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How not to

How not to

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Hallo miteinander,

vielleicht hilft mir etwas Input bei meiner Taktiererei in Sachen Trainingsaufbau :)

Kurz zu mir: Ich bin 35 J. alt, weiblich, normalgewichtig und nicht komplett ahnungslos aber völlig aus jeder Fitness raus.

Nun habe ich Mitte September endlich ("wieder"... na ja) mit dem Laufen angefangen und folge einem Anfängerplan der sehr moderat steigert, bin also jetzt in Woche 3,3te Einheit mit 3 Minuten Laufen am Stück im Wechsel mit Geh-Sequenzen. Das ist in Sachen Kondition absolut kein Problem, aber ich bin sehr vorsichtig, weil mein linkes Knie instabiler ist, weil ein Stückchen Knochen fehlt (Ob noch was fehlt weiß man nicht, Spiegelung wollte ich nicht).

Das äußert sich vorwiegend in Belastungsschmerzen bis hin dazu, dass ich es nicht mehr belasten kann, wenn ich es übertreibe. Allerdings verschwindet das, wenn die Muskulatur soweit ist und es abfangen kann. Das ist inzwischen schon ganz gut der Fall, Knieschmerzen während und noch Tage nach auch dem vorsichtigsten Laufen sind also so gut wie erledigt - aber das Problem verschwindet natürlich nicht. Die Muskulatur muss es immer auffangen und dazu muss ich sie hochziehen, was durch die spezifische Belastung am Besten geht.

So.

Bisher halte ich strikt 2 Ruhetage zwischen den Läufen ein. Auch wenn´s mich selbst nervt. Als die Beschwerden am Anfang einmal zu arg waren, hab ich auch mal 3 Tage gewartet. Eben um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Kühlen macht sich auch ganz gut. Wenn ich also das Knie direkt nach dem Laufen eine Weile kühle, regeneriert es scheinbar deutlich besser. Und natürlich habe ich zeitlich mit unterstützendem Muskelaufbau angefangen, das nimmt mein Knie aber übler als das Laufen, da muss ich also etwas um das Knie herum trainieren, blöd gesagt.

Die mich drängelnde Frage ist jetzt, wann ich mit den 2 Tagen Ruhepause langsam lockerer lassen können sollte. Denn eigentlich ist mir das eine Spur zu wenig. Ein Tag würde mir reichen, rein mental. Einerseits habe ich das Gefühl, dass die Muskulatur es schon ganz gut abkann, andrerseits kann ich mir natürlich ganz easy das Bein zerschießen, wenn ich mich verschätze und die Schwachtellen überlaste.

Und nicht hilfreich ist in meinem Fall der Gang zum Arzt, denn der resp. die Ärzte könnens nicht abschätzen. Es ist eine individuelle Deformation, sie schwanken irgendwo zwischen "sollte keine Probleme Verursachen" und "kein Skisport, kein Fußball und kein Jogging" (und "Kein Kraftsport"... fiel ihnen dann ein, als ich schon seit einem Jahr im Sport war und keine Probleme hatte...). Kurzum, der Arzt wird mir sagen, ich sollte gar nicht Laufen gehn.

Vielleicht hat ja jemand Erfahrungen durch Knieverletzungen oder ähnliches und könnte mir Input geben, wie er oder sie es gehandelt hat beim Trainingswiedereinstieg.

Auch Tips zur Vor- und Nachbehandlung des Knies wären sehr hilfreich. Zwar macht es sich im Moment ganz gut, aber ich bin hier quasi am Zwangs-Trailen, weil es hier draußen auf dem Land einfach keine 2k+ Strecke ohne Höhenmeter und Feldwege gibt. Im Kreis auf dem Asphalt joggen fand ich aber halt auch doof.

Freue mich auf jedweden gedanklichen Anstoß.

VG

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"Ein Stückchen Knochen fehlt." Und das soll später nicht mehr fehlen?

Was zum Henker soll irgendjemand, der KEIN ARZT ist und dein Knie nicht live diagnostizieren kann denn aus der Ferne beurteilen und dir einen Rat geben?

Es gibt dutzende Ursachen von Kniebeschwerden!

