Banner

Erster Marathon - wie optimiere ich die Vorbereitung?

Erster Marathon - wie optimiere ich die Vorbereitung?

1
Hallo, liebe Forenmitglieder! :)

Nachdem ich jetzt schon seit Monaten stumm mitlese, hab ich mich endlich auch getraut, mal aktiv zu werden. Ich hoffe, ich nerve nicht allzu sehr mit einer zum 1000. Mal gestellten Frage, aber jeder Fall ist anders und wenn jemand Zeit und Lust hat, meine Laufgeschichte zu kommentieren, würd' ich mich sehr freuen!

Also, zu mir: Ich, W28, habe eine relativ unsportliche Vergangenheit hinter mir, war als Kind und Jugendliche zwar gerne draußen (wandern, radfahren…), habe aber nie "richtig" Sport gemacht. Ein bisschen zu schwer war ich immer schon, in den Zwanzigern dann bis zu 100 Kilo auf 1,72m. Im Februar 2018 habe ich beschlossen, dass es reicht, habe mich im Fitnessstudio angemeldet und im Juni begonnen zu laufen. Damals habe ich keine 200m am Stück geschafft, aber es wurde langsam, aber stetig besser.

Mittlerweile halte ich problemlos und ohne Einschränkungen bei der Ernährung 65 Kilo und habe richtig Spaß am Laufen gefunden. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen (oder überhaupt irgendeinen Sport) mal so lieben würde.
Im Oktober 2018 bin ich erstmals 10km am Stück gelaufen, im Dezember den ersten Wettkampf über 7km. Da habe ich richtig Blut geleckt; 2019 kamen dann noch geschätzt 13 weitere WK dazu, darunter folgende Bestzeiten:
Juni: 48:02 auf 10k
Oktober: 1:46:32 im HM und 2:36:40 bei 27km
November: 22:58 auf 5k

Jetzt möchte ich gerne die letzte "klassische" Distanz angehen und den Marathon laufen. Da ich lieber in der Kälte trainiere als in der Hitze, habe ich mich für einen Frühjahrsmarathon im April 2020 entschieden.
Momentan sieht mein Training wöchentlich im Großen und Ganzen so aus:
1x Intervalle oder Fahrtspiel, 10-12 km (mit Ein- und Auslaufen)
1x Tempodauerlauf, 10-12km, Pace ca. 5:20
1x langer Dauerlauf, 18-22km, Pace ca. 6:00
1x Lauf "nach Lust und Laune", meist um die 15km, Pace ca. 5:40
2-3x Kraft/Stabi im Fitnessstudio

Ab Jänner würde ich nach einem Plan von Steffny mit dem marathonspezifischen Training beginnen, ich habe nur noch nicht entschieden, nach welchem. Ursprünglich hatte ich 4:00 angepeilt, jetzt frage ich mich, ob nicht auch 3:45 in Reichweite liegen könnte.
Was meint ihr? Kann ich mir diese Zeit zumindest vornehmen? Ob es klappt, steht ja sowieso auf einem anderen Blatt.
Und habt ihr sonst noch nützliche Tipps für mich? Ich bin für jeden dankbar! :)

Ach ja: Bis auf gelegentlichen Muskelkater und selten mal ne Blase laufe ich völlig beschwerdefrei, also da gibt's keine Probleme.

Danke an alle, die's sich durchgelesen haben, und herzliche Grüße!
Lynxe

2
Lt Jack Daniels (nicht der Whiskey :D ) solltest du bei 1:46:32 im Marathon auf 3:40:54 kommen, theoretisch gesehen. Beim ersten Marathon sollte man aber lieber 10-15 Minuten dazurechnen. Wobei die 3:40 schon sehr gut gerechnet sind, da ist die Frage, ob du nach so kurzer Trainingszeit schon genügend "Lebenskilometer" hast, um das Training unbeschadet zu überstehen.

http://www.fu-mathe-team.de/daniels.yaw ... prAAQMDx48
Zum Thema Puls: Blogbeitrag #1 | Blogbeitrag #2
Bild

Bild
10k: 45:10 (12/2020) | HM 1:40:38 (10/2020) | M: 3:39:23 (10/2020) | Wings for Life 24,12 km (05/2020)

3
Mit den Vorleistungen wäre es verschwendet, wenn Du den 4:00h Plan nimmst. Starte mit dem 3:45er Plan und dann kannst Du immer noch entscheiden, wenn Dir das zu hart wird (was ich nicht glaube) auf den 4:00 Plan wechseln.

4
Lynxe hat geschrieben: Juni: 48:02 auf 10k
Oktober: 1:46:32 im HM und 2:36:40 bei 27km
November: 22:58 auf 5k
Deine Zeiten zeigen deutlich wo Deine Schwächen liegen.
Dir fehlt es deutlich an der Grundlagenausdauer.
Deine 5km Zeit passt ja noch ganz gut mit Deiner 10 km Zeit, aber bereits zwischen Deiner HM-Zeit und Deiner 27km Zeit liegen Welten.

Von daher würde ich die Ziel-Zeit für einen Marathon debüt eher mit >4:00 h angehen.

Auch wenn ich selbst noch kein Marathon gelaufen bin, glaube ich nicht, dass ein Marathon "bloß" 2xHM sind, zumal Dir die Grundlagen zu fehlen scheinen.
Lynxe hat geschrieben:Ursprünglich hatte ich 4:00 angepeilt, jetzt frage ich mich, ob nicht auch 3:45 in Reichweite liegen könnte.
2x Deine HM Bestzeit wären 3:33h, dafür müssets Du aber Dein HM Tempo durchhalten können. Pace ~ 5:00min/km
Bei Deinen 27 km Lauf bist Du obwohl "bloß" 6 km länger völlig eingebrochen und hattes eine Pace von > 5:45 min/km
Vermutlich würdest du auch nach dem 27 km weiter einbrechen.

Von daher arbeite an Deiner Grundlagenausdauer und plane eher etwas länger für Deinen ersten Marathon..
Bild

6
Lynxe hat geschrieben:Ursprünglich hatte ich 4:00 angepeilt, jetzt frage ich mich, ob nicht auch 3:45 in Reichweite liegen könnte.
Letztlich ist diese Entscheidung marginal. Beides wird dir auf Dauer langsam vor kommen. Das Trainingstempo der Marathonpläne ist einfach absurd langsam, wenn man es gewohnt ist eher in Richtung 10k zu trainieren. Du musst damit viel mehr im Kopf klar kommen als in den Beinen.

Am Ende steht und fällt m.E. sowieso alles damit wie du die ganz langen Latten verkraftest bzw. das Trainingsvolumen an sich zu stemmen im Stande bist. Es spricht nichts dagegen den schnelleren Plan in Angriff zu nehmen, verabschiede dich aber von der Vorstellung, dass dies irgendwelche Garantien beinhaltet. 15 Minuten sind bei einem Marathon schnell verloren, die Strecke ziemlich lang.

Und vor allem, denk während der Läufe im MRT intensiv darüber nach ob du diese Tempo auch über 42km gehen kannst. Und sei dabei realistisch, denn der Marathon verzeiht nicht und lässt sich nicht belügen.

Deshalb lieber konservativ an die Sache ran gehen, nicht unbedingt im Training, aber im WK, denn erst wenn du das erste mal "leer" an der 40km rum schrubbst weißt du wirklich was du da tust und von was die anderen reden. Und dann bist du dir vielleicht selbst dankbar konservativ an die Kiste ran gegangen zu sein. Beim zweiten Mal ist es dann einfacher (hoffe ich). Dann hat man wenigsten eine definierte Referenz.

