gute wünscht Z

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Oh Mensch, danke für deinen Bericht! Der hat mir gerade fast einen Schlag ins Gesicht gegeben, weil ich mich in ganz vielem widererkannt habe.
Nicht in allem so ausgeprägt, aber doch deutlich.

Hinzu kommt, dass ich deutlich untergewichtig bin und auch schon lange eine chronische Essstörung habe, so dass ich auch einen Kalorien- und Nährstoffmangel habe, der das Training noch mühsamer und ineffektiver macht.

Nun bin ich Anfang Aprol meinen ersten Halbmarathon gelaufen, bei dem ich auch mein Ziel unter 2 Stunden erreicht habe. Vorher hatte ich eine Achillodynie links, die dann aber zum Glück vollständig verschwunden war.

Ich laufe auch lieber schnell, es fällt mir schwer, mich auf eine Pace zu bremsen, wenn ich auch, ohne mich außerordentlich mehr anzustrengen, schneller könnte. Mein Km-Umfang ist wie bei dir auch nicht extrem, im Monat 160-190km.

Nun habe ich eine Sehnenreizung am anderen (rechten) Fußgelenk lateral. Es ist nicht Achilles, sondern muss eine der kleineren tiefen Wadenmuskeln sein, wahrscheinlich die Fibularissehne.

Das ärgert mich nun, da ich in einer Woche Sonntag zu meinem nächsten Lauf über 18 km angemeldet habe (Schluchsee). Gleichzeitig macht es mir Angst zu bemerken, dass mein Körper nicht einfach so macht, wie ich will, sondern Grenzen bestimmt.
Ebenso merke ich das, neben Schmerzen und Steifigkeit, an dem langsameren Tempo und der Erschöpfung,

Ich kann ja mal kopieren, was von den Symptomen auch bei mir vorkommt:

- dauernd im Internet nachlesen, wie man sich verbessern kann.
-Trainings zwanghaft durchziehen, trotz erschöpft.
- Graus vor Strecken.
Graus vor Steigungen.
- Graus vor Kälte.
Verletzungen.
dauernd über den Sport und die nachlassende Leistung nachdenken.
- Strecken so wählen, dass Leistungsabfall nicht so auffällt.
- Angst vor Training. Folge:Training geschickt vermeiden (so dass man es selber nicht merkt)
- komplette Erschöpfung, obwohl man nur mal kurz einkaufen war.
keine Kraft für Abendaktivitäten.
- Egalgefühl, auch im Beruf (alle halten einen für ultrarelaxed, auch schön, aber auf Dauer gefährlich).
ständig überlegen, mit wem man mal drüber reden könnte und niemanden finden.

Bei mir kommt hinzu, dass ich latent eine Laufsucht, oder Drang danach entwickelt habe, und es mich daher nervös macht, wenn ich nicht so kann oder sollte. Denn nur dann kann ich mir besser erlauben, zu essen. Und Außerdem hilft es meinem unterirdischem Kreislauf und Wärmehaushalt auf die Sprünge, so dass ich mich andererseits nur nach einem Lauf richtig lebendig und durchwärmt fühle.

Was hast du denn getan, um damit klarzukommen, v.a. mental?
Es wäre schön, wenn du einen Tip hättest,

wenn nicht, dann freue ich mich auch einfach über Austausch!

Grüße

Iris
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Die Übergänge von "Übertraining" hin zu anderen psychischen und psychosomatischen Erkrankungsformen dürften fließend sein, ebenso wird es dort eine hohe Komorbidität geben. Sprich: "Hängt alles irgendwie zusammen."

Es gibt sicherlich seelische und körperliche Erschöpfungszustände mit starken wechselseitigen Wirkungen.

Ob ich bei so verhältnismäßig wenigen Wochenkilometern von Übertraining sprechen würde, ist eine andere Frage.

Auch wenn ich Spekulationen über Gesundheitszustände in Foren immer heikel finde (und diesbezüglich auch selbst nicht immer den richtigen Ton treffe und getroffen habe), so scheint mir der Sport als einziger Auslöser derartiger Zustände - und nur dann würde ich es "Übertraining" nennen - eher unwahrscheinlich im mäßiger ambitionierten Freizeitbereich. Da wird, wie so oft, mehreres zusammenkommen.

Nictsdestotrotz habe ich Respekt vor dem detaillierten, persönlichen, mutigen und vor allem extrem klaren Blick, den uns hier jemand gewährt hat. Ich glaub, dass selbst so klar beschreiben zu können, ist ein sehr guter Schritt, um nicht zu schreiben "schon die halbe Therapie".

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Vögelchen hat geschrieben: Ich kann ja mal kopieren, was von den Symptomen auch bei mir vorkommt:

- dauernd im Internet nachlesen, wie man sich verbessern kann.
Wieso wird dieser Punkt als Anzeichen für Übertraining gewertet? Und sogar als Punkt 1.?

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Übertraining ist ja bekanntlich nichts, was von heute auf morgen entsteht, das ist der Preis, den man bezahlt, wenn man zu lange nicht auf die notwendigen Entlastungsphasen geachtet hat.