Gruss Tommi

3
Ich frage ja nicht nach Diagnosen sondern simpel nach weiteren Ideen wie ich das Knie während des Aufbaus schützen, stärken usw. kann abgesehen von dem was ich ohnehin schon tue.

Klar fehlt das auch wenn ich im Training bin weiterhin. Aber es macht ab einem bestimmten Grad an Muskelaufbau keine Schwierigkeiten mehr. Da muss ich eben nur erst hin.

Und wie es immer so schön heißt: Die spezifische Muskulatur für die spezifische Belastung baust du halt auch nur in genau dieser spezifischen Belastung auf. Es hilft mir also auch nicht, wenn ich mir jetzt isoliert die Beine hochtrainiere. Sobald ich dann Laufe fängt das Problem wieder von vorne an.

VG

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Seufz.
Gut, ich kann das nochmal versuchen, einen Arzt aufzutreiben, der mir das ggf. tapet. Aber es ist nicht so, dass da noch kein Arzt dran gewesen wäre. Das führt halt nicht wirklich zu was, leider. Reizstrombehandlung auf Verdacht, die nichts gebracht hat. Physio, auch auf Verdacht, die auch nichts gebracht hat. Ultraschall war ein bisschen gut aber hält nicht lange. Das eine Ding das bisher tatsächlich dauerhaft Besserung gebracht hat war Sport, den ich eigentlich nicht hätte machen dürfen.

Danke, dass ihr euch den Roman überhaupt durchgelesen habt

VG

6
Feldweg hat geschrieben:Ich frage ja nicht nach Diagnosen sondern simpel nach weiteren Ideen wie ich das Knie während des Aufbaus schützen, stärken usw. kann abgesehen von dem was ich ohnehin schon tue.
Selbst da wird sich ein vernünftiger User mit Ideen zurückhalten. Bei der einen Verletzung kann eine spezielle Kräftigungsübung hilfreich sein, bei einer anderen Verletzung den Schaden vergrößern.

Und noch einmal:
weil ein Stückchen Knochen fehlt (Ob noch was fehlt weiß man nicht, Spiegelung wollte ich nicht).
Was soll denn jemand damit anfangen???

Such dir einen erfahrenen Kniespezialisten und dann schaut ihr weiter, was man mit dem Knie machen kann.

Außerdem gibt es andere Verfahren, "um ins Knie zu schauen", als eine Arthroskopie.

Gruss Tommi
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Mein Tagebuch: forum/threads/96079-Die-dicken-Waden-der-dicken-Wade

"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener

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Feldweg hat geschrieben: Klar fehlt das auch wenn ich im Training bin weiterhin. Aber es macht ab einem bestimmten Grad an Muskelaufbau keine Schwierigkeiten mehr. Da muss ich eben nur erst hin.

Und wie es immer so schön heißt: Die spezifische Muskulatur für die spezifische Belastung baust du halt auch nur in genau dieser spezifischen Belastung auf. Es hilft mir also auch nicht, wenn ich mir jetzt isoliert die Beine hochtrainiere. Sobald ich dann Laufe fängt das Problem wieder von vorne an.
Wenn du selbst sagst, dass Muskelaufbau dir hilft (was bei Knieproblemen intuitiv und aus eigener Erfahrung meistens Sinn macht), solltest du überlegen und mit Experten besprechen, wie das am besten zu bewerkstelligen ist. Laufen ist eine Variante, die verhältnismäßig wenig Kraft und Muskeln aufbaut aber mit hoher orthopädischer Belastung einhergeht. Ist auf den ersten Blick also eher ungeeignet. Aus der Ferne kann und sollte dir aber Niemand konkret sagen, wie du deine Probleme in den Griff kriegst. Such dir einen Orthopäden, der mehr macht als ein Röntgenbild und dreimal drauf klopfen, spreche auch mit deinem oder einem Hausarzt, ob der dich begleiten kann und vielleicht mit einem Orthopäden zusammenarbeitet, der sich deiner auch detaillierter annimmt. Such dir einen Physio, der viel mit dir ausprobiert, vielleicht klopfst du auch mal in einem Sportverein an, ob es dort einen erfahrenen Trainer gibt.

