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Ich melde mich mit dem Boston-Marathon zurück

Ich melde mich mit dem Boston-Marathon zurück

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Nachdem ich vor 18 Monaten wieder intensiver ins Lauftraining eingestiegen bin, ist es nun an der Zeit, mich auch hier im Forum zurückzumelden. Nach meinem Marathon 2012 in Düsseldorf mit PB war ich mit dem Silvesterlauf 2012 für lange Zeit meinen letzten Wettkampf gelaufen. Zwischen 2013 und 2017 bin ich zwar immer wieder gelaufen, aber beruflich bedingt nur zwischen 500 und 1500km im Jahr. Mit dem Stellenwechsel im Herbst 2017 begann für mich dann auch läuferisch ein neuer Frühling.

Zunächst lief das alles noch sehr schleppend an, ein 5er hier, ein 10er dort mit Zeiten, die weit von meinen Bestzeiten von vor 6 oder 7 Jahren entfernt waren. Der Silvesterlauf 2017 war ein erstes Highlight, aber auch der war über 7 Minuten langsamer. Vielleicht war das aber normal, denn inzwischen war ich nicht mehr M40 bzw. M45, sondern M50. Nächstes großes Ziel war der Düsseldorf Marathon 2018, der auf den Tag genau 6 Jahre nach meinem letzten Marathon stattfinden sollte.

Die Vorbereitung dafür lief optimal. Während ich bei der Hammer Winterlaufserie noch meinen alten Zeiten hinterher lief, kam beim Paderborner Osterlauf plötzlich und völlig unerwartet eine 1:32-Zeit heraus. Für den geplanten Marathon in Düsseldorf habe ich dann meine Zielzeit auf 3:20 gesetzt. Dies wäre gleichzeitig auch „Boston Qualification Time“, ein Thema, das ich trotz meiner 12 Jahre in USA immer verdrängt hatte, das aber aktuell wurde, weil ein externer Kollege im Büro seine Teilnahme in Boston 2019 plante. Auch in Düsseldorf konnte ich mich selbst überraschen. Bis km37 konnte ich dem 3:15-Tempomachern folgen und musste dann etwas Tempo herausnehmen, weil meine Quads drohten, dicht zu machen. Mit meiner 3:16-Zeit lag ich aber nur 2 Minuten über meiner PB und war damit sicher für Boston qualifiziert.

Das nun folgende Jahr war also ganz darauf ausgerichtet, an ein paar weiteren Wettkämpfen teilzunehmen und sich möglichst nicht zu verletzen. Gerade letzteres gelang mir leider nicht. Mein zweiter Marathon 2018 fand in Ravenna statt. Dort lief es deutlich weniger gut. Zum einen hatte ich diverse Fußschmerzen und im letzten Drittel hatte ich ein Problem mit der linken Schulter. Statt einer neuen PB, mit der ich geliebäugelt hatte, sprang nur eine 3:30 heraus. Durch die Erholungspause nach dem Marathon war zumindest das Schulterproblem wieder behoben, die Fußschmerzen waren allerdings weiter latent vorhanden. Wie schlimm es wirklich war, stellte sich dann nach dem Silverlauf heraus. Das Ergebnis war neben der Verbesserung von über 2 Minuten gegenüber dem Vorjahr eine heftige Plantarsehnenentzündung am rechten Fuß.

Der Besuch beim Orthopäden brachte neben der Empfehlung zu dehnen und einer Packung Diclofenac leider gar nichts. Nach 2 Wochen sollte ich Diclofenac wieder absetzen und natürlich waren die Schmerzen wieder da. An Laufen war nicht zu denken. 3 Monate vor dem Boston Marathon machte sich nun Verzweiflung breit, die mich nahezu das komplette Internet absuchen ließ. Jeden anderen Marathon hätte ich wahrscheinlich abgesagt, aber hier hatte ich für die 2. Februarhälfte die Rückfalloption Cortison geplant.