Ein Bekannter von mir ist vor Jahren mal ins Übertraining geschlittert. Soweit ich mich erinnere, hat er monatelang pausiert und dann ganz langsam wieder begonnen, hat die Umfänge aber noch langsamer gesteigert, als man es einem Anfänger empfehlen würde und ging grundsätzlich viel sensibler mit seinem Körper um. Wenn eine Kleinigkeit nicht passte, setzte er das Training einfach aus. Heute läuft er wieder an die 40km pro Woche (geschätzt) und kam da wieder voll raus. Er war damals mit ~25 zwar jünger, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch du früher oder später wieder laufen kannst.


Kopf hoch, ich bin überzeugt davon, dass du wieder einmal 3-4x pro Woche laufen können wirst. Aber du musst dir selber Zeit dafür geben...

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miss-twizzle hat geschrieben: und ich bin auch schon bei der Senioren-DM über 400m gestartet. I.
Oh, da warte mal bis unser Dr. Burny hier aufschlägt, der ist sogar Senioren Weltmeister......... :nick:
McFit ist wie Urlaub, 30 grad, alle schwitzen, keiner spricht Deutsch und überall liegen Handtücher.
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Ich kenne mich zwar nicht gut aus, aber mir liest sich das ganze mehr wie Überforderung als Übertraining.
Du hast den Verein gewechselt um mit Gleichgesinnten als alleine zu trainieren und hast dich dann wohl in einem leistungsstärkeren Team bzw. in einem härteren Training wieder gefunden. Du hast wohl am Anfang nicht offen mit dem neuen Trainer drüber geredet und auch nach der Verletzungspause nicht. Vor der Verletzung zählst du Einheiten mit 10 x 200m in 40s, danach mit 10 x 200 in 38s auf. Wenn du die Bahneinheiten mit den Vereinskollegen immer über deinen Grenzen läufst, um dir keine blöße zu geben, dass dann Körper und Geist in den anderen Einheiten nicht mehr liefern können/wollen sollte eigentlich nicht verwundern.

Wie fühlst du dich denn im neuen Verein aufgehoben? Wenn Dinge wie "nicht als Schlappschwanz gelten" ehr im Vordergrund stehen (sei es nun nur aus deiner Sicht oder auch von den anderen), dann solltest du dir überlegen ob der Verein richtig für dich ist oder ob ein anderer Verein/anderer Trainer nicht besser für dich wäre. Vergessen solltest du dabei auch nicht, dass ein Trainer dich nur dann gut trainieren kann, wenn auch du offen mit ihm umgehst.
Stetige Überforderung kann auch zu den von dir genannten Symptomen führen und auch einen psychisch arg mitnehmen.

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Der Text für eine kurze Vorstellung ist offenbar etwas länger geworden, zu lang für mich, um alles zu lesen, aber lang genug, um zu einer Einschätzung zu gelangen. Die deckt sich in etwa mit der von Catch-22. Selbst bin ich mittlerweile mit vielen Dingen des Alltags überfordert, von Übertraining aber weit entfernt.
Grüße von der Baltischen See! Laufen/Wandern barfuß erleben - Zu Fuß - am besten barfuß - hält die Seele Schritt.
Je länger die Strecke, desto unbedeutender die Zeit, da allein die Streckenbewältigung zur eigenen Leistung wird.
:)
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Hallo Miss Twizzle,

ein wirklich erschreckend lange Liste.

Ich gehöre auch zu denen, die sich völlig unberufen fühlen, Diagnosen zu stellen, es drängen sich mir aber trotzdem zwei Fragen auf:

Bist Du sicher, dass Du es hier mit Übertraining zu tun hast, oder hast Du schon einmal in Betracht gezogen, dass es sich um einen allumfassenden Erschöpfungszustand handeln könnte, bei dem das Laufen nur eine Komponente ist ?

Falls Letzteres nicht von der Hand zu weisen ist: Bist Du sicher, das Du aus diesem Tal alleine herauskommst, oder wäre es ein Gedanke, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen ?

Gee

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Hallo,

bei einem so langen und emotional geschriebenen Beitrag drängt es mich auch etwas beizutragen.
Ich wollte zuerst dir nicht widersprechen, dass es sich um Übertraining handelt.

Dann ist mir aber eine Diskrepanz in deiner Beschreibuung aufgefallen:

> Meine Periode blieb aus. Ich schob es aufs Alter.Das schreibst du nur einmal - vor allem kommt es in deiner Liste nicht mehr vor.

Die 2 häufigsten Erklärungen sind Schwangerschaft und Wechseljahre.
In beiden Fällen solltest du zu einem Frauenarzt.

Du schreibst selbst, dass es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt. Somit wäre eine Frauenarztbesuch eine logische
Schlussfolgerung.

Einige deiner Symtome z.B. Nachtschweiss kenne ich auch. Ich bin 48 und männlich. Als Mann kann man noch weniger über
Wechseljahre sprechen. Folglich war ich beim Kardiologe der mir präventiv Medikamente verschreibt.

