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Wirbelprothese / -versteifung und Laufsport - Erfahrungen?

Wirbelprothese / -versteifung und Laufsport - Erfahrungen?

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Hallo!

Mich würde interessieren, ob jemand von euch mit einer Wirbelprothese bzw. auch "nur" Versteifung den erneuten Einstieg in den Laufsport geschafft hat. (Kleine Erklärung gibt's unten.)
Das größte Problem wird schmerzbedingt sein, wobei mir auch allgemein bisher sämtliche Ärzte vom Laufen abgeraten haben. Es gibt anscheinend Patienten, die auch längere Zeit nach den OP's noch bei jeder kleinen Erschütterung unter Schmerzen leiden.

Außerdem kann mir vorstellen, dass gerade beim Laufen auf Dauer Überlastungen der umliegenden Bandscheiben vorprogrammiert sind. Auch das Abfangen der Stöße durch Schrauben könnte längerfristig ein Problem werden.

Bin zwar primär Radsportler, kann mir aber erstmal kaum vorstellen, lebenslang das Lauftraining aufzugeben.
Wobei meinen Eltern schon zu viel ist, dass ich wieder auf's Rennrad steigen will. :angst:

Würde mich über Erfahrungen freuen!

Zur Erklärung:
Eine Wirbelprothese ist quasi ein "Titanstab", der den Platz eines Wirbels ausfüllt, wenn dieser entfernt werden musste. Zwangsweise geht damit eine dauerhafte Versteifung der umliegenden Wirbel einher (s. Stäbe und Schrauben).
Um sich eine Vorstellung davon zu machen:
Diese wird meist bei schwersten Wirbelbrüchen (v.a. "Berstungsbruch") eingesetzt, weil eine Ausheilung des Wirbels ausgeschlossen ist - und um eine weitere Schädigung des Spinalkanals (Rückenmark) durch Knochenteile zu verhindern. Die Verletzung entsteht durch stumpfe Gewalt (bei mir eine Motorhaube).[/i]

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Uiuiui, da haste aber in die vollen gegriffen.... :haeh:
Du erwähnst deine Eltern... wie alt bist du denn? Wielange ist die Verletzung denn her? welche Laufumfänge schweben dir denn vor?

Also, mit einer Spondylodese zu laufen, halte ich für sehr gewagt.
Die Bandscheiben und die WS-Muskulatur sind ja eigentlich als Stoßabsorbierer da. Durch die Versteifung und das Metall wird dieser Effekt ja quasi zunichte gemacht... und die anderen "Etagen" der LWS müssen die Stöße abfangen, was sicher früher oder später zu Beschwerden aufgrund Überlastung führen wird.....

Radfahren ist sicher kein Problem, aber Laufen- zumindest regelmäßig und in höherem Umfang- birgt sicher auch die Gefahr einer frühzeitigen Implantatlockerung..... da du scheinbar noch jünger bist, solltest du mit den jetzigen Ressourcen pfleglich umgehen. Mit einer Lockerung des Metalls und des damit verbundenen Implantatwechsels ist nicht zu spaßen, vor allem im puncto Narbenbildung und Weichteil- Nervenverletzung durch erneute Op.
Wir sind vom Leben gezeichnet in den buntesten Farben, und wir tragen sie mit Stolz, unsere Wunden und Narben (SDP)

Dieser Weg wird kein leichter sein...(Teil 1)
In Ruhe alt werd´ich später.....(Forts.)

Kölner Zoolauf 07/2017 8,6 km
Kölner Brückenlauf 09/2017 15,65 km 1:43:xx
HM Köln 10/2017. 21,1 km 2:18.xx

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Hey Malu68, danke für die Antwort!

Nagut, bei solchen Unfällen hat man nunmal leider selten Einfluss drauf und kann noch so vorsichtig sein.

Du scheinst in der Medizin tätig zu sein?
Das ganze ist jetzt 3 Monate her (17. Mai). Bin 22 Jahre alt. Die Verknüpfung zu meinen Eltern kommt daher, dass mein Vater letzte Woche meinen Halbbruder verloren hat. Was das bei ihm für Ängste auslösen kann, möchte ich mir garnicht ausmalen. Möchte daher absolut keinen Ego-Trip fahren, sondern für alle eine gute Lösung finden. Wobei es für mich ganz ohne Sport einfach keine richtige Lebensqualität mehr gäbe.