Anfang Februar stieß ich auf Artikel und Videos zum Thema DMSO, ein organisches Lösungsmittel, das in der Veterinärmedizin als entzündungshemmendes Schmerzmittel äußerlich zum Beispiel bei Pferden angewendet wird. Auch Footballer in der NFL oder Baseballer aus der MLB setzen dieses ein, um Verletzungen im Muskel-, Bänder- und Sehnenbereich zu behandeln und schnell wieder fit zu sein. Außerdem war es mal Bestandteil der Schmerz- und Sportcreme Dolobene. Nachdem die Flasche pharmazeutisch reines DMSO dann ankam, war ich verblüfft von dem Effekt. Einmaliges Einsprühen der Fußsohle führte zur sofortigen Schmerzreduktion, allerdings auch zu einem ebenso schnellen Knoblauchgeschmack im Mund.

Nach 3-4 Tagen regelmäßiger Behandlung war ich zumindest in der Lage, wieder vorsichtig einige Kilometer zu laufen. In der ersten Märzhälfte waren die Schmerzen dann komplett verschwunden, so dass ich noch gut 4 Wochen Marathonvorbereitung mit ganzen 2 langen Läufen absolvieren konnte. Mit nur 4 Wochen intensiver Vorbereitung hieß das einzige Ziel „Ankommen“.

Am 12. April war es endlich soweit und ich machte mich auf den Weg nach Düsseldorf, um von dort aus über Amsterdam nach Boston zu starten. Am Samstag erfolgten die Abholung der Startunterlagen und der Freedom Trail, am Sonntag die traditionelle Pasta Party mit mehr als 6 Tonnen Nudeln für die rund 30000 Teilnehmer und am frühen Montagmorgen brach ich vom Hotel auf zur Charles Street. Von dort verkehren Busse zum Start im Bostoner Vorort Hopkinton.

Es gibt wohl keinen Marathon, der in Läuferkreisen so viel Prestige und Tradition vorzuweisen hat wie der Boston Marathon. Seit 1897 wird der Boston Marathon ununterbrochen ausgetragen, 2019 stand damit der 123. Lauf an – da kann weltweit kein anderer Marathon auch nur ansatzweise mithalten. Diese Tradition wird von den Veranstaltern sorgsam gepflegt und kultiviert. Zu ihr gehören der angestammte Streckenverlauf vom ländlichen Hopkinton bis ins Zentrum der Metropole Boston ebenso wie die alljährliche Austragung am stets auf einen Montag fallenden Patriots Day, in diesem Jahr am 15.04.2019, und das „corporate design“ der Veranstaltung, das allgegenwärtige Blau-Gelb mit dem Einhornwappen der veranstaltenden Boston Athletic Association.

Das Wetter meinte es dieses Jahr besser mit den Läufern als im letzten Jahr. Nur bei der Kleiderbeutelabgabe und beim Einsteigen in die Busse wurden die unvorbereiteten Läufer von einem starken Gewitter vollständig durchnässt. Mit einem Müllbeutel und Plastiktüten an den Füßen geschützt konnte das Wetter mir jedoch nichts anhaben und ich kam einigermaßen trocken zum Start. Während sich die Eliteläufer um 10 Uhr auf den Weg machten, konnte ich aufgrund meiner Qualifikationszeit erst in der zweiten Welle um 10:25 Uhr auf die Strecke gehen.

Während es in der ersten Hälfte durch die Bostoner Vorstädte Ashland, Framingham und Natick mit relativ viel Gefälle gut lief (HM-Zeit bei ca. 1:45), machte sich in der hügeligen zweiten Hälfte mein Trainingsrückstand bemerkbar. Insbesondere der berüchtigte „Heartbreak Hill“, der vierte Anstieg von gut 600 Metern bei Kilometer 33 im Vorort Newton in der Nähe des Boston College, hatte es in sich. Hier und da war Gehen angesagt. Auch schmerzten meine Füße wieder, allerdings nicht die Plantarsehne. Danach führten die letzten 10 Kilometer mit leichtem Gefälle auf die Boylston Street in der Bostoner Innenstadt.