Zusätzlich habe ich deinen Beitrag meiner Frau gezeigt, die sofort auf Wechseljahre tippt, da sie (bis auf den sportlichen Teil)
das selbe durchmacht.

Wenn du also Menschen suchst mit denen du darüber reden kannst versuch mal mit älteren Frauen zu sprechen.

Liebe Grüße und gute Besserung
Frank

P.S. google mal nach Wechseljahressyntomen
Q4 2021 86kg -> Ziel: 83
[img]http://www.kmspiel.de/button/lid18398.png[/img][/url]

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Hallo Miss Twizzle,

auch von mir alles Gute! Und danke für den Bericht. Wenn ich lese: 3 Kinder, Job (mit Auslandsdienstreisen!), ambitioniertes Training im Verein (d.h. zu größeren Teilen von anderen diktiert), dazu ggf hormonelle Schwankungen durch Wechseljahre - dann erklärt das doch in der Summe der Belastungen, warum auch 25 WK zu viel sein könnten. Ob das dann Übertraining oder Burn out heißt, ist am Ende zweitrangig. Es war zu viel Belastung und zu wenig/zu schlechte Erholung. An beiden Stellschrauben könntest du drehen. Und wenn sich die Belastung durch Kinder und Job nicht verringern lässt, kannst du nicht so hart trainieren wie andere ohne Kind oder mit 'nur' Teilzeitjob.

Ich drücke die Daumen, dass du aus dem Tief wieder herausfindest und auch wieder Freude am Sport hast. Lass dir Zeit!

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Also für mich klingt das schon nach Übertraining.

Wikipedia sagt:
Die Ausprägung der Symptome kann stark variieren. Übertraining äußert sich nicht nur in einer Leistungsreduktion des betroffenen Sportlers, sondern auch begleitende Symptome wie Schlafstörungen, Übelkeit, Kopfschmerzen, erhöhter Ruhe- und Belastungspuls, vermehrte Infekt- und/oder Verletzungsanfälligkeit sowie Beschwerden an Muskeln und Sehnen. Auch Depressionen können ausgelöst werden.[4]
M.E. entsteht Übertraining sowieso nicht durch zu viel Training, sondern durch zu wenig Regeneration. "Unterregeneration" wäre meiner Meinung nach der korrekte Begriff.
Zu wenig Regeneration entsteht aber nicht nur durch zu wenig Pausetage oder zu wenig Regenerationswochen, sondern auch wenn ich im Berufsleben zu stark gefordert bin, wenn ich nicht ordentlich zum Schlafen komme usw., wodurch dann einfach auch die Regeneration fehlt.

Ich denke, dass das ganze auch ein Kreislauf ist: Immer unzureichend regeneriert zu trainieren macht einen auf Dauer fertig, man kann nicht mehr schlafen, durch den fehlenden Schlaf fehlt wieder die Regeneration und es wird alles immer noch schlimmer. Man trainiert sich damit in den Keller.

Meine 13-jährige ist in einem Leistungskader und schreibt ein Trainingstagebuch für den Landestrainer. Für ihn ist aber nicht nur die sportliche Belastung relevant, er will auch wissen, wann Schularbeiten sind usw., weil seiner Aussage nach der schulische Stress die Regenerationsfähigkeit stark beeinträchtigt. Schularbeitenzeit ist bei ihr daher automatisch immer Regenerationszeit. Da wird zwar auch ein bisschen gemacht, aber sehr zurückhaltend.
Im Berufsleben ist es ja auch nichts anderes. Mal ist es etwas lockerer, manchmal extrem stressig. Das sollte man meiner Meinung nach unbedingt berücksichtigen bei seinem Trainingsplan - oder wollen wir es besser "Regenerationsplan" nennen...?

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Was mich etwas wundert, das ganze zog sich über mehrere Monate in denen du verschiedene erfahrene Sportler (Schwester, Verein) dazu befragtest und keiner hat dir geraten mal ne Woche (oder halt wenns nicht reicht, so lange wies nötig ist) komplett auszusetzen?

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Aden hat geschrieben:Was mich etwas wundert, das ganze zog sich über mehrere Monate in denen du verschiedene erfahrene Sportler (Schwester, Verein) dazu befragtest und keiner hat dir geraten mal ne Woche (oder halt wenns nicht reicht, so lange wies nötig ist) komplett auszusetzen?
Offenbar fehlte für so einen Rat ein hinreichender Grund, ich sehe jedenfalls keinen.

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Marathonus hat geschrieben:Also für mich klingt das schon nach Übertraining.

