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Der Leichtathletik Diskussionthread

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Rolli hat geschrieben:Irgendwie reagiere ich empfindlich, wenn Sport durch Politiker (und Funktionäre sind kleine Politiker) vereinnahmt wird. Aktueller Fall: ich würde Neuer für die EM sperren, obwohl ich seine Meinung teile.
Die Frage ist: Was ist Politik? (in diesem Kontext) und genau da wird es sehr schwierig und aus meiner Sicht ist das ein nicht aufzulösendes Dilemma ... Hat aber nichts mit diesem Faden zu tun.

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JoelH hat geschrieben:Blasphemie.
Nein. Es gibt keine klaren Regeln. Das ist in einem der Artikel auch angesprochen worden. Das wiederum führt zu Interpretationsspielraum und mindestens in einem der Fälle zu einer Hintertürentscheidung. Sowohl Trials als auch die andere oben angesprochene mögliche Regel der Mischung Trial plus Saisonbestwert würden diesen Interpretationsspielraum schließen.
nix is fix

3353
Es sollte auch nur eine ironische Bemerkung darauf sein, dass es keine Möglichkeit gibt die Allmacht der Oberen anzufechten.

Auf der anderen Seite, die Verfügung wurde abgewiesen. Man müsste die genaue Begründung lesen.

Aber selbst die ändert ja nichts daran, dass Leute unfair, ungerecht und gemein rufen.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber wie war das damals? Hussong wurde überraschend Meisterin und dadurch automatisch nominiert. Was man relativ unter dumm gelaufen sehen kann, weil ansonsten einfach die etablierten drei Stahl, Obergföll und Molitor dabei gewesen wären.

Ja ist blöd. Aber wenn ein Vetter bei den Trials passen muss. Ich weiß nicht ob das nicht noch blöder ist wenn dann die Hintertüren alle zu sind.

Letztlich ist ja doch so, dass allen daran gelegen ist die besten Sportler zu senden, wer das genau ist, ist oft nur schwierig zu sagen.

Der Punkt ist ja dann auch, der Trial muss für den Athleten gut liegen im Bezug auf die Vorbereitung auf der anderen Seite ist das sehr individuell. Ein Werfer setzt die Akzente sicher anders als ein Langhürdler. Aber beiden müsste sich dem gleichen Rahmen beugen. Wen bevorzugt man da dann? Und wer ist dann der erste, der wieder mit Terminklüngel kommt?
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JoelH hat geschrieben: Ja ist blöd. Aber wenn ein Vetter bei den Trials passen muss. Ich weiß nicht ob das nicht noch blöder ist wenn dann die Hintertüren alle zu sind.
Hier kommen wir zu des Pudels Kern. Ja, das ist blöd. Und genau an der Stelle gilt zu entscheiden, was ist nun blöder. Du bist der Meinung, daß die Verriegelung der Hintertüren oder positiver ausgedrückt - die Verweigerung der Option auf eine zweite Chance - blöder ist. Ich bin der Meinung, daß Unklarheit und reduzierte Fairness blöder ist. Die Frage bleibt also immer noch die gleiche :nick:
Der Punkt ist ja dann auch, der Trial muss für den Athleten gut liegen im Bezug auf die Vorbereitung auf der anderen Seite ist das sehr individuell. Ein Werfer setzt die Akzente sicher anders als ein Langhürdler. Aber beiden müsste sich dem gleichen Rahmen beugen. Wen bevorzugt man da dann? Und wer ist dann der erste, der wieder mit Terminklüngel kommt?
In den USA hört man solche Jammerei eher selten. Scheint eher deutsches Kulturgut zu sein :D
nix is fix

3356
leviathan hat geschrieben:In den USA hört man solche Jammerei eher selten. Scheint eher deutsches Kulturgut zu sein :D
Die Trails sind dort halt lange Tradition.

