Die Vorgeschichte
Schmerzen in den Knien hatte ich eigentlich schon, als ich noch Fußball gespielt habe – und das ist lange her. Auch zu Beginn meiner Laufzeit hatte ich mit Knieschmerzen zu kämpfen. Den ersten Halbmarathon in Katzwang habe ich ab km 10 nur humpelnd zurück gelegt. Mit Steigerung der Wochenumfänge, regelmäßigem Training und mehrfachen Wechsel der Schuhe hatte ich in den letzten Jahren das Knieproblem relativ gut im Griff, vor allen seitdem ich neben Laufen noch Radfahren und Schwimmen ins Programm aufgenommen hatte.
So nahm ich es auch nicht besonders ernst, als ich im April diesen Jahres einen 3-Stunden-Lauf nur zwei Stunden lang laufend und eine gehend absolvieren konnte, Grund waren Knieschmerzen. Eine Woche Pause, dann wurde weiter trainiert. Vor dem Triathlon in Feuchtwangen im Juni 2018 war ich gut drauf und wollte persönliche Bestzeit auf dieser Strecke erzielen. Das Schwimmen lief mit etwas über 10 min für die 500 Meter für meine Verhältnisse bombig und auch nach dem Radfahren lag ich klar auf Kurs 1:25 für die Sprintdistanz.
Leider lief es dann auf der Laufstrecke überhaupt nicht mehr, die Knieschmerzen im linken Knie waren so stark, dass es – mal wieder humpelnd - nur für eine 32er Zeit für die 5 km reichte. Die Bestzeit war dahin und auch das Knie wollte sich nicht mehr so recht erholen. Eine Woche Pause, eine Woche Training, dann wieder Pause, und so weiter. Die nächsten geplanten Wettkämpfe mußte ich sausen lassen, es lief einfach nicht mehr.
Ende September in Griechenland, ich wollte es mal wieder probieren, einfach nur locker joggen. Beim dritten Lauf passierte es dann. Unerträgliche Schmerzen im linken Knie und völlige Blockade desselben, nichts ging mehr. Der Urlaub war nach einer Woche vorbei, die zweite Woche verbrachte ich mehr oder weniger im Hotel liegend. Ich wußte, irgend etwas ist total kaputt, es wird auf eine OP hinauslaufen.
Zuhause dann der Spießrutenlauf, Hausarzt, Orthopäde, Röntgen, wieder Orthopäde, Röhre MRT, wieder Orthopäde, Überweisung ins Krankenhaus, dortiges Erstgespräch, anderer Orthopäde, Diagnose: Innenmeniskusriß, der abgerissene Teil hat sich verklemmt, Knorpelschäden, freie Gelenkkörper im Knie, Plica und so weiter. Erst-, Zweit-, Dritt- und meine Meinung: Wenn ich wieder laufen will, ist eine OP unumgänglich – und ich will wieder laufen. Die OP wird minimalinvasiv durchgeführt – jeder sagt, das geht ganz locker, das ist ja gar nichts – der OP-Termin ist in 5 Wochen, bis dahin muß ich in der Firma noch einiges regeln, quasi vorarbeiten, denn am 30.11.2018 ist mein Arbeitsjahr mehr oder weniger zu Ende. Mit 80 Überstunden verabschiede ich mich in die OP-Pause.
Dies ist (hoffentlich) mein Weg zurück auf die Laufstrecke und der Grund für dieses kleine Tagebuch. Ob ich einem eventuellen Leidensgenossen/einer Leidensgenossin damit Mut machen kann, wird sich endgültig wohl erst dann herausstellen, wenn ich im Juni 2019 wieder am Start in Feuchtwangen stehe, das ist mein Ziel. Doch leider bin ich keine 25 mehr....auch nicht mal zwei. Form ist nach über einem viertel Jahr Pause keine mehr vorhanden und wird sich durch die "ganz lockere" OP auch nicht wesentlich verbessern....
Freitag, 30.11.2018
Um neun Uhr muß ich in der Klinik einrücken. Nachdem ich die letzten Tage vor Aufregung fast nichts mehr essen konnte und massive Schlafstörungen hatte, bin ich nun völlig ruhig – ich verstehe es auch nicht. In meiner Klinik ist es üblich, sich auf einer Vorbereitungsstation auf die OP vorzubereiten und erst nach der OP auf Station zu kommen. Habe ich geschrieben, daß mich der Chirurg zu einer Übernachtung überreden konnte?