Unter dem Jubel und den Anfeuerungsrufen von mehr als 500.000 Zuschauern entlang der Strecke und im Zielbereich ist es nahezu unmöglich, nicht mit einem großen Glücksgefühl die blaugelbe Ziellinie zu überqueren. Im Ziel erwartet jeden Läufer die pure Anerkennung. Von allen Seiten hört man „Great job“ und „Congratulations“, wobei erst die perfekte Organisation und die vielen Helfer diesen Marathon zu diesem großartigen und beeindruckenden Erlebnis für jeden mehr oder weniger ambitionierten Hobbyläufer machen. Da spielte die Zeit von 3:50 am Ende überhaupt keine Rolle.

Nach dem Marathon habe ich dann 2 Wochen pausiert, um meine Fußleiden zu kurieren, was aber nicht so wirklich funktioniert hat. Irgendwie scheine ich mir die Fußpest zugezogen zu haben. Am linken Fuß habe ich laut Hausarzt eine Sesamodoitis und außerdem ist ein Schleimbeutel am Achillessehnenansatz entzündet. Am rechten Fuß habe ich Beschwerden am Würfelbein (vermutlich weil ich während der Plantar fasziitis mehr über die Außenseite des Fußes gelaufen bin) und es scheint auf dem relativ hohen Fußrücken ein Nerv eingeklemmt zu sein, der während des Laufens immer mal wieder 10000 Volt-Schläge in Richtung Zehen sendet.

Schon während der Vorbereitung auf Boston bin ich im Alltag auf Barfußschuhe oder – falls möglich – direkt auf Barfußlaufen umgestiegen. Das hat zumindest bewirkt, dass die oben beschriebenen Probleme nur relativ schwach ausgeprägt sind und mich zur Zeit nicht beim Training und bei der Vorbereitung auf den Berlin-Marathon im Herbst behindern. Ich bilde mir auch ein, dass es langsam besser wird. Aber natürlich würde ich mir wünschen, dass die Fußschmerzen endlich ein Ende nehmen.
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD

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Hi,

ein schöner Bericht. War 2009 dort, unvergesslich.

Was die Fußschmerzen angeht, versuche doch, einen Chiropraktoren (nicht ...praktiker) zu finden. Meiner ist glücklicherweise auf Füße spezialisiert und vollbringt wahre Wunder.

VG
IR

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Danke für den Tipp mit Chiropraktor. Leider ist der nächste zu meinem Wohnort mehr als eine Stunde entfernt, und ob der dann wirklich helfen kann, steht auch noch zur Debatte.

Als gesetzlich Versicherter bin ich auch dazu übergegangen, mir selbst zu helfen, da ich bisher in meiner Kleinstadt noch keinen wirklich guten Sportarzt gefunden habe (mein Hausarzt ist der beste Orthopäde am Ort :zwinker2: ). Die Sesamodoitis und die Schleimbeutelentzündung sind im Abklingen dank Voltaren und DMSO. Auch die Geschichte mit dem Würfelbein scheint wieder besser zu werden, seit ich rechts wieder normal lande.

Der eingeklemmte Nerv ist eine etwas größere Herausforderung. Ich binde meine Schuhe jetzt parallel (statt über Kreuz), was den Fußrücken deutlich entlastet. Dadurch macht sich der Nerv auch bei anschwellendem Fuß kaum noch bemerkbar. Ich hoffe, dass das irgendwann von allein wieder verschwindet genau so wie es gekommen ist.
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD

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Alte, chronische Beschwerden: Fußbad mit Pernionin. Entzündung: Konsequent kühlen + stündlich Arnika und Ibu-Gel im Wechsel. Nerv eingeklemmt: siehe @Icerun. (Ich hab die Kälte-Arnika-Ibu-Kur gerade wegen entzündeter Zehenstreckersehne bzw. Shin-Splint fast durch und es wirkt. Ist die Verordnung meines Orthopäden.)

Danach geht es in den Sandkasten - Übungen zur Kräftigung der Fußmuskulatur. Außerdem erster Schritt barfuß spazierengehen - zweiter Schritt barfuß joggen im Gras (Sportplatz).

Ich hab urgemütliche Wandersandalen, die sehr weit geschnitten sind u. lang genug, dass die Zehen sich in alle Richtungen strecken können. Sind luftig und entlasten den Fuß auch mal zwischendrin oder nach Wettkämpfen optimal. Wenns kalt ist kann man die auch mit dicken Socken tragen. (Modell per PN bei Interesse).