Nebenbei, auch in den USA gibt's immer wieder welche, die da unter den Top-3 landen, aber die Qualizeit nicht haben (je nach Jahr und Disziplin). Manchmal wird die dann danach erzielt, und manchmal halt nicht. Dann fährt eben der viertplatzierte zur Olympia.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

3357
Mo Farah schafft die Norm für Tokio nicht. Und Kenenisa Bekele will nicht.

https://www.spiegel.de/sport/olympia/mo ... fb79f89df2

https://www.runnersworld.de/news/bekele ... i-olympia/
"Ich habe es immer geliebt, zu laufen. Es war etwas was man einfach so machen konnte. Du konntest in jede Richtung laufen, schnell oder langsam, gegen den Wind ankämpfen wenn du wolltest, neue Umgebungen kennenlernen mit der Kraft deiner Füße und dem Mut deiner Lungen." (Jesse Owens)

Wichtiger Hinweis: https://joachim-zelter.de/wp-content/up ... /PDF.9.pdf

3358
"Der katarische 400-m-Weltklasseläufer Abdalelah Haroun ist am Samstag bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen."

https://www.ran.de/leichtathletik/news/ ... tet-125130
"Ich habe es immer geliebt, zu laufen. Es war etwas was man einfach so machen konnte. Du konntest in jede Richtung laufen, schnell oder langsam, gegen den Wind ankämpfen wenn du wolltest, neue Umgebungen kennenlernen mit der Kraft deiner Füße und dem Mut deiner Lungen." (Jesse Owens)

Wichtiger Hinweis: https://joachim-zelter.de/wp-content/up ... /PDF.9.pdf

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hbef hat geschrieben:Ich sehe es grundsätzlich ähnlich, aber mit Einschränkungen. Das Format ist schon geil, für Zuschauer natürlich perfekt und die Athleten müssen auf den Punkt performen. Fände es aber besser, wenn zumindest ein Platz anderweitig vergeben wird. Wenn jetzt jemand jahrelang alles dominiert, dann einen schlechten Tag hat...Ist das dann fair, dass der nicht zu Olympia darf?
Ja. Trials light System wäre imo das beste. 2 Plätze über die Trials, einer über die SB oder besser noch die neue PunkteWeltrangliste. Weltrangliste hat auf Dauer mehr potenzial, ist zwar jetzt gerade noch kompliziert, aber dadurch würden einzelne Ausreißer nach oben nicht so übetrieben belohnt.

Im Fall 800m US männer würden so fahren: Brazier als Nr 1 der Weltrangliste, Murphy und Jewett als 1 und 2 der Trials mit Norm.
Wäre dann hart für Hoppel, zumal der auch Nr 4 der Rangliste ist. Aber es bliebe eben auch die Nr 4 der Weltrangliste zu hause, nicht die Nummer 1.
Für die Sponsoren wäre es auch eine höhere Sicherheitz, dass ihre größten Stars im Normalfall dabei wären.#

Spielt das mal durch für andere Disziplinen oder für das deutsche Team. Meistens kommen da sehr gut nachvollziehbare Nominierungen raus. In D würde ich es für manche Disziplinen womöglich abändern, gerade bei der Langstrecke. So könnte man z. B. Cross oder HM-Dm aufwerten, in dem man den Siegern einen Startplatz über 10000 garantiert.

Dann ist der Termin der Trials super wichtig. Der muss mit dem Abstand zum internationalen Saisonhöhepunkt so liegen, dass da wieder Topform angetreten werden kann. Das war in der Vergangenheit längst nicht immer so bei den Trials diverser Nationen, auch bei den USA gab es schon häufig Probleme.

In D haben wir ja auch mehr oder wenige Trials light, deutsche Meister mit Norm werden normalerweise sicher nominiert. Aber ein weiterer Platz sicher über die DM wäre nicht schlecht und würde die Dm aufwerten.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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leviathan hat geschrieben:Nein. Es gibt keine klaren Regeln. Das ist in einem der Artikel auch angesprochen worden. Das wiederum führt zu Interpretationsspielraum und mindestens in einem der Fälle zu einer Hintertürentscheidung. Sowohl Trials als auch die andere oben angesprochene mögliche Regel der Mischung Trial plus Saisonbestwert würden diesen Interpretationsspielraum schließen.
Wie o. a. eine klare Regel gibt es seit ein paar Jahren schon: Deutsche Meister mit (leider häufig der verschärften deutschen) Norm werden nominiert. Wüsste nicht, wann zuletzt eine Athlet*in unter diesen Voraussetzungen nicht nominiert wurde, die letzten 2-3 Jahre müsste es so gewesen sein.

