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Eine halb-gelungene Premiere in der M50: Treviso Marathon 2018

Eine halb-gelungene Premiere in der M50: Treviso Marathon 2018

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Nachdem ich von Ravenna noch meine "runcard" hatte, lag es nahe, auch einmal einen Frühjahrslauf in Italien zu versuchen - von Termin und geographischer Lage bot sich da der 15. Treviso-Marathon an, außerdem waren wir da noch nie und ich kombiniere meine Marathons gern mit Tourismus - gerade außerhalb der Hochsaison immer sehr angenehm in Italien!

Anmeldung:

Online über das Endu-System; erforderlich wie immer die italienische "runcard" sowie ein medizinisches Attest - alles bequem online machbar. Das Nenngeld in Treviso ist für deutsche oder österreichische Verhältnisse fast lachhaft; für den Marathon hatte ich inkl. Bearbeitungsgebühr €41,-- zu berappen, sogar wenn man da die runcard noch dazurechnet ist das günstig. Das Startpaket war dennoch ordentlich - neben dem in Italien üblichen Funktionsleibchen und der Frühlingsausgabe von "Distance Running" auch ein halbes Kilo Nudeln und mehr als ein halbes Kilo des regional beliebten trockenen Teegepäcks!
Teilnehmer:
Über die Marathondistanz waren es in diesem Jahr 1.440 Finisher; an anderen Distanzen wurde nur der eher spaßmäßige, in gefleckten Leibchen zu absolvierende "Mooh-run" über 10km bzw. 3,5km (mit Kindern) angeboten; dieser wird 15 Minuten nach dem Marathon gestartet.
Organisation:
Die Startnummern konnten bereits Freitag und Samstag abgeholt werden, es gab aber auch am Sonntag noch die Möglichkeit (und sogar einen Nachmeldestand). Die Marathon-Expo fand in der Handelskammer mitten in der Altstadt statt. Für die Zeitnehmung kommen Leihchips zum Einsatz, die am Schuh zu befestigen sind und danach wieder abgegeben werden müssen.
Die Strecke ist gut gekennzeichnet und abgesperrt; durch die recht hohe Teilnehmerzahl hat man eigentlich immer jemanden vor sich dem man folgen kann.
Die Verpflegung erfolgt in 5km-Abständen, jeweils ziemlich genau bei den jeweiligen km-Schildern so dass man sich gut darauf vorbereiten konnte. Zwischenzeiten gab's bei 10, 21,1 und 30km; Pacemaker ab 3:00 in 15min-Abständen.
Die Strecke:
ACHTUNG: Früher wurde der Treviso-M als Point-to-Point-Strecke gelaufen, aus den Alpenausläufern in stetem Gefälle nach Süden bis zum Ziel in Treviso. Dies hat ihn als schnelle Strecke sehr beliebt gemacht (teilweise >4000 Finisher), aber die Strecke war natürlich nicht bestzeittauglich. Seit diesem Jahr sind tatsächlich Start und Ziel in Treviso, nur ca. 500m voneinander entfernt - die Strecke ist also IAAF-konform und man spart sich Shuttle-Transfers. Dafür sind heutezutage die Teilnehmerzahlen geringer.
Treviso ist mit nicht einmal 100.000 Einwohnern sehr klein als Marathongemeinde - noch dazu wird der Lauf nicht wie so oft auf zwei Runden verteilt; es ist tatsächlich eine große Runde zu laufen. Die ersten 5km führten auf der breiten und schnurgeraden Via Vittorio Veneto an schönen Villen vorbei nach Norden; dann ging es durch die landwirtschaftlich geprägten Dörfer im Osten der Stadt weit nach Süden - ab km20 nie weit von der Sile, dem Hauptfluss der Region. Die südliche Wende war ca. bei km28; von dort bis km34 folgte der langweiligste Streckenteil - eine breite Landstraße ohne viel Sehenswertes, dafür mit laaangen Geraden. Ab km34 ging's dann direkt am Flussufer entlang, teilweise auf sehr grobem Schotter, teils sogar auf Holzbrücken (Die Sile hat dort hübsche Aulandschaften geschaffen) - nicht unbedingt leicht zu laufen, aber landschaftlich und von der Abwechslung her sehr schön! Ab ca. km38 wurde es dann rechterhand städtisch aber erst bei km 40 verließen wir das Flussufer; die letzten zwei Kilometer führten dann direkt durchs Zentrum der Altstadt und zum Ziel beim nördlichen Stadttor.
Aus meiner Sicht ist die Strecke gut gelungen - die breite und gerade Führung am Anfang erlaubte ein ordentliches Sortieren; die enge Altstadt kam vernünftigerweise am Schluss. Die ländlichen Streckenabschnitte waren natürlich eher eintönig, man kam aber immer wieder durch kleine Siedlungen. Und alle Fluss-Kilometer, beginnend bei km23, waren sehr reizvoll. Von den Höhenmetern her war es nicht anspruchsvoll; zwei Autobahn-Überführungen und eine Unterführung, alle mit sehr sanften Rampen, waren dir größten Hindernisse. Hinderlich auf dem Weg zu einer Bestzeit wären wohl eher die ein bis zwei Kilometer mit wirklich grobem Schotter; wer wie ich mit sehr leichten Schuhen läuft, der hat da zu leiden.
Start-/Ziel
Treviso ist klein; das Gelände ist daher von jeder Unterkunft aus bequem zu Fuß zu erreichen. Es stehen jedoch auch große Parkplätze, z.B. beim nahen Stadion, zur Verfügung. Der Startkorridor war vom Platz her großzügig, die Wartezeiten an den mobilen Toiletten kurz. Beidseitig der Hauptstraße verlaufen Radwege, sodass alles jederzeit übersichtlich und ohne Gedrängel erreichbar bleibt - ich habe noch selten einen so sauber organisierten Startbereich erlebt! Die Beutelabgabe erfolgte in einer Turnhalle direkt neben dem Startbogen; dort befanden sich auch die Duschen für danach.
Der Zielbereich war innerhalb der Stadtmauer, ca. 500m entfernt, und ebenfalls ausgezeichnet organisiert. Das Zielbuffet war überraschend reichhaltig, so kenne ich das sonst gar nicht aus Italien - ich habe meiner Erinnerung nach noch überhaupt keinen Marathon mit so umfangreicher und vielfältiger Zielverpflegung erlebt!