Wikipedia sagt:
Du machst hier gleich zwei prinzipielle Fehler:

Zum einen bemühst Du Wikipedia; die sind aber gerade in solchen Fragen oft mainstream (also Illustrierten-Niveau), nicht wirklich fachkundig.
Schwerwiegender ist aber der zweite: Du benutzt Symptome, die bei Übertraining auftreten können, als Diagnose. Dabei können aber diese Symptome (die ja sehr allgemein sind) auf ganz verschiedene Anlässe hindeuten. Ich hatte zB. eine ganze Reihe der Symptome der TE, als ich noch gar keinen Sport gemacht hatte (und natürlich auch den Begriff Übertraining nicht kannte): Diagnose war dann Diabetes.

Im übrigen spielt die Regeneration nur eine Rolle, wenn man sich wirklich be- oder überlastet. Bei dem geringen Pensum muß man nicht unbedingt regenerieren, bzw. die vielen Ruhetage reichen.

Meine Theorie geht sowieso in eine ganz andere Richtung: TE eröffnet gerne alle paar Monate einen Thread und beachtet ihn und den Rest des Forums dann nicht mehr.
Gruß vom NordicNeuling

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Hallo, hier meldet sich wieder Miss-Twizzle!
Danke für eure Antworten!!!! Ehrlich gesagt hatte ich etwas Angst davor, sie zu lesen.
Warum ich diese Angst habe, weiß ich auch nicht so genau. Vielleicht, weil ich so viel erzählt habe ... Und natürlich, es war mehr als eine Vorstellung, was jemand mokiert hat, aber die Vorstellung war auch nur die Einleitung. Und Achtung, jetzt wird's wieder viel ...

Inzwischen, dank Dr. Internet, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich nicht "Übertraining" heißen müsste, sondern "Unterregeneration". Und wichtig ist es immer, die Gesamtbelastung zu sehen. Die ist bei mir schon hoch (Kinder, Arbeit, Sport). Das ist einfach so. Vielleicht kann man da nicht erwarten, sportlich TOTAL top zu sein, auch wenn man es möchte und vielleicht könnte, wenn man Drumherum weniger Stress hätte. Das muss man vielleicht akzeptieren.

Ob das mit dem Verein alles so schlau war, weiß ich nicht. Ich bin eigentlich totaler Fan des Einzeltrainings: Da kann man besser auf sich hören und muss sich nicht vergleichen. Ein bisschen enttäuscht bin ich auch von dem Trainer, der meine "Übertrainingstheorie" bis jetzt nicht recht anerkennen will. Aber das ist vielleicht zu viel verlangt. Er kennt mich nicht wirklich und weiß nicht, welche Zeiten ich gelaufen bin und dass der Rückgang so ist, wie ich ihn beschreibe. Wer wie er normalerweise Leistungssportler (auch Senioren) trainiert, kann sich einfach nicht vorstellen, dass man von 25-30km/Woche Übertraining bekommen kann. Auch die anderen im Verein kennen mich nicht. Es ist mir nur unglaublich peinlich, dass ich jetzt nie komme. Die paar Mal im Training hab ich auch immer nur "gejammert" oder Sachen nicht mitgemacht, weil ich da oft schon erschöpft war, was aber niemand so recht verstehen konnte. Ich war nur verzweifelt, weil ich ja merkte, ich komme nicht mit. Gleichzeitig wusste ich, dass ich in gutem Zustand mitgekommen wäre. Alles sehr unangenehm, aber naja, was soll's. Das sollte jetzt nicht stören.

Was die Wechseljahre betrifft: Klar, das war ja erst meine Vermutung. Es liegt an den Wechseljahren. De facto glaube ich, dass man die Wechseljahre durch viel Sport in meinem Alter auch beschleunigen kann. Meine Periode wäre bestimmt auch ohne Sport demnächst ausgeblieben - aber es ging halt doch recht schnell. Das hängt natürlich zusammen.

Insgesamt sind sich, wie ich nachgelesen habe, Depression und Übertraining nicht ganz unähnlich. Ich neige auch zu Depressivität, hatte mal eine Phase: Deswegen kommt mir mein Zustand ja auch bekannt vor. Er ist nur anders, sagen wir, angenehmer, da wie gesagt die negativen Gedanken fehlen. Ich bin "nur" antriebslos und auch ängstlich. Das lässt sich aushalten.

Auch vielen Dank für die "Genesungswünsche": Seit dem 13.4. mache ich jetzt Pause. Was meine Energielosigkeit tagsüber betrifft, ist es schon besser geworden. Ich geh jetzt immer mit den Kindern raus auf den Spielplatz. Wir spielen Tischtennis und ich übe Jonglieren. Das ist schön, vor allem jetzt, wo es wärmer wird (naja, heute ist's wieder kalt). Das tut auch gut.

