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von Catch-22
Am Donnerstag war Anmeldeschluss für den 22. Altendorf-Ersdorfer Obstmeilenlauf. Ich besprach mich noch einmal mit meinem Mann. Es stellte sich heraus, dass wir es am Samstag doch zum 6 Meilen schaffen würden, jedoch lag meinem Mann sehr viel an den 10 Meilen, so habe ich uns auch für den Lauf angemeldet. Der Organisationsbeitrag in Höhe von 8€ war Vorort zu bezahlen. Neben den 10 und 6 Meilen waren auch ein 3,3 Meilen Lauf und Kinderläufe ausgeschrieben.
Die Wegbeschreibung auf der Homepage der Veranstaltung beinhalte nicht die Anreise mit den Öffentlichen, jedoch ist die Veranstaltung auch auf diesem Weg sehr gut zu erreichen. Mit der S23 kommend muss man ab Rheinbach bzw. Meckenheim in den Bus 749 umsteigen und steigt dann in Ersdorf Mitte aus (Altendorf Schule geht auch), verlaufen kann man sich nicht, da die ersten Ordner schon zu sehen sind. Zur Gymnastikhalle sind es nur ein paar Meter. Bahn und Bus sind sehr gut aufeinander abgestimmt, so dass man beim Umsteigen keine langen Wartezeiten hat. Unsere Anreise war unproblematisch und sehr einfach. Als wir ankamen war der 6 Meilen Lauf schon fast zu Ende, zu unserem Start hatten wie noch eine gute dreiviertel Stunde. In der festlich eingerichteten Halle holten wir die Startunterlagen ab und schauten uns die Siegerehrung der Kindeläufe an. Die Stimmung war sehr familiär, die meisten Läufer waren aus der Region und kannten sich untereinander. Auch wir sahen einige bekannte Gesichter. Es war alles sehr gut organisiert, die Ordner und Vereinsmitglieder von TV Altendorf-Ersdorf waren stets zuvorkommend und sehr nett.
Nach dem Umziehen füllte ich Wasser in meine Trinkflasche, die ich mit eingepackt hatte. Mein Mann sah mich komisch an und meinte, ob es den mein Ernst sein Wasser mit zu schleppen. Ja! War mein Ernst. Etwas Wasser brauche ich, auch wenn das Wetter deutlich kühler und somit idealer war als bei meinem HM. Die Verpflegungsstellen waren bei den Abstiegen eingerichtet, für mich unpassend. Von meiner Wald- und Hügelrunde weiß ich, dass ich Aufstiege mit 15% Steigung nicht gut hinbekomme und dort zu gehen kraftschonender ist. Die dort verlorene Zeit wollte ich bei den Abstiegen wieder gut machen, auch das kannte ich von meinen Traingsläufen 2km mit im Schnitt 5% Steigung runterdüsen hab ich schon oft gemacht. Hängt zwar auch immer sehr von der Tagesform ab, aber wenn es gut läuft kann ich da gut auf die Tube drücken. Da trinken können wo ich gehen muss, erschien mir deutlich sinnvoller als mich bei den Abstiegen bremsen zu müssen um mir gebotenes Wasser entgegen zu nehmen.
So langsam wurde es an der Zeit sich aufzuwärmen und in die Startaufstellung zu gehen. Wir liefen die Straße ein paar mal hoch und runter bevor wir uns ans Ende des 88 Mann großen Starterfeldes stellten. Wir hatten uns einen Genusslauf vorgenommen, es sollte jedoch auch kein Trödellauf werden. Aus den Ergebnislisten der letzten Jahre wusste ich, dass man mit ca. 1:45 meist Letzter ist, in manchen Jahren gab den einen oder anderer Läufer, der 10-15min später reinkam. Letzte werde wäre nicht schlimm gewesen, ich wollte nur nicht mit viel Zeitverlust auf den Vorletzten im Ziel sein. Ca 1:45 hieß im Schnitt mit ca. 6:30/km zu laufen, bei einem Kurs mit knapp über 280hm für mich eine Herausforderung und kein Kindergeburtstag, mein Form vom HM ist schon lang Geschichte. Plan war also mit 6:30 anlaufen, auf den Steigungen schauen was geht, wenn es zu steil wird gehen, bei den Abstiegen Zeit raus holen und hoffen, dass wir nicht komplett abgeschlagen hinten landen.