Mein eigener Lauf:

Einen richtigen Frühlingsmarathon bin ich in meinem Leben noch ganz ganz selten gelaufen (Barcelona 2012 fällt mir ein); die winterlichen Verhältnisse in der diesmaligen Vorbereitung haben mich daran erinnert warum das so ist. Kurz gesagt, ich kam mit nicht zu hohen Erwartungen - 10% weniger Trainingskilometer als vor Ravenna, und was schlimmer wiegt - kaum Tempoeinheiten. Dafür hatte ich recht viele lange in den Beinen; es bestand also kein Zweifel daran, durchzukommen, sondern nur an der Tempohärte.
Das Wetter war ideal, leicht bewölkt und Temperaturen um die 6°C zum Start - ich konnte in der üblichen Adjustierung laufen; einzige Konzession an den kühlen Wind waren ein paar Pulswärmer über den Achillessehnen: Alles bis zum Start lief sehr relaxt ab, sogar der Platzsprecher war viel zurückhaltender als ich das aus Italien kenne. Musik aus den 70ern und 80ern - perfekt für die übliche Teilnehmerschar an Marathons! (Diesmal sogar etwas älter als gewohnt, weil der Lauf als italienische Masters-Meisterschaft gewertet wurde).
km0-10: Etwas verspätet (offizielle Startzeit wäre 09:30 gewesen) kam der Startschuss; ich verabschiedete mich von der Elisabeth und setzte mich mit dem Feld in Bewegung. Dank der breiten Straße ohne Kurven lief alles weiterhin sehr entspannt - keine Rempeleien oder Ausweichschritte - ich ordnete mich hinter den 3:15-Ballons ein und lief mich warm (auf ein extra Aufwärmen hatte ich wie immer verzichtet). Bereits nach einem Kilometer hatte ich den 3:15er Ballon eingeholt und steigerte langsam das Tempo, immer in Sichtweite der 3:00er Ballons weiter vorne. Fürs Auge wurde mit den prächtigen Villen dort allerhand geboten. Bei km5 verließen wir die Hauptstraße; jetzt wurde es kurvig und enger, aber das Feld hatte sich da bereits gut sortiert und ich begann jetzt meinen Rückstand auf die 3:00er Ballons zu verringern. Bei km8 trafen wir die Teilnehmer des Mooh-Run, eine fröhliche Meute - die Laufstrecken verliefen für ca. 500m parallel, nette Idee! Bei km9 überholte ich einen Oberösterreicher - den einzigen Österreicher den ich an dem Tag traf (wie ich später feststellen musste, war ich der bei weitem schnellste Österreicher in Treviso - es wundert mich angesichts der geographischen Nähe, dass da nicht mehr am Start waren). Recht knapp hinter den 3:00er Ballons passierte ich dann die Zeitmatte bei der 10km-Zwischenzeit - meine Zeit bis dahin: 41:46; Pace 4:10 - etwas flott natürlich.
km10-21: Ich arbeitete mich langsam in die 3:00-Gruppe hinein (zu diesem Zeitpunkt ca. 20 Mann bzw. Frau stark). Bei km 11 und 12 kamen die beiden Autobahn-Überführungen am nordöstlichen Wendepunkt des Kurses; bei der Gefällestrecke von der zweiten Brücke runter begann ich mich von der Gruppe abzusetzen - vor uns war noch recht viel Verkehr am Kurs, jeweils Grüppchen von zwei oder drei Läufern, und ich hatte den Eindruck, das Tempo der 3:00-Pacemaker sei mir in diesem Moment etwas zu gering. Schimpft mich einen Idioten und ich werde euch nicht widersprechen. Vorerst jedoch ging alles gut, ich hatte immer Leute mit denen ich zusammen laufen konnte und die Kilometer zerrannen nur so unter den Beinen. Bei km17, im Örtchen Lanzageo, wartete die Elisabeth auf mich und steckte mir ein Trinkfläschen zu (Wasser mit einer Spur Maltodextrin; ansonsten nahm ich nur bei jeder Station ein paar Schluck Wasser zu mir - die fertig gemixten isotonischen sind mir zu stark). In weiterhin unvernünftig hohem Tempo ging's zur Halbmarathon-Marke, die ich nach 1:28:13 passierte (habe ich im Nachhinein erfahren - es standen bei den Zwischenzeiten keine Uhren und am Handgelenk hatte ich auch keine).
