100km del Caribe Etappe 3
Los ging es um 6:30.
Die Frage mit dem Leibchen klärte ich bereits am Vorabend. Um die Sache nicht zu verkomplizieren und ein neues T-shirt mit den Sicherheitsnadeln zu ruinieren, entschied ich mich für das gleiche Baumwoll T-Shirt der ersten Etappe (ja richtig, ungewaschen). Die Nummer war ja noch dran, und meine Kinder nahmen die Geruchskontrolle anstandslos ab.
Erst plante ich, zu Fuß die 1,8km bis zur Stasse zu gehen, die Richtung Naturschutzgebiet El Choco führt, um dann mit anderen mobilisierten Läufern mit fahren zu können.
War aber irgendwie faul und fragte gleich ein Mopedtaxi, ob er mich für umgerechnet 4€ die 12km hoch zum Startpunkt
Monkey Jungle fahren würde. Der Fahrer willigte schnell ein. Die ersten 8km sind prima asphaltiert, danach wird es schwierig, Dreck, Steine, Felsen, ständiges hin- und herschalten zwischen ersten und zweiten Gang...
Konversation während der Fahrt:
Er: „Arbeitest du dort oben?
Ich: „Nö“
Er: „Willst du dir das so anschauen?“
Ich: „Nö“
Er: „Was machst du dann dort?“
Ich: „ Es gibt dort ein Rennen“
ER: „Oh, mit dem Rad oder Motorrad?
Ich: „Nö, zu Fuß?“
Er: „Oh? Und wirst du gewinnen?“
Ich: „Vermutlich eher nicht“
Er: „Warum machst du dann mit?“
Ich: „Ich glaube es wird mir Spaß machen.“ Usw. und so fort... Er gab mir noch denTipp, ich solle am Anfang nicht so schnell laufen, um dann am Ende noch gut durch zu halten.
Das würde ich doch gerne beherzigen.
Kurz nach 7 kamen wir dann am Start an und ich war dann als dritter Teilnehmer anwesend.
Start sollte um 8 sein.
In Ruhe vertilgte ich mein mitgebrachtes Frühstück. Stimmung und Wetter waren sehr positiv. Kurze Gespräche mit der Veranstalterin und den Läufern der gestrigen heftigen Etappe, ich machte noch einen Österreicher aus der allerdings gewöhnlich HM-Zeiten von 1:35 anstrebt, also nicht ganz meine Leistungsklasse war. Das Foto mit den rund 120 Teilnehmern wurde schnell gemacht, die Geher wurden losgeschickt und wenige Minuten nach 8Uhr (ca28Grad) waren auch wir dran. Ich stellte mich wieder hinten an da ich es besser empfinde gelegentlich einen Läufer zu überholen, als selbst überholt zu werden.
Laut Broschüre sollte es erst mal 3km auf der schlechten Strasse weitergehen um dann links, nach Norden den Trail zu nehmen. Anstatt dessen ging es rechts einen Hügel hoch und gleich drauf zwischen30-40cm Felsen im hohen Gras steil bergab. Es staute sich in dem schmalen Pfad und als wir unten auf dem matschigen Feldweg wieder rechts einbogen wurde mir klar: Die scheuchten uns erstmal um das Areal um km zu schinden. Also ging es wieder rechts, den Berg wieder hoch und nach 4km waren wir wieder am Ausgangspunkt, was mir persönlich überhaupt nicht behagte.
Zum Trost gab es bereits hier einen Erfrischungspunktich (angekündigt war nur ein Punkt bei km7) konnte also meine Selbstversorgung aufsparen und man versicherte mir, daß es weiter vorne noch einen Punkt gäbe.
Also weiter, die Dreckpiste hoch und plötzlich bei km6 der nächste Erfrischungspunkt. Ich duschte schnell mit dem eiskalten Wasser, lief weiter, war dann aber verunsichert. War das jetzt der Punkt von km7? Oder kommt nochmal Einer? Einen Liter Wasser hatte ich immerhin noch in meinem Rucksack, dazu ein kleines Gatorade, das sollte zumindest für die restlichen 11km reichen.
