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Badwater

Badwater

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ULTRAMARATHON IM DEATH VALLEY
Die durch die Hölle laufen
AKTUALISIERT AM 18.07.2019 - 15:22
217 Kilometer zu Fuß durch das Tal des Todes: Der Badwater gilt als einer der härtesten Läufe der Welt
Kein anderer Ultramarathon fordert seinen Läufern so viel ab wie der Badwater im Death Valley. 217 Kilometer durch den heißesten Ort Amerikas. Ein Deutscher kämpft um einen Platz auf dem Podium.
Es gibt eine Wüste im amerikanischen Death Valley, die der biblischen Vorstellung einer Hölle auf Erden nahe kommt. Gut 80 Meter unter dem Meerespegel gelegen, staut sich in einer Senke die sommerliche Hitze wie eine undurchdringliche, glühende Barriere. Die Temperaturen erreichen tagsüber bis zu 50 Grad Celsius. Es herrscht eine lebensfeindliche Atmosphäre. Genau hier versammelt sich jedes Jahr eine Handvoll Extremsportler. Ihre Absicht wirkt absurd: ein 217 Kilometern langer Lauf. Der Badwater Ultramarathon gilt als eines der härtesten Rennen der Welt, und der Deutsche Ulrich Stüwe hat sich vorgenommen, einen Platz auf dem Podium zu erkämpfen.


„An Glück oder Gott glaube ich nicht, sondern denke positiv und vertraue auf meine Vorbereitung und meinen Körper“, sagt Stüwe. Der frühere Bundeswehrsoldat gibt sich kämpferisch. Er weiß, was auf ihn zukommt. Letztes Jahr verpasste er mit dem vierten Platz knapp das Siegertreppchen. Die Konkurrenz ist hart.

Neben dem Deutschen treffen die Mitstreiter ihre letzten Vorbereitungen, sie alle zählen zur Elite der Ultraläufer. Hinter der sportlichen Fassade sind es aber unscheinbare Männer und Frauen: Anwälte, Unternehmer, Mathematiker. Ein Teilnehmer ist 72 und pensionierter Lehrer. Dennoch macht sich Stüwe nichts vor. Die nächsten 20 bis 25 Stunden werden lang und hart. Sein größter Gegner wird letztlich er selbst sein: „Die erste Hälfte wird mit den Beinen gelaufen, die andere mit dem Herzen.“

Kilometer 0: Es ist kurz vor 23 Uhr und eine tiefe Finsternis hat sich über das Tal des Todes gelegt. Die erdrückende Hitze des Tages dämmert aber schon. Das Thermometer zeigt 30 Grad Celsius an. Es bleiben wenige Minuten bis zum Startschuss. Stüwe hat einen langen Weg vor sich: Das Ziel wartet 217 Kilometer weiter und mehr als 2400 Meter höher am Mount Whitney. Der Deutsche hat sich über Monate hinweg akribisch auf diese Tortur vorbereitet, endlose Trainingsläufe absolviert, Stunden in der Sauna verbracht. Nun ist die Zeit der Abrechnung gekommen. Erst kurz vor dem Start, erzählt der 45 Jahre alte Läufer später, habe ihn die Aufregung gepackt.


Badwater Ultramarathon: Ulrich Stüwe (3. v. L.) ist bereit für seinen längsten Tag des Jahres.zur Bildergalerie
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Ultramarathon im Death Valley
Kilometer 35: Auch als erfahrener Ausdauersportlers hat Stüwe den Impuls nicht ganz unterdrücken können, zügig loszurennen. „Später bezahlt man immer, wenn man schnell startet und sich zu früh verausgabt.“ Bei einem Marathon käme man dann vielleicht zehn Minuten später an. Beim Badwater könne ein solcher Fehler, den Teilnehmer aber Stunden oder sogar alles kosten. Stüwe läuft wie die meisten anderen Athleten auch auf dem weißen Seitenstreifen des Highway. Dort soll es einige Grad kühler sein als auf dem restlichen glühenden Asphalt. Neben dem Läufer fährt Stüwes persönliches Rennteam, das ihn mit Eis, Getränken und Nahrungskonzentraten versorgt. Alle 60 Minuten 250 Kalorien und 60 Gramm Kohlenhydrate. Das Extremlaufen nah am Inferno ist eine Wissenschaft für sich.

