Woche 7, langer Lauf, 12,8 km
Für diesen Lauf gibt es eine Erschwerniszulage. Aber echt!
Für den inneren Schweinehund suche ich jetzt auch eine Namen, damit ich ihn bei diesem nennen kann. Oft, viel zu oft, habe ich heute mit ihm gerungen, und ihn dann beinahe bis zum Schluss bezwungen. Aber von Anfang an.
Da sich die Distanz mit der von vorigem Samstag gedeckt hatte, wollte ich mich mit der selben Strecke herausfordern. So war mein Plan.
Angefangen hat es dann schon in der Früh. Das Thermometer zeigte Temperaturen knapp über Null. Der Blick aus dem Fenster ließ Windtätigkeit erkennen. Da gönnte ich mir eben noch ein wenig Wärme unter der Bettdecke.
Nach 9 Uhr machte ich ernst. Rein in die Laufkleidung und - schuhe, und raus!
Gewählt habe ich dann ein langärmeliges Shirt, mit diesen verlängerten Ärmel, die einen "Daumenausstieg" haben. Darüber die Softshellweste als windbreaker. Für die Beine musste es die 3/4-Sommertight tun.
Bei den ersten 500 m war ich schon froh um diese langen Ärmel. Der Wind war derart eisig, dass ich die Hände komplett darin verschwinden lassen musste. Dadurch auch die Laufuhr. Die ließ ich ab dem Zeitpunkt nur noch vibrieren und machen. Ich sah bis zur Halbzeit kein einziges Mal drauf.
Boah, dieser Wind machte mir ganz schön zu schaffen. Oft hunderte Meter Gegenwind, oder von der Seite. Den Wind im Rücken hatte ich ganz selten. Außerdem spürte ich auch etwas, dass ich diesmal nicht zwei Tage zur Regeneration hatte. Das mit dem kilometerlangem Durchlaufen, ging dieses Mal nicht so locker, wie noch vorige Woche.
Nach 4 km rief mein Schweinehund schon, dass ich den Berg erst gar nicht hochlaufen soll. Ich könne doch einfach umdrehen, und mir dann eine Ausweichstrecke auf den sanften Wellen aussuchen.
Nein! Da beiße ich mich durch!
Dann kam der Berg. Ich hatte Respekt. Lief ich doch genau in Windrichtung NO. Auf der Steigung selber spürte ich nichts vom Gegenwind. Der pfiff oben drüber, und die Häuser links und rechts hielten ihn gut ab. Erst dort, wo ich in unbebaute Gefilde kam, war er dann zu spüren.
Das letzte Stück ging es runter vom Asphalt, und über den Feldweg hoch zum kleinen Wäldchen. Es dauerte nicht lange, und ich hatte schon einen kleinen Stein im Schuh.
Stehenbleiben, Schuh ausziehen, Stein rauschütteln und den Schuh wieder anziehen. Oh, was war ich da um mein Yogatraining froh. Auf einem Bein stehen, das kann ich inzwischen ganz gut. Auch das zweite Bein dabei bewegen habe ich schon gut drauf.
So stand ich also da wie ein Flamingo im Wind. Standbein links, abgewinkeltes Bein hochgezogen bis zum Oberkörper und den Schuh in diesem Zustand ausgeschüttelt und wieder angezogen. Zugeschnürt und weiter gelaufen.
Oben beim kleinen Wald steht eine Bank, auf die ließ ich mich dann nieder. Noch ein kleines Filmchen vom Wind gedreht. Wobei es dort oben eh nur ein "leichtes Lüftchen" war. Der Wald nahm dem Wind das Tempo.
https://www.youtube.com/watch?v=TNda5td ... e=youtu.be
Nach wenigen Minuten machte ich mich auf den Rückweg. Die 50 Höhenmeter bergab machten richtig Freude. Dann kamen wieder ebene und wellige Strecken. Zu dieser Zeit machte mir dann der Gegen- und Seitenwind schon ganz gut zu schaffen. Mein Fahrgestell hatte schon viel Sprit verbraucht und begann zu stottern.