Zum Laufen/Sport:
Bisher waren bei mir 10km-Läufe fester Bestandteil als Ergänzung zum Radtraining. Außerdem LH-Kniebeugen, welche wahrscheinlich auch tabu sind.

Wäre auch für Erfahrungen zum Radfahren echt dankbar. Gefühlt scheint auch das einfachste MTB-Training ab jetzt raus zu sein. Evtl. mit Fully noch möglich, da wäre mir dann jeder Kompromiss recht. Klingt vielleicht leichtsinnig, aber z.B. nur wegen Sturzgefahr jetzt kein ordentliches Leben mehr zu führen, kann ich mir kaum vorstellen.

Dass man gerade mit dem Laufen noch Folgekomplikationen riskiert, ist ja ansich reine Logik. Irgendwo hofft man dann aber doch noch von positiven Erfahrungen. Ich schätze das Risiko von Schäden an den "doppelt belasteten" Bandscheiben an sich sogar größer ein, als eine Lockerung der Schrauben. Weitere Gewebe- und periphere Nervenschäden wären zumindest bei minimal-invasiven OP's über den Rücken minimiert (wenn die Chirurgen wissen, was sie tun, natürlich.) Der Bauchschnitt kann einem da wohl das meiste zerreißen, die Erfahrung durfte ich in der Sache auch machen. :D

Das mit dem Körper schonen fällt vermutlich einem jüngeren, bisher aktiven Menschen sogar noch schwerer, wenn du verstehst, was ich meine. Immerhin besser als ein Querschnitt - hinterher ärgern bringt einem auch nichts. :rolleyes:

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Du hast Recht, ich bin in der Medizin tätig.
Ich bin aber auch selbst betroffen. Durch einen Reitunfall vor nunmehr 10 Jahren erlitt ich Brüche in LWK 2 und 3 (Kompressionsfraktur und Berstfraktur) und eine Grundplatteninfraktion LWK 1. Ich bin damals konservativ, heißt ohne OP, mit einem Korsett für 4 Monate behandelt worden.

Retrospektiv betrachtet war das für mich die bessere Therapie, ohne Metall und OP.

Durch die entstandene Fehlstatik kam dann 2012 beim Laufen ein Ermüdungsbruch im Kreuzbein dazu. 2014 folgte ein erneuter Ermüdungsbruch auf der anderen Seite.

Ich reite und laufe trotzdem weiter. Ich bin allerdings Dauerkunde beim Orthopäden, ohne Spritzen und Medikamente geht zeitweise nichts.
Psychisch geht es mir mit Sport auch deutlich besser, eine längere Pause letztes Jahr ließ mich doch sehr komisch werden :wink: , so dass ich wieder angefangen habe zu laufen, vor allem weil ich ohne Sport auch heftige Schmerzen hatte.

Meine LWS ist von den Degenerationen sicher 25-30 Jahre älter als ich und daher deutlich belastungsgemindert.
Das habe ich zu akzeptieren, tu ich das nicht ( ich lerne es einfach nicht :zwinker2: ), hab ich Probleme.
Ich habe das Glück, einen Orthopäden zu haben, der das (halbwegs) versteht und mir hilft, wenn ich ihn brauche.

Was ich dir damit sagen will?

Du hast da jetzt eine Schwachstelle, auf die du besonders aufpassen musst. Welche Sportarten du machen kannst, weiß ich nicht.
Laufen? Stöße? Stauchung? Bandscheibenschäden?
Radfahren? Sturzgefahr? Gebeugte Haltung?

Möglicherweise ist die Dosis das Gift.

Ich hab mich auch übermütigerweise zu einem HM im Oktober angemeldet.... ich will einmal einen HM laufen, und wenn es das letzte ich, was ich tue.... mir ist klar, dass ich keine Bestzeiten mehr laufe, mir ist auch klar, dass ein HM an meine Belastungsgrenze geht, allein auch schon das Training....

Ich glaube ich versteh dich ziemlich gut. Vor allem weil,du noch 27 Jahre jünger bist als ich. Umso mehr musst du mit deinen Ressourcen haushalten, sicher auch in beruflicher Hinsicht....
Versuch jetzt, eine vernünftige intensive Rehabilitation zu machen, Muskelaufbau des Rückens entlastet die Wirbelsäule.

Wichtig ist, dass du einen guten Orthopäden und Physiotherapeuten hast, wenn nicht such dir einen... du wirst sie brauchen.