Ich stand übrigens vor dem gleichen "Problem".

forum/threads/127043-Mein-Weg-nach-Münc ... st-schnell

hier nach zu lesen. Habe auch den schnelleren Plan gemacht, ohne Probleme. Die kamen eher im Rennen selbst. Aber das ist alles niedergeschrieben.
Bild
Über mich
wo ich herkomme Am Anfang war da der Bauchspeck und wo ich zuletzt gelaufen bin Joels Daily Challenge - Streakrunning

7
Auf jeden Fall nach dem 3:45er Plan trainieren. Die langen Läufe ab sofort ausdehnen, bzw. wöchentlich steigern bis zur planmäßigen Länge und Pace.
Im Prinzip jetzt schon auf den Plan schielen und sich dabei an den Steffny Empfehlungen orientieren.

8
ruca hat geschrieben:Dazu schreibt Steffny doch einiges. 3:45er Plan und den Lauf dann mit Anfängermalus auf 4:00h angehen.
+1

Mindestens. Vergesst nicht, dass die 1:46 nach gut einem Jahr Laufen erreicht wurde. Höchstwahrscheinlich wird die Dame nächstes Jahr deutlich besser drauf sein.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

9
Hallo Lynxe,

wenn man deine Halbmarathonbestzeit - die verlässlichste der angegebenen Leistungen - als Bezugsgröße nimmt UND davon ausgeht, dass du seitdem nicht nennenswert an Ausdauer/Leistungsniveau verloren hast, dann stellten selbst 3:45 als Marathon-Zielzeit eine gewissen Unterforderung dar. Aber ...

... der erste Marathon ist der wichtigste, der entscheidende, möglicherweise auch schwerste Marathon deiner Läuferkarriere.

Es kommt darauf an beim Debüt ein möglichst tolles, strahlendes, wunderbares - wie auch immer - Erlebnis einzufahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass das gelingt, schwindet mit dem läuferischen Risiko, das man eingeht. Und dieses Risiko steigt markant an, wenn man jede nur erdenkliche (Ausdauer-) Ressource auszureizen versucht. Aus diesem Grund rate ich dir es beim 3:45 Stunden TP zu belassen. Und nicht nur das: Trainiere ihn voll aus und laufe deinen Marathon dann mit einer Pace, die dich fünf bis zehn Minuten später ins Ziel brächte. Damit behältst du während des gesamten Laufes die volle Kontrolle und kannst dir den Spaß über die gesamte Distanz erhalten. 3:50 - 3:55 Stunden sind für den ersten Marathon auch eine Bombenzeit! Solcherlei Vorgehen wird dir auch erlauben dann ggf. noch das Tempo zu forcieren, wenn die meisten anderen bereits langsamer werden - jenseits Kilometer 25, auf jeden Fall jenseits Kilometer 30. Dabei würdest du etliche MitläuferInnen "einsammeln". Aus der Erfahrung vieler Marathons heraus kann ich dir versichern: Das ist ein tolles Gefühl! Und ein strahlendes Finish fühlt sich um Klassen besser an, als sich mit letzter Kraft gerade noch so über die Ziellinie zu schleppen! Dann geht es dir beim ersten Marathon womöglich wie mir: Beim Überlaufen der Ziellinie hatte ich schon Lust auf den zweiten ...

Dieses Vorgehen empfiehlt sich auch deshalb, weil du einen Plan von Steffny trainieren willst. In seinem Buch "Perfektes Marathontraining", das mir vorliegt, relativiert er die Erfolgschancen bei der Anwendung seiner Pläne bei Debütanten. Man kann dazu stehen wie man will. Schaut man sich die Pläne genauer an (was ich vor Jahren mal gemacht habe), dann wird deutlich warum er diese Einschränkung macht. Ihr Anspruchsniveau liegt am unteren Rand vergleichbarer Pläne. Solltest du die 3:45 Stunden jedoch tatsächlich anstreben, dann rate ich dir zu einem anderen Plan. Oder du nimmst Steffnys und schlägst auf seine Anforderungen in den Trainingseinheiten noch ein paar Prozent drauf...

Alles Gute fürs Marathondebüt :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

10
Hallo, ihr lieben :)
Danke für die vielen Antworten, das hilft mir schon mal sehr weiter bzw. bestätigt mir nochmal vieles.
[quote="klnonni"]
Bei Deinen 27 km Lauf bist Du obwohl "bloß" 6 km länger völlig eingebrochen und hattes eine Pace von > 5:45 min/km
Vermutlich würdest du auch nach dem 27 km weiter einbrechen.[/quote]
Dazu muss ich erklären, dass der HM ein flacher Straßenlauf war und bei den 27km gleich zu Beginn ein kleiner „Berg“ drin war, also eine mehrere Kilometer lange kontinuierliche Steigung durch den Wald, die ich dann doch lieber gegangen bin, das hat wohl Zeit gekostet :D

[quote="JoelH"]Es spricht nichts dagegen den schnelleren Plan in Angriff zu nehmen, verabschiede dich aber von der Vorstellung, dass dies irgendwelche Garantien beinhaltet. 15 Minuten sind bei einem Marathon schnell verloren, die Strecke ziemlich lang.
[/quote]
Das ist natürlich klar, dass es bei keinem Plan irgendwelche Garantien fürs Gelingen gibt. Es ist auch keine Tragödie für mich, wenn es doch nicht die Wunschzeit wird, nur gut ankommen möchte ich auf jeden Fall. Ein gutes Zeitziel zu erreichen, wäre natürlich das Zuckerl obendrauf.
U_d_o hat geschrieben: ... der erste Marathon ist der wichtigste, der entscheidende, möglicherweise auch schwerste Marathon deiner Läuferkarriere.

Es kommt darauf an beim Debüt ein möglichst tolles, strahlendes, wunderbares -wie auch immer - Erlebnis einzufahren.

Das sehe ich eben auch so und oberste Priorität hat, dass ich danach beschließe, unbedingt mit dem Marathonlauf weitermachen zu wollen :D

Ich werde also nach dem 3:45er-Plan trainieren, den WK aber trotzdem erst mal mit 5:40er-Pace starten. Wenn’s dann auf halber Strecke noch gut läuft, ziehe ich das Tempo etwas an. Und für alle kommenden Marathons kann ich die Ziele dann ja immer noch höher stecken und auf anspruchsvollere Pläne wechseln.
Ganz herzlichen Dank für eure Einschätzung, eure Ratschläge und die motivierenden Worte! :)Ich halte euch gern auf dem Laufenden, wie es so klappt.
Liebe Grüße
Lynxe

11
Lynxe hat geschrieben:Wenn’s dann auf halber Strecke noch gut läuft, ziehe ich das Tempo etwas an.
Das wäre ein dicker Fehler. Da hat der Marathon noch nicht ansatzweise begonnen. Wenn Du Dich um KM 30 rum immer noch richtig gut fühlst, darfst Du darüber nachdenken, nicht vorher.
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

12
ruca hat geschrieben:Das wäre ein dicker Fehler. Da hat der Marathon noch nicht ansatzweise begonnen. Wenn Du Dich um KM 30 rum immer noch richtig gut fühlst, darfst Du darüber nachdenken, nicht vorher.
Och, nachdenken oder träumen darf man schon. Die Realität holt einen schon auf den Boden der Tatsachen zurück. Es ist halt dieses Mär vom negativen Split.
Bild
Über mich
wo ich herkomme Am Anfang war da der Bauchspeck und wo ich zuletzt gelaufen bin Joels Daily Challenge - Streakrunning