Bah, zu der Zeit begann ich mit dem Schweinehund zu rangeln. Wie beim fartlek musste ich mir Ziele setzen, bis wohin ich das Laufen garantiert nicht aufhöre. "Die nächste Querstraße ist eh nicht mehr weit. Dort muss du vor dem Überqueren sowieso stehen bleiben und warten bis die Autos durch sind." Dann lief ich um die vermeintlich letzte Kurve vor dieser Straße und sie war dann doch nicht so nahe. Wenn ich mir aber in den Kopf gesetzt habe, dass ich bis zu der Straße ausschließlich laufe, dann kann der Schweinehund sagen, was er will. Ich laufe!
Nach dieser Straße gönnte ich mir einen kurzen Walk. Lange war das sowieso nicht möglich. Schweißnass, und Wind der durch Mark und Bein geht, vertragen sich nicht so gut.
Auch mein Stirnband, ein vierfach zusammengelegter Buff, musste ich immer tiefer ins Gesicht ziehen. Die schweißnassen Stellen, und dieser Wind, waren nicht so gut für mein Hirn. Da hätte ich gleich mit Eispatrone auf der Stirn laufen können.
Ich musste darauf achten, dass mein Kopf warm blieb.
Bis Kilometer 10 hielt ich das durch, aber dann ...
... dann waren da einige hundert Meter, wo der Wind so richtig schön ankonnte. Da wollte ich einfach nicht mehr laufen! Den gesamten Verbindungsweg zwischen zwei Siedlungen bin ich dann gegangen. Bei den Häusern angekommen nahm ich wieder das Lauftempo auf.
Das war dann aber der Zeitpunkt, wo sich auch meine Orthopädie gemeldet hatte. Die linke Achillessehne meinte "Grüß Gott" sagen zu müssen. Die Wadeln machten sich auch bemerkbar. Ab da lief ich dann auf "Eco". Bänder- und Muskelschonend.
Ca. 800 Meter vom Haus entfernt hatte ich dann die letzte Steigung. Danach blieb ich kurz stehen um die Hüften locker zu machen, und vor dem Endspurt nochmal durchzuschnaufen.
Ich lief los und kurz danach vibrierten die Uhr schon wieder. Ich sah nach, und da zeigte sie "Training beendet" an.
"Soweit ich mich erinnern kann, musste ich vor eine Woche noch eine kleine Ortsrunde drehen, bevor die 12,8 km voll waren."
Ich drückte dann einfach "Weiter", damit es die restliche Strecke auch noch trackt und lief dann die letzten 700 m bergab.
Nach wenigen hundert Metern war ich froh, dass ich mich die letzten Kilometer geschont hatte, weil ich noch aufrecht zuhause ankommen wollte. Da zwickte es plötzlich ganz schön heftig in der Leiste. Zerrung?
Lauf beendet, gehend zuhause angekommen.
Zuhause hatte ich dann rotgefrorene Oberschenkel, das Hinterteil war kalt, und die Hände konnte ich auch nur durch diese verlängerten Ärmel vor der Kälte schützen. (Normalerweise werden die innerhalb des ersten Kilometers schon so warm, dass ich keine Handschuhe brauche. Nur bei Minus 9 Grad zog ich mir welche an.)
Jetzt bin ich gesättigt, trocken gelegt, und die Leiste mit Eis versorgt. Die Laufuhr wurde auch schon ausgewertet. 12,18 km war ich unterwegs.
Warum sie dann schon über einen halben Kilometer vorher das Training beendet hat, wird wohl ihr Geheimnis bleiben.
Heute ging ganz schön viel in meinem Kopf vor sich. Ich habe innerlich über diesen hartnäckigen Winter geflucht, mir einen Helikopter herbeigesehnt, eine fahrende Plakatwand vor mir die mir den Wind abhält, ...
... aber in 6 Wochen laufe ich einen gemütlichen Cityrun, und da werden mir diese Widrigkeiten sicher von Vorteil sein. Selbst, wenn es am 6. Mai regnet wie aus Kübeln gegossen, so wird mir das nur einen Lacher kosten. Heute habe ich echt gebissen, gebissen, gebissen. Da werde ich dann im Mai nur noch fliegen.