Nachdem es nun eigentlich seit meinem Lauf(neu-)beginn 2015 immer stetig bergauf ging, erlebe ich im Moment eine kleine Laufkrise. Daher möchte ich hier den Raum nutzen, um für mich selbst meinen - hoffentlich erfolgreichen - Weg heraus festzuhalten.
Ich möchte mit einer Zusammenfassung meiner letzten Laufjahre beginnen, um meinen Weg bis zu meiner jetzigen Situation aufzuzeigen.
Anfang 2015 war mein einziges Ziel eigentlich nur, von meinem Gewicht endlich runterzukommen. Laufen war da noch gar kein Thema. Das kam erst, als mein Chef um Mitstreiter für einen Firmenlauf warb. So schnürte ich also nach vielen, vielen Jahren meine Turnschuhe (Laufschuhe hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht) und lief meine ersten Kilometer. Und es machte wieder Spaß, sich sportlich zu betätigen. So blieb ich auch nach dem Firmenlauf dabei. Erste Laufschuhe wurden gekauft und eine einfache Pulsuhr. Das Gewicht ging stetig runter und die Kilometer wurden mehr.
2016 suchte ich mir nach dem zweiten Firmenlauf (und einer Steigerung von über 90 Sekunden auf den 5,5 Kilometern) neue Ziele. Ein Halbmarathon sollte doch zu schaffen sein.
Die Distanz war ich bis dahin schon mehrmals im Training gelaufen. Also war mir "Ankommen" als Ziel zu wenig und ich setzte mir 1:45 als Zielzeit. Meinen Trainingsplan entnahm ich dem Großen Laufbuch von Herbert Steffny. Dort war auch ein 10-Km-Testlauf vorgegeben. In Treis absolvierte ich also meinen bis dahin längsten Wettkampf und schaffte 45:23.
Ein paar Wochen später ging ich dann für den ersten Halbmarathon in Offenbach an den Start. Und mit 1:44:10 hatte ich meine Zielzeit erreicht.
2017 wollte ich dann nicht nur meine Halbmarathonzeit verbessern, sondern auch meinen ersten Marathon laufen. Angesichts der Nähe zu meinem Wohnort sowie des tollen Zieleinlaufs hatte ich mir Frankfurt für mein Debüt ausgesucht. In der ersten Jahreshälfte waren zwei Halbmarathons geplant. Erst der Halbmarathon beim Paderborner Osterlauf und dann die 21,1 Kilometer beim Rhein-Ruhr-Marathon in Duisburg. Ich nutzte weiter die Trainingspläne von Steffny.
Vor Paderborn konnte ich beim 10km-Test meine Zeit auf 43:45 verbessern - das sollte aber auch bis heute mein letzter Wettkampf über diese Distanz gewesen sein. In Paderborn blieb ich mit 1:37:34 deutlich unter der angestrebten 1:40. Duisburg lief dann nicht so gut. Die Hitze machte mir zu schaffen und ich musste meinem für das Wetter zu hohem Anfangstempo Tribut zollen. Zum Ende brach ich stark ein, so dass ich fünf Minuten schlechter als in Paderborn war und bei 1:42:41 ins Ziel kam. Zwischen den beiden Halbmarathons war der Firmenlauf natürlich Pflicht.
Dann ging es in die Vorbereitung für meinen ersten Marathon. Und angesichts meiner bisherigen Halbmarathonergebnisse wollte ich nicht nur die 4 Stunden unterbieten, sondern bei 3:45 am Ende landen. Beim Halbmarathontest schaffte ich noch einmal einen deutlichen Sprung auf 1:32:50. Auch Frankfurt lief toll. Trotz des sehr windigen Wetters (in der Nacht vorher flogen noch die Absperrungen über die Straße) und eines Einbruchs auf den letzten Kilometern war meine Premiere mit 3:37:01 mehr als gelungen. In meiner Jugend war das noch ein Traum gewesen, einmal diese 42,195 Kilometer zu schaffen. Aber dann schlief das Laufen ein und das Gewicht wuchs ständig an, so dass ich den Marathon als Ziel abgehakt hatte. Und nun hatte ich es doch geschafft. Im Ziel überwältigten mich die Emotionen und bei dem Mischmasch aus Stolz, Erschöpfung, Erinnerung an meine Mutter kamen die Tränen.