Kilometer 67: Es ist kurz vor sieben Uhr als Stüwe einen Checkpoint passiert. Die Sonne ist aufgegangen und mit ihr steigen die Temperaturen in Richtung 40-Grad-Marke. Stüwe versucht unbeirrt sein antrainiertes Tempo zu halten. Aber schon jetzt hat er eine Zeitschuld von einer Stunde auf die Spitze, die sich ein Japaner und ein Pole teilen. Doch bei dem, was nun vor ihm liegt, stockt auch Stüwe: ein 25 Kilometer langer und mehr als 1500 Meter hoher Anstieg. Anders als im vergangenen Jahr lotet Stüwes Körper jetzt schon die Sollbruchstelle aus. Der Deutsche kennt Hochs und Tiefs während solcher Gewaltanstrengungen. Im Vorfeld hat er mehrere 100-Meilen-Rennen erfolgreich absolviert. Doch das hier übertrifft alles.
Kilometer 105: Das Thermometer zeigt 49 Grad. Es gibt keinen Schatten. Der aufkommende Wind macht es noch schlimmer, wie ein gigantischer Föhn. Einige Läufer fallen zurück in schnelles Gehen, um etwas Kraft zu schöpfen. Die ersten haben mittlerweile ihre Schuhe gewechselt, da die Hitze des Asphalts die Gummisohlen zum Schmelzen gebracht hat. Für andere Läufer ist die körperliche Belastung zu groß gewesen, sie mussten aufhören. Auch Stüwe kämpft verzweifelt gegen den Abbruch. Es ist nicht die Hitze, die ihn niederringt, sondern die Geschwindigkeit, zu der er sich am Anfang des Rennens hinreißen ließ. Nun streikt der Körper und kann sich nicht mehr regenerieren. Stüwe ist am Ende.
Dennoch quält er sich zehn weitere endlose Kilometer bis zum nächsten Checkpoint. Dort muss sich Stüwe seiner wohl schwersten Herausforderung des gesamten Rennens stellen: dem Eingeständnis, dass es nicht mehr weitergeht. „Ich war gut in der Zeit. Wenn ich bis zum Ende nur noch marschiert wäre, hätte ich den Lauf noch innerhalb der vorgeschriebenen Zeit beenden können.“ Das Rennen aber geht weiter, ab Kilometer 160 beginnen die besten Läufer mit der Jagd nach den Podiumsplätzen. Das Tempo wird nochmal angezogen.
Kilometer 217: Über das Internet verfolgt Stüwe niedergeschlagen das Ende des Rennens. Der Ingenieur Yoshihiko Ishikawaaus Japan hat den Lauf mit 21 Stunden und 33 Minuten in Rekordzeit beendet. Erleichtert durchbricht der Einunddreißigjährige das Band an der Ziellinie, geht kurz in die Knie, um dann seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Über Stunden hinweg laufen weitere Teilnehmer mit erschöpften, aber dankbaren Gesichtern ein. Stüwe kennt diesen empyreischen Moment vom vergangenen Jahr. „Hoffentlich gibt es ein nächstes Mal.“

Aufgezeichnet von Alexander Davydov.

Quelle: F.A.Z
Und wieder springe ich über Pfützen oder mitten hinein!!! :-)
Nur diejenigen, die es riskieren, zu weit zu gehen, können herausfinden, wie weit sie wirklich gehen können. -T.S. ELLIOT
http://forum.runnersworld.de/forum/lauf ... athon.html
http://forum.runnersworld.de/forum/lauf ... 017-a.html
forum/threads/131192-Mont-Ventoux

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Leissprecher hat geschrieben: geht kurz in die Knie, um dann seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen.
Wenn ich sowas lese habe ich immer ein komisches Gefühl.
Das sind für mich Männer, die denken, sie müssten den Frauen beweisen, was für tolle Kerle sie sind.
Neandertalermäßig.
Dunkel, nass, windig, kalt. - "Yeah, let's go!!!"
Never stop.
No.Status.Quo.

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Irgendwie ja beeindruckend solche Läufe, oder doch eher krank?
Ich weiß nicht so recht.

Wenn man so einen Lauf ins Ziel gebracht hat, ist doch ein Marathon bei 12°C irgendwie pillepalle.

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SEhr hat geschrieben:Irgendwie ja beeindruckend solche Läufe, oder doch eher krank?
Ich weiß nicht so recht.