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Also ich habe jetzt einen Termin beim Orthopäden ausgemacht, auch wenn ich erst überzeugt werden müsste, dass mich das weiter bringen wird.

Und ich bin heute meinen 4-Minuten-am-Stück Trainingsabschnitt gelaufen und hatte nur zeitweilig Probleme mit dem Knie. Bissl mehr auf den Vorderfuß hilft. Das werde ich mal mental verfolgen - und zum Arzt gehn.

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Klar, dass niemand sich soweit aus dem Fenster lehnt und dir etwas sagen will, wenn nicht exakt bekannt ist, was mit deinem Knie ist.
Aber ganz abgesehen davon bin ich immer der Meinung, solang man von den Ärzten nichts genaueres hört, sollte man möglichst auf sich selbst hören. So wie du schreibst, scheint es mir, als hättest du eine sehr gute Selbstwahrnehmung und ein gutes Körpergefühl. Das in Kombination ist ein besserer Ratgeber als alles andere. Selbst mein Arzt sagte mir mal: "Völlig egal, was ich auf dem Bild sehe oder nicht sehe, am wichtigsten ist mir das klinische Bild meines Patienten - also das, was Sie mir beschreiben."

Mein Knie ist auch etwas geschreddert und muckt manchmal. Damals haben die Ärzte mir gesagt, damit könne ich nie wieder Sport (ganz allgemein gehalten :klatsch: ) machen. Dennoch hat das Knie Marathon- und Ultraerfahrungen ohne Mucken weggesteckt. Geht also doch. Wobei ich vermutlich ne ganz andere Verletzung als du habe, man weiß es ja nicht.

Ich habe jedenfalls mit vorsichtigen Steigerungen begonnen und keine gemeinen Kraftübungen gemacht (Ausfallschritte zu oft oder zu tief oder pylometrische Übungen, sogenannte Sprungübungen), die das Knie mächtig fordern oder plötzliche und heftige Belastungen verursachen. Hab nur Kräftigungsübungen gemacht, die sich sanft und sehr langsam gesteuert ausführen ließen, um genau zu spüren, wieviel das Knie ab kann.
Fordernde Läufe wie Trails oder bergab, dafür brauche ich momentan z.B. eine Grundspannung im Knie. Weiß nicht ganz, wie ich das erklären soll. Wenn ich z.B. einen steinigen Weg bergab schnell runterlaufe, spanne ich beim Auftreten das linke Bein mehr an, so packt das Knie auch gemeine und belastende Schritte beim Laufen ganz gut. Beim rechten Bein muss ich darauf nicht achten, da steckt das Knie das auch so weg. Und irgendwann bin ich hoffentlich wieder so trainiert und kann laufen, ohne mir Gedanken darüber zu machen. Momentan befinde ich mich allerdings neu im Aufbau. Als ich noch voll im Training war, hatte sich das Knieproblem eigentlich komplett erledigt und es hat sich gar nicht mehr gemeldet.

Jedenfalls glaube ich, dass du mit deiner Beobachtungsgabe für das Verhalten deines Knies sicherlich die richtigen Wege findest, laufen zu können ohne dein Knie zu schreddern. Immer vorsichtig steigern und horchen. :daumen:

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Jetzt wo du es sagst - das tue ich auch. Also insbesondere bergab wird das Knie zum echten Problem, aber ich kann etwas gegensteuern indem ich nicht zu tief in die Beugung gehe. Wenn ich also etwas aufrechter bleibe und das Bein damit auch insgesamt etwas weniger gebeugt bleibt, verteilt sich wohl die Belastung besser und es schmerzt weniger oder - zunehmend häufiger - gar nicht mehr.

In der Theorie würde ich ja im Aufbau jetzt am Liebsten Höhenmeter komplett vermeiden, kann ich hier aber leider nicht, das gibt das Land nicht her. Oder ich müsste 200m Kreise laufen :klatsch:

Mir hilft in der Theorie auch die Geschwindigkeit. Stärker in den Vorderfuß gehen geht ja eher nicht so gut, wenn man noch sehr langsam unterwegs ist. Zumindest ich kriege da Probleme mit der Balance und es wird unrund. Nachdem jetzt so langsam aber wieder eine gewisse Grundgeschwindigkeit geht, wird das bei mir besser, weil ich erschütterungsärmer laufen kann.