13
Lynxe hat geschrieben:Ich werde also nach dem 3:45er-Plan trainieren, den WK aber trotzdem erst mal mit 5:40er-Pace starten. Wenn’s dann auf halber Strecke noch gut läuft, ziehe ich das Tempo etwas an. Und für alle kommenden Marathons kann ich die Ziele dann ja immer noch höher stecken und auf anspruchsvollere Pläne wechseln.
Hallo Lynxe,

im Ansatz ein guter Plan. Im Detail gebe ich aber Ruca recht. Was du als Marathondebütant noch nicht wissen kannst: Man kann zu Anfang und auch in Mitte einer Marathondistanz noch nicht abschätzen, wie der Lauf enden wird. Ich habe schon alles erlebt: Mieser Beginn, durchwachsenes Mittelspiel und ein strahlendes Finale ebenso, wie das genaue Gegenteil. Dann fühlte ich mich zu Anfang stark wie Herkules, war noch bei 25 km flott unterwegs und zum Ende hin ging's in die Hose. Und glaub mir: Das willst du nicht erleben. Es gibt nichts Hässlicheres beim Marathonlauf als auf den letzten Kilometern dem Ziel entgegen zu sterben! Mein Rat schlägt deshalb in dieselbe Kerbe: Mäßige dich bis dir 30 km gehören. Wenn du dann noch volle Kraft voraus laufen kannst, dann ziehe das Tempo an. Ich habe es bei meinem ersten Marathon ähnlich gehalten. Ich war trainiert für 3:45 Stunden, hielt mich sklavisch an die dafür nötige Geschwindigkeit von 5:20 min/km (weil mir niemand vorher geraten hat vorsichtiger anzulaufen). Zum Glück erwischte ich einen grandios guten Tag und hatte auch mehr Power in den Beinen als diese 3:45 Stunden. Bei etwa 30 bis 33 km wurde ich dann unruhig, weil ich einfach nicht müde wurde ... Also steigerte ich mein Tempo vorsichtig und fühlte mich noch immer gut. Auf den letzten zwei Kilometern entschloss ich mich einen scharfen Endspurt anzuziehen, damit ich im Ziel ausgepowert ankomme. Es war ein irres, süchtig machendes Erlebnis, nach 40 Kilometern noch mal zwei Schaufeln drauflegen zu können ... Im Ziel war ich müde, überglücklich und voller Sehnsucht nach Marathon Nr. 2 ... Inzwischen sind es ein paar mehr geworden :wink:

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

14
Okay, das macht natürlich Sinn, von dem Einbruch ab Kilometer 30 habe ich schon oft gehört. Dann werde ich wirklich bis dahin versuchen, das Tempo ruhig und konstant zu halten. 5:40 min/km fühlt sich im Training sehr locker und kaum anstrengend an; das mag auf so einer langen Distanz wahrscheinlich nochmal anders aussehen, aber ich denke, als Richtwert kann ich das nutzen.

Wäre es für den Anfang vielleicht vernünftig, sich an einem 4:00h-Pacemaker zu orientieren? Oder haltet ihr von so etwas eher wenig?

Danke nochmal für eure Erfahrungen! Die sind aussagekräftiger als jedes Lehrbuch. :)

15
Lynxe hat geschrieben:Wäre es für den Anfang vielleicht vernünftig, sich an einem 4:00h-Pacemaker zu orientieren? Oder haltet ihr von so etwas eher wenig?
Ich halte mich gerne von den Pacemakern fern, weil es in der Traube am Verpflegungsstand ziemlich eng und chaotisch werden kann. Aber das ist individuell.

Der letzte Pacemaker, den ich im Lauf traf, kam ca 3 Minuten vor der geplanten Zeit im Ziel an und hat nur einen Läufer ins Ziel gebracht (muss auch nicht sein). Oft genug habe ich aber auch welche erlebt, die wirklich perfekt gelaufen sind und mich dann auf den letzten KM "aufgeschnupft" haben, weil sie wirklich perfekt konstant gelaufen sind.

Wenn Du darüber nachdenkst, würde ich erstmal schauen, ob Du was über die individuellen Pacemaker herausfinden kannst, bei großen Marathons stehen die Namen und Daten in den Tagen vor dem Lauf meist auf der Homepage, die meisten machen es nicht zum ersten Mal und in alten Ergebnislisten kann man oft herausfinden, ob die eine vernünftige Taktik gelaufen sind oder am Anfang einen Vorsprung herausliefen, und am Ende einbrachen oder trödelten, so dass die Zeit passte. Oder gar 5 Minuten vor oder 10 Minuten nach der Zeit ins Ziel kamen.

Und während des Laufs den Kopf nicht abschalten und dem Pacemaker blind vertrauen (der angsprochene "3 Minuten zu früh"-Pacemaker war ein sehr erfahrener, bei dem auf dem Papier alles stimmte). Wichtigstes Hilfsmittel sind die KM-Schilder (GPS kann gerne Unsinn anzeigen). Mach Dir vorher einen Plan, nach welcher Zeit Du an welchem Schild vorbeikommen musst (Auf Arm/Hand schreiben oder als Armband mitführen hat sich bewährt, merken und rechnen funktioniert unterwegs nur "halbgut"), und überprüfe unterwegs. Wenn das vorn und hinten nicht passt, dann löse Dich von der Gruppe und laufe nach Deinem eigenen Plan.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Laufberichte sehr lehrreich sein können, daher verlinke ich mal ein paar von mir:

Hier mein Bericht zu dem Lauf mit dem "komischen" Pacemaker:

forum/threads/102351-Ausgerechnet-ich-l ... ost2605144

Hier mein Bericht zu meinem besten Marathon - da kannst Du schön sehen, wie das "lockere Laufen" um km 30 herum ganz plötzich umschlagen kann:

forum/threads/102351-Ausgerechnet-ich-l ... ost2576854

Und hier, wie es noch ausgehen kann, wenn bis zur Hälfte das Tempo anscheinend passt, es im Endeffekt für die aktuelle Form dann doch zu hoch war:

forum/threads/102351-Ausgerechnet-ich-l ... ost2543355
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

16
Lynxe hat geschrieben:Wäre es für den Anfang vielleicht vernünftig, sich an einem 4:00h-Pacemaker zu orientieren? Oder haltet ihr von so etwas eher wenig?
Hallo Lynxe,

es gibt ausgezeichnete Pacemaker. Ich kenne ein paar ziemlich, einen davon sogar sehr gut. Letzterer würde eher einen Infarkt riskieren, als seine Schäflein bei eigenen Schwierigkeiten im Stich lassen - um es mal drastisch zu formulieren. Darüber hinaus gibt es aber jede Menge grottenschlechte Pacemaker. Läufer mit wenig Erfahrung, die sich berufen fühlen anderen das Laufen beizubringen und sich nicht selten maßlos überschätzen. Von meinen über 250 Marathons oder weiter sind knapp 100 Ultras, der Rest Marathons. Du kannst dir nicht vorstellen, was ich an Pacemaker-Fehlleistungen dabei schon alles beobachtet habe. Angefangen von welchen, die ihre Klienten auf der ersten Hälfte durch überzogenes Tempo verschleißen und schlussendlich alleine ins Ziel kommen, bis hin zu jenem Deppen, der die Nacht durchsoff und dann mit Restalkohol im Blut irgendwann sang und klanglos ausstieg.

Abgesehen davon bedeutet sich einem Pacemaker "auszuliefern" einen gewissen Kontrollverlust. Und über die gesamte Marathondistanz die volle Kontrolle über das eigene Wohl und Wehe zu behalten ist mir sehr wichtig. Vor allem das Tempo selbst zu bestimmen und nach jedem Kilometer zu überprüfen. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, sich nicht blind auf die vom Veranstalter platzierten KM-Tafeln zu verlassen. Die stehen leider auch oft um 50, 100 oder noch mehr Meter am falschen Ort. Und 100 Meter sind immerhin etwa 30 Sekunden +/- und damit für die Tempokontrolle hoffnungslos zu viel. Mir kommt es nicht mehr aufs genaue Tempo an, dennoch kontrolliere ich jede Km-Tafel mit meinem GPS. GPS ist auch ungenau, doch eher "zuverlässig ungenau". Wenn eine Tafel dann nicht da steht, wo ich sie auf Grund der "zuverlässigen Ungenauigkeit" erwarte, ziehe ich sie in Zweifel.