Ich glaube auch, dass sich nicht wenige Läufer(innen) mit einer Essstörung herumschlagen. Ich hatte auch eine, ist aber sehr lange her. Ich achte jetzt nicht sehr auf die Ernährung und auf die Kalorien - das ist tatsächlich so, trotz meines Gewichts, das vielleicht etwas verdächtig erscheint.
Nach meiner Überzeugung hängen Laufen und Essstörung in irgendeiner Weise zusammen. Von der Haltung gegenüber dem Leben und der Leistung ist vieles ähnlich. Diese Haltung muss auch nicht unbedingt gleich pathologisch sein. Sie kann es aber werden. Außerdem kann das eine in das andere übergehen und das eine in das andere. Bei mir war das so, dass ich mit 15 viel und erfolgreich Sport machte, dann aber durch den Tod meines Vater irgendwie aus der Bahn geworfen wurde und statt Sport zu machen plötzlich hungerte. Ich hab mir durch das Hungern den Sport kaputt gemacht. Als ich vom Hungern einigermaßen kuriert war, habe ich 20 Jahre keinen Sport gemacht, einfach, weil ich keine "Schmerzen" haben wollte (Hunger = Schmerz, Laufen = Schmerz).
Ich finde es sehr schlimm, durch den Sport wieder in einen so üblen Zustand geraten zu sein - vor allem, weil ich erst dachte, der Sport wäre die Lösung für alles: ich hatte plötzlich ein Hobby, lernte neue Leute kennen, fuhr auf Läufe, hatte Erfolg und bekam Pokale. ich konnte mir mit der Deutschen Meisterschaft sogar einen Jugendtraum erfüllen, der durch die vermaledeite Magersucht geplatzt war. Irgendwie wollte ich meine unterbrochene Sportkarriere fortsetzen.
Und jetzt ist das wieder alles kaputt!! Man kommt im Alter ja manchmal auf komische Ideen.

Trotzdem: So schlecht geht es mir nicht. Ich komm da schon wieder raus. Zum Glück habe ich sehr viele Interessen und einen wirklich schönen Beruf.
Ich halte euch auf dem Laufenden, was die Regeneration betrifft. Man kann da ja mit Monaten rechnen. Es ist ja auch für andere Betroffene interessant.

Viele Grüße,
Miss-Twizzle

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Seit dem 13.4. mache ich jetzt Pause. Was meine Energielosigkeit tagsüber betrifft, ist es schon besser geworden.

Und jetzt ist das wieder alles kaputt!!
dann lauf doch einfach locker als ausgleich in deiner freizeit, der zug mit meisterschaft oder bestzeiten ist abgefahren (altersbedingt), das sind ansprüche, die nicht zu erfüllen sind (was alleine ja nicht schlimm ist), dich aber offenbar so unter druck setzen, dass nach kurzer zeit gar nichts mehr geht. nach relativ kurzer beobachtungszeit, scheint das hauptproblem in diesem forum immer zu sein, dass jeder weltmeister werden möchte und sich dann durch unschlaue trainingsmethoden verletzt, auslaugt und demotiviert.

aber trotzdem viel erfolg, man kennt natürlich weder dich, noch dein leben, deshalb ist das blabla im internet auch meistens sinnlos und sollte mit einer vertrauensperson (dein "trainer" ist es ja offenbar nicht) besprochen werden.

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Sport ist schön, aber dann doch nicht ALLES im Leben. ALLES im Leben sind eben "triviale" Dinge, die einem viel bedeuten und Freude bereiten. Familie, Freunde oder wie in deinem Fall auch der Beruf. Solange man dieses "Ich-lebe-gerne-Gefühl" in sich trägt, ist doch alles wunderbar?! Lauferfolge hast du schon, brauchst also auf diesem Sektor niemandem mehr was zu beweisen. Genieße die lauffreie Zeit und nimm dir die nötige Pause!

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Was mir noch eingefallen ist: Es kommt ja nicht nur auf die DAUER der Regeneration an, sondern sehr stark auf ihre QUALITÄT. Das ist hier, glaube ich, noch nicht angesprochen worden. Das sind so simple und dabei enorm wichtige Dinge wie guter (und natürlich ausreichend) Schlaf. Sich wirklich gutes Bettzeug (Matratze, Kissen, Schlafplatz) gönnen, vor dem Schlafengehen zur Ruhe kommen (keine Arbeit, kein TV oder Smartphone, kein Grübeln oder so). Gut und in Ruhe essen! (trotz Arbeitshektik oder Kinderstress) Und die freie Zeit am Tag auch bewusst zur Erholung nutzen. Klingt banal, aber auch Regeneration lässt sich - wie Training - intensivieren. Zur Regeneration kann vielleicht irgendwann sogar Laufen zählen, wenn es gemütliche und nicht zu lange Genusseinheiten sind.

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Aus Interesse: Gibt es bei dir einen Leistungsgradienten über den Tag? Was Du beschreibst, trifft meine morgendliche Schwerfälligkeit. Da schreit ein Teil von mir ganz laut, er habe angeblich keine Lust zum Laufen. Und den kann man dann zwar durchaus ein paar Kilometer über den Asphalt treten, aber tatsächlich nicht auf irgendeine akzeptable Geschwindigkeit bringen. So geschehen zuletzt heute morgen und mit deiner präzise geschilderten Selbstbeobachtung im Kopf und dem leider folgenlosen Hintergedanken, das Mistvieh doch noch auf Trab zu bringen oder alternativ irgendeinen Genuß zu empfinden.
I'm not running away from things. I'm running to them before they flare and fade forever.

