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von FreddyT
Das sind jetzt hier ganz verschiedene Ansätze, ich breche das für mich einmal herunter auf mein Laien-Niveau.
Kinder lernen das Laufen ohne theoretische Überlegungen oder Anweisungen, und mit zwei Jahren kann’s eigentlich jeder. Allerdings läuft jeder etwas anders; das sehen wir schon an dem individuellen Gang, der für einzelne Menschen charakteristisch ist, aber auch auf der Laufbahn.
Wenn wir schneller laufen wollen, sucht der Körper automatisch eine Möglichkeit dafür. Je mehr wir laufen, desto mehr Gelegenheit hat er, den Bewegungsablauf zu optimieren, und das macht er auch grundsätzlich. Wenn wir schneller laufen wollen, sucht er eben eine Möglichkeit, gerade dies zu tun. Irgendetwas überlegen müssen wir dazu erst einmal gar nichts.
Die Frage ist jetzt, wie wir ansonsten den Vorgang des mehr oder schneller Laufens bewusst unterstützen können – ausser eben durch mehr und schneller zu laufen. Eine Möglichkeit ist das Lauf-ABC. Mit bestimmten Übungen erweitern wir die rein körperliche Beweglichkeit und unterstützen das Nervensystem, bestimmte Bewegungsabläufe zu lernen. Beim vermehrten Laufen greift der Körper dann auf die erweiterten bzw. verbesserten Möglichkeiten der Elemente des Bewegungsablaufs zurück mit dem Ergebnis, dass sich unser Bewegungsablauf etwas mehr optimiert als er es ohne diese Übungen täte.
Das reicht jetzt eigentlich für den Normalverbraucher wie mich. Es gibt nun zwei Fallgruppen, bei denen es nicht reicht. Die erste Gruppe ist: ich bin am Ende meiner Leistungssteigerung, die sich durch blosses vermehrtes Laufen ergibt, will aber mehr. Die zweite Gruppe ist: ich habe orthopädische Beschwerden bekommen, die mich am vermehrten Laufen hindern. Beides trifft eigentlich auf den TE nicht zu.
Beides wäre Anlass, den individuellen Bewegungsablauf genauer zu betrachten und dann stellen wir fest: das ist verdammt kompliziert. Denn die scheinbar kinderleichte Bewegung besteht aus sehr vielen Elementen, die alle miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Alles spielt eine Rolle und der Platz reicht hier nicht, das aufzulisten. Die Haltung des Oberkörpers, die Blickrichtung, der Armeinsatz, die Beckenneigung, der Kniehub, die Beinstreckung, die Vertikalbewegung, der Aufsatzpunkt, die Länge des Abrollvorganges – alles hat eine Bedeutung und greift ineinander. Wenn man hier bewusst eingreifen will, ist es zweckmäßig, den Bewegungsablauf vom Fachmann analysieren zu lassen und dann den oder die Punkte herauszusuchen, deren Änderung am ehesten eine Verbesserung der Laufökonomie versprechen. Die kann man dann gezielt angehen. Das würde ich dann auch dem TE empfehlen.
Die hier erwähnte Bodenkontaktzeit ist kein Bewegungselement. Es ist ein gemessener oder errechneter Wert (wer kann mir das erklären?), der sich im Ergebnis aus meinem individuellen Bewegungsablauf ergibt. Anders als hier gesagt meine ich: ich kann die Bodenkontaktzeit nicht unmittelbar und direkt beeinflussen. Ich kann lediglich einzelne Bewegungselemente so ändern, dass sich im Resultat die Bodenkontaktzeit verändert.
Hier schimmert so ein wenig die These durch, eine kurze Bodenkontaktzeit sei per se gut, wie auch irgendwie häufig die Meinung im Forum durchschimmert, der Vorfusslauf sei besser (gar sportlicher) als der Fersenlauf. Ich denke, allgemein kann man das nicht so feststellen. Wie lang die Bodenkontaktzeit ist oder wie ich den Fuss aufsetze, ist für sich genommen völlig Wumpe. Entscheidend ist, ob ich durch eine bestimmte Art des Fussaufsatzes z.B. schneller werde oder z.B. bestimmte orthopädische Beschwerden verringere. Das werde ich allerdings auch nicht alleine mit einer Änderung des Fussaufsatzes erreichen, sondern nur durch eine Änderung des gesamten Bewegungsablaufes, in dem der Fussaufsatz nur ein Element ist. Und da muss man halt probieren, ob und was sich ändert, wenn ich bewusst den Fuss anders aufsetze.
Bei allem Respekt vor der sportlichen Leistung des TE: die Bodenkontaktzeit als solche ist zunächst völlig irrelevant und auch nicht geeignet, als Ansatzpunkt für die Änderung der Laufökonomie zu dienen. Viel wichtiger ist, den Gesamtablauf zu betrachten und sich Gedanken zu machen, an welcher Stelle man eine Änderung des Ablaufes empfehlen kann. Das können wir hier alle gar nicht beurteilen. Zudem bewegt sich der TE in einem Tempobereich, von dem ich zwar wünschte, es wäre in dem Alter auch noch mein Bereich, in dem aber absolut die Millisekunden der Kontaktzeit so gut wie keine Rolle spielen.
Das ist im Wesentlichen auch die Meinung, die viele hier vertreten, weshalb der Ansatz des TE "Änderung der Bodenkontaktzeit" so ein wenig auf Unwillen stösst. Nach den hier gesammelten Erfahrungen bringt die Auseinandersetzung mit diesem Punkt beim jetzigen Leistungsstand des TE wenig bis gar nichts.
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Es ist nicht entscheidend, woher man kommt, sondern wohin man geht.