Als es dann endlich von der trockenen Dreckpiste links in den Wald-trail ging, konnte ich einen Läufer ca 50m vor mir ausmachen und noch 2 etwa 50m hinter mir. Es ging auf einem schmalen Trampelpfad leicht bergauf. Der Weg war prima gekennzeichnet mit rotweißen Plastikbändchen ca alle 10 Meter, und die Vegetation erinnerte mich stark an Wald in Deutschland. Sagen wir stark vernachlässigten Wald in Deutschland, denn der Boden war von allerlei natürlichem Unrat übersäht. Als ich zu meinem Vordermann aufschließen konnte erzählte er mir, daß ihm sowieso schon alles weh tat vom gestrigen Lauf...wie er den morgigen 45km Trail schaffen wollte wußte er noch nicht, aber es würde schon irgendwie gehen...
Immer wieder mußten wir Gehpausen bei Anstiegen einlegen und mein Ruhetag gestern verhalf mir dann nach einer Weile zu einem Vorsprung. Zeitweise war es ziemlich dunkel, der Boden feucht, und die Luft einfach nur schwül. Kommt noch ein Punkt oder nicht, war ich nur noch am grübeln.
Dann plötzlich vernahm ich in der Ferne Musik und wußte, man hat uns nicht vergessen, der angekündigte 7km-Punkt war bei km11!
Endlich! Kurze Dusche, Trinken, ein Bild, eine handvoll Eiswürfel in unter die Mütze und weiter.
Dieser Stop gab mir sehr viel Auftrieb und ich mußte immer mal die Mütze kurz abnehmen weil mir das Eis auf dem Kopf dann doch zu kalt wurde, aber es hielt gut 15Minuten.
Der Weg wurde immer beschwerlicher, Felsen mit Blätter bedeckt und an Laufen war überhaupt nicht mehr zu denken.“ Wie wohl die Jungen Wilden aus der ersten Startreihe dieses Gelände bewältigten?“fragte ich mich.
Es zehrte ziemlich an meinen Kräften jeden Schritt genau konzentriert setzen zu müssen. Weit und breit war niemand mehr und mehrmals war ich schon dabei mit dem Knöchel um zu knicken, konnte es aber gerade nochmal abwenden. Die Markierungen waren immer noch sehr gut zu finden und ich fragte mich, wie lange das wohl gedauert hatte, die alle an zu bringen...
Dann, als der Weg bereits besser wurde, also ein Pfad aus festgetrampelter Erde war, bemekte ich, daß ich immer noch am Gehen war, obwohl es nicht mal bergauf ging. Es kostete mich einige –zig Meter und reichlich Überwindung wieder ins Laufen um zu schalten. Als ich es endlich schaffte war es garnicht so unangenehm und ich war froh wieder ein bissle Tempo zu machen. Und da: Zack!
Lag ich plötzlich komplett flach. Versuchte erstmal zu realisieren was passiert war. Mein rechter Fuß war an einer Unebenheit gestreift und da lag ich. Knie aufgekratzt, Ellenbogen aufgekratzt, kleiner Schnitt am Daumen. Es schien nix gebrochen zu sein und wie ich mich so hoch rappelte kamen 2 Läufer an, die mich gleich besorgt inspizierten und fragten, ob sie Hilfe anforden sollten.
Da der Laufapparat aber funktionierte, schickte ich die beiden weiter und sie begaben sich nach einigem Zögern auf den Weg. Ein paar Schritte, es ging wieder, der Daumen schmerzte und ich wollte jetzt zügig weiterkommen. Der Versuch zu Laufen, prima, auch das ging und ich war wohlauf. Bis...Zack! Haargenau der gleiche Sturz. Replay sozusagen. Wieder mit dem rechten Fuß geschleift, genau auf die bereits offene Stelle am Knie und Ellenbogen gestürzt und den Daumen aufgeschlagen. Der hatte nun eine Schwellung und sah aus als ob da eine Murmel eingearbeitet war. Ein ankommender Läufer half mir sehr freundlich, dann bot noch Einer Hilfe und Essen&Trinken an, aber das war nicht das Problem, ich war einfach unkonzentriert gewesen und ärgerte mich über mich selbst. Naß wie ich war, blieb der Dreck auch von oben bis unten prima kleben und es sah wohl schlimmer aus als es war. Nach einigem Hin und Her liefen die beiden auch weiter.