2018 ergatterte ich einen Startplatz beim Berlin Marathon. Im ersten Halbjahr wiederholte ich mein Halbmarathonprogramm vom Vorjahr. In Paderborn (1:34:04) und Duisburg (1:33:30) konnte ich meine dortige Zeit verbessern, kam jedoch an meine Aschaffenburg-Fabelzeit nicht heran.
Die hohe Zielsetzung für Berlin lautete 3:30. Trainieren wollte ich mit dem Countdownplan von Peter Greif. Beim Halbmarathontest in Münster-Hiltrup hatte ich wieder mit Hitze zu kämpfen (einfach nicht mein Wetter!): 1:38:41 war nicht das erhoffte Ergebnis beim Formtest. Auch in Berlin konnte ich mein Zeitziel nur bis so Kilometer 36 oder 37 erfüllen. Danach brach ich stetig ein. Jedoch erreichte ich mit 3:33:27 eine neue persönliche Bestzeit.
2019 sollte die 3:30 dann endlich geknackt werden. Dafür suchte ich mir mit Düsseldorf im Frühjahr und Frankfurt im Herbst zwei Marathons aus, um dieses Ziel zu erreichen. Und als Krönung wollte ich auch den Rhein-Ruhr-Marathon über die volle Distanz laufen. Dabei ging es nicht um die Zeit, sondern nur darum, einmal in meiner Geburtsstadt die 42,195 Kilometer zu laufen.
Ich bestellte mir bei Greif einen Jahresplan - zu Beginn erst mit 6 Tagen, schnell wechselte ich aber auf fünf Tage - wobei ich eher viereinhalb Tage lief und der Regenerationslauf in der Woche das eine oder andere Mal ausfiel. Der Hm-Test vor Düsseldorf war mit 1:34:09 in Ordnung - auch wenn ich schon mehrmals schneller war. Aber ich stand zum ersten Mal in meinem Leben als zweiter meiner Altersklasse auf einem Treppchen.
In Düsseldorf erreichte ich das Ziel mit 3:28:50 deutlich vor der 3:30 Marke. Die Strapazen und das harte Training nach Greif hatten sich also gelohnt.
Daher wurde das Ziel für Frankfurt nach oben gesetzt: 3:25 galt es zu schaffen. Beim HM-Test im Rahmen des Remstal-Marathons knackte ich dann endlich die Aschaffenburg-Zeit - wenn auch nur um eine Sekunde. Und ich wurde damit erster meiner Altersklasse. In Frankfurt reichte es noch nicht für die 3:25 aber mit 3:26:50 lief ich eine neue persönliche Bestzeit.
Der Duisburg Marathon im Juni war wie so oft eine Hitzeschlacht. Aber da ich kein Zeitziel hatte, konnte ich es langsam angehen lassen - ein bißchen schneller laufen, als es noch nicht so warm war und dann deutlich rausnehmen, um mich nicht abzuschiessen. Am Ende stand dann eine 3:53:54, als ich in der MSV-Arena ins Ziel lief.
Im Rückblick also erfolgreiche Jahre mit tollen Ergebnissen. Und so war für 2020 eigentlich schon vor Frankfurt geplant, dass ich im Frühjahr und Herbst wieder einen Marathon laufe. Angepeilt waren Hannover und Berlin. Das Losglück war mir wieder hold und ich habe einen Startplatz für Berlin 2020.
Aber nach dem Frankfurt Marathon kam ein Loch. Ich machte erst einmal eine lauflose Woche. Dann kam eine Erkältung, die zweite im letzten Jahr - wohl auch ein Zeichen, wie belastend das Training für den Körper war. Die Jahre zuvor war mein Immunsystem durch das Laufen so gestärkt, dass ich allen Erkältungsviren trotzen konnte, mich auch nicht bei meiner Partnerin ansteckte.
Nach zwei Wochen Auskurieren konnte ich mich nicht recht aufraffen, wieder ins Training einzusteigen. Die Trainingspläne waren zwar auf Regeneration ausgelegt, aber noch nicht einmal dafür reichte es bei mir. Im Dezember kam dann der Stress in der Firma dazu - es ist bei uns der arbeitsreichste Monat im Jahr. Mehr als zweimal die Woche wurde es nichts mit Laufen.