Aber ich fände es auch schöner, wenn es für alle 3 Plätze klare Regelungen gäbe. Man könnte auch direkt nach der DM etwa 2/3 des Teams nominieren.

Wildcards für Titelverteidiger finde ich übrigens auch gut als zusätzlichen Platz wie es bei der WM ist. Bei den Spielen mit 4 Jahren Abstand bin ich mir dagegen nicht so sicher, ob das die beste Lösung wäre.

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3361
DerC hat geschrieben:Ja. Trials light System wäre imo das beste. 2 Plätze über die Trials, einer über die SB oder besser noch die neue PunkteWeltrangliste. Weltrangliste hat auf Dauer mehr potenzial, ist zwar jetzt gerade noch kompliziert, aber dadurch würden einzelne Ausreißer nach oben nicht so übetrieben belohnt.
Im Fall 800m US männer würden so fahren: Brazier als Nr 1 der Weltrangliste, Murphy und Jewett als 1 und 2 der Trials mit Norm.
Wäre dann hart für Hoppel, zumal der auch Nr 4 der Rangliste ist. Aber es bliebe eben auch die Nr 4 der Weltrangliste zu hause, nicht die Nummer 1.
Davon darf man sich aber nicht beeindrucken lassen. Egal welche Regel Du einsetzt. Es wird immer einen ersten Verlierer geben und für den ist das natürlich hart. Das ist beim Fußball vielleicht der dritte in der Gruppenphase. Und selbst im Finale ist der Vierte der erste ohne Medaille und der Zweite ist der erste Verlierer. Das gilt auch dann, wenn dieser Sportler das völlig anders für sich selbst interpretiert. In Bezug auf die Quali mag ja der etwas neuartige olympische Gedanke "Dabei sein ist alles" eine Zielsetzung sein. Aber gilt das auch noch im Vorlauf? Du weißt, worauf ich hinaus will.
nix is fix

3369
leviathan hat geschrieben:Die 1500m der Männer waren ein absolutes Highlight. Da muss man Trials einfach lieben :wink:

https://www.youtube.com/watch?v=hqUf2OfBqt8
Dazu passend ist sensationell Timothy Cheruiyot bei den Kenianischen trials als 4ter in 3:34 ausgeschieden! Wird wohl auch nicht nachnominiert.
Der Wildcardspot geht an den dritten Kipsang. Das hätte ich nun im Leben nicht erwartet. Damit steigen Ingebrigtsens Chancen natürlich enorm. Eventuell ja sogar Gold.

Generell bin ich ja schon immer dafür da Leistung belohnt werden muss. Allerdings einen Cheruiyot nicht mitzunehmen der davor im Grunde über 3 Jahre unbesiegbar war ist sehr krass. Imo hätte man ihn nachnominieren sollen.

Die Trials waren wirklich sehr unterhaltsam dieses Jahr. Jeder redet über Fußball EM während ich nur die Trials angeschaut hab :)

Beeindruckend waren imo auch die 10 000m der Frauen von Sisson oder 800m von Mu. Was ich auch noch nie gesehen hatte das ein Athlet sich für den Hoch und Weitsprung bei Olympia qualifiziert.

3370
Rolli hat geschrieben:https://www.youtube.com/watch?v=iROTmSqsLAw
Hier ohne Gequatsche.

Wie kann man Trials ablehnen?
Was bei den US Trials nat. schon etwas schade ist, das sie so nah an den NCAA finals liegen. Das ist für manche Athleten einfach zu kurz um nochmal ihre Bestleistung abzurufen da sie ja auch die ganze College saison in den Knochen haben. Ich würde da als Lösung ehrlich gesagt auch die NCAA finals mit den gelaufenen Zeiten als Quali zulassen.

Das US System ist natürlich maximal spektakulär gerade im Fernsehen. Das Deutsche halte ich allerdings für fairer und eher geeignet die wirklich jeweils besten an den Start zu bringen und den Druck der Normierung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. So können auch mal kleinere Verletzungen kompensiert werden. Der große Normierungszeitraum ist da imo ein klares Plus.