Beine waren ok. Was blieb zu tun als weiter zu laufen? Der Daumen schmerzte ziemlich also wollte ich ins Ziel kommen... kam nochmal ins Straucheln, wieder mit dem rechten Fuß geschleift, aber jetzt war ich hellwach. Ein drittes Mal, nein Danke!
Anscheinend hatte sich reichlich Adrenalin produziert und ich wollte nur noch ins Ziel. Den Puls im Daumen fühlend (der dann blau war) gab ich Gas und lief bald an den freundlichern Helfern vorbei, es ging nur noch bergab. Es gab nochmal Wasser, ich wollte aber keins und meine Frage „Wie weit noch?“ an einen Fotografen wurde mit „1km“ beantwortet, da wußte ich, das war es!
Bald hörte ich Musik durch die Bäume, einige Kinder standen rum, die Zivilisation war spürbar nahe, und als ich auf den Zielbogen zu lief war sonst kein Läufer in Sicht, so hatte man die Möglichkeit sogar meinen Namen an zu sagen, was sich richtig gut anfühlte!
Die angekündigten 18km stoppte ich diesmal mit 16,2km in 1:56´08
Die Medaille wurde mir gleich umgehängt, ich wurde immer wieder gefragt ob alles okay sei, ein Läufer fing gleich an mit Wasser den Dreck von den Schürfwunden zu spülen. Es gab Früchte, Kekse, die üblichen Getränke und ein Läufer brachte mich dann zu den „Medics“.
Auf meine Anfrage nach etwas Desinfektion fing einer der Herren an lustlos in einer Kühlbox rum zu fummeln. Bestimmt 2Minuten brauchte er um etwas aus dem Chaos raus zu fischen, es sah wie ein Erfrischungstüchlein aus. War aber braun, vielleicht doch Jod oder so, und ziemlich schmerzhaft, als er es auf die Wunden auftrug. Das winzige Tüchlein mußte für Knie, Ellenbogen und Daumen herhalten und ich merkte bald, daß ich hier meine Zeit verschwendete.
Ein paar Stückchen Käse nahm ich noch mit verabschiedete mich von einem Bekannten und spazierte barfuß und komplett verdreckt den Kilometer, mit umgehängter Medaille durch die wenig elegante Siedlung
Callejon de la Loma um zur Hauptstrasse zu gelangen.
Mit umgerechnet 3 Euro in der Tasche hoffte ich, daß evtl ein Bekannter mich sehen könnte um mich nach Hause zu fahren aber dieser Plan schlug fehl.
Als dann ein Bus ankam und anhielt, war ich echt erleichtert. Ich stieg ein und als ich mich setzen wollte spürte ich, wie der Kassierer mich wortlos an der Schulter packte, mich drehte und die Stufen hinunter bugsierte, die Tür hinter mir schloß, und der Bus fuhr weiter. Es war sogar verständlich.
Von den 2 Optionen die blieben, um nach Hause zu kommen, also Taxi oder Mopedtaxi zog ich die billigere vor. Mopedtaxi. Einer hielt an, 3€ für die 11km waren ok und er rutschte schön weit nach vorn um mich nicht zu berühren. Er fuhr los, und mein nasses Baumwollleibchen fühlte sich wieder angenehm kühl an im Fahrtwind, in der Mittagshitze auf dem heißen Asphalt.
Fazit: Die Trailtour empfand ich als ziemlich schwierig. Die erfahrenen Läufer beurteilten sie als die einfachere Runde. Nun denn. Alles war sehr liebevoll organisiert und improvisiert. Die Stimmung passte, die Hilfsbereitschaft ganz fantastisch und glücklicherweise waren die „Medics“ nicht wirklich gefordert worden. Meine Stimmung erlitt durch die zwei Bauchlandungen einen leichten Dämpfer, was inzwischen aber auch zur Vergangenheit gehört. Die billige Kamera hat nicht überlebt, was nicht so schlimm ist, nur habe ich eben keine Bilder vom letzten Abschnitt.
Wenn ich mich recht erinnere hatte ich seit meinen Anfängen nie wirklich Muskelkater, heute schon ziemlich, in den Oberschenkeln. Ein Glück, daß ich die heutigen 45km (oder vielleicht 40?) nicht antreten musste.
Und die Vorfreude auf die nächsten Läufe in der Natur, allerdings auf relativ normal zugänglichen Wegen, ist auch schon da.