Bei mir ist das keine Verletzung am Knie, das ist eine angeborene Deformation. Deshalb sind die Ärzte da auch tendenziell so frei an Ideen - es ist kein typisches Verletzungsbild oder dergleichen und es ist natürlich schwierig Vergleiche zu ziehen. Der Knochen ist an der Stelle einfach nicht komplett gewachsen wie er hätte sollen.

Aber dass ich nicht die einzige bin, die entgegen "Lassen Sie das!" durchzieht, macht mir Mut :D

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Feldweg hat geschrieben: Aber dass ich nicht die einzige bin, die entgegen "Lassen Sie das!" durchzieht, macht mir Mut :D
Wie gesagt, man sollte sich selbst am besten kennen. Und nachdem, was ich hier lese, attestiere ich dir ein gutes Körper- und Wahrnehmungsgefühl. Und damit wirst du Mittel und Wege finden. :daumen:

Das Kniegelenk hat weniger Arbeit, je besser der Halteapparat drumherum ist. Musst eben schauen, mit welchen Übungen du gut Beinmuskulatur aufbauen kannst, die nicht zu sehr auf das Kniegelenk gehen.

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Jetzt fängt es an von nach-Belastungs-Schmerzen zu bei-Belastungs-Schmerzen zu mutieren.
Ob ich das gut finde, weiß ich nicht so recht...

Dabei habe ich heute die Höhenmeter ausgeklammert und bin dort brav gelaufen (i.S.v. gegangen), auch wenn das die halbe Einheit zerfleddert bei meiner Strecke hier.


Arzttermin ist im November, bis dahin muss es jetzt irgendwie gehen.

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Sorry, ich habe mir was eingefangen, daher ist auch der heutige Lauf ausgefallen. Mal sehen, wie lange mich das ausbremst.

EMS - ist das derselbe Wirkmechanismus wie bei der Reizstromtherapie? Die hatte ich an dem Knie vor elendig vielen Jahren eine Weile, aber es hat nicht wirklich gezündet. Es gab zwar eine kurzfristige Besserung unmittelbar nach der Behandlung, aber sie hielt nie lange, so dass der Arzt es dann wieder aufgegeben hat damit.

Im Alltag merke ich aktuell wie das Knie durch die sich aufbauenden Muskeln besser abgefangen wird, aber in der Belastung muckt es. Zumindest beim letzten Mal. Wenn ich jetzt zwangsweise längere Regenationspause habe tut sich da womöglich was. Vielleicht bin ich mit meinen 2 Puffertagen noch zu forsch...

Danke für den Tip in jedem Fall, Knippi!


Vg

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Feldweg hat geschrieben:Der Arztbesuch hat sich gelohnt. Darf vorerst nicht mehr Laufen - Arthrose im Knie. War doch nicht der alte Schaden.
Wie hat der Arzt das diagnostiziert?

Gruss Tommi
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"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener

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dicke_Wade hat geschrieben:Wie hat der Arzt das diagnostiziert?
Röntgenbilder aus drei verschiedenen Perspektiven. Er hat mir da auch irgendwas drauf gezeigt am Gelenk, ob ich das richtig verstanden habe, weiß ich nicht - mein Verständnis war, dass die Knochen dichter beieinander sind als sie eigentlich sollten mangels Knorpel.

Aber mal sehn. Heute beim Schuhmenschen gewesen, der kann was. Und ist felsenfest überzeugt er kriegt das hin. Das plus Sturheit müsste doch was hergeben ;)

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Feldweg hat geschrieben:Röntgenbilder aus drei verschiedenen Perspektiven. Er hat mir da auch irgendwas drauf gezeigt am Gelenk, ob ich das richtig verstanden habe, weiß ich nicht - mein Verständnis war, dass die Knochen dichter beieinander sind als sie eigentlich sollten mangels Knorpel.

Aber mal sehn. Heute beim Schuhmenschen gewesen, der kann was. Und ist felsenfest überzeugt er kriegt das hin. Das plus Sturheit müsste doch was hergeben ;)
Ich wünsche dir, dass du bald wieder die Straßen unsicher machen kannst :nick:
Blog: Ein ehem. Ultramarathoni beginnt wieder von Vorne
Einen Schritt nach dem anderen gehen. Mal schnell, mal langsam - aber es geht vorwärts.