Fazit: Ich würde mich an deiner Stelle keinem Pacemaker anschließen.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

17
U_d_o hat geschrieben:In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, sich nicht blind auf die vom Veranstalter platzierten KM-Tafeln zu verlassen. Die stehen leider auch oft um 50, 100 oder noch mehr Meter am falschen Ort. Und 100 Meter sind immerhin etwa 30 Sekunden +/- und damit für die Tempokontrolle hoffnungslos zu viel. Mir kommt es nicht mehr aufs genaue Tempo an, dennoch kontrolliere ich jede Km-Tafel mit meinem GPS. GPS ist auch ungenau, doch eher "zuverlässig ungenau". Wenn eine Tafel dann nicht da steht, wo ich sie auf Grund der "zuverlässigen Ungenauigkeit" erwarte, ziehe ich sie in Zweifel.
Jupp, da habe ich es etwas mir zu einfach gemacht, berichte ich in meinem eigenen verlinkten Laufbericht doch von insgesamt 5 km-Schildern, die falsch standen, 4 davon um ca. 300m (!).

Meist stehen die wirklich gut aber wenn das vorn und hinten nicht passt, dann bloß nicht zu sehr vertrauen, auch die Dinger können falsch stehen (davor ist man nicht mal an Orten mit Zeitmessmatten sicher, auch wenn es hier unwahrscheinlicher ist).

Dass ich dem GPS noch weniger vertraue liegt schlichtweg daran, dass mein "Heimatmarathon" der in HH ist, der einen längeren Tunnelabschnitt hat, mit dem meine lang genutzte Polar-Laufuhr überhaupt nicht klarkam und ab da absurde Werte anzeigte...
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

18
Die denkbar schlimmste Pacer-Fehlleistung hab ich beim Comrades (Uphill) erlebt. Der hat seine Schützlinge zu langsam und ins Verderben laufen lassen und alle mussten beim Cut-Off aus dem Rennen aussteigen. :klatsch:

Gruss Tommi

19
Mein GPS-Fail fand bei der Freiburger Laufnacht statt: 6 Runden in der Innenstadt durch Häuderfluchten und unter einem Gebäude durch.

Ich habe nicht die Runden gezählt, weil ich mich mal auf die km der Uhr verlassen wollte.

Naja- irgendwann konnte ich dann nicht mehr identifizieren, ob nun die 5. oder schon die 6. RUnde war, so dass ich eine Läuferin neben mir fragen musste :zwinker4:

ca. 750 m Differenz auf 6500 m ist schon. ganz lustig :D
Bild

23
klnonni hat geschrieben:Zumindest wäre eine Entschädigung kulant.

Ich habe mich noch nie für die Pacer interessiert, aber ganz ehrlich merkt man es den nicht, wenn man so langsam läuft, dass man an die Cut-Off-Zeit kommt?

Ein Pacer ersetzt doch nicht das selbstständige Denken!?
Na ja, sagen wir mal so. Bei einem flachen Rennen ist es ja relativ simpel. Aber wenn du Anstiege drin hast, dann wird es schwierig. Es gibt Leute die kommen gut hoch und schlecht runter, es gibt Leute die können beides schlecht, andere sind da besser als auf dem flachen. Da eine Pace an zu schlagen die alle können gibt's m.E. nicht, also musst du doch zumindest so laufen, dass zumindest du als Pacer es sicher schaffst den Cut zu erreichen. Das ist wohl oberste Mindestpremisse.
Bild
Über mich
wo ich herkomme Am Anfang war da der Bauchspeck und wo ich zuletzt gelaufen bin Joels Daily Challenge - Streakrunning

24
JoelH hat geschrieben:Das ist natürlich äußerst ärgerlich. Ich hoffe die Leute wurde entschädigt.
Das weiß ich nicht. Eine Läuferin aus unserer Reisegruppe war unter den angesch...enen. Aber wie soll eine solche Entschädigung aussehen, die den entgangenen restlichen Lauf und vor allem Zieleinlauf mildert? Nach Südafrika reist man das nächste Jahr nicht mal einfach so, um den Lauf verbilligt nachzuholen beispielsweise.

Die Strecke ist auch wirklich nicht so einfach mit einigen knackigen Anstiegen. Da bringt das einigen schon etwas, wenn der Pacer gut führt. Einen Kilometer vor den CutOffs steht dann noch eine große Zeitanzeige, die die verbliebenen Minuten bis zum folgenden CutOff anzeigt. Als letzte Warnung kwasie. Wen es dann noch bergauf geht und man für den Kilometer nur noch drei Minuten hat...? :gruebel: Und der CutOff ist auf die Sekunde und knallhart, niemand darf weiter laufen, Offizielle versperren die Straße, umgehen is nich.

Ach ja, die Pacer, die ich erlebt habe, auch der, ders vermasselt hatte, liefen nach Galloway-Methode.

Gruss Tommi

26
dicke_Wade hat geschrieben:
Ach ja, die Pacer, die ich erlebt habe, auch der, ders vermasselt hatte, liefen nach Galloway-Methode.
Ich musste erstmal googeln was die "Galloway-Methode" ist.
Bisher kannte ich bloß die Galloway-Rinder.

Vermutlich hätte ich mich gewundert wenn der Pacer plötzlich aufgehört hätte zu laufen und angefangen hätte zu gehen...,
vielleicht hätte ich sogar gefragt ob alles in Ordnung ist :D


Danke Tommi, wieder was gelernt :daumen:
Bild

27
Man muss aber erwähnen, dass die Comrades ein Ultra-Lauf sind und im Ultra-Bereich ist die Galloway-Methode ab Rennbeginn bei langsamen Läufern sehr häufig.

Dass gerade die langsamsten Pacer hier auch so unterwegs sind, überrascht daher auf den zweiten Blick nicht so sehr wie auf den ersten. Nur sollte man bei Cut-Offs sehr genau wissen, was man tut.
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

28
dicke_Wade hat geschrieben:Die denkbar schlimmste Pacer-Fehlleistung hab ich beim Comrades (Uphill) erlebt. Der hat seine Schützlinge zu langsam und ins Verderben laufen lassen und alle mussten beim Cut-Off aus dem Rennen aussteigen. :klatsch:

Gruss Tommi
Hallo Tommi, ich habe dieses Jahr beim Comrades ein ähnliches Erlebnis mit einem Pacer beobachtet. Dessen Strategie war so hanebüchen, dass mir die dicke Traube seiner Klienten von Herzen leid tat. Hab's in meinem Laufbericht ausführlich beschrieben.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

29
Hanebüchen trifft es gut. Pacertraube vor mir, ich lief einen Tick schneller und suchte schon einen Weg außenrum, also neben der Straße, da es richtig voll war. Wir liefen Bergab!!! Und genau im Abwärtslaufen stoppten die zur Gehpause! :klatsch: Bin fast in die letzten rein gelaufen.
ruca hat geschrieben: :klatsch:

War da nicht irgendwas mit "gleichmäßig"?
ruca hat geschrieben:Man muss aber erwähnen, dass die Comrades ein Ultra-Lauf sind und im Ultra-Bereich ist die Galloway-Methode ab Rennbeginn bei langsamen Läufern sehr häufig.