Das Bein wird markiert – aufpassen, daß es das richtige ist; kein Witz, das sagte sogar der Arzt – und rasiert, das Totenhemd angezogen und warten. Gegen elf Uhr kommt die Schwester und überbringt die frohe Botschaft – auf, besser gesagt abwärts geht’s. Mit dem Aufzug geht’s direkt in den Keller zum Schlachthof. Ich wechsle vom Bett auf die Bahre, jetzt werde ich wieder nervös. Ich hätte doch eine Beruhigungstablette nehmen sollen. Ich werde verkabelt, der Katheter gesetzt, EKG, Blutdruckmanschette, das volle Programm.
Der Anästesieassistent quatscht mich voll und ich will eigentlich meine Ruhe haben. Wir legen Sie schlafen und schon wird es Nacht.
So um halb zwei wache ich auf, es piepst. "Atmen", sagt jemand, meint der mich? Ja, wohl mich, "Sie müßten atmen". Ja, dann atme ich halt mal gaaanz tief ein. Das Piepsen hört sich jetzt anders an, scheinbar ist wieder alles im Lack. Am Arm bläht sich die Manschette auf und das Bein ist noch dran, aber dick verbunden. Nach gut einer Stunde bin ich fit und werde vom Aufwachraum auf Station geschoben. Ich habe keine Schmerzen, noch vollgepumpt mit Chemie.
In meinem Zimmer liege ich eine Zeit lang herum, kein Mensch lässt sich blicken. Ich drücke den Knopf und die Schwester erscheint. „Was machen Sie hier?“ Was für eine Frage, anscheinend wußte niemand, daß ich eingezogen bin. „Ich bin der Neue und habe Hunger und Durst“, den Humor habe ich noch. Ich bekomme was zu trinken, was zum anziehen, ein Nachtkästchen und später auch zwei ganze Scheiben Brot.
Um fünf Uhr schaut meine Frau vorbei, sie meint es gut und bringt etwas zum Essen. Der Operateur überbringt die frohe Hiobsbotschaft, Meniskus teilentfernt, Gelenk gereinigt, Knorpel geglättet, Plica und freie Gelenkkörper entfernt und mit dem künstlichen Knie habe ich noch ein paar Jahre Zeit. Ich Glücklicher. „Sie müssen abnehmen, vor allem wenn Sie weiter Sport treiben wollen“ – ja, ich weiß und schiebe mir einen Dominostein rein. Gleich morgen fange ich an. Der zaghafte Versuch, das Bein aus der Schaumstoffschiene zu heben mißlingt kläglich. Nur ein Dominostein kann mich noch trösten.
Der restliche Nachmittag und der Abend zieht sich, zum Glück laufen im Radio die Beatles, das Weisse Album, eines meiner Lieblingsalben, hat 50jähriges Jubiläum und ist der Grund für eine Spezialsendung mit Fritz Egner. Der Abend ist gelaufen, zumindest akustisch.
Um neun Uhr mache ich mich bettfein und darf das erste Mal aufstehen, die Schwester hebt mein Bein aus der Schiene und schon geht’s los. Ist etwas blöd mit Gehwagen, Tropfer und Blutbeutel, aber ich schlurfe durch das Zimmer. Die Narkose habe ich super vertragen, keine Kreislaufprobleme. Ich höre Radio bis nachts ein Uhr.
Samstag. 01.12.2018
Um sieben Uhr wache ich auf, ich müßte ins Bad. Der Gehwagen ist weg und wird auch nicht mehr aufgefunden, meine Gehhilfen stehen hinten im Eck, die Schwester hat sie weggeräumt, also muß ich nach ihr klingeln. Gehen kann man das ganze noch nicht nennen, aber ich kann schlurfen, stehen und mich frisch machen.
Um acht Uhr gibt es Frühstück, um neun Uhr kommt die Therapeutin, Gehen und Treppen steigen üben. Mit Blutbeutel an den Krücken eine Herausforderung. Ja, geht ganz gut. „Wegen mir dürfen Sie nach Hause und das Knie voll belasten“, sagt sie. „Und wenn Sie zu viel belasten, merken Sie das dann am Abend“, ist ihr Tip zum Abschied.