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Der Therapievorschlag des Arztes lautete Hyaluron und Akkupunktur. Nach Durchsicht von Studien überzeugt mich keins von beidem. Die Logik, dass die Korrektur des Fußes das Knie entlastet, man es zusätzlich stabilisieren könnte und mit explizit dafür ausgesuchten Schuhen und meinetwegen auch weichem Untergrund was dauerhaftes hinbekommt, erschließt sich mir eher.

Und Wettkampf laufen will ich ja gar nicht. Mit 5-7 km ein paar mal in der Woche bin ich völlig zufrieden...

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Feldweg hat geschrieben:Röntgenbilder aus drei verschiedenen Perspektiven. Er hat mir da auch irgendwas drauf gezeigt am Gelenk, ob ich das richtig verstanden habe, weiß ich nicht - mein Verständnis war, dass die Knochen dichter beieinander sind als sie eigentlich sollten mangels Knorpel.
Ja das kann ein ein erster Hinweis auf schwindenden Knorpel sein. Ich an deiner deiner Stelle wurde das durch ein MRT bestätigen lassen, eh ich mir Hyaloronsäure in das Gelenk spritzen lassen würde. Das kann die Beschwerden durchaus für eine Weile lindern, die Artrose an sich kann es nicht heilen.

Gruss Tommi
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"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener

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Feldweg hat geschrieben:Der Therapievorschlag des Arztes lautete Hyaluron und Akkupunktur. Nach Durchsicht von Studien überzeugt mich keins von beidem. Die Logik, dass die Korrektur des Fußes das Knie entlastet, man es zusätzlich stabilisieren könnte und mit explizit dafür ausgesuchten Schuhen und meinetwegen auch weichem Untergrund was dauerhaftes hinbekommt, erschließt sich mir eher.
Hallo Feldweg,

der "Weg" eines Läufers mit Schmerzen am Bewegungsapparat wird von Künsten (Kentnnissen/Fertigkeiten) Außenstehender und eigenem Ermessen bestimmt. Der Arzt und seine "Erfüllungsgehilfen" (Physio, orthopädischer Schuhmacher für Einlagen, etc.) betrachten das Problem von außen, ohne selbst darunter zu leiden, mithin mit mehr Objektivität. Das heißt nicht automatisch, dass ihre Aussagen richtig sind. Und wenn doch, dann nicht, dass ihre Vorgehensweise/Maßnahmen unbedingt zum Erfolg führen müssen. Das liegt daran, dass es Milliarden Menschen auf dieser Welt gibt, deren Körper lediglich im Grundsatz übereinstimmt, die jedoch als Individuum anders empfinden und auf Behandlung nicht in derselben Weise reagieren. Manchmal reagiert geschädigtes Gewebe auch überhaupt nicht. Man muss sich dessen bewusst sein, um MIsserfolge schon bei ärztlicher Diagnose, mehr noch bei anschließenden Behandlungsansätzen einordnen zu können. Ein Arzt ist nicht automatisch ein schlechter Arzt, weil er eine Diagnose stellt, die das Problem nicht richtig beschreibt. Oder, weil er etwas anordnet, was nicht zielführend ist (Ziel ist nicht nur Schmerz- sondern Problembeseitigung). Einen Arzt lehne ich nur dann ab, wenn er sich nach ausbleibendem Erfolg nicht um weiterführende Erkenntnisse/Behandlungen müht. Dasselbe gilt natürlich auch für Physios und andere, deren handwerkliche Kunst mir helfen soll.

Ich habe mit Ärzten und Behandlern nach einem bisher sportlich geführten Leben, das ein Sammelsurium von Sportarten ausfüllt, zu Beginn eher als Fußballer, seit etlichen Jahren nun als Läufer, unendlich viel Erfahrung. Auf dieser fußt diese Aussage (unter anderem). Als junger Mensch hing ich an den Lippen dieser meiner Helfer. Weil ich wenig von dem verstand, was mein Körper mir mitteilte. Aber das lernt man, wenn man ihm zuhört mit den Jahren. Als Läufer noch eher, weil das Gleichmaß der Schritte, mit denen man diesen Sport ausübt, einem erlaubt die Sensorik von Bewegungsapparat und anderen Organen gut "im Auge" zu behalten.