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Hallo Durchbeißerin,

danke für die Tipps. Pernionin bzw. den Wirkstoff Benzylnicotinat kannte ich noch nicht. Das werde ich mal versuchen. Arnika und Diclo-Gel sind vorhanden und scheinen auch zu wirken. Die Entzündungen gehen nach ein paar Tagen intensiver Behandlung deutlich zurück. Zusätzlich verwende ich noch DMSO, was bei der Plantar fasziitis auch ungewöhnlich schnell geholfen hat.

Die Probleme mit dem Nerv treten eigentlich nur in Schuhen auf, wenn ich bereits ein paar Kilometer gegangen oder gelaufen bin. Ich erkläre mir das so, dass der Fuß leicht anschwillt (was ja völlig normal ist), und dann der Schuh den Nerv (der vielleicht auch entzündet ist) einklemmt. Nach Änderung der Schnürung (lockerer und wie beim Hohlfuß mit vermindertem Druck auf den Fußrücken) tritt das Problem nur noch sehr sporadisch auf.

Barfuß gehe und laufe ich seit ca. 3 Monaten regelmäßig, im Büro dann mit Barfußschuhen. Unter den Füßen bildet sich auch schon eine ordentliche Lederhaut und schützendes Fett. Ich hoffe stark, dass ich diese Fußseuche bald wieder los bin.
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD

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DMSO finde ich sehr interessant. Ich werde auf jeden Fall meinen Orthopäden darauf ansprechen. Verordnen wird es sicher nicht, aber als u.a. Ringarzt beim Boxen u. jemand, der olympische Sportler betreut, könnte er das wissen. Er empfiehlt auch ein Ganzkörper-Rheumabad nach harten Belastungen.

Herzlichen Glückwunsch!!! - das wäre fast untergegangen. Seit der genialen Liveberichterstattung des epischen Rennen im Graupelschauer bzw. dem Sieg von Des Linden bin ich Boston-Marathon-Fan. :)

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Nach einem letzten Versuch und erfolglosen Besuch beim völlig planlosen Orthopäden (ein Chiropraktor ist leider nicht so wirklich in der Nähe), der sich auch noch Sportmediziner nennt, bin ich schließlich selbst mit ein wenig Recherche auf die Lösung gekommen.

Vor mehr als 10 Jahren hatte ich mit Piriformis-Syndrom zu kämpfen. Der Verlauf war ganz ähnlich: in Ruhe keine Schmerzen, erst nach 8-10 km Laufen musste ich den Muskel aufgrund der Ischiasschmerzen dehnen und konnte anschließend weiter laufen.

In diesem Fall war es Tibialis anterior, der den Fibularis profundus-Nerv gereizt hat. Nachdem ich die Triggerpunkte gefunden hatte, war nach knapp 1 Minute Schmerzen alles vorbei. Heute Morgen konnte ich 16 km völlig schmerzbefreit laufen. :D
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD

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Durchbeißerin hat geschrieben:Wie fandest du die Triggerpunkte
Da gibt es diverse Webseiten und auch Videos, einfach mal googeln. Ich möchte hier jetzt keinen Link reinstellen, da die meisten auch irgendeinen Kurs o.ä. verkaufen. Damit kannte ich ungefähr den Bereich, wo ich suchen musste. Danach einfach mit einem kleinem Faszienball langsam den schmerzhaftesten Punkt suchen. Das kannte ich noch von der Piriformis-Geschichte, bei der ich mir auch selbst helfen konnte.
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD

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*Frank* hat geschrieben:Danach einfach mit einem kleinem Faszienball langsam den schmerzhaftesten Punkt suchen. Das kannte ich noch von der Piriformis-Geschichte, bei der ich mir auch selbst helfen konnte.
Hätte ich in etwa auch so geschrieben :daumen: Braucht ein bissi Geduld und dann AUAAA :D

Gruss Tommi
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Mein Tagebuch: forum/threads/96079-Die-dicken-Waden-der-dicken-Wade

"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener
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