Auch der Arzt, der eine Stunde später vorbei schaut, ist mit mir zufrieden, ich darf heim. Zuerst werde ich noch abgeklemmt, der Beutel ist voll mit 0,4 Liter Lebenssaft. „Sie können das Bein voll belasten und die Gehhilfen weglassen, sobald es die Schmerzen erlauben“, gibt mir der Doc noch mit auf den Weg.
Ich danke dem Doc, daß er mich zu einem stationären Aufenthalt „genötigt“ hat, die Nacht mit dem sich stetig füllenden Blutbeutel zu Hause im Bett wäre für mich unerträglich gewesen.
Die Schmerzen sind dank Ibu auszuhalten, habe ich gestern abend noch gezweifelt, ob es richtig war, mich operieren zu lassen, bin ich froh, es überstanden zu haben. Die durch die Blockade verursachten Dauerschmerzen im Knie scheinen vorbei zu sein, obwohl ich das Knie aufgrund der dicken Schwellung natürlich noch nicht richtig beugen kann.
Das Leben zu Hause geht ganz gut, auch Treppen steigen. Am Abend laufe ich nur noch mit einer Krücke und gehe sogar ein paar Schritte ums Haus. Das Schlimmste ist die Bauchspritze am Abend, jetzt habe ich schon zwei blaue Flecken.
Sonntag, 02.12.2018
Nach einer relativ guten Nacht sind weitere Fortschritte bemerkbar, bis zum Bad gehe ich ohne Gehhilfen, am Nachmittag und am Abend gehe ich zweimal ums Haus. Schwellung noch da, Beugung unter 90 Grad. Die Schmerzen sind auszuhalten, ich reduziere die Ibu von drei auf zwei. Doch dann geht es los. Am Abend beim Waschen läuft Blut aus dem Verband, super. Ich lege laienhaft einen neuen Kompressionsverband an und lege das Bein hoch. Hoffentlich hört das auf. Blauer Fleck Nummer 3 und die Nacht kann kommen.
Montag, 03.12.2018
Nein, es hört nicht auf. Um elf Uhr vormittags bin ich bei meinem Hausarzt, der für die Nachsorge zuständig ist. Es schaut sich die Wunde an und brummelt irgend etwas vor sich hin, was ich als – „nein, das ist nicht normal“ – deuten kann. Er legt einen neuen Kompressionsverband an und ich hoffe, daß es nun aufhört. Bis nachmittags um drei Uhr ist Ruhe, dann kommt der Blutfleck zurück – und das, obwohl ich nur liege. Um fünf Uhr ist der halbe Verband durchnäßt. Ich rufe den Hausarzt an, er meint, nähen könne er nicht, nur neu verbinden. Sorry, aber das kann ich selbst.
Um halb sechs Uhr fällt die Entscheidung, in die Notaufnahme zu fahren, und zwar in die Klinik, in der ich operiert wurde. Die haben wenigstens alle Unterlagen von mir. Die Notaufnahme ist voll und mein Blut tropft auf den Boden. Nach vier Stunden, werde ich aufgerufen. „Ja, da machen wir eine Schlaufe um die Vene und nähen das ganze zu“, sagt der Notarzt lässig. Genau dort, wo sich der Drainageschlauch einst befunden hat, ist das Loch. Und jetzt wird es zugenäht, ohne Betäubung und hoffentlich endgültig. Um zehn Uhr nachts bin ich wieder zu Hause, jetzt brauche ich was zum Essen. Dann noch die Bauchspritze Nr. 4 und Sofa bis tief in die Nacht. Ach wie schön ist es zu Hause mit Dominosteinen, auch ohne Sport. Schwellung und Beugung unverändert.
Fazit des Tages: Nach der nächsten OP unbedingt darauf achten, dass die Wunde gut vernäht ist.