Hat auf jeden Fall enorm Spaß gemacht den livestream der US trials anzuschauen! Kommentatoren waren allerdings extrem auf Stars fokussiert. Da wurden oft maximal 2-3 Athleten vorgestellt und lieber irgendwelche Geschichten über sie erzählt anstatt auch die anderen zumindest dem Namen nach vorzustellen. das war sehr schade. Selbst in den finals war es z.T. so.

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listrahtes hat geschrieben: Hat auf jeden Fall enorm Spaß gemacht den livestream der US trials anzuschauen! Kommentatoren waren allerdings extrem auf Stars fokussiert. Da wurden oft maximal 2-3 Athleten vorgestellt und lieber irgendwelche Geschichten über sie erzählt anstatt auch die anderen zumindest dem Namen nach vorzustellen. das war sehr schade. Selbst in den finals war es z.T. so.
Ich hatte mir im Wintertraining auf der Rolle immer mal Videos von den Studentenmeisterschaften und jetzt in Vorbereitung auf die Trials immer mal die Einschätzungen von Total Running Productions reingezogen. Da ist mir das nicht so aufgefallen. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht zu verfolgen wie sich dort die Laufdisziplinen entwickeln. Ich gebe Dir Recht, daß am Ende viel über die Sieger und die Stars berichtet wird. Man konnte aber auch gut verfolgen wie breit die mittlerweile über alle Distanzen aufgestellt sind und vor allem wie hoch die Competition ist. Auch für Hocker waren die Studentenmeisterschaften keine Couch Veranstaltung. Auch sein Team macht dort richtig Druck. Ausruhen kann der sich nicht.
nix is fix

3372
Mich wundert das überhaupt nicht. Typisch amerikanisch: nur der Sieger zählt, der Rest ist Fußvolk. Mich stört das nicht so besonders.

3373
Rolli hat geschrieben:Mich wundert das überhaupt nicht. Typisch amerikanisch: nur der Sieger zählt, der Rest ist Fußvolk. Mich stört das nicht so besonders.
Das passt durchaus in die hiesige Einstellung. Mal ein willkürlich erfundenes Beispiel, um das zu verdeutlichen:

Verein 1: Zielsetzung ist, daß einer der Sportler die Quali für DM im Hochsprung von (wieder willkürlich erfunden) 1,75m schafft. Das Training ist hart. Man muss auch begründen, warum man mal nicht zum Training erscheint.

Verein 2: Zielsetzung ist, daß möglichst viele der Sportler über 1,45m springen. Das Training ist nicht so diszipliniert. Mal nicht dabei zu sein, ist kein Beinbruch. Man muss auch Freunde treffen.

Was glaubst Du, wer mehr Zulauf bekommt? Das soll auch keine Wertung sein. Wir sind ein freies Land und jeder kann sich für einen Weg entscheiden. Da gibt es kein richtig oder falsch. Ich denke, daß die meisten Jugendlichen sich für Verein 2 entscheiden würden. Das mag für Leistungsenthusiasten ein Desaster sein. Andere sind heilfroh, daß sie überhaupt etwas machen und sich pro Verein und somit Commitment entscheiden. Ich bin hier ehrlicherweise hin- und hergerissen.
nix is fix

3374
leviathan hat geschrieben:DIch denke, daß die meisten Jugendlichen sich für Verein 2 entscheiden würden.
Da bin ich mir nicht sicher.

Man soll die Jugendlichen fragen und nicht deren Eltern (oder nur Helikoptermutter)

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Rolli hat geschrieben:Da bin ich mir nicht sicher.

Man soll die Jugendlichen fragen und nicht deren Eltern (oder nur Helikoptermutter)
Ich habe meine Jungs gefragt. Und Mama war nicht dabei :wink:

Aussage meines Großen: "Papa, mir ist Training nicht so wichtig wie Dir. Ich will auch Zeit für meine Freunde haben."

