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Kurz+schnell+hügelig=ekelig? 10 km Rottendorf

Kurz+schnell+hügelig=ekelig? 10 km Rottendorf

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Bisher habe ich vor allem über meine „langen Kanten“ entsprechend lange Laufberichte geschrieben. Mal sehen, ob ich auch kurz und knackig kann – sowohl läuferisch als auch literarisch… :confused:

Im Oktober möchte ich gerne den Konjunktiv beenden („Ich müsste eigentlich unter drei Stunden laufen können“) und in München einen schnellen Marathon laufen – unter drei Stunden eben. Dafür habe ich hier in meinem Tagebuch schon ganz viele Anregungen bekommen, habe schon einige Tempoeinheiten gemacht, um die Zeit bis zum Beginn des Marathon-Trainingsplans zu nutzen, um an meiner Grundschnelligkeit zu arbeiten.

Unisono waren sich alle Schreiber einig, dass ich einen Testwettkampf brauche, um zu wissen wo ich stehe. Das ist nicht ganz so einfach, da ich Sonntags fast immer arbeiten muss und ich für einen 10er auch nicht ewig weit fahren will.

Am 03.05. hat es dann aber doch gepasst, in Rottendorf bei Würzburg fand der 10. Lauf der Generationen statt, zu dem ich mich recht kurz entschlossen angemeldet habe.

Die Wettervorhersage war gräuslich, und so kam es auch: windig, kalt, regnerisch. Als ich mich eingelaufen habe, fing es sogar leicht an zu schneien. Na, Prost Mahlzeit.

Mein letzter 10er im Wettkampf ist 11 Jahre her, ich habe die letzten Jahre ausschließlich auf Länge trainiert, ich stand also völlig blank am Start, wie ich dieses Rennen angehen sollte. Ich träumte schon von einer „3“ vorne, also unter 40 Minuten, aber die Strecke schien nicht sonderlich schnell zu sein, letztes Jahr hätte ich mit dieser Zeit den Lauf gewonnen, und auch in den Jahren davor waren die Siegerzeiten selten unter 37 Minuten.
Ein paar Gespräche mit den Veranstaltern und anderen Läufern sowie das Einlaufen auf der Strecke zeigten mir: das taugt nix fürs schnelle Laufen. Vielleicht noch nicht mal für eine Standortbestimmung. Sehr welliger Kurs (wohl um die 150 Höhenmeter, vielleicht ein bisschen weniger), windanfällig und teilweise Schotterpiste.
Das hat mich erst mal geärgert, weil ich ja eine belastbare Zeit will, hat mir dann aber viel Druck genommen. Ich gebe jetzt einfach alles und schaue mal was passiert. Wenn es in die Hose geht, kann ich ja alles auf die Strecke schieben. Unter 40 werden das ganz sicher nicht.

Ich habe mich dann in die dritte Reihe gestellt (sehr ungewohnt) und schon ging es los. Bereits nach 150 Metern die erste ganz kleine Steigung, dann ein gutes Stück nach unten. Rechtskurve – und in eine Wand. Zumindest fühlte es sich so an. Ein kurzer, giftiger Anstieg, und km 1 war beendet. 3:56. Ui, passt. Fühlt sich… anstrengend an, vor allem der Anstieg. Na, Mahlzeit, wenn das jetzt schon so ist… :geil:

An dieser Stelle hatte sich das Feld schon sortiert. Ich hatte drei Läufer direkt vor mir, hinter mir war eine kleine Lücke.
Mir war klar, dass ich hier nicht mit Uhr laufen kann. Wenn es hoch geht, geht es hoch, dann sind die Rundenzeiten aussagelos. Also die Km anschauen, aber nicht überinterpretieren. Nach Gefühl laufen, locker laufen, sauber laufen. Und auf die Mitläufer schauen. Denn auch wenn die Zeit am Ende nichts über mein tatsächliches Potential auf flacher Strecke aussagt, die Mitläufer haben ja dieselben Bedingungen. DAS hilft mir dann doch weiter.

Vor dem Start habe ich noch gehört: Bis km 6 tendenziell bergab, km 7 ist lang und steil, danach geht es weiter wellig ins Ziel. Das stimmt so auch, aber „nur“ bergab ging es nie, die Strecke ist durchweg wellig hoch und runter, aber km 7-9 gehen fast nur bergauf, der letzte Kilometer hält sich von An- und Abstiegen her wieder die Waage.

Km 2 geht in 4:17 min weg, schon ein wenig frustrierend. Aber die Läufer vor mir entfleuchen nicht, ich werde nicht überholt, passt also.

Die nächsten km sind 3:54, 3:55 und 3:53. Hier merkt man, dass es mehr bergab geht, aber die ständigen kleinen Gegenanstiege kosten Körner. Bei den Mitläufern das gleiche Bild, die Dreiergruppe ist immer noch vor mir, der Abstand ist minimal größer geworden, hinter mir die Lücke aber auch. Seit km 1 keine Überholung mehr.
Meine Atmung ist mittlerweile im „Zweierrhythmus“, was mir eigentlich dafür, dass ich gerade mal die Hälfte habe und auch den leichteren Teil der Strecke hinter mir habe, zu schwer ist. Ich bin noch nicht am Ende, merke die Anstrengung aber deutlich. Und ich merke, dass mir die Erfahrung auf dieser kurzen Strecke fehlt: wie sollte ich mich jetzt fühlen? Was kommt da noch?