Deshalb habe ich manchmal Dinge/Maßnahmen forciert, bei denen ich mich gut oder gar zunehmend besser fühlte, die widersinnig zu sein schienen. Zum Beispiel merkte ich, dass die Anfälligkeit meiner Wirbelsäule (will ich jetzt nicht thematisieren) mit wachsendem Laufumfang abnahm. Als ich gerade ein akutes Problem hatte (Einriss einer Bandscheibe, wenn ich mich recht erinnere), das mich anderthalb Tage schier bewegungsunfähig machte, befand ich mich mitten im ersten Marathontraining. Der Einriss wurde durch eine plötzliche, blöde Querbelastung beim Paddeln verursacht (im Ulk die Insassen im Nachbarboot nassspritzen). War nie zuvor gepaddelt ... Nach Diagnose und Krankschreibung merkte ich nach anderthalb Tagen, dass ich mich plötzlich wieder bewegen konnte und quälte mich in meine Laufschuhe. Nach höllischen ersten Minuten ließen die Schmerzen nach und verschwanden völlig!!! Danach, in Ruhe, kamen sie zurück. Doch immer wenn ich es in die Laufschuhe geschafft hatte und die ersten Meter hinter mir lagen, ging es mir blendend. Ich nutzte Laufen von diesem Tag an als Therapie gegen Rückenprobleme und bin damit immer gut gefahren ... äh ... gelaufen. Lange ließ ich diese "Therapie" ärztlicherseits nicht absichern. Doch irgendwann fragte ich mal einen Orthopäden meines Vertrauens, wie er sich dieses "widersinnige Verhalten" meines Körpers erkläre, wo doch jeder wisse, dass beim Laufen vertikale Kräfte auf die Bandscheiben einwirken, die eigentlich zu Schmerzen führen müssten. Seine Antwort kleidete er in Frageform: "Woher ich denn wissen wolle, dass das so wirken müsse. Warum es denn nicht auch so sein könne, dass die Belastung des Laufens die Wirbelsäulenmuskulatur straffe und dadurch alles in Form gepresst würde, was in Ruhe in Unordnung ist!?" - Dieses Gespräch war der erste für mich sehr entscheidende Moment, der mir bestätigte, dass meine persönliche, vorsichtige, verantwortungsvoll getroffene Entscheidung durchaus mehr Erfolg haben kann, als Rat und Verordnung eines Arztes.

Noch gravierender dann diese Erfahrung: Als ich begann Marathon zu laufen, bekam ich alsbald Probleme mit meiner Achillessehne. Sie ist, wie per MRT diagnostiziert wurde, irreparabel geschädigt, enthält Narbengewebe. Die Schädigung ist älteren Datums, hat also nichts mit dem zu jener Zeit forcierten Lauftraining zu tun. Der behandelnde Orthopäde, ein sehr erfahrener Oberarzt der Orthopädie in einem Bundeswehrkrankenhaus, malte mir ein schlimmes Schicksal an die Wand, das mir bevorstünde, wenn ich die Sehne nicht operieren ließe. Sollte ich nichts unternehmen, werde die Sehne eines nicht allzu fernen Tages reißen. Er schlug eine OP vor, bei der das Narbengewebe entfernt werden sollte. Linderung meiner Beschwerden versprach er mir allerdings nicht. Fest stand nur, dass ich für ein halbes Jahr nicht würde laufen können und das Gehen neu erlernen müsste ... Das war im Frühjahr 2006. Ich verschob die OP auf den folgenden Winter, weil ich vorhatte im Mai meinen ersten Marathon unter drei Stunden in Prag zu laufen. Ging also ein Risiko ein, hoffte, die Sehne werde bis November oder so schon noch halten ... Was ich dann erlebte, war unfassbar: Im folgenden härtesten Marathontraining meines Lebens gingen die Schmerzen zurück, lagen zum Ende hin meist unterhalb der Wahrnehmungsgrenze (ich habe Erklärungen dafür, warum sich das so entwickelte, will das hier aber auch nicht thematisieren. Eine wundersame Heilung war es jedenfalls nicht.) Das blieb dann auch so und deshalb entschied ich für mich, diese OP nicht durchführen zu lassen und den Signalen meines Körpers Vertrauen zu schenken. Der Prag Marathon 2006 war mein 6. Marathon überhaupt. Heute sind es 239 Marathons und Ultras, einige weiter als 100 km und die Sehne ist nicht gerissen.

