Dirk_H hat geschrieben:Was mich erstaunt hat war, dass man Weihachten/Silvester in den Fallzahlen* nicht wirklich gesehen hat. Da hätte ich Wetten drauf abgegeben.
Könnte natürlich an Testaufkommen oder Teststrategien liegen. Dafür bin ich nicht tief genug drin in den Zahlen. Intensivpatienten oder Todeszahlen? Insofern kann das (mich) gern jemand korrigieren.
Aber bezüglich mancher Beurteilungen von Mobilität und privaten Treffen wirft das für mich Fragen auf. Und wie gesagt, ich hätte selber drauf gewettet da einen richtigen Sprung (nach oben) in den Fallzahlen zu sehen.
*Meldungen der Neuinfektionen
Nach meinen Analysen gab es keinen Peak durch die Feiertage, jedenfalls nicht durch Weihnachten. Mich erstaunt es nicht so sehr, ich hatte das erwartet. Es gab schon recht große Anteile der Bevölkerung, die ihr Weihnachtsfest stark eingeschränkt haben, ein Teil hat im kleinsten Kreis gefeiert, viele haben die freiwillige Vorquarantäne, oft verbunden mit Schnelltests, gewählt. Die Zahlen passen alle ziemlich gut zusammen - wenn man die Meldeverzögerungen versucht rauszurechnen.
Der bisherige Höhepunkt des Infektionsgeschehens war so etwa in Kw51, der Woche vor Weihnachten. Etwas genauer vermutlich 13. - 17. Dezember rum. Ist natürlich lokal etwas unterschiedlich, ich beziehe mich immer auf das bundesweite Mittel. Es gibt in der Woche drauf noch Tagesrekorde, aber da sollte man eben auch die normalen Melde- und Laborverzögerungen berücksichtigen. Test gab es in dieser Woche sehr viele (1,6 Mio) , Positivrate 11,5 %.
Der Höchststand auf den Intensivstationen war am 3. 1. 2021 mit 5762 Patienten. Diese Zahlen folgen den gemeldeten Infektionszahlen meist so etwa 7-10 Tage, insgesamt rechne ich im Schnitt mit etwa 20 Tagen zwischen Infektion (nicht Testung oder gemeldeter Zahl) und Intensivstation. 20 Tagen zurück vom 3. 1. 21 sind wir beim 14. 12. (Seit dem 3. 1. sinken übrigens die Zahlen für die Covid-19 Patienten auf den Intensivstationen fast kontinuierlich. Stand gestern 4619.)
Der bisherige (und vermutlich und hoffentlich endgültige) Höhepunkt bei den Todeszahlen war der 14. 1. Einen Monat zurück sind wir wieder beim 14.12. Todeszahlen können 4-6 Wochen verzögert sein, das kommt also auch ganz gut hin, zumal das Niveau da dann etwa eine Woche sehr hoch lag.
(Nebenbei: Das Ärgerliche ist, dass in dieser Zeit natürlich große Angstmache mit den Sterbezahlen betrieben wurde, obwohl sich im wesentlichen die auf ein Infektionsgeschehen vor dem harten Lockdown bezogen).
Gab auch ein Artikel über die Mobilitätsdaten der diese Daten in etwa stützt, glaube im Tagesspiegel, hoffe ich finde den Link noch. Es gab ziemlich viel Aktivität bis Mitte Dezember, es sollte ja auch möglichst viel vor dem Lockdown und der freiwilligen Quarantäne erledigt werden, dann nahm die Mobilität stark ab und war an den Feiertagen siginifikant unterdurchschnittlich verglichen mit dem Vorjahr.
Es gab dann durch Feiertage und Urlaub ein unrealistisch tiefes Tal in Woche 1 bei den gemeldeten Infektionszahlen – die 7Tages Summen vom 7. 1. z. B. mit ca 101000 ist noch zu niedrig – analog dazu sind die Zahlen um den 11. 12. eher zu hoch.
Das wahrscheinlichste ist, dass die realen Infektions Zahlen seit dem Höhepunkt in erster Näherung kontinuierlich sanken, ohne größere Ausreißer nach oben oder unten. Wenn, dann würde ich einen minimalen Silvesterpeak vermuten, aber ich glaube nicht, dass das jemals seriös nachweisbar wird.
Danach gingen die Infektionen klar runter, Gründe könnten sein (kein Anspruch auf Vollständigkeit, beliebige Reihenfolge):
- freiwillige Beschränkungen schon vor dem Lockdown
- reduzierte Weihachts- und Silvesterfeiern
- Urlaub und Weihnachtsferien (in vielen Fällen beides verlängert)
- harter Lockdown
- gesteigerte Immunität in der Bevölkerung
…
Wenn man die Zahlen nüchtern analysiert, gab es darin natürlich keinen triftigen Grund für die letzte Verschärfung des Lockdowns. Denn die Entwicklung ging deutlich in die richtige Richtung, und das war seit dem 10. Januar sehr sicher, da sanken die Zahlen auf den Intensivstationen schon eine Woche.
Zum aktuellen Stand:
Wir hatten gestern die niedrigste „Montagszahl“ seit dem 19. Oktober. Heute die niedrigste „Dienstagszahl“ seit dem 13. Oktober. Wer lieber in den (etwas genaueren, weil nachkorrigierten) 7Tagessummen rechnet, da müssen wir immerhin zurück zum 30. 10. 2020, um eine niedrigere Zahl zu finden als die heutige (Heute 89509, damals 87215).
Wenn Medien behaupten, dass die Zahlen nur leicht sänken, ist das eine etwas fragwürdige Einschätzung bei einem wöchentlichen Abnahmefaktor von etwa 0,8. (Bei gleich bleibendem Faktor würden sich die Zahlen in 3 Wochen in etwa halbieren!) Aber mir ist in den letzten Monaten leider kaum ein Medium positiv aufgefallen, dass mit prominent platzierten guten Analysen der Zahlen dienen konnte. Das RKI glänzt meist auch nur durch Mangel an vernünftiger Interpretation der eigenen Zahlen. Insbesondere der R-Wert sollte mal einem brauchbaren Wert weichen, simpler berechnete Wachstumsfaktoren waren fast im gesamten Verlauf der Epidemie aussagekräftiger.
Es wird jetzt Zeit für klare Perspektiven, wann unsere verfassungsmäßigen Freiheiten wieder hergestellt werden. Je länger die diese einschränkenden Maßnahmen ohne eine solche Perspektive aufrechterhalten werden, desto schwieriger ist das mit unserem Grundgesetz in Einklang zu bringen. Dazu gehört natürlich auch der Sport- und Sportveranstaltungen.