Dass gerade die langsamsten Pacer hier auch so unterwegs sind, überrascht daher auf den zweiten Blick nicht so sehr wie auf den ersten. Nur sollte man bei Cut-Offs sehr genau wissen, was man tut.
Genau, gleichmäßige Durchschnittspace im Auge behalten. Ich hatte ja auch meine Gehpausen, aber nur an den Anstiegen und beim Verpflegen. Grundsätzlich halte ich persönlich nichts von Gehpausen "vor der Zeit" und hab es auch bei den längsten Ultras so lange wie möglich vermieden.

Gruss Tommi

30
klnonni hat geschrieben:Zumindest wäre eine Entschädigung kulant.
Hallo klnonni, auch wenn man sich an Pacern orientiert, läuft man doch auf eigenes Risiko. Eine Entschädigung wäre schon aus diesem Blickwinkel heraus kaum durchzusetzen. Und ganz ehrlich: Wer sich ohne ein Mindestmaß an Selbstkontrolle einem Pacer voll "ausliefert" ist selber Schuld.
klnonni hat geschrieben:Ich habe mich noch nie für die Pacer interessiert, aber ganz ehrlich merkt man es den nicht, wenn man so langsam läuft, dass man an die Cut-Off-Zeit kommt?

Ein Pacer ersetzt doch nicht das selbstständige Denken!?
Du wirst kaum glauben wie oft ich unterwegs schon nach der Zeit oder den Kilometern gefragt worden bin. Von Leuten, die im Grundsatz einfach nur laufen wollen und das dann ohne Uhr tun. Für mich ist das auch okay. Vor allem wenn man sich so flott unterwegs weiß, dass die Überschreitung von Zeitlimits ausgeschlossen ist. Beim Comrades liegen die Verhältnisse etwas anders, als bei "normalen" Ultras oder Marathons. Man muss wissen, dass mehr als 95% der 20.000 (!) Starter Südafrikaner sind. Muss darüber hinaus wissen, dass ein Finish beim Comrades innerhalb der 12 Stunden Limit in Südafrika einen gesellschaftlichen Stellenwert* besitzt, für den mir in Deutschland zum Beispiel nichts Vergleichbares einfällt. Bei 20.000 Startern für eine Distanz von ca. 90 km dürfte klar sein, dass mindestens ein Drittel davon mit dem Zeitlimit ringen wird. Weil die Leute schlicht nicht ausreichend trainiert sind. Deshalb schafft etwa ein Viertel bis ein Fünftel der Starter das Finish nicht. Diese Läufer "merken" natürlich schon, wenn sie den Zwischen-Cut-Offs ziemlich nahe kommen - sofern sie auf die Uhr schauen. Wenn du aber ohnehin mit dir ringst/kämpfst, dann hast du womöglich gar nicht mehr die Energie dich gegen das Unausweichliche zu wehren. Verlässt dich auch blind auf den Mann an der Spitze.

*) Mir hat das Comrades-Finish ein empfindliches Bußgeld erspart, als wir nach dem Wettkampf im Urlaub auf der Autobahn in Südafrika unterwegs waren und ich (irrtümlich) 114 km/h fuhr, wo nur 80 erlaubt waren. Als beim Aufnehmen meiner Personalien das Datum der Einreise abgefragt wurde, fiel mir das nicht ein. Also sagte ich, dass ich es nicht genau weiß, aber "since Comrades Marathon" im Land bin. Daraufhin wendete sich mein Schicksal, mit folgendem Dialog:

Polizist: "You finished Comrades?"
Ich: "Yes I did!"
Polizist (hoch beeindruckt): "Are you shure?"

ein paar belangslose Sätze später legte er seine Kladde weg, in die bereits einige meiner Daten eingetragen waren (unter einer Vielzahl anderer Sünder übrigens) und entließ mich mit dem Satz: "I forgive you for this time."

Ich erzähle das nur, um zu verdeutlichen, was Südafrikaner bereits sind in ein Comrades-Finish zu investieren und wie stolz sie danach ihr Finisher-Shirt tragen. Und dass aus diesem Grund sehr viele am Rand ihrer Möglichkeiten über die nicht gerade einfache Strecke joggen.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

31
U_d_o hat geschrieben:Hallo klnonni, auch wenn man sich an Pacern orientiert, läuft man doch auf eigenes Risiko. Eine Entschädigung wäre schon aus diesem Blickwinkel heraus kaum durchzusetzen.
Ich hatte ja auch geschrieben "wäre eine Entschädigung kulant"
Weil einen Rechtsanspruch sehe ich ja auch nicht.

Laut Wiki:
Unter Kulanz (lateinisch ex gratia, „aus Gnade“) versteht man das freiwillige Entgegenkommen zwischen Vertragspartnern im Geschäftsverkehr, ohne dass hierzu eine besondere Rechtspflicht besteht.


Wenn es offizielle Pacer gibt, sollte man diesen vertrauen dürfen, so lange diese nicht aus gesundheitlichen Gründen ihre Pacer-Funktion abbrechen müssen.

Aber ich sehe es ja genauso wie Du, deswegen hatte ja auch geschrieben
Zitat:
".. aber ganz ehrlich merkt man es den nicht, wenn man so langsam läuft, dass man an die Cut-Off-Zeit kommt?
Ein Pacer ersetzt doch nicht das selbstständige Denken!"

:hallo:
Bild

32
Na ja, nicht so hart ins Gericht gehen mit den Läufern. Auch was das schauen auf die Uhr angeht. Je nachdem wie weit es noch ist und wie das Streckenprofil ist kann man sehr wohl, sehr lange auf der richtigen Spur sein. Und jeder der an seinem Limit unterwegs ist, der weiss wie schwierig es ist auszurechnen, wie lange er denn noch für die nächsten 13,2 km braucht, wenn er mit einer Pace von 6:23 unterwegs ist, und noch 1:21 Std. Zeit bis zum Cutoff hat.

Reicht das, oder muss ich beschleunigen? Rechnet mal ohne Hilfsmittel :P :teufel:

Klar, wenn es dann nur noch 3 Min. für 1km ist, dann ists einfach, aber auch leider zu spät.

Ich meine mir ging es ja in München ähnlich. Ziemlich genau am 40 km Schild überholte mich der 3:30er Pacer. Ich war dort bei 3:18:12 Std.

Meine Gedanken begannen zu rasen, war ich zu langsam? Oder zu blöd die Uhr zu lesen? 12 Minuten für gut 2 km, das sind 6 Min. Pace. Aber warum brettert der dann an mir vorbei? Zwar fast alleine, aber es waren noch 2-3 Läufer an ihm dran. Ich war verwirrt und unsicher. Obwohl mir die ganze Zeit klar war, dass ich die 3:30 unterbiete.

Fieberhaft habe ich gerechnet.

Ich hatte keinen km schlechter als 5:40 und wurde auch gerade wieder schneller. Also alles in Butter. Oder? Oder nicht? Oder doch? usw. usw. usw. Es ist unfassbar was man da für Geister zu sehen beginnt und die einfachsten Rechenaufgaben nicht mehr gelöst bekommt. Bzw. sie löst aber sich selbst nicht mehr glaubt.

Das ist total crazy.

Und das war einfach nur ein flacher Marathon, kein Ultra, keine Berge, nix. Also im Prinzip einfach. Und doch war es kompliziert.

Letztlich ist der 3:30er wohl bei 3:28 oder so ins Ziel gekommen, war also zu schnell, wenn man so will. Aber m.E. auch noch im Rahmen.
Bild
Über mich
wo ich herkomme Am Anfang war da der Bauchspeck und wo ich zuletzt gelaufen bin Joels Daily Challenge - Streakrunning

33
JoelH hat geschrieben:Na ja, nicht so hart ins Gericht gehen mit den Läufern. .
Nein, ins Gericht gehen will ich weder mit den Läufern noch mit den Pacern.
Ich glaube "kurze" Läufe bis Marathon sind was völlig anderes als Ultras.