Meine Entscheidung auf meinen Körper zu hören gereichte mir also zum Vorteil. Danach hatte ich immer wieder solche Entscheidungen zu treffen, jedoch nicht so ggfs. folgenschwere. Eher im Kleinen.

Andererseits halfen mir ärztliche Kunst und diverse Behandlungen (Massagen, manuelle Therapien, Krankengymnastik, orthopädische Einlagen, und anderes mehr) in kritischen Situationen oft weiter. Manches "adaptierte" ich auch an meine Bedürfnisse. Zum Beispiel die "Krankengymnastik am Gerät", die ja viel Ähnlichkeit mit Krafttraining hat. Ich muss da heute noch meine Übungen machen. Wenn ich nachlasse, bekomme ich wieder Probleme mit dem "Kreuz". Nur habe ich inzwischen diverse Übungen hinzugefügt, die mir als Läufer guttun.

Niemand kann dir sagen, welcher Weg zwischen Selbstwahrnehmung gefolgt von verantwortlicher Entscheidung und den Diagnosen/Ratschlägen/Behandlungen/Maßnahmen deiner medizinischen Helfer der richtige ist. Ganz entscheidend ist sich selbst sehr genau wahrzunehmen, zu erfahren, Signale des Körpers nicht zu überhören.

Ich wünsche dir baldige Besserung :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Danke für eure Rückmeldungen und Danke Udo für das Teilen deiner Erfahrungen. Ich finde mich darin an mehreren Stellen wieder und habe durchaus auch schon die ein oder andere Mehrfachschleife mit Ärzten hinter mir. Das zusammen mit ähnlichen Erfahrungen - wenn ich aufmerksam danach vorgehe, was mein Körper mir signalisiert, tu ich mir damit nichts Schlechter - hat bei mir auch zu einer kritischen und eher Selbstbeobachtenden Haltung gegenüber einzelnen ärztlichen Meinungen geführt.

Mein Körper ist insgesamt nicht das beste Turngerät am Markt, da kommen zu den fehlenden Knochen im Knie und einer erblich bedingten Bindegewebsschwäche noch irgendwas größere im Oberschenkel, das mir vor vielen Jahren im Ausland gerissen ist und entsprechend nicht behandelt werden konnte, eine hartnäckige aber in Remision befindliche Psychosomatik bzw. das dadurch immernoch angeschlagene Immunsystem und der Kopf, der durch eine schwere Erkrankung vor ein paar Jahren etwas in Mitleidenschaft gezogen wurde. Deshalb klammere ich mich auch stur ans Laufen, weil es mir an so vielen Stellen hilft, dass das Knie da nun einfach irgendwie durch muss. Plus: Ich bin so gar nicht der "bisschen Sport"-Mensch. Für mich muss das ziehen, brennen, da müssen unsichtbare Wände sein durch die ich durchrennenn kann.

Durch eine große Bauch-OP habe ich relativ üble Verwachsungen, die zu richtig miesen Beschwerden führen. Eine OP ist keine wirkliche Option - Feuer mit Feuer usw. und die einzige Lösung, die meiner Ärztin dazu einfällt ist Osteopathie. Nun habe ich aber festgestellt, dass die Beschwerden durch das Laufen nachlassen und teils fast ganz verschwinden. Ich führe das auf simple physikalische Prozesse zurück - es bewegt sich eben alles beim Laufen. Das dehnt die Verwachsungen und lindert die Probleme. In Sachen der Psychosomatik ist das Laufen Gold wert, weil es bei Wind und Wetter, Regen, Schnee und Nebel einfach dazu führt, dass ich meinem Körper wieder deutlich mehr zutraue. Und das wiederum hilft enorm gegen die Stresshormone, die den ganzen Psychosomatik-Käse am Laufen halten bzw. die Remision aufhalten. Der Mist ist inzwischen gute fünf Jahre her, ich hab echt die Nase voll davon.