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miss-twizzle hat geschrieben:Hallo, hier meldet sich wieder Miss-Twizzle!
Danke für eure Antworten!!!! Ehrlich gesagt hatte ich etwas Angst davor, sie zu lesen.
Warum ich diese Angst habe, weiß ich auch nicht so genau. Vielleicht, weil ich so viel erzählt habe ... Und natürlich, es war mehr als eine Vorstellung, was jemand mokiert hat, aber die Vorstellung war auch nur die Einleitung. Und Achtung, jetzt wird's wieder viel ...

Inzwischen, dank Dr. Internet, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich nicht "Übertraining" heißen müsste, sondern "Unterregeneration". Und wichtig ist es immer, die Gesamtbelastung zu sehen. Die ist bei mir schon hoch (Kinder, Arbeit, Sport). Das ist einfach so. Vielleicht kann man da nicht erwarten, sportlich TOTAL top zu sein, auch wenn man es möchte und vielleicht könnte, wenn man Drumherum weniger Stress hätte. Das muss man vielleicht akzeptieren.

Ob das mit dem Verein alles so schlau war, weiß ich nicht. Ich bin eigentlich totaler Fan des Einzeltrainings: Da kann man besser auf sich hören und muss sich nicht vergleichen. Ein bisschen enttäuscht bin ich auch von dem Trainer, der meine "Übertrainingstheorie" bis jetzt nicht recht anerkennen will. Aber das ist vielleicht zu viel verlangt. Er kennt mich nicht wirklich und weiß nicht, welche Zeiten ich gelaufen bin und dass der Rückgang so ist, wie ich ihn beschreibe. Wer wie er normalerweise Leistungssportler (auch Senioren) trainiert, kann sich einfach nicht vorstellen, dass man von 25-30km/Woche Übertraining bekommen kann. Auch die anderen im Verein kennen mich nicht. Es ist mir nur unglaublich peinlich, dass ich jetzt nie komme. Die paar Mal im Training hab ich auch immer nur "gejammert" oder Sachen nicht mitgemacht, weil ich da oft schon erschöpft war, was aber niemand so recht verstehen konnte. Ich war nur verzweifelt, weil ich ja merkte, ich komme nicht mit. Gleichzeitig wusste ich, dass ich in gutem Zustand mitgekommen wäre. Alles sehr unangenehm, aber naja, was soll's. Das sollte jetzt nicht stören.

Was die Wechseljahre betrifft: Klar, das war ja erst meine Vermutung. Es liegt an den Wechseljahren. De facto glaube ich, dass man die Wechseljahre durch viel Sport in meinem Alter auch beschleunigen kann. Meine Periode wäre bestimmt auch ohne Sport demnächst ausgeblieben - aber es ging halt doch recht schnell. Das hängt natürlich zusammen.

Insgesamt sind sich, wie ich nachgelesen habe, Depression und Übertraining nicht ganz unähnlich. Ich neige auch zu Depressivität, hatte mal eine Phase: Deswegen kommt mir mein Zustand ja auch bekannt vor. Er ist nur anders, sagen wir, angenehmer, da wie gesagt die negativen Gedanken fehlen. Ich bin "nur" antriebslos und auch ängstlich. Das lässt sich aushalten.

Auch vielen Dank für die "Genesungswünsche": Seit dem 13.4. mache ich jetzt Pause. Was meine Energielosigkeit tagsüber betrifft, ist es schon besser geworden. Ich geh jetzt immer mit den Kindern raus auf den Spielplatz. Wir spielen Tischtennis und ich übe Jonglieren. Das ist schön, vor allem jetzt, wo es wärmer wird (naja, heute ist's wieder kalt). Das tut auch gut.

Ich glaube auch, dass sich nicht wenige Läufer(innen) mit einer Essstörung herumschlagen. Ich hatte auch eine, ist aber sehr lange her. Ich achte jetzt nicht sehr auf die Ernährung und auf die Kalorien - das ist tatsächlich so, trotz meines Gewichts, das vielleicht etwas verdächtig erscheint.
Nach meiner Überzeugung hängen Laufen und Essstörung in irgendeiner Weise zusammen. Von der Haltung gegenüber dem Leben und der Leistung ist vieles ähnlich. Diese Haltung muss auch nicht unbedingt gleich pathologisch sein. Sie kann es aber werden. Außerdem kann das eine in das andere übergehen und das eine in das andere. Bei mir war das so, dass ich mit 15 viel und erfolgreich Sport machte, dann aber durch den Tod meines Vater irgendwie aus der Bahn geworfen wurde und statt Sport zu machen plötzlich hungerte. Ich hab mir durch das Hungern den Sport kaputt gemacht. Als ich vom Hungern einigermaßen kuriert war, habe ich 20 Jahre keinen Sport gemacht, einfach, weil ich keine "Schmerzen" haben wollte (Hunger = Schmerz, Laufen = Schmerz).
Ich finde es sehr schlimm, durch den Sport wieder in einen so üblen Zustand geraten zu sein - vor allem, weil ich erst dachte, der Sport wäre die Lösung für alles: ich hatte plötzlich ein Hobby, lernte neue Leute kennen, fuhr auf Läufe, hatte Erfolg und bekam Pokale. ich konnte mir mit der Deutschen Meisterschaft sogar einen Jugendtraum erfüllen, der durch die vermaledeite Magersucht geplatzt war. Irgendwie wollte ich meine unterbrochene Sportkarriere fortsetzen.
Und jetzt ist das wieder alles kaputt!! Man kommt im Alter ja manchmal auf komische Ideen.

