Der Morgen am Tag der OP verlief gut. Ich wachte vor dem Wecker auf und konnte mich noch ein wenig mehr dem Packen des Rucksackes widmen. Unglaublich, wie viel man am herumtüdeln ist, weil man Schiss hat, etwas Wichtiges zu vergessen. Danach ins KH, das schicke Hemdchen angezogen und schon bald darauf ging (fuhr) es in den OP Saal. Dort angekommen, maß man den Blutdruck und weil man den Wert nicht glauben konnte, noch ein zweites Mal. 110/60 = optimal. Und das, obwohl ich adipös bin. Der Anästhesist hat länger als erforderlich auf die Werte geschaut, als er den Saal betrat.
[einschub]Wenn ich über die Adipositas humorvoll spreche, bedeutet das im übrigen nicht, dass ich sie lustig finde. Aber im Alltag und von Ärzten wird man öfters als Mensch zweiter Klasse behandelt, weil das offensichtliche zu sehen ist. Dabei rauche und trinke ich nicht. Und der niedrige Blutdruck gibt mir Hoffnung, dass ich durch Sport und Abnehmen schlimmeres vermeiden kann. Von daher bin ich jedes Mal froh, nicht dem Mainstream (dick = hoher Blutdruck) zu entsprechen. Die Kilos zu verlieren wird ein langer Prozess werden und manchmal ärgert mich die Unsensibilität von den Ärzten.[/einschub]
Nach der OP hatte ich Mühe, mich zurechtzufinden. Befand ich mich doch gerade in schwierigen Friedensverhandlungen mit einem Stammesvolk und plötzlich stehen Leute an meinem Bett herum. Ich war wirklich irritiert und brauchte einige Sekunden um festzustellen, dass der Traum nicht die Realität gewesen war. Ich hätte die Friedensverhandlungen dennoch gerne abgeschlossen. "Haben Sie gut mitgemacht, Frau Bode" sagt die Schwester zu mir. Ich entgegne: "Aber ich habe doch nichts gemacht!" - bin halt ehrlich. Lag doch nur herum.
Die Lunge brannte durch die Beatmung und da ich Asthmatikerin bin, gab man mir nochmal extra Spray, obwohl die Blutsättigung 100 % betrug. All das war aber nicht schlimm im Vergleich zu den hämmernden migräneartigen Kopfschmerzen, die ich verspürte. Und die mich noch sehr lange beschäftigen würden. Der Tag verging sehr langsam. Ich hatte ja gehofft, im Dämmerschlaf den Freitag zu verpennen. Aber das Schmerzzentrum hielt mich wach. Zudem konnte ich auf dem Bett nicht schlafen. Als Bauchschläfer hat man bei so einer OP die A Karte gezogen und ich versuchte, so seitlich wie möglich zu liegen, wie es ging. Natürlich lief ständig Blut aus der Nase, so dass ich immer mit einem Papiertuch die Nase ein wenig umhüllte, so dass nicht alles aufs Kissen ging.
Meine Mutter besuchte mich am selben Tag. Aber das machte wenig Sinn, so dass sie nach 20 Minuten wieder ging. Ich konnte einfach wegen den Schmerzen keine Unterhaltung führen. Und irgendwann sagten die Schwestern mir, dass sie mir keine Schmerzmittel mehr geben könnten und ich das aushalten müsste. So hielt ich es aus - die ganze Nacht. Und fragte mich - des ständigen Hin- und Herwälzens leid - ob diese Nacht 20 Stunden lang war, so oft döste ich ein und wachte kurz darauf wieder auf. Anhand der Schmerzen setzte meine Regelblutung aus, die ich am Freitag bekommen hatte (sie startete erst wieder am Sonntag).
Am nächsten Tag wurden die Kopfschmerzen besser, so dass ich sie mit den reichlichen Kühlpacks aushalten konnte. Da ich die Nacht nicht geschlafen hatte, wollte ich den Tag aber auch nicht im Bett verbringen, um wieder dieses Problem zu haben. So lief ich ein wenig umher, ging mit Mutti Eis essen in der Krankenhauscafeteria und verbrachte sonst viele Stunden im Aufenthaltsraum, der sonst von niemandem genutzt wurde. Ich verstand mich mit meiner Zimmernachbarin sehr gut, aber dennoch genoss ich es, alleine in einem Raum sein zu können. Bis Abends saß ich da und ging frohen Mutes wieder ins Bett. Um nach einer Stunde die Schwester um eine Schlaftablette zu bitten. Und um nach einer weiteren Stunde sie zu fragen, welches Medikament das gewesen ist (ich hatte ja echt geglaubt, dass sie mir ein Placebo gegeben hatte). Danach ging ich ins Bett um nach der nächsten Stunde aufzustehen und mit Smartphone in den Aufenthaltsraum umzuziehen.