Hart gesagt - wenn´s das Knie kostet, habe ich am Ende immernoch gewonnen.

Von der Hyaluron-Therapie sehe ich im Moment wirklich komplett ab. Immerhin bin ich schon schmerzfrei gelaufen. Wenn man das mit Dämpfung, ggf. Auswahl der Strecke und anderen Kniffen hinbekommt ist mir das ja schon genug. Und invasive Therapien sind mir an der Stelle einfach zu riskant.

Der Orthopädische Schuhmensch bei dem ich bin ist im Laufsport wohl recht bekannt und fit und bei dem werde ich auch meine neuen Laufschuhe kaufen, wenn das Ding mit den Einlagen erledigt ist. Der Orthopäde taugt meinem Bauchgefühl nach eher mäßig. Aber find mal einen Guten...

Mit etwas Glück ist das soweit bis Weihnachten sortiert und ich kann zum neuen Jahr wieder laufen. Dann kann ich zwar wieder ganz von vorne anfangen, aber wenn´s dann auch bis zum Ende hält, soll´s mir recht sein.

VG
Feldweg

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Hallo Feldweg,

dein langer Text lässt einen tief in deine Beschwerdesituation eintauchen. "In dir" hat es ganz offensichtlich keinen Mangel an Stellen, von denen Schmerzzustände ausgehen können. Dennoch - oder vielleicht sogar gerade deshalb - möchte ich dich in deiner dargestellten Auffassung, im Drang zum Laufen, unterstützen. Besonders gut nachempfinden kann ich den Umstand, dass durchs Laufen vieles besser wird. Mental ohnehin. Es ist bekannt, welch segensreiche Wirkung Ausdauersport auf die Psyche entfalten kann. Und auf diesem Umweg letztlich auch auf dein "stoffliches Selbst". Die Wechselwirkung zwischen Psyche und Physis ist Fakt. Ich habe vielfach an mir selbst erfahren, dass meine Beschwerden ausgerechnet dann schrumpften, wenn ich mein Training intensivierte. In den letzten Jahren bedeutete Intensivierung naturgemäß viel mehr Kilometer.

Ich habe mich inzwischen von der Illusion gelöst, dass ich je wieder umfangreich, fordernd und zugleich beschwerdefrei werde laufen können. Dazu habe ich mir in jungen Tagen bei anderen Sportarten zu viel "zu Schulden kommen lassen", war zu oft massiv verletzt und nicht jedes Mal in ärztlicher Betreuung. Wenn man jung ist, heilt vieles Orthopädische irgendwie von selbst - hinterlässt aber Spuren, wie eben zum Beispiel das Narbengewebe in den A-Sehnen, das mir heute zu schaffen macht. Darüber hinaus sorgt der Alterungsprozess vermehrt und mit einer gewissen Zwangs-läufig-keit für Zipperlein, denen es entgegen zu arbeiten gilt. Beschwerdefrei ambitioniert laufen werde ich nicht mehr können, aber immer noch so, dass es mir Spaß macht. Deshalb habe ich mir - so schwer es mir auch fallen mag - einige wettkampffreie Monate verordnet. Seit Anfang September "arbeite" ich mit einem "Strauß" von Maßnahmen an einer Art körperlichem "Refresh" und verzichtete erst einmal auf längere Läufe. Erst im Dezember, werde ich die Umfänge wieder steigern.

Manchmal kann einem niemand raten und schon gar nicht helfen. In gegebener Situation kommt es darauf an zu spüren, womit oder wie man seine Konstitution und Situation verbessern kann. Irrtümer sind möglich. Vielleicht erreiche ich mein Ziel nicht auf diesem Weg. Vielleicht erreiche ich nicht die von mir angepeilte durchgreifende Verbesserung. Dann ist das so. Aber versuchen musste ich es, weil ich das "dringende Empfinden" verspürte auf dem jetzt eingeschlagenen Weg richtig zu sein ...

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h
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