Wenn ich 90 km Laufen müsste, ich wäre so mit mir selbst beschäftigt, dass ich froh wäre auf den richtigen Weg zu bleiben - die Zeit wäre dann zweitrangig :D

Deswege glaube ich auch nicht an irgend welchen Ansprüchen die man hätte, wenn man sich fälschlicherweise auf einen Pacer verlassen hat.
Genauso wie ich gute sowie schlechte Tage habe, kann ein Pacer einen guten oder schlechten Tag haben.
Nur wäre ja nett wenn der Pacer sobald er bemerkt er schafft seine Zeit nicht, seinen "Anhängern" es zu sagen - möglichst frühzeitig.
Vermutlich Bedarf dies aber gerade bei bergigen Strecken viel Erfahrung.
Bild

34
JoelH hat geschrieben:Es ist unfassbar was man da für Geister zu sehen beginnt und die einfachsten Rechenaufgaben nicht mehr gelöst bekommt. Bzw. sie löst aber sich selbst nicht mehr glaubt.
Jupp.
Mein ziemlich in die Hose gegangener Berlin-Marathon ist da auch ein schönes Beispiel. Ich war zwischen KM 28 und 37 so richtig im Eimer, brach auf eine Pace von ca. 6:15 weg (offizielle Zeitmessung, mit Gehpausen), danach fing ich mich wieder und lief die letzten 5km recht konstant mit 5:45er Pace gen Ziel und kam dort nach 3:55:47 an. Bis knapp vorm Ziel (Genauer gesagt Brandenburger Tor, 400m vorm Ziel) hatte ich Angst, nicht mal die Sub4 zu schaffen und rechnete die ganze Zeit sinnlos hin und her.

Im Nachhinein ist es doch ganz simpel: Ich hätte auf den letzten 5 KM über 4Minuten langsamer sein dürfen, eine 6:15er Pace hätte mir aber nur 2,5min gekostet, die Sub4 war nie in ernster Gefahr, solange ich nicht noch langsamer würde...

Das ganze umgekehrt gegen ein hartes Zeitlimit - kann ich mir sehr gut vorstellen, wie man da offenen Auges ins Verderben läuft, obwohl die Körner noch gelangt hätten...

(inzwischen habe ich eine Uhr, die mir die Zeit recht zuverlässig prognostiziert, mit dem Rechnen beim Lauf ist es bei mir hoffnungslos).
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

35
ruca hat geschrieben:(inzwischen habe ich eine Uhr, die mir die Zeit recht zuverlässig prognostiziert, mit dem Rechnen beim Lauf ist es bei mir hoffnungslos).
Der muss man dann aber auch glauben schenken.

Legendär mein "Verrechner" bei einem meiner Lalas zu München. Plan sagt 5:30 Pace. Also für 5km 22:30 Min.
..
..
..
na ja, nicht ganz, das ist 4:30 Pace. Meine übliche schnelle Einheit. :klatsch: :klatsch:

Ich hatte eigentlich 27:30 Min. Zeit. Aber ich Trottel denke doch tatsächlich die Uhr spinnt und laufe noch einen Tick schneller. Bis mir klar wird, dass ich die 22:30 nicht schaffen werde. Die Uhr aber auch nicht spinnt, da ich mir die 5km als Landmarke gemerkt hatte, gerade um sicher zu stellen, dass ich nicht von der Uhr abhängig bin. Konnte ja nicht ahnen, dass ich der Weaklink in der Geschichte bin :hihi: :klatsch: :klatsch:

Und da sage noch einer Laufen sein einfach.
Bild
Über mich
wo ich herkomme Am Anfang war da der Bauchspeck und wo ich zuletzt gelaufen bin Joels Daily Challenge - Streakrunning

36
JoelH hat geschrieben:Der muss man dann aber auch glauben schenken.
Ich hatte mal eine Trainingseinheit bei der es am Ende richtig hart wurde, die aktuelle Pace brach richtig weg, ich konnte dabei richtig zusehen, egal, wie ich mich anstrengte....

5.20
5.30
5.40
5.50
5.60 (??????)

Ach, ich Idiot, das war die Distanz.... :klatsch:
Runalyze-Profil
Mein Lauftagebuch "Ausgerechnet ich laufe"
PBs: 10k: 44:27 (3/18), HM: 1:34:25 (4/23), M: 3:30:35 (04/19) Ultra: 72,3km in 7:28h (12/19), 110km in 24h (6/19)

37
Herrlich eure Geschichten! :D

Ich denke, jeder findet sich darin sehr gut wieder. Nur Nicht-Läufer können sich vermutlich nicht vorstellen, dass man beim Laufen selbst die einfachsten Rechenaufgaben nicht mehr hinbekommt. Die Tage erst hatte ich in einem anderen Thread erwähnt, dass ich Rechenaufgaben als Trick benutze. Wenn ich unterwegs am kämpfen bin oder keine Lust mehr habe und das Ende herbei sehne, helfen Rechenaufgaben super gut, um die Zeit gut rumzubekommen. Schließlich ist man damit ewig beschäftigt beim Laufen... :D
ruca hat geschrieben:Ich hatte mal eine Trainingseinheit bei der es am Ende richtig hart wurde, die aktuelle Pace brach richtig weg, ich konnte dabei richtig zusehen, egal, wie ich mich anstrengte....

5.20
5.30
5.40
5.50
5.60 (??????)

Ach, ich Idiot, das war die Distanz.... :klatsch:
Ok, DAS ist mir auch noch nicht passiert!

Dafür was anderes, am Sonntag erst bei diesem Berglauf - lag aber an meiner neuen Uhr. :peinlich:
Ich dachte, mir wird die Distanz angezeigt. Mir wurde 7 angezeigt, 7,1, dann 7,2, dann 8, usw....
Ich dachte noch: "Wow! Wenn man so durch den Wald trailt, gehen die Kilometer ja echt viel schneller rum, als wenn man einfach stur geradeaus irgendwo lang läuft."
Als ich bei 10 war, kam es mir aber doch sehr sehr seltsam vor, wie schnell 3km vorbei sein sollen... :confused:
Da habe ich dann kapiert, dass mir die km/h angezeigt wurden.

Hätte mich interessiert, wenn die nächste Steigung bergauf gekommen wäre, bevor ich es gecheckt habe, wie sehr ich mich gewundert hätte, dass die Kilometer plötzlich wieder weniger werden... :hihi:

38
Ich bin letztes Jahr im Sommer mit Hund durch ein Waldstück gerannt durch den ich schon häufig gerannt bin.
Als ich auf den Rückweg war, war ich mir sicher links abbiegen zu müssen und ärgerte mich noch über meine Hündin, die unbedingt gerade aus weiter wollte.
Bis ich gemerkt habe, dass meine Hündin recht hatte, da hatte ich mich schon total verirrt.