Trotzdem: So schlecht geht es mir nicht. Ich komm da schon wieder raus. Zum Glück habe ich sehr viele Interessen und einen wirklich schönen Beruf.
Ich halte euch auf dem Laufenden, was die Regeneration betrifft. Man kann da ja mit Monaten rechnen. Es ist ja auch für andere Betroffene interessant.

Viele Grüße,
Miss-Twizzle
Also... nicht falsch verstehen, aber Übertraining ist nicht Dein Problem. Und ein Trainier ist der falscher Ansprechpartner.

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Ich kenne das ziemlich gut, werde immer langsamer und mich nervt das Lauftraining so, dass ich manchmal überlege, aufzuhören. Bin vor 1 Jahr locker 16 KM in 1:40h gelaufen, heuer grausst es mich schon vor 5 KM und ich habe das Gefühl, ich müsste mich beim Laufen einfach hinlegen oder den Lauf abbrechen. Das Gefühl, zu schweben, kenne ich schon lange nicht mehr. Ich bin Krankenschwester und wir legen pro Schicht schon bis zu 10 KM zurück (tatsächlich wahr, mehrfach gemessen mit Schrittzählern). Was macht die Annika nach einem harten Spätdienst? Wenn der Körper um Gnade fleht, geht sie natürlich laufen. Der Plan muss immer eingehalten werden, egal wie müde man ist.
Eins der von dir erwähnten Symtome kenne ich besonders gut: unerklärlicher Muskelkater, schon nach einer locker gelaufenen 10KM-Runde. Der witz ist der: ich laufe seit 20 Jahren, müsste also eine Spitzengrundlage haben, aber nein. Ich habe alles auf einen Zeckenbiss geschoben, Borelliose, dann 3 Wochen Antibiotika genommen-die Schwäche blieb. Ich kann mich vor dem Spätdienst kaum mehr zum Laufen überwinden, lieber Schlafen bis zum Abwinken. Also, falls es dich tröstet, auch ich habe einen Effektiven Weg gefunden, mich selbst zu sabotieren. Was weiter wird, mal gucken. Ich weiß es nicht. War jetzt 3 Wochen Krankgeschrieben wegen Megaerkältung, am Montag mache ich erst mal einen Testlauf von 3 KM länge. 3 KM!!!!! Bin schon 35 KM vor dem SD gelaufen, damals hat es sogar noch Spaß gemacht. Daran ist nicht mehr zu denken. Ich weiß, wie du dich fühlst, aber ich weiß nicht, wie und wann die Freude am Laufen zurückkommt. Aber eines glaube ich- sie wird zurückkommen. LG, Annika

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Übertraining fing bei mir schon mit dem allerersten Lauf an. :D


Scherz beiseite: Ich finde deinen Bericht Klasse. Eine Bereicherung fürs Forum, denn es gibt genug Wettkampf-Berichte über Erfolg, aber wenig übers Scheitern. Außerdem gibt es viele Läufer, die einfach nicht schneller werden und denken sie müssten einfach härter trainieren, obwohl das genau das Falsche ist. Dein Beitrag könnte helfen....
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PB: 5km in 28:12min (Stadtlauf Braunschweig 20.09.15) ...PTB: 27:07min. 28.12.15

PB: 10km in 59:15min (Braunschweiger Lauftage 25.10.15)

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Hallo miss-twizzle, Annika,

ich erkenne ich mich in euch beiden sehr gut wieder! Ich hatte vor 2 Jahren? hier einen ähnlichen Thread gestartet, da ich immer langsamer wurde, bis irgendwann meine Muskeln derart rebellierten, dass ich keinen einzigen Km mehr laufen konnte. Quasi von HM auf Null!

Ich war bei zig (Fach-) Ärzten, alle mit dem gleichen Befund, sie sind kerngesund, Blutwerte alle tippi-toppi! Aber warum konnte ich dann keinen einzigen Km mehr laufen? Selbst schnelles Spazieren war schon ein Problem. Dazu permanent kaputt, krank, Versagensängste, weil man nichts mehr auf die Reihe bekommt. Ich habe so lange durchgezogen, bis mein Körper mir akut gesagt hat, bis hier her und nicht weiter!

Im Endeffekt war ich nun seit 4 Monaten arbeitsunfähig und drei Monate in einer psychosomatischen Klinik wegen akuter Belastungsdepression (neudeutsch Burnout). Ich konnte und wollte die Diagnose anfangs nicht wahrhaben! Burnout - ich doch nicht!