Dienstag, 04.12.2018
Der erste Blick in der Früh ist auf den Verband, er schaut gut aus, kein Rot zu erkennen. Heute mache ich es mir gemütlich, viel Sofa, viel lesen und das Bein hochlegen. Das mache ich jetzt zwei Wochen lang, so lange bin ich nämlich vorerst ausser Gefecht gesetzt. Im Haus bewege ich mich ohne Krücken und habe auch fast keine Schmerzen. Ich reduziere die Ibu auf eine Tablette am Tag. Das Knie kann ich trotz unveränderter Schwellung zu fast 90 Grad anwinkeln, mehr geht nicht. Den Verbandstermin beim Hausarzt für heute sage ich ab, morgen ist auch noch ein Tag. Nur die Bauchspritze bereit mir Sorgen, heute abend folgt Nummer 5. Bei Nummer 7 höre ich auf, das kläre ich morgen mit dem Hausarzt.
Mittwoch, 05.12.2018
Nach ruhiger Nacht werde ich es heute ohne Ibu versuchen. Früh um halb acht sitz ich schon bei meinem Hausarzt auf der Liege und werde frisch verbunden. Die Wunde hat nicht geblutet, nur leicht gesuppt. Schwellung unverändert, Beugung auch, nicht ganz 90 Grad. Allerdings kann ich den Weg vom Auto zum Arzt (ca. 50 m) ohne Krücken gehen, natürlich seeehr langsam. Der Doc ist heute gut drauf und mit mir und meinem Knie zufrieden. Bis nächste Woche Donnerstag habe ich Ruhe, dann sollen die Fäden gezogen werden.
Da ich gerade so schön in Schwung bin, schaue ich auf dem Heimweg im Büro vorbei, um Mails zu beantworten und eine ganz dringende Terminsache zu erledigen. Auf dem Bürostuhl fällt das Sitzen schwer, im Knie zieht es unangenehm, Nach dem abgekürzten Bürodienst schaue ich noch bei der Apotheke vorbei, neues Verbandsmaterial besorgen. Bis nächste Woche bin ich mein eigener Pfleger. Noch zwei Bauchspritzen, dann ist das auch geschafft. Am Abend die Vorletzte.
Donnerstag, 06.12.2018
Was für ein Scheiß-Tag. In der Früh komm ich beim Aufstehen vor Schmerzen kaum aus dem Bett, meine Idee, gestern die Ibu wegzulassen, war wohl nicht so gut, so daß ich eine Ibu nach dem Frühstück nehme. Auch im Sitzen habe ich immer noch Schmerzen, nur Liegen und Stehen geht so einigermaßen. Also vergammle ich den ganzen Tag auf dem Sofa und quäle mich ab und zu in ein anderes Zimmer. Das Knie ist immer noch dick und beugen kann ich es auch nur zu knapp 90 Grad. Dafür habe ich das mit der Bauchspritze gelernt, es gibt keine blauen Flecken mehr. Zum Glück ist es die Letzte, das wäre geschafft.
Fazit erste Woche: ich bin unzufrieden. Ob das mit dem Joggen noch einmal was wird, ich weiß nicht.
Nach Kniearthroskopie wieder an die Startlinie
1PB: 5 km 26:27 (2013) 10 km 54:54 (2013) HM 2:11:xx (2015)
in 2017/2018 gelaufen, geradelt und geschwommen:
04.17 3h-Benefizlauf Seligenporten - 13 Runden -
05.17 RTF 110 km - 4 h -
06.17 Sprinttriathlon Feuchtwangen - 1:31 h -
07.17 Sprinttriathlon Nittenau - 1:25 h -
07.17 Sprinttriathlon Velburg - 1:30 h -
04.18 3h-Benefizlauf Seligenporten - 12 Runden -
05.18 RTF 100 km - 3:45 h -
06.18 Sprinttriathlon Feuchtwangen - 1:31 h -
Sportpause und Geduld seit ca. Ende Juli
in 2017/2018 gelaufen, geradelt und geschwommen:
04.17 3h-Benefizlauf Seligenporten - 13 Runden -
05.17 RTF 110 km - 4 h -
06.17 Sprinttriathlon Feuchtwangen - 1:31 h -
07.17 Sprinttriathlon Nittenau - 1:25 h -
07.17 Sprinttriathlon Velburg - 1:30 h -
04.18 3h-Benefizlauf Seligenporten - 12 Runden -
05.18 RTF 100 km - 3:45 h -
06.18 Sprinttriathlon Feuchtwangen - 1:31 h -
Sportpause und Geduld seit ca. Ende Juli