Was soll ich sagen? Ich war ein wenig enttäuscht und gleichzeitig sehr beeindruckt. Aber verstehen, kann ich es nicht. Die Kinder dann dennoch dahin zu treiben oder zu überreden, halte ich aber auch nicht für zielführend. Dann sollen sie lieber lange Spaß an der Bewegung haben als mit 15 frustriert auf Null zurückzufahren. Das ist keine so leichte Entscheidung.
nix is fix

3376
leviathan hat geschrieben:Ich denke, daß die meisten Jugendlichen sich für Verein 2 entscheiden würden.
Was auch kein Problem ist, solange in Verein 2 die Jugendlichen, die auf Anhieb über (willkürlich angenommene) 1,75m hüpfen mal zur Seite genommen werden und ihnen offen gesagt wird, dass bei ihnen viel mehr drin wäre, wenn sie in einen leistungsorientierten Verein wechseln. Dann haben sie immer noch die Wahl.

Ohne Verein 2 wäre das Hochsprungtalent ansonsten evtl. im Fußballtor oder vor der Playstation gelandet.
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Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

3377
leviathan hat geschrieben:Ich habe meine Jungs gefragt. Und Mama war nicht dabei :wink:

Aussage meines Großen: "Papa, mir ist Training nicht so wichtig wie Dir. Ich will auch Zeit für meine Freunde haben."

Was soll ich sagen? Ich war ein wenig enttäuscht und gleichzeitig sehr beeindruckt. Aber verstehen, kann ich es nicht. Die Kinder dann dennoch dahin zu treiben oder zu überreden, halte ich aber auch nicht für zielführend. Dann sollen sie lieber lange Spaß an der Bewegung haben als mit 15 frustriert auf Null zurückzufahren. Das ist keine so leichte Entscheidung.
Problem Nr. 1: ich will nicht das machen, was Papa macht.
Problem Nr. 2: sie habe noch gar nicht Spaß an der Leistung kennen gelernt
Problem Nr. 3: sozialer Umfeld spiel die Leistungsverweigerung vor

Stellt man 2 Kinder an der Startlinie und sagt "Start!!" versuchen sie immer die Beste Leistung zu liefern. Fast immer.

3378
leviathan hat geschrieben:Das passt durchaus in die hiesige Einstellung. Mal ein willkürlich erfundenes Beispiel, um das zu verdeutlichen:

Verein 1: Zielsetzung ist, daß einer der Sportler die Quali für DM im Hochsprung von (wieder willkürlich erfunden) 1,75m schafft. Das Training ist hart. Man muss auch begründen, warum man mal nicht zum Training erscheint.

Verein 2: Zielsetzung ist, daß möglichst viele der Sportler über 1,45m springen. Das Training ist nicht so diszipliniert. Mal nicht dabei zu sein, ist kein Beinbruch. Man muss auch Freunde treffen.

Was glaubst Du, wer mehr Zulauf bekommt? Das soll auch keine Wertung sein. Wir sind ein freies Land und jeder kann sich für einen Weg entscheiden. Da gibt es kein richtig oder falsch. Ich denke, daß die meisten Jugendlichen sich für Verein 2 entscheiden würden. Das mag für Leistungsenthusiasten ein Desaster sein. Andere sind heilfroh, daß sie überhaupt etwas machen und sich pro Verein und somit Commitment entscheiden. Ich bin hier ehrlicherweise hin- und hergerissen.
Die Einschätzung, dass sich viele Jugendliche für Verein 2 entscheiden, teile ich.

Hier müssen sich die Vereine aber auch dem Risiko bewusst sein, dass die Motivation dabei zu bleiben dadurch aber auch nicht unbedingt besser ist.
Bei uns im Verein sehe ich das nämlich. Unter den Jugendlichen, die gar kein Bock auf Wettkämpfe haben und vermehrt aus kommunikativen/sozialen Gründen dabei sind, ist die Ausstiegsquote besonders hoch. Und diese Jugendlichen bleiben jetzt zeitlich gesehen auch nicht wirklich länger im Verein.

Meine Erfahrung ist, dass die Jugendlichen gar keine richtige "Bindung" zu dem Verein aufbauen und dadurch schneller wieder weg sind als man gucken kann.

Hingegen, viele ehemalige Wettkampfsportler (und hier rede ich nicht von Leistungssportlern) sind dem Verein deutlich mehr verbunden, lassen sich hier und da auch nochmal bei der Weihnachtsfeier blicken oder kommen zu Lauf-Wettkämpfen in der Nähe um die ehamligen Kollegen aus der Gruppe anzufeuern.

Und das sind dann auch oftmals die Leute, die mit 40 Jahren am Rand stehen und Gruppen betreuen.