Km 6 geht in 3:46 min weg – da war ein langer, recht steiler Abstieg drin, der zwar netter ist als ein Anstieg, trotzdem aber Kraft kostet und das Wissen, dass ich ja auf jeden Fall wider hoch muss, macht es auch nicht besser.
Kurz nach dem Kilometerschild merke ich, dass sich die Dreiergruppe vor mir aufgelöst hat. Einer ist enteilt, ein anderer hält den Abstand – und den dritten kassiere ich. Relativ leicht und zügig kann ich an ihm vorbei ziehen. Gutes Gefühl.
Ein Fahrrad kommt uns entgegen und zählt. Ich bin wohl 13. Komisches Gefühl, so weit vorne zu laufen.

Und dann kommt km 7. Ich weiß ja, dass er böse sein soll, aber das ist wirklich ekelhaft. Runalyze spuckt 45 Höhenmeter für diesen einen Kilometer aus. Das tut richtig weh. Ich pfeife beim Atmen, keuche, hechle. Und ich werde überholt. Ein Läufer zieht, leider ziemlich locker, an mir vorbei. Ich kneife die Arschbacken zusammen und versuche dran zu bleiben. Leider vergeblich, er läuft ca. 30 Meter Vorsprung heraus. Der ist weg. Wie auch alle anderen Läufer vor mir.
Endlich bin ich „oben“, km 7 in 4:19 min. Besser als befürchtet, aber ich bin alle. Die Beine schmerzen, die Lunge tut weh – und ich fühle mich leer an. Und das nächste, fast ebene Stück zeig: ich kann mich auch nicht mehr erholen. Es geht nur darum, irgendwie nicht einzubrechen.

Die nächsten zwei Kilometer sind hart. Sie gehen in 4:14 und wieder 4:19 weg. Jetzt, zu Hause, sehe ich, dass es eben weiter kontinuierlich nach oben ging und diese Zeiten absolut erklärbar sind. Beim Rennen war es eine Qual. Sauanstrengend, ständig die Angst überrannt zu werden, nicht mehr zu können. Die Beine sind leer und schwer, der Kopf auch. Aber ich beiße, so gerne ich auch stehen bleiben möchte.

Das gute ist: ich werde nicht überholt. Hinter mir tut sich sogar eine große Lücke auf, sicher 100 Meter. Cool. Und der Läufer vor mir, der mich eben überholt hat, setzt sich auch nicht ab. Im Gegenteil. Noch 1,3 Kilometer, und er ist etwa 20 Meter vor mir.

Die letzten 1,3 Kilometer kenne ich vom Einlaufen. Es erwarten mich noch drei kurze Steigungen (zwei davon echt böse), danach geht es mehr oder weniger sanft bergab ins Ziel.
Steigung 1. Die schlimmste der drei. Der Läufer vor mir ist noch 10 Meter weg. Komm, den holst du dir. Mein Herz schlägt fast schon im Hals. Meine Beine schreien, als es berghoch geht. Aber ich komme ran!

Noch ein Kilometer. Ziemlich genau am letzten Schild habe ich ihn. Und gehe vorbei. Er probiert dran zu bleiben – und ich ziehe vorbei. Bäh, tut das weh. Er kann nichts dagegen setzen, ich bin vorbei!

Noch 700 Meter, ich bin in der vorletzten Steigung. Aua. Aber weiter, weiter, weiter. Ich habe keine Ahnung, was das für eine Zeit wird, ich hoffe, unter 42 Minuten zu bleiben, die letzten „4er“ der letzten Kilometer haben mich schon ernüchtert.

Letzte Steigung, hoch, in der Kurve umdrehen – der andere Läufer ist ca. 50 Meter hinter mir. Der holt mich nicht noch mal. Noch vielleicht 400 Meter, ich gebe noch mal Gas, Endspurt.

Letzte Kurve, Zielkanal, kein Blick mehr zurück, einfach Gas geben. Ich sehe die Uhr: 40:3… unglaublich, sehr geil. Ich ziehe durch – und die Uhr bleibt für mich bei 40:38 stehen.

Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten, mir ist schlecht, schwindelig, ich komme mit dem Schnappatmen gar nicht mehr nach. Fix und alle! Aber glücklich.Platz zwei in meiner AK, Gesamtplatz 11 von 99 Männern. Auch das hilft mir, meine Leisutng einzuordnen.

Ich bin, heute, einen Tag später, sehr zufrieden mit meiner Leistung. Mehr wäre nicht gegangen. Ich wäre natürlich gerne unter 40 gelaufen, aber in Anbetracht der Strecke scheint das ja unter anderen Umständen möglich zu sein. Das ist auf jeden Fall eine Basis, auf die ich jetzt aufbauen kann.

Und ich muss zugeben, es hat was, dieses schnelle Gerenne. Aber die lange Qual ist doch mehr meins…

Liebe Grüße
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Glückwunsch zum top Lauf und schöner Bericht! :daumen: Das sollte sub40 auf ebener Strecke sein, 120 Hm auf 10 Km sind schon ordentlich, Testlauf geglückt.
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schon 2 Jahre her, an dem Tag konnte ich zeitlich nicht, wäre aber eh nur die 5 gelaufen :D . Teile hiervon gehörten zu meiner Hausstrecke, ja der lange Anstieg zieht sich ganz schön, erst flach um die Koppel rum und dann kerzengerade steiler hoch :daumen: .
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