Also gut, ich fange mal ganz von vorne an und gebe eine letzte Nachhilfestunde Biologie für Anfänger:
In den Zellen deines Körpers befindet sich deine DNA. Die DNA beinhaltet zwischen 30.000 und 150.000 Gene (die genaue Zahl kennt man nicht, das ist in etwa die Breite der Schätzungen). Viele dieser Gene sind nicht immer aktiv, sondern müssen über sogenannte Rezeptoren aktiviert werden. An diese Rezeptoren müssen bestimmte Moleküle andocken, erst dann kann die Zelle ihre Funktion aufnehmen. Über 1000 dieser Gene haben Rezeptoren für Vitamin D bzw. das aktive Calcitriol, das aus Vitamin D mit Hilfe von Enzymen entsteht. Das sind die Vitamin-D-Rezeptoren oder VDR, über die die Gene reguliert werden. Das weiß man heute und das ist ein Fakt.
Warum ist das so?
Nehmen wir von oben das Beispiel einer Insulin produzierenden Zelle in der Bauchspeicheldrüse. Die soll nicht ununterbrochen Insulin produzieren, sondern nur dann, wenn es gebraucht wird. Das heißt, wenn in deinem Magen eine Ladung Zucker ankommt, merkt dein Organismus das über biologische Sensoren. Diese senden Signale, die dazu führen, dass die Zellen in der Bauchspeicheldrüse aktiviert werden und Insulin produzieren. Genau da kommt jetzt Vitamin D ins Spiel. Man hat herausgefunden, dass einige dieser Zellen in der Bauchspeicheldrüse u.a. Vitamin D zur Aktivierung benötigen. Kein Vitamin D, keine Aktivierung, kein Insulin, erhöhter Zuckerspiegel im Blut, Diabetes. Diese Zusammenhänge findet man in randomisierten Doppelblindstudien, die eine Korrelation zwischen Diabetes und Vitamin D-Versorgung zeigen, erstmal bestätigt. Die Studien zeigen also eine Korrelation genau dort, wo man sie aufgrund der Kenntnis biologischer und biochemischer Vorgänge erwarten würde.
Das ist jetzt alles stark vereinfacht (die Insulinsensitivität wird auch noch von anderen Faktoren beeinflusst) und ganz so schnell geht es natürlich auch nicht. Da die Insulinproduktion eine lebenswichtige Funktion ist, holt sich der Organismus das Vitamin D - wenn man zu wenig hat - von einer anderen Stelle, wo es dann natürlich fehlt, z.B. Beispiel bei der Produktion von Testosteron oder bei einem von über 1000 anderen zellulären Vorgängen in deinem Körper.
Das gleiche passiert in den Hoden bei der Produktion von Testosteron. Für die Aktivierung der Testosteron produzierenden Zellen und Gene ist Vitamin D notwendig. Ohne Vitamin D kein Testosteron, ohne Testosteron kein Muskelwachstum, keine Superkompensation, keine Leistungssteigerung. Auch dafür findet man Studien, die das anhand von Korrelationen untermauern. Ähnlich ist es beim Calciumstoffwechsel, der für die Knochendichte verantwortlich ist. Zu wenig Vitamin D, verminderter Calciumstoffwechsel, zu geringe Knochendichte, Osteoporose, Knochenbrüche. Usw. usw. Bei den meisten Menschen bekommt der Körper das trotz allem irgendwie hin, alles bei reduzierter Leistung lange genug am Laufen zu erhalten. Auch ein Motor hat ja nicht gleich einen Kolbenfresser, wenn der Ölspiegel unter das Minimum fällt. Aber er verschleißt (altert) schneller und wenn man ihn in dem Moment einer hohen Belastung aussetzt, ist das Risiko deutlich größer, dass etwas völlig schief geht und entgleist. Hohe Belastungen für unseren Körper sind z.B. jede Art von Stress (auch Sport ist erstmal Stress) oder Umweltgifte.
Was hat das jetzt alles mit Vitamin D-Pillen zu tun? Erstmal gar nichts. Damit in deinem Körper alles reibungslos funktioniert, brauchst du eine bestimmte Menge Vitamin D. Das ist die untere Grenze des Referenzbereichs, den die Labore angeben. Die DGE hat diese untere Grenze auf 50 nmol/l festgelegt. Die polnische Gesellschaft für Kinderendokrinologie und Diabetes legt diese untere Grenze auf 75 nmol/l und legt den optimalen und sicheren Bereich zwischen 75 und 200 nmol/l. Kein Wissenschaftler heute weiß mit letzter Sicherheit, wo das Optimum und wo die untere Grenze (die wahrscheinlich sogar für jeden Menschen individuell ist) liegt. Dass sich die Empfehlungen über die letzten 30 Jahre immer weiter erhöht haben (die DGE empfahl 1990 noch 200 IE täglich, heute 800 IE), legt nahe, dass die untere Referenzgrenze von 50 nmol/l und damit auch die Empfehlung von 800 IE täglich zu niedrig sein könnten.
In Kenntnis all dieser Fakten habe ich
für mich entschieden, dass ich meinen Vitamin D-Spiegel in etwa in der Mitte des sicheren Bereichs haben will, also 125-150 nmol/l. Und hier kommen die Vitamin D-Pillen ins Spiel. Diese Werte erreicht man in Mitteleuropa ganzjährig nicht allein mit Sonneneinstrahlung und Ernährung. Die meisten schaffen laut RKI und DGE nicht mal 50 nmol/l. Ob ihr das für Paranoia oder einfach für überflüssig oder nicht sinnvoll haltet, ist mir ehrlich gesagt völlig egal. Wenn ihr glaubt, euch kann nichts passieren, weil ihr euch täglich lange im Freien aufhaltet, dann ist das vielleicht so - oder vielleicht auch nicht (Gegenbeispiele hatten wir hier auch). Schädlich ist der höhere Vitamin-D-Spiegel nach heutigem Stand der Wissenschaft definitiv nicht. Und es kostet nicht mal 20€ pro Jahr. Wenn mich damit die böse NEM-Industrie abzockt, so what? Wenn ich mir die Lebensmittelskandale der letzten Tage anschaue, werden wir von der Lebensmittelindustrie auch abgezockt. Soll ich deswegen aufhören zu essen?
Jeder ist für sich selbst verantwortlich und muss Risiken und Benefits für sich selbst abwägen. Wer meine Denkweise und Argumentation nachvollziehen kann, kommt vielleicht zu demselben Schluss - oder eben nicht. Wahrscheinlich wird keiner von uns alt genug, um mitzuerleben, ob und wie diese Fragen jemals abschließend beantwortet werden.
Und nun zum Abschluss noch mal eine "Pointe" als Denkanstoß und um zu zeigen, dass Vitamin D auch den Alterungsprozess reguliert (welche Maus Vitamin D-Mangel hat, dürfte wohl klar sein
):
VG Frank
5km - 19:38 (2009) ~ 10km - 40:02 (2011) ~ 15km - 61:07 (2010) ~ 10M - 67:37 (2009) ~ HM - 1:29:01 (2008) ~ M - 3:14:29 (2012)
Nächster Wettkampf: TBD