Von den ehemaligen Jugendlichen, die nur mal so im "Verein" waren, sieht man hingegen so gut wie keine mehr wieder.



Ich persönlich finde folgendes Konzept gut:
Jahresplanung machen und ein paar wenige Wettkämpfe als Gruppenveranstaltung titulieren.
Pflichtveranstaltung klingt immer so negativ. Hier muss man halt herausstellen, dass man bei diesen Veranstaltungen als geschlossene Gruppe antreten möchte.
Und wenn sich jemand nicht anstrengen/verausgaben will? Ja, dann würde ich ihn als Pacemaker für einen jungen/alten/langsamen Sportler:In einsetzen.
Oder als Motivator für die anderen. Oder er hält die Kamera und filmt. Hier gibt es unzählige Möglichkeiten. man muss sich hier aber mit den Leuten in der Gruppe beschäftigen und die manchmal ganz unterschiedlichen Motivationen erkennen.
Das ist aber eigentlich kein Hexenwerk.


Man sollte akzeptieren, dass nicht jeder einen so hohen Leistungswillen hat. Aber die Motivation, der Gruppe zu helfen bzw. einen schönen Tag mit der Gruppe zu verbringen - die sollte vorhabenden sein. Ansonsten ist man einem Sportverein Fehl am Platz und sollte für sich alleine Sport machen.
Ein Verein ist eine Gemeinschaft. Und ein Gemeinschaftsgefühl entsteht durch gemeinsame Veranstaltungen. Das wöchentliche Training ist nicht alles.

Und ich finde schon, dass man soetwas klar und unmissverständlich formulieren kann. Sowohl den Kindern als auch den Eltern gegenüber.

3380
Rolli hat geschrieben:Stellt man 2 Kinder an der Startlinie und sagt "Start!!" versuchen sie immer die Beste Leistung zu liefern. Fast immer.
Bei 2: Ja.

Bei 20: Nicht mehr, schau Dir mal einen beliebigen Bambinilauf an. Auch da gibt es die 3 Gruppen:

a) Die bis zum Anschlag gehen und so schnell laufen wie sie können (egal ob hinten oder vorne).
b) Diejenigen, die das nicht als Sport sondern als Gruppenerlebnis sehen (und z.B. Hand in Hand mit bester Freundin oder Zwillingsschwester :zwinker5: laufen)
c) Diejenigen, die gar keinen Bock darauf haben und von den Eltern gezwungen werden. Teilweise sogar mit Heulen...

Leistungsbezogen interessiert eigentlich nur der schnelle Teil von Gruppe A. Gruppe B und der Rest von A tut aber niemandem weh, solange sie nicht im Weg steht und sie bewegt sich immerhin. Und wer weiß, vielleicht finden Teile von Gruppe B ja soviel Spaß, dass sie irgendwann in Gruppe A "wechseln"...
Gruppe C sollte sich ein anderes Hobby suchen (lassen).

Meiner Meinung nach sollten Vereine sowohl für Gruppe A als auch für Gruppe B was bieten.
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ruca hat geschrieben: Meiner Meinung nach sollten Vereine sowohl für Gruppe A als auch für Gruppe B was bieten.
Es ist auch normalerweise so.
Aber, wie schon Simon geschrieben hat, ist die Gruppe B meistens schon nach 4 Wochen sowieso weg oder in Gruppe A.

3382
ruca hat geschrieben:Bei 2: Ja.
Aber auch das nur bedingt. Klar geben die häufig alles, was an dem Tag möglich ist. Aber das Investment zu tätigen, daß beim nächsten Start oder beim übernächsten deutlich mehr möglich ist, ist damit nicht erledigt. Leistung ja, aber bitte nur mit wenig Aufwand.
nix is fix

3383
leviathan hat geschrieben:Leistung ja, aber bitte nur mit wenig Aufwand.
Diese Spruch ist doch völlig in Ordnung und auf uns (fast) alle anwendbar. Hauptsache bleibt "wenig" und endet nicht mit "null".