Km21-30: Ab ca. km23 bekamen wir recht viel von der Sile zu sehen; schöne Flußbiegungen, jede Menge Wasservögel aber auch Störche und Reiher. Leider zersplitterte mein Laufgrüppchen etwas, nacheinander mussten zwei der Kollegen zur Pinkelpause weg und plötzlich war ich allein am Weg. Ich konnte aber das Tempo noch halbwegs halten. Ca. bei km28 dann der südliche Wendepunkt in Casale sul Sile, ab hier ging's in mehr oder weniger gerader Linie zurück nach Treviso. Hier begann ich nun meinem Tempo Tribut zu zollen; einige Läufer überholten mich aber ich war nicht in der Lage deren Tempo länger als 500m aufzunehmen. Die Zwischenzeit bei km30 überquerte ich nach 2:06:00; eigentlich eine schöne 30km-Zeit aber für einen Marathon in meinerm Trainingszustand einfach unvernünftig schnell!
km 30-42,2: Zur langsam einsetzenden körperlichen Erschöpfung kam auch eine mentale Herausforderung, die ca. 3km lange Gerade durch Lughignano war der eintönigste Streckenteil - nicht ideal wenn man alleine läuft. Was mir da half war einfach die Sicherheit, auch so einen Lauf sicher ins Ziel bringen zu können, und so plagte ich mich halt diese Strecke entlang. Ab km33 wurde die Landschaft zum Glück hübscher, jetzt ging es am Ufer entlang und das Auge fand immer wieder was zum Ablenken. Bei km34 verließen wir dann die Hauptstraße; ab jetzt folgten wir den Uferradwegen beidseits der Sile. Nicht gerechnet hatte ich mit dem Zustand dieser Wege - mit ohnehin schon müden Beinen und den leichten NB 1400RC an den Füßen wurden diese teils grob geschotterten Abschnitte eine echte Herausforderung! Ebenfalls bei km34 kam der vorderste der 3:00-Pacemaker an mir vorbei, im Schlepptau eine flotte Dame - die Jungs hatten sich offenbar aufgeteilt. So bei km35-36 führte die Laufroute über ein System von Holzbrücken, nach dem Schotter richtig angenehm zu laufen! Gleich danach holte mich dann der zweite 3:00-Pacemaker ein, der ganz allein am Weg war - vom dritten habe ich bis ins Ziel nichts gesehen, der muss ausgestiegen sein.
Ab jetzt ging es am nördlichen Sile-Ufer entlang in die Stadt, es gab immer was zu sehen und mir wurde wenigstens nicht langweilig, auch wenn es etwas deprimierend war, in immer langsamerem Tempo dahinzuhumpeln. Bei km 38 stand noch einmal die Elisabeth mit einer Flasche und dem Fotoapparat: Bei km39 passierte ich unsere Unterkunft direkt an der letzten Flussbiegung; von hier weg kannte ich schon jeden Meter des Wegs von unseren Stadtbesichtigungen an den Vortagen. Die letzten zwei Kilometer führten dann direkt durch die Altstadt, hier war ich ehrlich gesagt ziemlich enttäsucht über die Publikumskulisse - das war in Ravenna ganz anders gewesen! Obwohl wir mit der Piazza dei Signori das lebendige Herz durchquerten, interessierte sich kaum wer der Trevisianer (Trevisoer?) für uns; man hatte eher den Eindruck, dass die Läufer und Absperrungen den Einwohnern beim sonntäglichen Altstadtshopping und Proseccotrinken auf den Wecker gingen.
Ziemlich müde erreichte ich die 400m lange Zielgerade; für einen Spurt war da keine Kraft mehr, aber als ich die Zeit auf der Anzeigetafel las musste ich trotzdem lächeln: eine 3:02er Zeit, genau das was ich mir eigentlich ausgerechnet hatte - nur der Weg dahin war etwas ungleichmäßig gewesen! Genau waren es dann 3:02:27; 128. Gesamtrang und 9. in der M50 (habe ich mir zusammengerechnet; runcard-Läufer scheinen leider in den Altersklasse-Listen nicht auf). Im Ziel wurde man richtig verwöhnt - die Sonne schien, fesche Mädchen setzten uns energisch auf bereitgestellte Stühle und nestelten uns die Leihchips aus der Schnürung, und am wirklich tollen Zielbuffet mit freundlichen Mitarbeitern blieb ich ziemlich lange hängen! Das einzige Manko an der Organisation zeigte sich nach dem Abholen meines Beutels - das Duschwasser war nämlich eiskalt! Das sorgte immerhin für jede Menge Gelächter und Geschrei ...