Wenn man aber mal brutal ehrlich zu sich selbst ist und seinen Wochenablauf penibelste analysiert, dann sieht man irgendwann schon, was man sich und seinem Körper zumutet. Da kommen dann ganz viele Faktoren zusammen wie Beruf, Familie, Partner, Vereinsleben, private Verpflichtungen usw. Bei mir war dann zum Schluss der Sport auch nur noch ein weiterer Stressfaktor und keine Erholung mehr. Ich muss unbedingt heute noch laufen, ich muss schneller laufen, ich muss weiter laufen, ich muss ich muss ich muss!

Ich möchte hier beileibe keine Ferndiagnose stellen und viele Belastungsformen sind fliessend, aber ich meine bei Euch beiden heraus zu lesen, dass euer Leben von vielen Verpflichtungen und Stressfaktoren geprägt ist. Und euer Körper schreit nun nach dem was er benötigt, Ruhe und Erholung. Unser Körper ist ein unheimlich sensibles Instrument, nur ignorieren wir idR viele oder alle Warnsignale, weil sie uns nicht in den Kram passen (wer will schon als schwach, krank oder unbelastbar gelten?) oder wir hören nicht richtig hin, weil wir uns dafür die Zeit und Muße nicht nehmen (weil wir in Gedanken bei ganz anderen Sachen sind, zB Beruf, Familie, nächstes Training). Denkt doch mal drüber nach, wann ihr euch das letzte mal einfach ganz profan dem süßen Nichtstun hingegeben habt? Bei mir war das ewig her, denn ich hatte das Gefühl ich muss immer unter Strom stehen und die ersten Wochen in der Klinik waren mir ein nahezu körperlich Graus, weil ich erst wieder lernen musste, das Nichtstun zu ertragen.

Stress ist übrigens ein sehr subjektives Empfinden und bezeichnet die Angst davor eine aversive Situation (sehr unangenehme Situation) mit seinen persönlichen, verfügbaren Mitteln nicht bewältigen zu können. Was für einen persönlich aversiv ist, entscheiden wir unterbewusst selber in dem eine automatische Bewertung der Situation erfolgt. Ist die Bewertung gut bis neutral passiert nichts. Ist die Bewertung negativ reagiert als erstes der Körper, was wir bewusst (zB Angst, Herzklopfen, Zittern, etc.) oder unbewusst registrieren (innere Unruhe, Schlafprobleme,etc.). In Eurem Fall ist die Angst vor der nächsten Laufeinheit schon mal ein zusätzlicher Stressfaktor, weil ihr diese offensichtlich negativ bewertet. Hier kommt man dann sehr schnell in eine Abwärtsspirale, da wir auf die negativen körperlichen Reize wiederum psychisch negativ reagieren, worauf dann wieder der Körper usw. Die Bewertung dieser Situationen ist aber veränderbar, wenn natürlich auch schwierig, aber hier ist der Lichtblick den Kreislauf wieder zu verlassen.

Ich bin in der Klinik wieder zum laufen gekommen, nicht so schnell wie früher, nicht so weit wie früher, aber hey - ich laufe! Und das wieder regelmäßig und ich erfreue mich an der Bewegung, der Natur, dem körperlichen Gefühl, ich merke dass es mir gut tut und meine Stimmung sich verbessert und noch vieles mehr. Bestzeiten usw sind mir im Moment ziemlich egal, da sie in meiner momentanen Situation keinen Wert haben. Ich möchte mich nicht wieder über meine eigene Bewertung und ggf auch Abwertung wieder unter Druck setzen, sondern erfreue mich stattdessen einfach an etwas Schönem, was mir das Laufen gerade gibt.

So, dass war jetzt wieder viel zu viel und eigentlich wollte ich nur einen kurzen Denkanstoss geben, aber dann war ich so im Schreib-Flow! :zwinker5:

Fragen könnt Ihr mir auch gerne per PM schicken und ansonsten passt gut auf euch auf, hört auf euren Körper und die Signale und Hilfe in Anspruch zu nehme ist keine Schande! :daumen:

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Ich kram mal diesen doch schon etwas älteren Beitrag wieder nach vorne. Erstens wäre es spannend zu erfahren wie es dir jetzt geht miss-twizzle? Und zweitens würde mich interessiere, ob Du wegen der Erschöpfung jemals einen Arzt aufgesucht hast? Wenn ich mir Deinen ersten Beitrag so lese könnten Deine Symptome durchaus auch von einem Eisenmangel kommen.
Hatte selbst letzten Herbst einen unerklärlichen Leistungseinbruch. Naja, erstmal Pause bzw. reduzierte Umfänge was nicht viel gebracht hat. Bei einem Kontrolltermin hab ich meinem FA auf Nachfrage wie es mir geht davon erzählt. Dieser hat sofort eine Blutabnahme und die Kontrolle der Eisenwerte angeordnet. Fazit: Eisenmangel.
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