3384
leviathan hat geschrieben:Was glaubst Du, wer mehr Zulauf bekommt?
Du vergisst dabei, dass Verein 1 gar nicht den großen Zustrom haben will. Daran ist denen gar nicht gelegen. Das ist eben das Ding, will ich Breitensport oder Leistungssport. Beides zusammen geht nur bedingt, denn letztlich brauch ich so oder so zwei Gruppen. Egal ob in einem Verein oder es sich auf zwei aufteilt.
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3386
JoelH hat geschrieben:Du vergisst dabei, dass Verein 1 gar nicht den großen Zustrom haben will. Daran ist denen gar nicht gelegen. Das ist eben das Ding, will ich Breitensport oder Leistungssport. Beides zusammen geht nur bedingt, denn letztlich brauch ich so oder so zwei Gruppen. Egal ob in einem Verein oder es sich auf zwei aufteilt.
Falsch.

3387
ruca hat geschrieben:Alternativ wollen sie den ganz großen Zustrom und filtern dann per Probetraining gnadenlos aus.
Selten. Wir sprechen hier nicht von Fußballvereinen mit 10000 Neumitgliedern alle 2 Wochen haben.

3388
Aus meiner Sicht scheitert ein Verein, der nicht beide Gruppen bedient.
Erst ein sehr etablierter Verein kann sich eine reine Leistungsorientierung vielleicht leisten und selbst da kann man zweifeln ob das so sinnvoll ist.
Gerade im Kinder- und Jugendbereich startet es ja mit Spaß am Sport (sollte es aus meiner Sicht zumindest) und dann kommt teilweise auch der Spaß an der Ambition.

3389
Dirk_H hat geschrieben:Aus meiner Sicht scheitert ein Verein, der nicht beide Gruppen bedient.
Erst ein sehr etablierter Verein kann sich eine reine Leistungsorientierung vielleicht leisten und selbst da kann man zweifeln ob das so sinnvoll ist.
Gerade im Kinder- und Jugendbereich startet es ja mit Spaß am Sport (sollte es aus meiner Sicht zumindest) und dann kommt teilweise auch der Spaß an der Ambition.
So ist das und so wird auch organisiert. Normalerweise ist auch Breitensportgruppe dabei.

3390
Habe ich mir auch nicht aus den Fingern gesogen. Das ist die Variante die ich kenne und die ich auch für sinnvoll halte. :zwinker2:

Ich hab allerdings aus Hannoverschen Zeiten (Hannover Athletics) auch aus der Entfernung schon die eher leistungsfokussiertere Variante gesehen. War mir nicht sonderlich sympathisch. Die gibt es ja mittlerweile auch nicht mehr.

3392
Dirk_H hat geschrieben:Habe ich mir auch nicht aus den Fingern gesogen. Das ist die Variante die ich kenne und die ich auch für sinnvoll halte. :zwinker2:
Sagt doch keiner.
Ich hab allerdings aus Hannoverschen Zeiten (Hannover Athletics) auch aus der Entfernung schon die eher leistungsfokussiertere Variante gesehen. War mir nicht sonderlich sympathisch. Die gibt es ja mittlerweile auch nicht mehr.
Doch, die gibt es wohl. Letzten Samstag noch hinterher gelaufen...

Die sind aber auch keine spezifische LA-Verein und mehr private Leistungsgruppe.

3393
In seiner ursprünglichen Version hat es die zerbröselt, was vermutlich auch daran liegt (meine Meinung), dass es zum Teil immer eine private Leistungsgruppe (als eingetragener Verein) war.
Die meisten der Mitglieder sind erst zu Hannover 96 und jetzt ist ein Teil zum Braunschweiger Laufclub, der irgendwie auch sonst recht flächig in Hannover rekrutiet hat.

3394
ruca hat geschrieben:Aktuelles Beispiel: Hamburg Running.

Deren unterste Gruppe ist "Ambitionierte Hobbysportler" und langsamer 10k in 50 Minuten (Frauen 60 Minuten) darf man auch nicht sein.
So ein Programm steht und fällt allerdings mit dem Trainerstab. Das ist ja kein Großverein, sondern ein Nischenclub. Und wenn man so die Vita liest, dann haben sich da einige Leute zusammengefunden die gerne Leistungssport betreiben bzw. diesen im Training anbieten wollen.