So standen wir da und wartet auf den Startschuss. Der Moderator gab die Teilnehmerzahl durch, stellte den Vorjahressieger und Streckenrekordler Dominik Fabianowski vor, der wieder einen neuen Streckenrekord (52:53) aufstellen sollte. Als der Startschuss fiel fand ich rasch mein Tempo und ließ mich nicht von meinem Mann beirren, der schneller vorpreschte. Er musst einiges an Tempo raus nehmen um mir nicht verloren zu gehen, den ersten Kilometer liefen wir mit 6:29, der zweite folgte mit 6:32. Wir waren nicht die Schlussläufer, es waren mind. 4 weitere hinter uns. Der Start war schon mal perfekt umgesetzt. Wir liefen über asphaltierte Wege zwischen den Obstfelder. Hinter uns war das Siebengebirge imposant am Horizont zu sehen, vor uns ragte die Tomburg Ruine aus den Wäldern hervor. Wir liefen auf den Wald zu und es wurde langsam steiler. Im Wald änderte sicher der Bodenbelag, wir liefen nun auf sehr grobem Schotter den Wald hinauf. Die auf den Feldern noch sanfte Steigung wurde nun stetig und merklich steiler, an 6:30 halten war schon lange nicht mehr zu denke. Ich hielt mich an die Vereinbarung „Genusslauf“ und versuchte daher auch nicht das Tempo zu halten, es gab keinen Grund zu kämpfen, wir waren nicht die letzten! Die erste Steigung ging immer steiler werden bis ca. KM4,4. Wir liefen zusammen mit einem älteren Herren aus dem Ort und wechselten ein paar Sätze mit ihm. An der steilsten Stelle ging ich wie geplant und der Herr zog an uns vorbei, ich blieb jedoch bei meinem Plan. Soll doch ein Genusslauf sein, da quäle ich mich nicht aus Eitelkeit hoch! Oben angekommen lief ich wieder los, nun ging es 2,3km lang überwiegend bergab. An der Verpflegungsstelle liefen wir wie geplant vorbei und überholten dort den älteren Herren wieder. Ich kam so richtig in Fahrt, die Pace stieg und stieg. Mein Mann war sehr erstaunt mich so schnell laufen zu sehen. Der 6. Kilometer war mein schnellster mit einer Pace von 5:14, stellenweise lief ich sogar 4er Pace! Wir schlossen zu einem weiteren älteren Läufer auf und holten ihn auch ein. Dabei blieb es jedoch nicht lange, da es noch einmal bergauf ging, diesmal über einen anderen Weg höher und über den selben wieder runter. Meine Pace ging beim Aufstieg wieder deutlich runter und der Dernauer Läufer schloss wieder zu uns auf. Auch mit ihm redeten wir etwas, bis es mir wieder zu steil wurde und wir ihn ziehen ließen. Auch er ging die steilsten Stücke, natürlich deutlich geübter als ich. Kurz nach der Hälfte der Strecke erreichten wir den höchsten Punkt und ich konnte wieder runter Tempo machen, jedoch etwas langsamer als zuvor, schließlich waren die Muskeln nicht mehr frisch. Es ging gut 3km bergab bevor wir die Felder erreichten. Auf dem Weg runter liefen wir wieder an dem Dernauer vorbei. Unten angekommen lag noch eine 5km lange hüglige Schleife vor uns. Nach den Aufstiegen im Wald, knallt das noch einmal richtig rein, die Disziplin mich zusammen zu reißen hatte ich jedoch nicht. Der Kopf sagt nur „Das ist ein Genusslauf, du hast bis hier her dich daran gehalten, hast nicht gebissen und nicht gekämpft, daran änderst du nun auch nichts mehr!“ So gönnte ich mir bei den kleinen Anstiegen noch eine Gehpause, in denen der Dernauer uns wieder einholte. Ich sah, dass mein Mann davon nicht begeistert war und sagte ihm „Das ist ein Genusslauf, ich mache heute keinen Schlussspurt!“ so liefen wir knapp hinter dem Dernauer weiter und ins Ziel ein. Zeit war 1:45:33!
Jeder Finisher bekam ein kleines Tütchen mit 3 Äpfeln vom Hauptsponsor knapp hinter der Ziellinie überreicht. Mit der Zeit bin ich sehr zufrieden. 6:30 hielt ich am Wochenanfang noch für utopisch, nun bin ich mit 6:35/km gelaufen ohne je ernsthaft gekämpft zu haben. Die Anstrengung lag bei „angenehm hart“. Es gab 17 Starterinnen, ich belegte den 15. Platz und wurde somit nicht Letzte. In meine AK waren wir zu zweit und ich gewann die Wertung! Hätte ich das gewusst, hätte ich mich vielleicht ein wenig bemüht mit einer etwas besseren Zeit zu finishen. Mit der Zeit ist es fast schon peinlich. Über den Korb Äpfel und die Urkunde habe ich mich trotzdem ganz ungeniert gefreut! Bei einem Genusslauf mit einem Profil, den auch meine Traingsgenussläufe haben, den ersten AK Sieg holen hat was. Gefällt mir, passt!
Mein Mann, der Hügel meidet wie der Teufel das Weihwasser, meinte sofort „Du musst nächstes Jahr zu Titelverteidigung wieder mitlaufen!“ (Hängt jedoch auch von seinem Herbstmarathon ab, mal schauen ob es mit Berlin bei ihm klappt). Den gelungenen Tag ließen wir in Bonn ausklingen.