Es sollte anscheinend nicht sein. Ich konnte in dem Bett nicht schlafen. Dafür gab es mehrere Gründe. Unter anderem habe ich Nervenschmerzen in den Füßen, die immer dann aktiv werden, wenn sie warm werden. Der körperliche Zustand meinerseits wird tatsächlich von den Füßen gesteuert. Zu der Zeit war es im Krankenhaus sehr warm. Und obwohl Petra und ich als Frischluftfanatiker alles taten, um das Zimmer zu lüften, blieb es warm. Mittlerweile nehme ich Milgamma Protekt, dass die schlimmsten Schmerzen ausschaltet und mir ein angenehmes Leben ermöglicht, wofür ich dem Herrn sehr sehr dankbar bin.
Ich blieb also wach, im abgedunkelten Aufenthaltsraum, starrte mehr oder weniger auf mein Smartphone, worauf ich mir Videostreams anschaute, schloss ab und zu die Augen und fasste den Beschluss, mich am folgenden Tag selbst zu entlassen. Das würde der Tag sein, an dem die Tamponaden, die in der Nase waren, herausgezogen werden würden. Und ich konnte keine dritte Nacht (+ den Tag) mehr schlaflos verbringen. Das all das an der psychischen Komponente zerrte, muss ich nicht weiter ausführen. Es ging einfach nicht mehr.
Es wurde wieder hell. Ich setzte mich auf das Bett und wartete auf den Arzt, der dann auch bald daraufhin kam. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, ihm von meiner Absicht erst in Kenntnis zu setzen, NACHDEM er die Tamponaden entfernt hat. Aber so hatte ich das Gefühl, dass er das ruppiger als sonst machte. Er knallte die Nasensprays auf den Beistelltisch und hielt mir eine Standpauke, indem er alle möglichen schrecklichen Szenarien mir an die Wand malte. Ich hatte ihm davon erzählt, dass ich zwei Nächte und Tage nicht schlafen konnte. Seine Antwort darauf war: "Diese Nacht wird es sicher etwas."
Davon konnte ich mir nichts kaufen und wollte es auch nicht. Ich wäre eh am nächsten Tag entlassen worden, also ließ ich mich vom Arzt zusammenfalten, nickte, als er mir sagte, dass ich Montag bei ihm in der Gemeinschaftspraxis erscheinen müsste (wegen Absaugen) und packte bald daraufhin meine Sachen. Wenn man mich nicht ernst nimmt, habe ich auch keine Lust, mich noch weiter rechtfertigen zu müssen. Von Petra verabschiedete ich mich sehr freundlich, sie war echt eine Unterstützung in dieser Zeit gewesen und hat mir oft Wasser ans Bett gebracht. Danach hatte ich noch ein nettes Gespräch mit einem Pfleger und bald daraufhin saß ich im Taxi nach Hause.
Als ich den Weg zu meiner Wohnung entlang ging - wusste ich, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Meine Wohung war gute 10 Grad kühler als die Außentemperatur, meine Mutter kam bald daraufhin in die Wohnung. Wir aßen noch etwas Kuchen und abends ging ich ins Bett um 7,5 Stunden ohne Probleme durchzuschlafen. Am nächsten Tag ging ich in die Praxis, um bei einem anderen HNO Arzt mich behandeln zu lassen. Ich habe das Vertrauen in den Arzt verloren und bin froh, dass ich die freie Arztwahl habe und selbst entscheiden kann, wen ich an meine Nase ran lasse und wen nicht.
Ich treffe Entscheidungen nicht leichtfertig, aber die letzten Tage haben mich bestätigt, dass es die richtige gewesen ist. Mittwoch und Freitag muss ich wieder zum HNO Arzt. Ich behandel momentan die Nase mit zwei Nasensprays und Tabletten anhand des Post OP Plans. Zwei Bilder habe ich für euch, das eine wurde am Samstag aufgenommen, dass andere heute. Da es Menschen gibt, die Blut und Co. nicht sehen möchten, habe ich es verpixelt. Wer sich für die Sache interessiert, muss auf den Link klicken. Äußerlich sieht man nichts mehr. Schon am Sonntag war nichts zu sehen. War vielleicht gut, dass ich das erste Bild geschossen habe, sonst könnte man anzweifeln, dass ich überhaupt im KH war.
Diese Woche werde ich mich der Regeneration widmen und kleinere Spaziergänge unternehmen. Nächste Woche werde ich diese ein wenig ausdehnen. Aber immer so, wie der Körper mir das signalisiert. Jetzt, wo es bald wieder kühler wird, gehts mir auch wieder besser. Meine Wohnung heizt sich ja trotzdem irgendwann auf.
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Foto unverpixelt