Wenn man so einen Lauf ins Ziel gebracht hat, ist doch ein Marathon bei 12°C irgendwie pillepalle.
Selbst bei 35°C, denn ein Marathon geht immer, oder auch 2, sogar schon mal 3 ;)

Habe vor 8 Jahren einem Laufkumpel dafür ungläubig einen Vogel gezeigt, naja der Rest ist Historie :D

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Ich glaube auch nicht, dass er neandertalermäßig seiner Liebsten etwas beweisen musste. Ich glaube, so ein Antrag ist normalerweise ein emotionaler Moment. Nicht alle, aber die meisten suchen sich dafür einen besonderen Moment aus und machen den Antrag nicht montagsmorgens zwischen Jacke anziehen und Müll rausbringen. Schätze, für ihn war es der überwältigende Moment, als er im Ziel war.

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Hallo

Ein ganz besonderer Moment war dieses Jahr beim Thüringen Ultra in Fröttstätt.
Da hat ein Paar sich nach dem Zieleinlauf (100 Km) das Ja-Wort gegeben. Sie ist im weissen Kleid gelaufen und er hat sie auf dem Fahrrad begleitet , ob nun die ganze Strecke entzieht sich meiner Kenntnis. Einfach mal den Udo fragen, er war beim Lauf dabei, siehe seinen Bericht.

Gruß Stefan
Und wieder springe ich über Pfützen oder mitten hinein!!! :-)
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JoelH hat geschrieben:Warum klettern Leute einen Berg hoch?
Weil er da ist.

So wird es auch hier sein. Ich denke es gibt dafür keinen rationalen Grund. Ich meine, letztlich ist das auch nix anderes als ein 100m Sprint (oder jeder beliebige Sport). Der ist prinzipiell ähnlich sinnfrei, nur wird er als nicht ganz so ungewöhnlich erkannt.
Während man noch mit flammenden Herzchen und ungläubig blinzelnden Äuglein vor dem PC sitzt und ob der außergewöhnlichen Leistungen staunt, kommt Joel still und leise rein und kippt einen Eimer Eiswasser über der Leserschaft aus. Pfui Teufel. Das war nicht schön. :nene:

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Wow! Als ich dort mal im Frühling (nicht wie hier im Juli!) war, hat man es gerade so ausgehalten 30 Minuten spazieren zu gehen und dann ins klimatisierte Auto zu flüchten. Unvorstellbar dort Sport zu machen. Noch unvorstellbarer dort diese Distanz zu absolvieren.
Wahnsinn zu was Menschen bzw. der Mensch in der Lage ist. Leider im Negativen und (wie hier) im Positiven.

Kann jemand erkläre warum es unterschiedliche Startzeiten gibt? Manche starten um 20 Uhr, manche 21:30 Uhr, manche 23 Uhr. Darf man sich das aussuchen? Ich würde erwarten, diejenigen, die früher starten haben einen gewissen Vorteil, weil sie länger in der kühleren Nacht laufen. Oder sehe ich das falsch?
PB:
10km 42:49
HM 1:35:15
M 3:17:30


Bild


forum/threads/104369-LasseLaufens-Lauferlebnisse

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Adavad hat geschrieben:Bei dem Checkpoint war der Zweitplatzierte ein polnischer Läufer und nicht nicht die letztliche Zweitplatzierte und Siegerin bei den Frauen. :-)
Das war dann sicher der Pacer. ;-)

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Wenn der Herr aus Japan nach 217 km auf eigenen Beinen noch in der Lage ist, für einen Heiratsantrag kurz in die Knie zu gehen, dann kann er wohl beim Lauf selbst nicht wirklich alles gegeben haben.... :nick: :zwinker5:
PB | 10: 44:39 | HM: 1:35:41 | M: 3:38:56

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Vor ein paar Jahren war ich beim "Dia"'-Vortrag von Hajo Palm über seine Badwaterteilnahme. Kennengelernt hatte ich Hajo ein paar Jahren vorher beim Baltic-Run. Nach der vierten Etappe, die sehr heiß war, saßen wir in der immer noch brutzelnden Sonne und er erzählte mir mit leuchtenden Augen von seinem Traum, irgendwann mal den Badwater zu laufen. Ultraläufer sind schon "anders". Sich aber auf solch einen Lauf vorzubereiten und diesen dann durchzustehen, das sind schon besondere Menschen. Sein Bericht war äußerst interessant und auch lehrreich.

Gruss Tommi
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