Von daher, solche Clubs kommen und gehen, denn sie sind m.E. nicht breit genug aufgestellt um selbst tragend zu sein. Wenn der Trainerstab weg geht, warum auch immer, dann war es das mit dem Programm.

Von daher können die sich sowas "leisten". Wobei man auch sehen muss, wenn da jemand kommt ohne Leistungsanspruch an sich selbst, dann ist er dort auch einfach falsch. Wenn die ihr Bahntraining machen und schon geduscht nach Hause fahren, während der "nicht ambitionierte Hobbysportler" noch 3*400m + Auslaufen vor sich hat, dann ist der da auch nicht lange glücklich. Wird er doch nur zum Licht ausmachen gebraucht und ansonsten nur ständig überholt.
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3395
JoelH hat geschrieben:Von daher, solche Clubs kommen und gehen, denn sie sind m.E. nicht breit genug aufgestellt um selbst tragend zu sein. Wenn der Trainerstab weg geht, warum auch immer, dann war es das mit dem Programm.
In dem Fall nicht ganz.

Es gibt engagierte Sponsoren, denen das mehr als ein wenig Trikotwerbung wert ist.
Sozusagen eine Hamburg-Mini-Version das NN-Running-Teams. :zwinker5:
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Rolli hat geschrieben:Problem Nr. 1: ich will nicht das machen, was Papa macht.
Problem Nr. 2: sie habe noch gar nicht Spaß an der Leistung kennen gelernt
Problem Nr. 3: sozialer Umfeld spiel die Leistungsverweigerung vor
Viele Kinder und Jugendliche, die sehr ehrgiezig und leistungsorientiert sind, sind es nicht nur im Sport. Und dann wird eben abgewogen:
Einser Abitur oder Lauftraining?
Wechsel in eine andere Stadt wegen der Berufsausbildung oder Hochsprungkariere?
Auslandssemester oder 10 Kampftraining?

"Das Internet ist der dümmste Ort der Welt." Jan Gorkow

3397
Santander hat geschrieben:Viele Kinder und Jugendliche, die sehr ehrgiezig und leistungsorientiert sind, sind es nicht nur im Sport. Und dann wird eben abgewogen:
Einser Abitur oder Lauftraining?
Sehr oft funktionieren beide Seiten gleichzeitig... wenn sich die Überehrgeizige Eltern nicht einmischen und über die Köpfe der Kinder entscheiden.

3398
Santander hat geschrieben:Viele Kinder und Jugendliche, die sehr ehrgiezig und leistungsorientiert sind, sind es nicht nur im Sport. Und dann wird eben abgewogen:
Sicher, Priorisierung ist wichtig. Und dennoch schließt das eine das andere nicht aus.
Rolli hat geschrieben:Problem Nr. 1: ich will nicht das machen, was Papa macht.
Problem Nr. 2: sie habe noch gar nicht Spaß an der Leistung kennen gelernt
Problem Nr. 3: sozialer Umfeld spiel die Leistungsverweigerung vor
Das ist natürlich ein Punkt. Das habe ich mich auch schon gefragt. Und wenn man ehrlich ist, wie wirkt das denn auf die Kinder?

Papa macht die ganze Zeit einen mega Streß wegen der Firma, hat schlechte Laune, wenn mal etwas schief gelaufen ist usw. Und wenn dann Freizeit angesagt ist, geht es in die Laufschuhe, aufs Rad, etc.
Das erscheint vielen keine attraktive Option.
nix is fix

3399
D-Bus hat geschrieben:Nebenbei, auch in den USA gibt's immer wieder welche, die da unter den Top-3 landen, aber die Qualizeit nicht haben (je nach Jahr und Disziplin). Manchmal wird die dann danach erzielt, und manchmal halt nicht. Dann fährt eben der viertplatzierte zur Olympia.
Hocker, der am Sonntag dort die 1500 m vor Centro gewonnen hat, hat bsw. die Qualizeit nicht.
Aber er wird wohl über die Weltrangliste reinrutschen.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

3400
D-Bus hat geschrieben:Hocker, der am Sonntag dort die 1500 m vor Centro gewonnen hat, hat bsw. die Qualizeit nicht.
Aber er wird wohl über die Weltrangliste reinrutschen.
Weiß Du, wo die Qualizeit in USA liegt?

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