Dirk_H hat geschrieben:Natürlich wäre es sehr drastisch. Aber es ist immerhin etwas was schreckt.
Zugegeben ärgere ich mich über die Situation, welche natürlich nicht der/die einzelne Ärzt*in verschuldet, sonderen deren Sprecher.
Du hast natürlich recht, dass es eine recht unschöne Situation ist diese Entscheidung nicht klar zu regeln. Aber es waren ja auch die Sprecher der Ärzte die auf deren Nähe zum Patienten verwiesen haben. Jetzt zu sagen, dass die keine Lust auf die Diskussion haben, sondern lieber einfach und unkompliziert Spritzen in den Arm stecken wollen, halte ich da ebenso für eine bescheidene Nummer.
Das da Standespolitik vom Feinsten betrieben wird und wurde und natürlich jeder versucht, berufspolitisch eigene Nachteile zu verhindern bzw. sogar monitäre als auch nichtmonitäre Vorteile aus der Pandemie zu schlagen, ist sicher auch ein Teil der Wahrheit.
Ich habe aber trotzdem das Bedürfnis, die Hausärzte in Schutz zu nehmen. Und ich bin da nicht so groß voreingenommen, wie es vielleicht scheint. Ich bin zwar Arzt, aber kein Hausarzt und arbeite in einer Klinik. Und das Verhältnis zwischen Klinikern und niedergelassenen Ärzten ist auch nicht immer spannungsfrei.
Aus meiner Sicht sind aber die "Hausärzte" (also jetzt mal Fachärzte für Allgemeinmedizin und nicht spezialisierte Internisten, die Quasi als Hausarzt arbeiten) im Kreise aller niedergelassenen Ärzte systematisch benachteiligt. Da kenne ich die Zahlen und auch praktische Beispiele ziemlich gut. Während man mit vielen anderen Facharztpraxen durchaus richtig Schotter machen kann ist das als Hausarzt, vor allem abhängig von Einzugsgebiet und/oder Privatpatientenanteil, ziemlich schwierig.
Da haben viele Kollegen ein durchaus grenzwertiges Verhältnis von Aufwand und Einkommen vorzuweisen, gerade wenn sie sich in einem sozialen Brennpunkt und/oder einem abgelegenen Gebiet engagieren und klassische Hausarztarbeit betreiben, so wie sie sinnvoll ist: Also Lotsenfunktion, Begleitung über Jahrzehnte, vielleicht sogar mehrere Generationen ect. Für solche Kollegen sind die Handvoll Privatpatienten nicht selten die Grundlage für den nächsten Sommerurlaub.
Wenn ich jetzt da derjenige bin, der die Eier haben muss, meinem langjährigen Privat-Patienten zu erklären, dass er leider kein AZ bekommt, nur weil Spahn & Co das nicht tun, und dabei hoffe, dass er nicht abspringt, würde ich mich schon ein bisschen verarscht fühlen.
Ist vielleicht auch eine persönliche Sache. Ich hab mich z.B. unter anderem deshalb entschieden, in einer Klinik zu bleiben, weil mich da vielleicht mein Chef am Ende des Monats ausschimpft, wenn die Zahlen nicht stimmen, aber ich dennoch sehr sicher mein Geld auf dem Konto habe. Ich wollte nicht vor der durchaus schwierigen Wahl stehen, meine medizinischen Entscheidungen auch davon abhängig zu machen, ob ich am Ende des Jahres das neue Rad mit SRAM Red oder Forcegruppe bestellen muss oder wie lange der Sommerurlaub wird. Das ist nämlich letztlich das, wie es beim "Unternehmer" Hausarzt am Ende aussieht.