Dazu kam, dass meine Ferse schon in der Vorbereitung zu Frankfurt anfing zu zwicken und sich bis heute immer wieder bemerkbar macht - kurioserweise am wenigsten bis gar nicht, wenn ich laufe.
Ergebnis: 90 Kilometer im November und 140 Kilometer im Dezember - zum Vergleich Oktober 310, September 390, August 310.
Es kostete mich viel Überwindung, abends nach der Arbeit laufen zu gehen. Wenn es regnete, war es noch schlimmer. Wo ich vorher bei Wind und Wetter raus ging und mein Training mit Spaß und Ehrgeiz absolvierte, war nun lieber "Couching" angesagt. Es machte keinen Spaß mehr, die Laufschuhe anzuziehen und rauszugehen. Die Prozedur, mich kleidungsmäßig für Wind und Wetter zu rüsten und die Beleuchtungselemente anzuziehen, um gesehen zu werden und sehen zu können, schreckte nur noch ab. Die Hügel um mich herum waren eine Qual, immer rauf und runter - was vorher kein Problem war, war nun eine zu große Herausforderung. An Tempotraining oder gar Intervalle war nicht zu denken.
Nach Weihnachten nutzte ich die Gelegenheit, in der alten Duisburger Heimat Runden um die Regattabahn zu drehen. Eine "schnelle" Tempoeinheit über 14 Kilometer (in meinem MRT von Frankfurt) und ein langer Lauf über immerhin 26 Kilometer kamen dabei heraus. Da konnte ich schön gleichmäßig laufen.
Nun im Januar möchte ich ganz langsam wieder beginnen und mir den Spaß am Laufen zurückgewinnen.
In der letzten Woche habe ich drei Laufeinheiten geschafft - kein Vergleich zu meiner normalen Trainingsphase, aber es ging in Richtung Regelmäßigkeit. Auch die Umfänge sind derzeit bescheiden. Meine Mini-Hausrunde von 8 Kilometern, die ich sonst eigentlich nur noch für regenerative Einheiten nutze - war erst einmal am Dienstag das Ziel, schön gemütlich in 5:45er Schnitt. Am Freitag wollte ich die dann das zweite Mal die gleiche Runde ein wenig schneller laufen. Ich bemerkte, dass die Laufbahn in unserem Ort offen war, weil eine Jugendmannschaft auf dem Kunstrasenplatz das Fußballtraining wieder aufgenommen hatte. Und ich verspürte Lust, schnell zu laufen. 15:16 waren schon ein gutes Tempo für die ersten 3000 Meter. Die nächsten 3000 Meter lief ich in 13:12. Es war ein tolles Gefühl, sich mal wieder so richtig auszupowern. Noch 2 Kilometer Auslaufen drangehängt und ich hatte meine 8 auch am Freitag voll gekriegt. Gestern bin ich dann meine normale "kleine" Hausrunde gelaufen: 14 Kilometer mit 5:47er Pace.
Kalenderwoche 1: 3 Trainingseinheiten - 30 Wochenkilometer - Spaß gehabt beim Laufen
Darauf möchte ich jetzt langsam aufbauen. Für das erste Halbjahr habe ich mir keine Wettkampfziele gesetzt. Ich möchte lieber das versäumte Grundlagenprogramm nachholen, die Umfänge langsam steigern und auch das Kraft- und Stabitraining intensivieren, dass ich in den letzten Jahren eigentlich immer sträflich vernachlässigt habe.
Wenn ich dann wieder Spaß am Laufen habe und ordentliche Grundlagen habe, werde ich wieder ins gezielte Training einsteigen. Ob ich dafür den Jahresplan nutze oder etwas anderes versuche, weiß ich im Moment noch nicht, ist aber heute auch noch nicht wichtig.
Richard
oberstes Ziel 2020: wieder Spaß am Laufen bekommen
1PB 5,2 km 20:36 (Gießener Firmenlauf 2019) 10 km 43:45 (Seligenstadt 2017) Halbmarathon 1:32:48 (Remstal 2019) Marathon 3:26:50 (Frankfurt 2019)