Und deine Sportumfänge ? Die Zeit wird es zeigen.... 3 Monate sind noch keine Zeit... Dein Körper wird zu dir sprechen.... aber denk immer dran, du kannst wieder auf eigenen Beinen durchs Leben gehen.... riskier das nicht..... und sei dankbar dafür!
Wir sind vom Leben gezeichnet in den buntesten Farben, und wir tragen sie mit Stolz, unsere Wunden und Narben (SDP)

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^Ja, Reitunfälle sind bei den Ursachen anscheinend auch nicht selten. Hätte mir aber nicht vorgestellt, dass auch bei konservativer Behandlung im Nachhinein solche Komplikationen kommen? Klingt absolut nicht ohne. Respekt, dass du damit noch solche Umfänge läufst! Wobei ich da auch eher so eine "Wenn-dann-richtig"-Mentalität kenne. :D

Was war denn ausschlaggebend für die konservative Behandlung? Dass deine Berstfraktur nicht das Rückenmark berührt hat?
Zur Therapie: in welchem Umfang wurde dir die verordnet? Zeitlich sowie in der Form. Mein Sportarzt verordnet mir grundsätzlich nur auf Anfrage, ein Neurologe hatte mir mindestens ein Jahr mit MTT empfohlen. Kann nur schlecht abschätzen, ob ich mir mit eigenem Krafttraining (geführt) wirklich ernsthaft schaden könnte.

Wünsche dir viel Erfolg beim anstehenden Ziel und der restlichen Vorbereitung!

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Grund für das konservative Vorgehen war, dass die Hinterkante des 2. LWK zwar angeknackst war, auch Richtung Rückenmark verschoben war, es aber wohl vertretbar war, das konservativ zu versuchen.
Ausschlaggebend war letztendlich denke ich mein Beruf (Krankenschwester mit viel orthopädischer Berufserfahrung - schon fast zynisch, oder? :wink: ), der Chefarzt des Krankenhauses sprach damals sehr eindringlich mit mir und wies mich auf die Gefahren hin und worauf ich unbedingt achten sollte (Kraftverlust, Sensibilitätsstörungen, Lähmungen etc.) und ließ mir dann die Wahl.
Da ich in meiner beruflichen Tätigkeit noch niemanden gesehen habe, der mit einer WS-OP (Bandscheiben-OP, Versteifungen etc) wirklich froh geworden wäre, oder auch nur 100 Prozent wieder belastbar war, habe ich mich dagegen entschieden.
Hätte ich Ausfälle oder Lähmungen gehabt, wäre meine Entscheidung klar für eine OP gewesen, (man hätte mir sicher erst gar keine Wahl gelassen)

Die Therapie bestand aus 3Monaten Korsett, viel liegen, wenig Belastung. Nach ca 10 Wochen langsam Wiederaufbau und Krankengymnastik.

Nach 16 Wochen ging ich wieder arbeiten. Therapie zu Ende!

Probleme hab ich seit ca 2010 ( der Unfall war 2007). Seitdem laborier ich halt rum, mir ist aber auch klar, dass meine Freizeitaktivitäten und meine berufliche Belastung nicht zu dieser Verletzung passen und ich viel selbst "schuld" bin.
Mein Pech ist halt, dass ich für mein Leben gern laufe und reite. :zwinker2:

Da da hast du ja scheinbar die bessere Wahl getroffen mit deinem Radfahren.... dem kann ich leider so gar nix abgewinnen....blöd eigentlich.

Ich kann dir nur empfehlen, langfristig Physiotherapie und alles was du so kriegen kannst anzunehmen. Die tiefe (autochthone) Rückenmuskulatur ist ganz wichtig für die Stabilität. Diese Muskeln erreichst du in der Regel nicht mit Krafttraining, das setzt eher an den größeren Muskeln an.
Erfahrene Physiotherapeuten können dir da auch bezüglich deines eigenen Krafttrainings vermutlich ganz gute Tipps geben, was geeignet ist und was eher bedenklich ist oder gar schaden könnte.

Ich wünsche dir jedenfalls alles erdenklich Gute, ich bin ja schon was älter, denk du bitte auch nicht nur an deinen Sport, du musst mit deiner Wirbelsäule auch in deinem Beruf noch einige Jahre klar kommen. Auch sitzende Tätigkeit ist auf Dauer Mist für so einen. Rücken, wenn die Muskulatur nicht kräftig genug ist.