In meiner Verzweifelung schickte ich meine Hündin nach Hause und folgte ihr einfach.
Über nie gesehene Wege, querfeldein durch die Wildnis, führte mich meine Hündin auf den kürzesten Weg (ca. 3km) zum Havelkanal,
welcher auch durch unseren Wohnort fließt.
Offenbar hatte ihre feine Hundenase das Wasser gerochen und wusste vom Kanal aus kennt sie den Weg.
Seit dem wage ich es nicht mehr dem Hund zu widersprechen, wenn ich dehydriert und müde mit ihr durch mir unbekanntes Gelände laufe.
Bild

39
klnonni hat geschrieben:ILaut Wiki:
Unter Kulanz (lateinisch ex gratia, „aus Gnade“) versteht man das freiwillige Entgegenkommen zwischen Vertragspartnern im Geschäftsverkehr, ohne dass hierzu eine besondere Rechtspflicht besteht.
Bin halt sprachlich manchmal überfordert. :P Das ist im Forum aber nicht schlimm, weil es da meist jemand gibt, der einem auf die Sprünge hilft. :nick:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

40
Lilly* hat geschrieben:Die Tage erst hatte ich in einem anderen Thread erwähnt, dass ich Rechenaufgaben als Trick benutze. Wenn ich unterwegs am kämpfen bin oder keine Lust mehr habe und das Ende herbei sehne, helfen Rechenaufgaben super gut, um die Zeit gut rumzubekommen. Schließlich ist man damit ewig beschäftigt beim Laufen... :D
Hallo Lilly,

irgendwann geht auch das nicht mehr. Ich habe mehrfach erlebt, dass meine Konzentration nicht mehr ausreichte etwas auszurechnen. Dann gehen nur noch Mantras ...

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

41
Hallo an alle,
vielen Dank nochmals für eure vielen Antworten, Tipps und Erfahrungen. Daraus konnte ich auf alle Fälle schon mal sehr viel mitnehmen (Fokus auf langen Läufen und kein Verlass auf Pacer, das ist schon mal sicher) – und sorry, dass ich mich so lang nicht gemeldet habe! Aber ich dachte mir, lieber mehr laufen und weniger labern, und so hab ich den Dezember und Jänner hauptsächlich mit Kilometersammeln verbracht. Zwischen 250 und 300 sind es jeweils pro Monat geworden und es ging mir super damit
😊
Vor eineinhalb Wochen habe ich mich probeweise nochmal an einem Halbmarathon versucht und meine bisherige Bestleistung von Anfang Oktober um über fünfeinhalb Minuten unterboten – fast exakt 1:42 ist es dann geworden. War ein tolles Erlebnis, aber die Pace fand ich schon sehr fordernd.
Ja, und jetzt stecke ich mitten im 3:45-Plan von Steffny. Bisher klappts super, ich muss mich aber sehr zusammennehmen, die Einheiten nicht zu schnell zu laufen.
Danke nochmal an alle, die sich für meinen Faden Zeit genommen haben, ich halte euch gerne weiter auf dem Laufenden (oder soll ich das im Tagebuch-Bereich machen?)
Liebe Grüße
Lynxe

42
Lynxe hat geschrieben:Vor eineinhalb Wochen habe ich mich probeweise nochmal an einem Halbmarathon versucht und meine bisherige Bestleistung von Anfang Oktober um über fünfeinhalb Minuten unterboten – fast exakt 1:42 ist es dann geworden. ...
Ja, und jetzt stecke ich mitten im 3:45-Plan von Steffny. Bisher klappts super, ich muss mich aber sehr zusammennehmen, die Einheiten nicht zu schnell zu laufen.
Hallo Lynxe,

das glaub ich dir gern, dass du dich zusammennehmen musst, um nicht schneller zu laufen. Eine Halbmarathonzeit von 1:42 weist darauf hin, dass du ein Marathon-Zeitpotenzial von etwa 3:34 Stunden in dir "trägst". Mit einem TP für 3:45 Stunden bist du folglich unterfordert. Wenn man davon ausgeht, dass diese 1:42 h noch nicht das Ende der Fahnenstange waren, dann sind 3:30 als Zeitziel für den Marathon in Reichweite. Vielleicht überlegst du dir noch auf den 3:30 Trainingsplan umzusteigen. Die Pläne eines Autors für nicht allzu weit auseinander liegende Zielzeiten sind ziemlich ähnlich, so dass das möglich sein sollte. Bei Steffny bestimmt - es sei denn er hätte in den letzten Jahren neue Pläne veröffentlicht.

Alles Gute und weiterhin viel Erfolg :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

43
Lieber Udo,
nein, Steffny hat an seinen Plänen wohl nichts geändert, ich habe ihn aus dem Klassiker „Das große Laufbuch“. Der Plan für 3:30 klingt soweit eigentlich machbar, die Umsetzung im Wettkampf allerdings ist da schonein anderes Thema. Vor der Distanz habe ich noch ziemlichen Respekt, und auf dieser Strecke eine Pace von knapp unter 5:00 zu halten erscheint mir im Moment einfach utopisch. :wow:

Oder meintest du, nur den Plan, nicht aber die Zielzeit umzustellen?
Vielen herzlichen Dank jedenfalls für deine Einschätzung und deine Hilfsbereitschaft!
Lynxe

45
Ich seh das wie Udo und würde an Deiner Stelle jetzt in den 3:30er Plan wechseln.
Die Vorleistung dafür erfüllst Du ja mittlerweile (fast)...
Die Testwettkämpfe innerhalb des Plans liefern Dir dann Rückschlüsse darüber ob du im "richtigen" Plan bist und welche Zielzeit möglich ist...

46
Lynxe hat geschrieben:Oder meintest du, nur den Plan, nicht aber die Zielzeit umzustellen?
Hallo Lynxe,

ich schreib hier 1.001 Beiträge. Sieh mir also nach, dass ich nicht im Kopf habe, dass das dein erster (?) Marathon ist. Vermutlich ja, schriebst sonst als Läufer nicht hier bei den Einsteigern. Aber im Grunde ist das auch egal. Wenn du 3:30 trainiert hast, kannst du auch 3:30 laufen. Auch als Marathondebütant. Eine Einschränkung werde ich noch machen. Aber erstmal das: Ich erinnere mich sehr gut an die Situation vor meinem ersten Marathon. Und bei allen weiteren, wo es mir darum ging jeweils die gesetzte neue Bestzeit zu laufen. Es war immer gleich: Es erschien mir nach den Trainingserfahrungen höchst zweifelhaft die geforderte Pace tatsächlich über volle 42 km durchhalten zu können. Doch abgesehen von den letzten Versuchen, die nahe an meinem absoluten Limit stattfanden, gelang es mir immer. Der Zweifel ist nicht zufällig, er ist unausweichlich. Die laLas läuft man langsamer und wenn mal MRT im Training ansteht, dann schlauchen einen schon 10 km ungemein ... also natürlich nur, wenn man nicht wie du unterhalb seiner Möglichkeiten trainiert. So viel dazu.

Ich halte viel von der Strategie sich beim ersten Marathon voll auszutrainieren (also bei dir besagte 3:30) und dann im Wettkampf selbst kleinere Brötchen zu backen. Also vielleicht mit der Pace für 3:40 anzufangen und wenn die 30 km vorbei sind alle Reserven auszupacken. Es ist schließlich immer möglich einen schlechten Tag zu erwischen, an dem man seine Form nicht abrufen kann. Oder die äußeren Bedingungen sind schlecht. In so einem Fall führte das harte Zeitziel zu verfolgen geradewegs in einen höllischen Schluss. Und von vielen Marathondebütanten (einschließlich meiner Frau und mir selbst) weiß ich, wie wichtig das erste Finish ist. Man sollte den Zieleinlauf und sich selbst feiern können. Wenn am Ende die Kraft völlig fehlt und nur noch Schmerzen regieren, ist die Gefahr groß sich enttäuscht vom Marathon wieder abzuwenden. Der Erste wird richtungsweisend für dich als Läufer sein.

Wenn ich dir raten darf, dann machst du genau das: Für 3:30 trainieren und mit einer weniger fordernden Pace bis Kilometer 30 laufen. Und wenn du in einem Monat spürst, sicher bist, dass dich nun nichts mehr wird aufhalten können, dann ziehst du das Tempo an.