Fazit:
Eine 3:02er Zeit war genau das was ich vor dem Start im Kopf gehabt hatte - dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, weil es leider keinen Spaß macht am Schluss immer langsamer zu werden. Man sollte meinen dass ich als "alter Hase" vor solchen Fehlern gefeit sei, aber mir sind da ab km11 wirklich etwas die Pferde durchgegangen. Positiv betrachtet - auf die 30km-Durchgangszeit kann man durchaus aufbauen, da fehlt ja nicht mehr so viel an Tempohärte. Eventuell kann ich noch einen Marathon vor dem Sommer wo "einbauen"; ansonsten war es jedenfalls ein halbwegs zufriedenstellender Einstieg in die M50!
Zur Veranstaltung: Das Wetter hat perfekt gepasst, der Wind war zwar oft deutlich merkbar aber nie wirklich ungut. Die Strecke in Treviso ist flach, allerdings sind die ca. 2km Schotter gerade mit leichten Schuhen sehr unangenehm. Das Zuschauerinteresse war eher enttäuschend, an den Hotspots in den Dörfern war jedenfalls mehr los als in Treviso selbst. Von der Organisation her gab's nichts zu meckern, alle Absperrungen etc. waren super geregelt und man fühlte sich als Marathonläufer wirklich wertgeschätzt. Ich fand die Streckenführung, gerade für so einen "Kleinstadtkurs", recht gelungen; man sieht die Gegend in allen ihren Varianten - reiche Villen, mittelalterliche Altstadt, lebendige Dörfer, und die Aulandschaften der Sile. Wenn jemand einen März-Marathon sucht, dann kann ich diesen jedenfalls - mit den genannten Einschränkungen - empfehlen. Treviso als Stadt ist ohnehin auf jeden Fall eine Reise wert! Verschwitzt und (halb) zufrieden!
"Only that day dawns to which we are awake." - H.D.Thoreau
Meine Wettkämpfe in der km-Spiel Tabelle
Meine Lauf-Fotoalben (mit vielen Tiroler Laufstrecken)

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Spannender Bericht - Gratulation zu dieser Super-Zeit.
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10 km - 37:36 (T - April 2019)
HM - 1:30:41 (Sorger Halbmarathon/Graz - April 2018)
M - 3:10:26 (Wien Marathon - April 2019)
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