Schreib mir gerne, wenn du noch was wissen willst. Gerne auch per PN
liebe Grüße
malu
Wir sind vom Leben gezeichnet in den buntesten Farben, und wir tragen sie mit Stolz, unsere Wunden und Narben (SDP)

Dieser Weg wird kein leichter sein...(Teil 1)
In Ruhe alt werd´ich später.....(Forts.)

Kölner Zoolauf 07/2017 8,6 km
Kölner Brückenlauf 09/2017 15,65 km 1:43:xx
HM Köln 10/2017. 21,1 km 2:18.xx

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Hallo rlbbg,

Mit Interesse verfolge ich diesen Austausch. Ich bin seit 2 Tagen aus dem KH und mein Röntgenbild sieht genauso aus wie Deines. Ich habe mir beim Fahrradsturz den LW1 zerborsten.

Ich bin primär Radsportler, aber auch Laufen gehört zu meinem Ausgleichssportarten.

Mich würde brennend interessieren wie es Dir ergangen ist und wie es Dir heute geht. Ich starte in 2 Wochen eine ambulante Reha.

Vielleicht magst Du ja was schreiben oder wir verlagern das in PN.

Lieben Dank!

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Pilzmat hat geschrieben:Hallo rlbbg,
Der User war zuletzt am 28.0.2017 aktiv im Forum. Da kommt bestimmt nix mehr.
"Ich habe es immer geliebt, zu laufen. Es war etwas was man einfach so machen konnte. Du konntest in jede Richtung laufen, schnell oder langsam, gegen den Wind ankämpfen wenn du wolltest, neue Umgebungen kennenlernen mit der Kraft deiner Füße und dem Mut deiner Lungen." (Jesse Owens)

Wichtiger Hinweis: https://joachim-zelter.de/wp-content/up ... /PDF.9.pdf

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Hey Pilzmat,

erstmal möglichst weitreichende Genesung und viel Geduld dir. Da auch dich Bemitleidung vermutlich kaum weiter bringt, versuche ich das gleich mal komplett zu streichen. :wink:

"Selbstverschuldeter" Sturz, oder fremdverschuldeter Unfall? Trifft letzteres zu, dann bemüh dich sofort um vernünftigen Rechtsbeistand. Frühzeitig drum kümmern, dann kommt nicht Jahre später erneut Stress auf.

Erstmal zu deinen Perspektiven: Reha und Physio auf jeden Fall wahrnehmen. Sobald wieder körperlich möglich, bleib am Ball mit Oberkörper-Übungen - lohnt sich! Alle Belastungen, welche du im Alltag und Sport mit Muskulatur stützen kannst, werden deine Beschwerden an der LWS verringern.Solltest du psychische Folgen mit klarer Zuordnung zum Unfall/Sturz wahrnehmen, bemüh dich um frühzeitige psychologische Betreuung. Bleibt noch zu betonen, dass jede WS-Verletzung ein individueller Fall mit individuellem Verlauf ist. Lass dich nicht entmutigen, sondern nutze die Energie positiv und mach das Beste draus.

Ganz allgemein zu meiner heutigen Situation, nach der du gefragt hast: vieles ist mir wieder möglich, allerdings weiterhin mit spürbaren Einschränkungen.
  • Lauftraining habe ich schmerzbedingt aufgegeben, sollte allerdings zeitnah einen erneuten Test starten.
  • Auf dem Rennrad und MTB bin ich wieder aktiv, wenn auch nicht mehr ambitioniert.
  • Eine über mehr als 1,5h schmerzfreie Sitzposition auf dem Rad suche ich bisher vergebens. Das bringt ohne Gruppe zur Ablenkung einfach nicht mehr den gleichen Spaß.
  • Mindestens ebenso spürbar ist bis heute die Unsicherheit im Straßenverkehr. Ich trainiere Jugendgruppen, kann und möchte dies inzwischen allerdings nur mit zweitem Trainer verantworten. Deutlich verstärkt erneut aufgetreten ist diese "Angst" 1,5 Jahre nach dem Vorfall.
  • Sitzen/Stehen/körperliche Arbeit wird nach wenigen Stunden von Rückenschmerzen begleitet, "Homeoffice" erledige ich seither im Liegen. Davon abgesehen lässt sich der Alltag gut bewältigen.

Alles Gute dir, lass gern (ggf auch per PN) erneut von dir hören!
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