Die Einschränkung von der ich oben sprach: Ich habe ein Marathonbuch von Steffny mit seinen Trainingsplänen. Die habe ich vor Jahren, bevor ich meine eigenen Pläne erstellte, analysiert. Wie auch die Pläne einiger anderer Autoren, um deren Absichten zu entschlüsseln. Bei diesem Vergleich zeigte sich, dass Steffnys Pläne am unteren Rand der Anforderungsskala lagen. Alle anderen Autoren forderten vom Läufer mehr und härteres Training. Teilweise sogar erheblich mehr. In diesem Buch macht Steffny die Einschränkung, dass Debütanten "wegen fehlender Erfahrung" geringere Chancen haben die trainierte Zielzeit zu schaffen. Nach meinem Verständnis ist das mit den geringeren Chancen für Debütanten korrekt aber nur bei Steffny. Der Grund liegt auch nicht in fehlender Erfahrung, sondern schlicht darin, dass die Trainingsbelastung seiner Pläne geringer ist. Natürlich passt sich der Körper den Marathonbedingungen immer besser an, je häufiger man für die Strecke trainiert. Wenn aber jemand einen "funktionierenden" Plan für 3:30 korrekt absolviert hat, dann steckt auch genug Ausdauer für 3:30 in seinem Körper. Debütant hin, Debütant her. Ich trainierte bei meinem ersten auf 3:45 und lief 3:42 und es wäre mehr drin gewesen, wenn ich mich nicht sklavisch an die Pace gehalten hätte bis etwa 30 km. Weil ich Angst hatte nicht mal die über die Strecke zu bringen.

Alles Gute

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

47
Aus eigener (schmerzhafter...) Erfahrung: Ich habe vor ein paar Monaten beim Frankfurt M heraus gefunden, warum man für den ersten Marathon sagt, man solle da mal 10-15 Minuten auf das Potential (z.B. nach Daniels) aus den Unterdistanzen draufrechnen:
Mit für sub3 passenden Leistungen auf Unterdistanzen und einem Trainingsplan, den ich hart aber machbar fand, dachte ich etwas naiv:
"laufen tust Du auch schon lange, WKs auch, ..., - probier es..."

Tja, ab so km 25 merkte ich dann sehr deutlich, dass Marathon eine völlig andere Wettkampferfahrung ist, als die doch inzwsichen sehr vielen anderen WKs: Weder Kopf noch Körper kannten die Erfahrung MRT so lange zu halten.
Das ist trotz der Trainingspläne usw. noch mal was ganz anderes und ich glaube man muss einfach ein paar Marathons bereits gelaufen sein, um sein theoretisches Potential auf der Distanz wirklich auch ausschöpfen zu können.
Es kam wie es kommen musste: Erste Hälfte lief gut - zweite Hälfte ganz, ganz übel gelitten: so kam dann eine 3:12 raus - die ich wohl deutlich leichter hätte haben können. :-)
Aber hinterher ist man immer schlauer. Den ersten Marathon auf "theoretisch mögliches Potential" zu laufen kann ich jedenfalls wirklich nicht empfehlen...

Wünsche Dir viel Erfolg!
LG Anna

48
anna_r hat geschrieben:Mit für sub3 passenden Leistungen auf Unterdistanzen und einem Trainingsplan, den ich hart aber machbar fand, dachte ich etwas naiv: "laufen tust Du auch schon lange, WKs auch, ..., - probier es..."

Das ist trotz der Trainingspläne usw. noch mal was ganz anderes und ich glaube man muss einfach ein paar Marathons bereits gelaufen sein, um sein theoretisches Potential auf der Distanz wirklich auch ausschöpfen zu können.
Hallo Anna,

mit einem Zeitziel von Sub3h läufst schon ziemlich dicht an deinem Limit, das sich aus Talent und bestehenden Rahmenbedingungen ergibt. Du hattest dich auf den Unterdistanzen da schon über längere Zeit "rangepirscht". Im eigenen Grenzbereich den ersten Marathon zu laufen ist eine ganz andere Geschichte, wie wenn jemand das im Bereich 3:30 bis 4:30 tut. Um in diesem Grenzbereich erfolgreich (= Zeitziel realisieren) sein zu wollen, muss dann alles passen. Hier wirkt sich tatsächlich auch die noch nicht abgeschlossene muskuläre Anpassung aus. Was eine Marathonläuferin hinter km 30 von ihrer Muskulatur verlangt (nicht zuletzt auch von der Haltemuskulatur, die 3 Stunden lang die Laufhaltung fix aufrecht halten muss) ist beim ersten Mal brutal - zumindest im Grenzbereich dessen, was diese Muskulatur überhaupt in der Lage ist zu leisten.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

49
Albatros hat geschrieben: Die Testwettkämpfe innerhalb des Plans liefern Dir dann Rückschlüsse darüber ob du im "richtigen" Plan bist und welche Zielzeit möglich ist...
Ja, stimmt schon, die wären ein wichtiger Anhaltspunkt - leider sieht es im Februar/März mit Wettkämpfen in der Gegend, die für mich noch machbar wäre, sehr mau aus. Ich befürchte, die werde ich nicht bei entsprechenden Veranstaltungen laufen können, sondern nur für mich selbst, aber das ist ja nicht ansatzweise vergleichbar.
U_d_o hat geschrieben: Wenn aber jemand einen "funktionierenden" Plan für 3:30 korrekt absolviert hat, dann steckt auch genug Ausdauer für 3:30 in seinem Körper. Debütant hin, Debütant her. Ich trainierte bei meinem ersten auf 3:45 und lief 3:42 und es wäre mehr drin gewesen, wenn ich mich nicht sklavisch an die Pace gehalten hätte bis etwa 30 km. Weil ich Angst hatte nicht mal die über die Strecke zu bringen.
Danke, dass du dir die Zeit für den langen Text genommen hast, Udo!
Dass Steffnys Pläne im Vergleich eher defensiv an die Sache herangehen, habe ich schon öfters gehört, aber das war eigentlich mit ein Grund, einen Plan von ihm auszuwählen. Ich gebe dir völlig Recht, dass die Ausdauer für die angegebene Zielzeit nach Abschluss des Trainings vorhanden sein müsste, aber um die sorge ich mich auch nicht – angesichts meiner bisher eher kurzen Laufkarriere (noch nicht ganz zwei Jahre) hatte ich eher Bedenken bezüglich orthopädischer Beschwerden vor dem Marathon, wenn ich mit einem sehr anspruchsvollen, umfangreichen Plan arbeiten würde. Dann besser ein paar Minuten liegen lassen, aber dafür verletzungsfrei an den Start (und ins Ziel) kommen, zumindest beim Debüt. Bestzeiten zu jagen kann man sich ja immer noch als Motivationshilfe für spätere Versuche aufheben 😉
Ist aber für einen totalen Anfänger beruhigend zu lesen, dass auch ein Routinier wie du mal genauso angefangen hat!
anna_r hat geschrieben: Es kam wie es kommen musste: Erste Hälfte lief gut - zweite Hälfte ganz, ganz übel gelitten: so kam dann eine 3:12 raus - die ich wohl deutlich leichter hätte haben können. :-)
Aber hinterher ist man immer schlauer. Den ersten Marathon auf "theoretisch mögliches Potential" zu laufen kann ich jedenfalls wirklich nicht empfehlen...

3:12 ist aber nochmal eine ganz andere Hausnummer als Zeiten um 3:45 – Wahnsinn, Gratulation zu dieser Leistung, und das trotz Problemen in der zweiten Hälfte!

Danke euch allen für eure Beiträge und eure guten Wünsche!
Lynxe
Antworten

Zurück zu „Anfänger unter sich“